Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 542: 40 Eridani und Mr. Spock
Wenn im Winter das Sternbild Orion nachts gut sichtbar am Himmel steht, kann man probieren ein Stück westlich seines hellen Fußsterns Rigel den nicht ganz so hellen Stern 40 Eridani zu finden. Er ist durchaus zu sehen, auch ohne optische Hilfsmittel, auf jeden Fall dort, wo die Nacht noch dunkel genug ist. Was man ohne Teleskop aber nicht erkennen kann, sind die spannenden Details. Zum Beispiel dass es sich bei diesem Stern eigentlich um drei Sterne handelt. Und auch um die Frage nach dem Heimatplaneten von Mr. Spock aus der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ zu klären, braucht man mehr als nur die eigenen Augen.
Aber fangen wir mal mit dem an, was man auf den ersten Blick erkennen kann. 40 Eridani leuchtet orange-geblich und ist Teil des Sternbilds Eridanus. Der Name stammt aus dem Katalog von John Flamsteed, der im frühen 18. Jahrhundert die Sterne katalogisiert und nach Sternbildern sortiert hat. Jeder Stern bekam dabei eine fortlaufende Nummer, die seine Position im Sternbild beschreibt. 40 Eridani ist der gebräuchlichste Name, es gibt aber auch noch andere, zum Beispiel „Omicron 2 Eridani“, nach der Bayer-Bezeichung, wo die Sterne nach Helligkeit in ihrem Sternbild mit griechischen Buchstaben sortiert werden. Der traditionelle Name stammt, wie so oft in der Astronomie, aus dem arabischen und lauten „Keid“, was so viel heißt wie „Eierschale“ und sich auf den Nachbarstern „Beid“ bezieht, was „Ei“ bedeutet. Im Jahr 2016 hat die Internationale Astronomische Union diesen traditionellen Namen auch als offizielle Bezeichnung von 40 Eridani festgelegt, der nun also eben auch offiziell „Keid“ heißt. Ich werde aber trotzdem vorerst bei der Bezeichnung „40 Eridani“ bleiben, damit es nicht verwirrend wird.
Denn es besteht Potenzial für Verwirrung, wie wir gleich sehen werden. 1738 hat der britische Astronom William Herschel den Stern beobachtet und festgestellt, dass es sich eigentlich um einen Doppelstern handelt. Und 1851 hat der deutsche Astronom Otto Wilhelm von Struve noch genauer hingesehen und bemerkt, dass auch der von Herschel entdeckte zweite Stern in Wahrheit ein Doppelstern ist.
Gehen wir die Himmelskörper also mal der Reihe nach durch. Da ist zuerst 40 Eridani A, der Stern, der immer schon zu sehen war und der offiziell „Keid“ heißt. Seine Masse ist ein bisschen geringer als die der Sonne; er leuchtet aber nur halb so hell. Der Stern ist vermutlich ein wenig älter als die Sonne, so genau weiß man das aber nicht. Man macht aber auf jeden Fall nichts falsch, wenn man sagt, dass die Sonne und 40 Eridani A in etwa gleich alt sind. Die beiden anderen Sterne sind circa 400 Astronomische Einheiten weit weg; das entspricht circa dem 10fachen Abstand zwischen Sonne und Pluto. Dieses Sternenpaar ist deutlich lichtschwächer; man braucht schon ein vernünftiges Teleskop um sie zu sehen.
40 Eridani B ist ein weißer Zwerg und 40 Eridani C ein roter Zwerg. Das bedeutet, dass B sein Sternenleben schon hinter sich hat. Als das Sternensystem entstanden ist, war er vermutlich von allen drei der Stern mit der größten Masse, weswegen er seinen Brennstoff am schnellsten durch Fusion aufgebraucht hat und zu einem weißen Zwerg geworden ist. Er hat in der letzten Phase seines Lebens einen großen Teil seiner äußeren Schichten abgestoßen und jetzt ist nur noch der heiße, innere Kern übrig, in dem keine Fusion mehr stattfindet. Der rote Zwerg dagegen ist ein typischer Stern; die Mehrheit der Sterne im Universum sind solche roten Zwerge, die alle sehr viel weniger Masse haben als die Sonne und sehr viel schwächer leuchten. Dafür halten sie aber auch sehr viel länger durch und können Billionen von Jahren leuchten.
