SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.

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Sternengeschichten Folge 548: Die Whirlpool-Galaxie

Die Sternengeschichten sind ein Podcast und ein Podcast ist etwas zum Anhören. Ich bemühe mich immer, die Phänomene der Astronomie so zu erklären, dass es reicht, dabei zuzuhören. In diesem Fall möchte ich aber eine Ausnahme machen und die Hörerinnen und Hörer auffordern, sofern möglich, kurz auf Pause zu drücken und im Internet nach einem Bild der Whirlpool-Galaxie zu suchen. Oder dass zumindest zum bestmöglichen Zeitpunkt nach Ende des Podcasts zu machen. Man kann sich diese Folge der Sternengeschichten auch anhören, ohne so ein Bild gesehen zu haben. Aber die Whirlpool-Galaxie ist ein so beeindruckender Anblick, das sollte man nicht verpassen.

Ok – ich hoffe, ihr konntet einen Blick auf M51 bzw. Messier 51 werfen, wie die Whirlpool-Galaxie auch genannt wird. Beziehungsweise NGC 5194 und NGC 5195, je nachdem welche Katalogbezeichnung man verwendet. Letztere, das „NGC“, bezieht sich auf den New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars und die sagt uns gleich etwas sehr wichtiges. Die Whirlpool-Galaxie besteht eigentlich aus zwei einzelnen Galaxien. Sieht man sich ein Bild davon an, erkennt man eine wunderschöne, gewaltige Spiralgalaxie, mit zwei langen, mehrfach gewundenen Spiralarmen und einem hell leuchtenden Zentralbereich. Und am Ende des einen Spiralarms sitzt noch einmal ein hell leuchtender Blob. Die große Spiralgalaxie ist NGC 5194 – und der kleine Blob ist eine Zwerggalaxie mit der Bezeichnung NGC 5195.

Entdeckt wurde die Whirlpool-Galaxie am 13. Oktober 1773 von Charles Messier. Über diesen französischen Astronom habe ich ja schon in Folge 128 ausführlich gesprochen. Beziehungsweise habe ich da über seinen Katalog erzählt. Messier wollte damals alle diffusen, nebelartigen Objekte am Himmel auflisten, die man vielleicht mit einem Kometen verwechseln kann. Um was es sich bei diesen nebligen Dinger handelt, war ihm nicht so wichtig beziehungsweise gab es damals auch noch keine Möglichkeit, dass herauszufinden. Messier wollte es ein bisschen einfacher beim Kometensuchen haben, sein Messier-Katalog ist aber immer noch sehr populär, vor allem in der Hobby-Astronomie. Objekt Nummer 51 in seinem Katalog war jedenfalls das Objekt, dass wir heute die Whirlpool-Galaxie nennen. Obwohl man natürlich lange nicht wusste, dass es sich um eine Galaxie handelt. Das erste vernünftige Bild von ihr gab es Mitte des 19. Jahrhunderts. Der irische Astronom William Parsons, der 3. Earl of Rosse war nicht nur ein begeisterter Astronom, sondern baute sich auch enorm große Teleskope. Sein größtest hatte einen Spiegel mit einem Durchmesser von 1,83 Metern und damit konnte er 1845 die Whirlpool-Galaxie beobachten und machte einige Zeichnungen, die deutlich eine spiralförmige Struktur und den kleinen Blob, der an einem Arm dran hing.

Whirlpool-Galaxie (Bild: NASA and European Space Agency)

Erst in den 1920er Jahren fanden Edwin Hubble und seine Kollegen heraus, dass viele dieser nebelartigen Strukturen tatsächlich enorm weit entfernte Galaxien sind und heute wissen wir, dass die Whirlpoolgalaxie circa 25 bis 30 Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist. Es handelt sich tatsächlich um eine Spiralgalaxie, so wie auch unsere Milchstraße eine ist. Allerdings sind bei ihr die Spiralarme ein wenig ausgeprägter als bei uns. Ihr Durchmesser beträgt circa 80.000 Lichtjahre und sie enthält ungefähr 160 Millionen Sterne. Wer sie selbst beobachten will, muss im Sternbild der Jagdhunde auf die Suche gehen. Ein Stück nördlich der Jagdhunde liegt die sehr viel einfacher zu findende Sternenkonstellation des großen Wagens. Der östlichste Stern davon, Alkaid, also das hintere Ende der Deichsel des Wagens liegt knapp an der Grenze zu den Jagdhunden und M51 findet sich ein bisschen östlich und südlich von Alkaid. Um M51 zu sehen reicht schon ein Fernglas, wenn man aber Details sehen will, sollte man ein etwas größeres Teleskop verwenden.

