So! Die Feiertage sind vorbei. Und alle warten auf die Auflösung des Adventsrätsels. Ok, nicht alle vermutlich. Aber alle die, die mitgemacht haben. Also kommt sie jetzt: Gesucht war die Hercules–Corona Borealis Great Wall. Dabei handelt es sich um die größte bekannte Struktur des Universums. Sofern es sich um eine Struktur handelt und sofern sie überhaupt existiert 😉

Wir wissen ja, dass die Materie im Universum nicht einfach zufällig verteilt ist. Sterne bilden Galaxien, Galaxien bilden Galaxienhaufen, Galaxienhaufen bilden Supergalaxienhaufen und Supergalaxienhaufen bilden Filamente, also gigantische Strukturen, die fadenartigen das Universum durchziehen. Das wissen wir vor allem aus entsprechenden Computersimulationen, aber auch aus direkten Beobachtungen. Obwohl es gar nicht so einfach ist, die großräumige Struktur des Kosmos zu kartografieren. Und deswege ist es immer noch zweifelhaft, ob die Hercules–Corona Borealis Great Wall überhaupt tatsächlich in der Form existiert.

Künstlerische Darstellung der größten Struktur im Universum (Bild: Pablo Carlos Budassi, CC-BY-SA 4.0)

Aber tun wir mal so, als ob: Dann handelt es sich um eine Struktur, die circa 10 Milliarden Lichtjahre lang ist (was viel ist; das gesamte beobachtbare Universum hat einen Durchmesser von wenig mehr als 90 Milliarden Lichtjahre). Entdeckt hat man sie durch die Beobachtung von Gammablitzen. Das sind die extrem energiereichen Explosionen die entstehen, wenn ein sehr massereicher Stern sein Leben beendet (oder wenn zwei Neutronensterne kollidieren). István Horváth, Jon Hakkila und Zsolt Bagoly haben darüber 2013 berichtet („Possible structure in the GRB sky distribution at redshift two“). Aus den Daten des Röntgensatelliten Swift haben sie die Verteilung von Gammablitzen rekonstruiert und festgestellt, dass es da eine Häufung gibt. So etwas kann man sich nur erklären, wenn es da auch eine Häufung von Galaxien gibt, in denen diese Gammablitze stattfinden können. Der entsprechende Bereich hat sich als deutlich größer herausgestellt, als die damals größte bekannte Struktur (die Sloan Great Wall mit einer Länge von 1,3 Milliarden Lichtjahren).

Das Problem an der Sache: So große Strukturen dürfte es eigentlich gar nicht geben. Schon die Sloan Great Wall war an der Grenze des für möglich gedachten, aber die Hercules–Corona Borealis Great Wall war weit darüber. Das Licht hat von dort circa 10 Milliarden Jahre bis zu uns gebraucht; diese Struktur muss also schon 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall entstanden sein. So kurz nach der Entstehung des Universums hätten sich erstens noch keine Strukturen dieser Größe bilden sollen. Und zweitens soll das eigentlich gar nicht passieren; im Rahmen des „kosmologischen Prinzips“ gehen wir davon aus, dass das Universum auf sehr großen Skalen homogen ist, sich also nicht unterscheidet, egal wohin man schaut. So ein riesiges Trumm passt nicht ins Bild.

Das kann entweder heißen, dass unser Bild nicht passt. Oder dass mit den Daten etwas nicht stimmt. Für beide Varianten gibt es Hinweise; genau wissen wir es nicht. Den Namen hat die Struktur übrigens von den Sternbildern am Himmel, wo es zu sehen ist. Und er würde falsch vergeben; sie durchzieht sehr viel mehr als nur die Sternbilder Herkules und Corona Borealis. Vergeben haben ihn auch nicht die Forscherinnen und Forscher, sondern Leute auf YouTube und Wikipedia; er hat sich dann aber auch in der Wissenschaft durchgesetzt. Zum Teil zumindest, andere nennen die Struktur auch „Great GRB Wall“.