Das was ich gerade erzählt habe, ist der aktuelle Stand unseres Wissens. Dass es sich bei 40 Eridani B um einen weißen Zwerg handelt, hat man erst Anfang des 20 Jahrhunderts entdeckt. Genau genommen ist B damit der erste weiße Zwerg, den wir überhaupt gefunden haben. Wir haben es nur nicht gemerkt, weswegen heute üblicherweise Sirius B als erster bekannter weißer Zwerg gilt. B und C umkreisen einander mit 35 Astronomischen Einheiten Abstand, also circa die Distanz zwischen Sonne und Neptun und brauchen für einen Umlauf ungefähr 252 Jahre. Beide zusammen umkreisen 40 Eridani A, was ungefähr 7200 Jahre dauert.
Als so komplexes Dreifachsternsystem wäre 40 Eridani an sich schon interessant. Es gibt aber zwei Dinge, die alles noch ein wenig spannender machen. Zum ersten wäre da „Star Trek“. Als diese Science-Fiction-Serie 1966 startete, war an Bord des Raumschiffs Enterprise auch ein Außerirdischer, nämlich Mr. Spock, der neben Captain Kirk und dem Rest der Crew durchs All flog. Spock war ein Vulkanier vom Planeten Vulkan. Wo dieser Planet sich genau befindet, wurde in der Serie und den Kinofilmen nie genau erklärt. 1991 erklärte aber Gene Roddenberry, der Erfinder von Star Trek, anlässlich des 25jährigen Jubiläums der Serie, dass es sich bei Vulkan um den Stern 40 Eridani A handelt. Und später wurde in der Serie die Entfernung zwischen der Erde und Vulkan mit 16 Lichtjahren angegeben, was tatsächlich auch der Entfernung von 40 Eridani A entspricht.
Man kann sich also vorstellen, dass Science-Fiction-Fans und Medien sehr aufgeregt waren, als Astronominnen und Astronomen im Jahr 2018 verkündeten, dass man tatsächlich einen Planeten entdeckt hat, der 40 Eridani A umkreist. Und das ist das zweite spannende Ding. Natürlich ist niemand davon ausgegangen, dass da draußen wirklich ein Planet ist, auf dem Außerirdische leben, die spitze Ohren und einen Hang zur Logik haben. Aber es war schon ein netter Zufall, dass der Stern, der laut Star Trek das Heimatsystem von Mr. Spock ist, tatsächlich auch einen Planeten besitzt. Noch dazu einen Planeten, der sich in der habitablen Zone von 40 Eridani A befindet, also dem Bereich um den Stern herum, wo prinzipiell lebensfreundliche Bedingungen auf einem Planeten herrschen können. Ob der neu entdeckte Planet tatsächlich auch lebensfreundlich ist, ist eine ganz andere Frage. Man hat eine Masse von 8,5 Erdmassen bestimmt und wie Leben auf so einer „Supererde“ funktioniern könnte, wissen wir nicht. Die Schwerkraft wäre dort auf jeden Fall höher als auf der Erde; circa doppelt so hoch. Lebewesen dort müssen also ein wenig stärker sein; was Mr. Spock ja bekanntlich ist. Er müsste dann aber auch deutlich dickere Beine haben, wenn er tatsächlich von der Supererde bei 40 Eridani A kommt.