Mit einem richtigen großen Teleskop kann man auch sehr gut sehen, dass die Sterne in den Spiralarmen von M51 eher bläuchlich leuchten, das Licht der kleineren Galaxie aber insgesamt eher rötlich ist. Daran erkennt man, dass in der großen Galaxie viele junge Sterne existieren, die eben tendenziell heiß und blau-weiß leuchten, während in der Begleitgalaxie eher alte Sterne zu finden sind, die kühler und rötlicher leuchten. Schauen wir uns diese Begleitgalaxie noch einmal genauer an: NGC 5195 ist eine Zwerggalaxie und eher unförmig. Im Röntgenlicht dagegen leuchtet sie extrem hell; schaut man sich die Whirlpool-Galaxie mit einem Röntgenteleskop an, dann sieht man eigentlich nur zwei sehr helle Bereiche. Einer ist der Zentralbereich von M51 und darüber reden wir gleich noch. Der andere ist NGC 5195, die Begleitgalaxie. Die Spiralarme die beide verbinden, sind im Röntgenlicht kaum zu sehen. In der kleinen Galaxie kommt die Röntgenstrahlung von den vielen Sternen, die schon etwas älter sind und dadurch auch viel Röntgenstrahlung produzieren. Aber eher wenig Ultraviolettstrahlung; das machen vor allem junge und heiße Sterne. Mit einem Ultraviolett-Teleskop sind daher auch die Spiralarme von M51 deutlich zu sehen; die Begleitgalaxie dagegen so gut wie gar nicht.

Skizze von M51 von Lord Rosse (Bild: gemeinfrei)

Die Unterschiede zwischen den beiden Galaxien stammen vor allem von der Wechselwirkung zwischen den beiden. Wir wissen ja mittlerweile sehr gut, dass Galaxien einander ständig in die Quere kommen. Unsere Milchstraße wird in ein paar Milliarden Jahren mit der Andromedagalaxien verschmelzen; in der Vergangenheit sind immer wieder kleinere Zwerggalaxien von der Milchstraße verschluckt worden, und so weiter: Wechselwirkungen zwischen Galaxien sind völlig normal und bei der Whirlpool-Galaxien können wir so eine Wechselwirkung wunderbar beobachten. Dass die Spiralarme von M51 so ausgeprägt sind, liegt wahrscheinlich daran, dass NGC 5195 vor ungefähr 500 Millionen Jahren einmal quer durch die Hauptebene der großen Galaxien geflogen ist. Dabei wurde jede Menge Staub und Gas durcheinander gewirbelt und es sind jede Menge Sterne entstanden. Vor circa 100 Millionen Jahren muss die Begleitgalaxie M51 wieder in Gegenrichtung durchquert haben, so dass sie sich jetzt aus unserer Sicht ein kleines Stück hinter M51 befindet. Wenn man mit den richtigen Instrumenten genau hinschaut, dann sieht man noch mehr Spuren dieser Interaktion. Man kann Ströme aus Gas und Sternen erkennen, die aus den Galaxien hinausragen bzw. sich zwischen ihnen erstrecken. Die kleine Galaxie hat sich vermutlich bei ihrem Durchgang aus M51 mit sich gerissen. Am Ende wird das aber nichts nutzen; in ferner Zukunft wird NGC 5195 mit der großen Galaxie verschmelzen und in ihr verschwinden.

Bis dahin dauert es aber noch ein paar Milliarden Jahren und wir haben Zeit, uns den Kern von M51 anzusehen. Der ist nämlich ein aktiver Kern. Soll heißen: Im Zentrum der großen Galaxie gibt es, wie in den Zentren aller großen Galaxien, ein supermassereiches schwarzes Loch. Bei M51 ist das Loch aber von sehr viel Staub umgeben. Die Gravitationskraft des Lochs beschleunigt den Staub, heizt ihn auf und es wird jede Menge Strahlung freigesetzt. Auf den detailiertesten Bildern der Galaxie kann man den hellen Kern erkennen und sogar ein dunkles Band aus Staub, das ihn umgibt.