So oder so; dieses Ding ist auf jeden Fall sehr faszinierend. Und wer mehr über die großräumige Struktur des Universums wissen will, kann diese beiden Podcastfolgen anhören:

Nicht hören sondern lesen könnt ihr die Namen der Gewinnerinnen und Gewinner! Aber noch nicht gleich. Zuvor kommt aber noch die offizielle Auflösung der 24 Hinweise. Wie jedes Jahr war ich beeindruckt davon, wie sehr man die Hinweise anders verstehen kann als ich es vorgesehen habe (und am Ende oft trotzdem noch am Ziel landen). So jedenfalls hatte ich sie „offiziell“ geplant:

  • Hinweis 01: SARS-CoV-2-Virus, Hinweis auf das Sternbild „Corona Borealis“ im Namen der gesuchten Struktur
  • Hinweis 02: Mauer, Hinweis auf die galaktische Mauer um die es geht
  • Hinweis 03: Budapest, dort haben 2 der 3 Leute gearbeitet, die die gesuchte Struktur entdeckt haben
  • Hinweis 04: Hercules-Flugzeug, Hinweis auf den Namen der gesuchten Struktur
  • Hinweis 05: Gamma, Hinweis auf Gammastrahlung und die Nachweismethode der Struktur
  • Hinweis 06: Galaxie, Hinweis dass es um Strukturen aus Galaxien geht
  • Hinweis 07: Huntsville, Hinweis auf die Konferenz die dort 2013 stattfand und wo die gesuchte Struktur das erste Mal vorgestellt wurde
  • Hinweis 08: Josua Zweifel, Hinweis darauf, dass die Existenz des gesuchten Objekts angezweifelt wird
  • Hinweis 09: Eta Carina, ein Stern der als Hypernova enden und einen Gammablitz erzeugen wird; Hinweis auf Nachweismethode der Struktur
  • Hinweis 10: Formel der Rotverschiebung, Hinweis das es um ein kosmologisches Objekt geht
  • Hinweis 11: Robert Wadlow, Größter bekannter Mensch – Hinweis, dass es um ein größtes Objekt geht
  • Hinweis 12: Buch mit „Cosmological Principle“ im Titel; Hinweis auf das Prinzip, dem große Strukturen wie die gesuchte widersprechen
  • Hinweis 13: Große Mauer, Hinweis auf den Namen der Struktur
  • Hinweis 14: Galaxienhaufen, Hinweis auf die Art der Struktur
  • Hinweis 15: Swift-Weltraumteleskop, Hinweis auf das Instrument mit dem die Beobachtungen gemacht wurden
  • Hinweis 16: NQ2, NQ3, NQ4, Himmelsquadranten über die sich die Struktur erstreckt
  • Hinweis 17: Sternbild Corona Borealis, Hinweis auf den Namen der Struktur
  • Hinweis 18: Sloan Great Wall, die bisher einwandfrei nachgewiesene größte Struktur im Universum
  • Hinweis 19: Gammablitz, Hinweis auf die Nachweismethode der Struktur
  • Hinweis 20: Filamente im Kosmos, Hinweis auf die Natur der Struktur
  • Hinweis 21: Sternbild Hercules, Hinweis auf den Namen der Struktr
  • Hinweis 22: István Horváth, Hinweis auf den anderen István Horváth, den Hauptautor des Artikels in dem die Entdeckung der Struktur bekannt gegeben wurde
  • Hinweis 23: 10.1051/0004-6361/201323020 – DOI des Artikels in dem die Entdeckung veröffentlicht worden ist
  • Hinweis 24: Künstlerische Darstellung der Hercules–Corona Borealis Great Wall

Diesmal ist das Rätsel ein wenig leichtergeraten als in den letzten Jahren. Normalerweise kann man das Lösungswort mit viel Glück und Intutition mit Hinweis 1 erraten. Hat man eine Idee, dann sollten Hinweis 1 und 2 reichen, sie mit plausibler Wahrscheinlichkeit zu bestätigen. Ich schaue aber eigentlich immer darauf, dass ein offensichtliches Googeln von Hinweis 1 und 2 nicht sofort zur Lösung führt. Das habe ich diesmal irgendwie übersehen. Darum gab es gleich 3 Leute, die nach Hinweis 2 eine richtige Lösung eingeschickt haben. Und unsgesam gab es in diesem Jahr die Rekordzahl an 65 richtigen Einsendungen.