Aber bevor wir zu viel spekulieren, schauen wir lieber wieder auf die echte Astronomie. Für einen Umlauf um den Stern würde der potenzielle Vulkan knapp 42 Tage brauchen. Was ein wenig seltsam ist, denn genau das ist auch die Periode, mit der sich der Stern um seine Achse dreht. Sowas kann natürlich sein, aber solche Zufälle sind immer ein wenig komisch. Vor allem, wenn man sich die Methode ansieht, mit der der Planet gefunden wurde. Das war die „Radialgeschwindigkeitsmethode“: Vereinfacht gesagt analysiert man das Licht, dass vom Stern zur Erde kommt. Wenn ein Planet den Stern umkreist, dann wird der Stern dadurch ein wenig zum Wackeln gebracht. Mal wackelt der Stern also ein wenig in unsere Richtung; mal von uns weg. Diese Verschiebung kann man im Licht des Sterns erkennen und aus der Art und Weise des Wackelns kann man auf die Eigenschaften des Planeten schließen. Ein Planet ist aber nicht das einzige Phänomen, dass ein Signal im Licht des Sterns hinterlassen kann. Unsere Sonne zum Beispiel hat Sonnenflecken, also Bereiche, wo – sehr vereinfacht gesagt – das Gas aus dem sie besteht besonders wild von den elektrischen und magnetischen Feldern in ihrem Inneren durcheinander geschüttelt wird. Diese Flecken sind ein wenig dunkler und kühler als der Rest der Sonnenoberfläche und diese Flecken bewegen sich mit der Rotation der Sonne. Mal sehen wir die Flecken, mal sehen wir sie nicht und bei anderen Sternen kann es natürlich auch Flecken geben. Auch das beeinflusst das Licht, das von einem Stern zu uns gelangt und auf den ersten Blick kann das genau so aussehen, wie das Signal eines Planeten. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ja eigentlich gar nichts sehen: Wir sehen einen Lichtpunkt; wir sehen die Planeten nicht direkt, wir sehen die Sternflecken nicht direkt, wir haben nur das Licht. Das müssen wir sorgfältig analysieren und können daraus indirekt auf die Existenz von Planeten – oder Sternflecken – schließen.
Den Astronominnen und Astronomen, die damals die Entdeckung von „Vulkan“ verkündet haben, haben natürlich auch gemerkt, dass die Umlaufperiode des Planeten mit der Rotationsperiode des Sterns fast übereinstimmt. Und angemerkt, dass das auch heißen kann, dass da gar kein Planet ist, sondern man einfach die Aktivität des Sterns selbst sieht. Aber sind am Ende ihrer Arbeit zu dem Schluss gekommen, dass es vermutlich doch ein Planet ist. Im Jahr 2023 haben andere Forscherinnen und Forscher nochmal genauer hingesehen. Und festgestellt: Nein, das ist doch ziemlich sicher nur der Effekt von Sternaktivität und Sternrotation und kein Planet.
Tja, nichts mit Vulkan. Was aber nicht heißen muss, dass es keine Planeten gibt, die 40 Eridani A umkreisen. Theoretisch können auch Planeten um 40 Eridani B oder C kreisen; aber die wären dann eher nicht lebensfreundlich. Als B zu einem weißen Zwerg geworden ist, hat er alle eventuell vorhandenen Planeten zerstört oder lebensfeindlich gemacht. Und C ist ein sehr aktiver Stern, der ständig jede Menge schädliche Strahlung ins All schleudert. Wenn, dann bleibt A als Stern für lebensfreundliche Planeten. Und wenn es so einen Planeten gibt, dann wäre das definitiv eine science-fiction-würdige Umgebung. Der Stern würde dort sehr viel größer am Himmel erscheinen als die Sonne und in der Nacht würde man ein extrem helles Sternenpaar – weiß und orange-rötlich leuchtend – am Himmel sehen.
Aber vielleicht ist dort ja auch wirklich kein Planet und auch das wäre irgendwie passend. Denn auch der fiktive Vulkan ist ja mittlerweile aus der Welt von Star Trek verschwunden…
Die MP3-Datei, die man hier auf astrodicticum.at runterladen kann, hat den korrekten Dateinamen:
podcast_7374_sternengeschichten_episode_1069368_sternengeschichten_folge_542_40_eridani_und_mr_spock.mp3
Komischerweise hat die selbe Datei (bis zum letzten Byte die selbe Größe) auf sternengeschichten.podigee.io folgenden Namen:
1069368-m-9089dc65ca1dac199cc46e7966ff0680.mp3
Hab jetzt gelernt, dass ich meine MP3s hier ziehe und nicht bei podigee, aber es ist irreführend, und ich versteh auch den Sinn nicht. Ich würde Podigee ja mal aufn Pott setzen, dass sie vernünftige und nachvollziehbare Dateinamen verwenden, das sollte eigentlich Standard sein ;P
Danke immer wieder für deine Sternengeschichten. <3