M51 in verschiedenen Wellenlängen (Bild: NASA/JPL-Caltech)

2020 hat die Whirlpool-Galaxie ein weiteres Mal Schlagzeilen gemacht. Es wurde die Entdeckung des ersten extragalaktischen Planeten verkündet. Also eines Planeten, der sich außerhalb unserer Milchstraße befindet. Bis dahin kannten wir nur Planeten die sich in unserer eigenen Galaxie befinden und so gut wie alle davon waren mehr oder weniger in der Nachbarschaft der Sonne, also höchstens ein paar hundert bis 1000 Lichtjahre weit weg. Es ist immer noch enorm schwer, Planeten zu finden die andere Sterne umkreisen; bei anderen Galaxien erscheint das fast unmöglich. Da können wir ja meistens noch nicht einmal einzelne Sterne sehen; wie sollen wir da Planeten finden, die diese Sterne umkreisen? In diesem Fall hat man ein Röntgenteleskop benutzt. Stellen wir uns einen sogenannten Röntgendoppelstern vor. Damit ist ein System gemeint, wo ein großer Stern ein schwarzes Loch oder einen Neutronenstern umkreist. Masse kann vom Stern zum Loch oder dem Neutronenstern fließen und wenn sie dort auftrift, wird Röntgenstrahlung freigesetzt. So weit, so klar – solche Dinger haben wir in unserer eigenen Galaxie schon entdeckt. Was man 2020 entdeckt hat, war so ein Röntgendoppelstern, bei dem das Röntgenlicht plötzlich sehr viel dunkler wurde. Und dann wieder heller. Beziehungsweise hat man behauptet, es könnte sowas sein. Man hat Röntgenlicht gesehen, dass aus einem Sternhaufen in M51 kommt, wo sich viele junge Sterne befinden. Wenn einer davon so ein Doppelstern ist und der große Stern des Paars von einem Planeten umkreist wird, und dieser Planet von uns aus gesehen genau vor der Röntgenquelle vorüber zieht, dann kann das Röntgenlicht kurzfristig verschwinden. Aber. Und jetzt kommen jede Menge Abers! Aber: so eine Röntgenquelle fluktuiert auch aus jeder Menge anderer Gründe. Aus sich selbst heraus zum Beispiel, weil die Masse halt unregelmäßig vom Stern weg fließt. Oder weil sich irgendwas anderes zwischen uns und die Quelle schiebt. Ein Stern, ein brauner Zwerg; irgendwas was auf der Sichtlinie liegt. Das könnte sogar ein Asteroid in unserem eigenen Sonnensystem sein. Ein extragalaktischer Planet ist nur eine von vielen Möglichkeiten und die Daten reichen nicht aus, um eindeutige Aussagen zu treffen. Natürlich müssen auch die Sterne von M51 von Planeten umkreist werden. Aber aus der einmaligen Beobachtung eines Abfalls des Röntgenlichts einer Quelle in dieser Galaxie kann man noch nicht schließen, dass es sich um so einen Planeten handelt.

So oder so: Wir werden die Whirlpool-Galaxie weiterhin im Blick behalten. Nicht unbedingt, um dort extragalaktische Planeten zu entdecken. Aber es gibt dort noch sehr viel mehr zu erforschen. Und sie schaut einfach so wunderbar hübsch aus!

Ein Gedanke zu „Sternengeschichten Folge 548: Die Whirlpool-Galaxie“
  1. Kann es sein, dass die Whirlpool-Galaxie ungefähr 160 Milliarden Sterne enthält, und nicht 160 Millionen? Sie ist ähnlich groß wie unsere Milchstraße, und für die geht man ja von mehreren 100 Milliarden Sternen aus. Es wäre doch ziemlich seltsam wenn sich die Anzahl der Sterne in diesen beiden Galaxien um einen Faktor 1000 unterscheiden würde.

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