Für die Gewinnerinnen und Gewinner gibt es natürlich auch wieder Preise. Und zwar wie immer hauptsächlich jede Menge Bücher (und ja, ich werde schauen, dass ich die Bücher-Geschenkebox bald mal wieder mit neuen Exemplaren anfülle…):

Die Preisverleihung läuft so wie immer: Zuerst sich die Person auf Platz 1 einen Preis aus, dann die Person auf Platz 2, und so weiter. Aber dazu müsst ihr ja erst mal wissen, wer bei der Verlosung auf welchem Platz gelandet ist. Ich habe die Verlosung nicht gefilmt – aber ich hoffe, ihr vertraut mir soweit. Es ist jedenfalls alles mit rechten Dingen zugegangen. Hier sind die Platzierungen:

  • Platz 1: Tobias Gö
  • Platz 2: Kolja H
  • Platz 3: Mathias B
  • Platz 4: Henrike W
  • Platz 5: Oliver S
  • Platz 6: Nicole K

Außerdem gibt es noch einen Sonderpreis für die schnellste korrekte Einsendung. Die kam von Thomas W und zwar nach 2 Hinweisen und mit knapp 90 Minuten Vorsprung. Der Preis dafür ist ein Exemplar von „Warum landen Asteroiden immer in Kratern?“ von den Science Busters, gerne auch signiert (sag Bescheid wenn du das schon hast). Der Sonderpreis für die meisten korrekt (d.h. so wie ich es vorgesehen hatte) interpretierten Hinweise geht diesmal an Georgia K, die alles korrekt hatte. Sie kriegt ebenfalls ein Asteroidenkrater-Buch, mit Signatur sofern gewünscht (oder was anderes, sofern das schon vorhanden sein sollte)

Ich hoffe, diejenigen, die diesmal falsch geraten oder bei der Verlosung Pech gehabt haben sind nicht unglücklich und hatten trotzdem ein wenig Spaß… Die Preise werde ich zur Post bringen sobald sich alle entschieden haben! Bis dahin danke ich fürs Mitspielen und hoffe, ihr hattet alle Spaß. Spätestens nächstes Jahr im Advent geht es weiter! Und das Sommerrätsel gibt es ja auch noch…

22 Gedanken zu „Das Astrodicticum-Simplex-Adventsrätsel 2021: Auflösung und Gewinner“
  1. da häng ich mich dran – glückwunsch

    auch wenn ich die beiden ersten hinweise für etwas anderes passendes hatte
    – das ich nicht zusammen googeln konnte.

    irgendwann macht es dann klick, dass man auf dem falschen dampfer sitzt.
    hat trotzdem spass gemacht.

    grüssle

  2. Kann jemand den Zusammenhang bei Hinweis 12 näher beleuchten? In welchem Verhältnis stehen das anthropische und das kosmologische Prinzip zueinander? Der Titel von Barrows und Tiplers Buch scheint dafür zu sprechen, dass das anthropische Prinzip etwas Spezielleres ist, also quasi eine spezielle Form eines kosmologischen Prinzips. Ich sehe allerdings nicht, was die Ermöglichung eines menschlichen Beobachters (anthropisches P.) mit der Homogenität des Raums ( kosmologisches P.) zu tun hat. Oder verstehen Barrow und Tipler das „kosmologische Prinzip“ in einem allgemeinen Sinn als Ansatz zur Erklärung der Beschaffenheit des Universums. Oder liege ich mit dem kosmologischen Prinzip da falsch?

  3. @Thomas
    Es wird für die Lösung aus dem Buchtitel des Hinweises 12 nur das kosmologische Prinzip benötigt. Siehe oben Lösungen von FF.
    Das anthropische im Titel dient nur der Verwirrung…

  4. @Max

    Geht wohl in die Richtung. 🙂

    Seit Kopernikus haben die Wissenschaftler ihr Menschenbild immer wieder angepasst und den Menschen immer weiter von seiner alten Position im Zentrum der Schöpfung entfernt. Doch in den letzten Jahren hat sich ein verblüffendes neues Konzept herausgebildet, das dem Menschen mehr denn je eine Sonderstellung einräumt. Diese als anthropisches kosmologisches Prinzip bekannte Ideensammlung besagt, dass die Existenz intelligenter Beobachter die grundlegende Struktur des Universums bestimmt. In seiner radikalsten Version behauptet das Anthropische Prinzip, dass „intelligente Informationsverarbeitung im Universum entstehen muss, und wenn sie einmal entstanden ist, wird sie niemals aussterben“.
    Dieses umfassende und detaillierte Buch erforscht die vielen Verzweigungen des anthropischen kosmologischen Prinzips und deckt das gesamte Spektrum der menschlichen Forschung von Aristoteles bis zu den Z-Bosonen ab. John D. Barrow und Frank J. Tipler – zwei der weltweit führenden Kosmologen – bringen eine einzigartige Kombination von Fähigkeiten und Kenntnissen in dieses Thema ein und behandeln die Definition und die Natur des Lebens, die Suche nach außerirdischer Intelligenz und die Interpretation der Quantentheorie in Bezug auf die Existenz von Beobachtern. Das Buch ist von vitalem Interesse für Philosophen, Theologen, Mathematiker, Wissenschaftler und Historiker sowie für alle, die sich mit der Verbindung zwischen den Weiten des Universums aus Sternen und Galaxien und der Existenz von Leben auf einem kleinen Planeten in den Außenbezirken der Milchstraße beschäftigen.

    Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

  5. @alle Gewinner
    Herzlichen Glückwunsch!

    @Karl-Heinz
    Danke für die Erklärung!
    Dann hat das anthropisch-kosmologische Prinzip im Sinne von Barrow/Tipler also nichts mit dem kosmologischen Prinzip zu tun, wie es z.B. im Lexikon der Astronomie dargestellt wird (https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/kosmologisches-prinzip/242), also als Homogenitätsprinzip? Dieses Homogenitätsprinzip dürfte es ja sein, dem eine Existenz so großer Strukturen widersprechen würde (so verstehe ich die Erläuterung zu Hinweis 12). Die Zielrichtung scheint ja auch eine andere zu sein: Barrow und Tipler geben mit ihrem Prinzip eine Erklärung dafür, warum das Universum so beschaffen ist, während das kosmologische Prinzip im Sinne des Lexikons der Astronomie lediglich beschreibt, wie das Universum beschaffen ist (nämlich homogen).

  6. Auch von mir Danke für das spannende und lehrreiche Rätsel. Ich hatte von dieser „Mauer“ tatsächlich noch nichts gehört, was die Lösung etwas schwieriger gemacht hat.
    Bei der Erklärung für Hinweis Nr.8 mußte ich ziemlich ungläubig lachen. Bei Florians Rätseln muß man mit allem rechnen!

  7. Auch ich habe am 2.12. die richtige Lösung eingesandt, dann müssten es mit Tobias W, Tina und tomtoo eigentlich 4 korrekte Einsendungen nach Hinweis 2 sein. Hm …

    Jedenfalls war ich von den vieren sowieso nicht der erste, sondern am Abend vermutlich der letzte, und das Rätsel hat bis Hinweis Nr. 24 Spaß gemacht. Danke an Florian und Glückwunsch allen Gewinner*innen!

  8. Auch von mir ein Glückwunsch an alle Gewinner.
    Aber, mit Verlaub, jetzt wünsche ich mir mal wieder ein richtig schweres Rätsel, so wie in guten alten Zeiten, wo alle, wenn die Hinweisnummern anfingen, zweistellig zu werden, sehnsüchtig den Bonus-Tipp erwarteten, und der Zweifel einen selbst täglich heimsuchte, statt Teil der Lösung zu sein, und wo dann auch kein Kommentator (auch hinterher nicht) auf den Gedanken käme, elendlange verschachtelte Sätze zu formulieren und abzusetzen, sondern schweißbedeckt seine Zeit verbräuchte, das Internet in alle Richtungen nach dienlichen Verknüpfungen zu durchsuchen, die er dann doch nicht fände, bis dann vielleicht eines Tages doch noch unerwartet

    [Ähm. Tut uns leid – der Verfasser obiger Zeilen musste diese Tätigkeit leider plötzlich abbrechen, und wurde an einen unbekannten, professionell abgesicherten Ort verbracht.]

  9. Ich würde dann eine signierte Ausgabe von „Eine Geschichte der Welt in 100 Mikroorganismen“ nehmen. Und nochmal vielen Dank an Florian für das wie immer sehr spannende und informative Rätsel. Eigentlich braucht man da keine anderen Adventskalender mehr 🙂

  10. Zunächst einmal ein sehr schönes und wie immer informatives Rätsel! Danke, FF! Ich würde dann gerne ein signiertes Buch „Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“ nehmen.

    Herzlichen Glückwunsch allen anderen Miträtslern und denen, die schon nach dem zweiten Hinweis die Lösung wussten! Das mit dem Mittelmeer interessiert mich aber 😉 Oder ist das schon erläutert worden?

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