Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 458: Im Mittelpunkt des Universum
Willkommen im Mittelpunkt des Universum! Wenn wir ehrlich sind, denken wir doch alle, dass wir der Mittelpunkt des Universums sind, oder nicht? Geht ja auch kaum anders; wir alle betrachten das Universum quasi aus dem Inneren unseres Gehirns und von dort aus kann es nur so aussehen, als würde sich alles um uns drehen. Aber heute geht es nicht um Psychologie sondern um die durchaus aus astronomischer Sicht berechtigte Frage: Wo ist der Mittelpunkt des Universums?
Aus historischer Sicht hat man dieses Zentrum lange Zeit in das Zentrum der Erde gelegt. Das lag natürlich einerseits daran, dass man nicht gewusst hat, was da draußen noch alles ist. Mit „Universum“ hat man damals – wir sind jetzt in der griechischen Antike – etwas ganz anderes gemeint als das, was wir uns heute vorstellen. Das Universum war die Erde. Um die Erde herum waren ein paar himmlische Sphären, wie die Schalen einer Zwiebel. An diesen Schalen waren die Planeten montiert und ganz außen war die Schale mit den Lichtern der Sterne. Das wars; das Universum war die Erde mit ein bisschen Beiwerk drumherum. Es gab auch philosophisch-wissenschaftliche Gründe, die Erde als Zentrum zu betrachten. Über den Aufbau der Materie wusste man damals noch nicht viel; auch nicht, wie die fundamentalen Kräfte funktionieren. Man konnte auch nicht viel wissen; es gab keine Messinstrumente, Mikroskope, Teilchenbeschleuniger oder sonst irgendwas, mit dem man das herausfinden konnte. Den Leuten ist nicht viel anderes übrig geblieben, als sich mehr oder weniger logisch klingende Hypothesen auszudenken. Eine davon geht auf Aristoteles zurück: Das ist der, der die Materie in die vier klassischen Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft eingeteilt hat. Alles sollte aus diesen grundlegen Materieformen bestehen. Und jeder dieser Arten von Materie sollte eine ganz bestimmte Art der Bewegung innewohnen; die wäre quasi von Werk an fix eingebaut. Alles wo viel vom Element Luft enthalten ist, steigt nach oben. Denn der „natürliche Ort“ der Luft ist der Himmel und alles will immer zu seinem natürlichen Ort zurück. Deswegen steigt Rauch auf und bleibt nicht am Boden liegen. Der natürlich Ort des Elements Erde dagegen ist das Zentrum des Universums. Dort will sie hin und wenn wir beobachten, dass Sachen zu Boden fallen, muss das daran liegen, dass das Zentrum des Universums unter unseren Füßen ist. Im Mittelpunkt der Erde und es ist nur logisch, dass die Erde genau diesen Mittelpunkt besetzt, denn wo sonst soll sich im Universum das ganze Zeug ansammeln?
Mit dem damaligen Wissen (oder dem Mangel daran) klingt das plausibel. Aber auch in der Antike gab es schon Gelehrte, die das anders gesehen haben und sich andere Welten wie die Erde vorgestellt haben, was die Frage nach dem Mittelpunkt dann wieder kompliziert macht. Aber wie gesagt: Mehr als spekulieren konnte man damals nicht. In der frühen Neuzeit verstand man schon ein wenig mehr. Isaac Newton hat erklärt, warum Zeug wirklich zu Boden fällt und die Sache mit der Gravitationskraft herausgefunden. Johannes Kepler hat aus Beobachtungsdaten herausgefunden, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt; wir also nicht das Zentrum von allem sein können.
Aber selbst dann waren noch viele überzeugt, dass nun eben die Sonne im Zentrum des Universums sein müsste. Vor allem, weil man lange Zeit auch nicht wusste, was man mit dem ganzen Rest der Sterne anfangen soll. Man wusste nicht, wie weit sie entfernt sind; das konnte der deutsche Astronom Friedrich Wilhelm Bessel erst 1838 messen. Ab da wusste man: Das Universum ist sehr, sehr viel größer als die „Erde mit Beiwerk“, die sich die alten Griechen vorgestellt hatten. Und warum sollte die Sonne da genau im Mittelpunkt all dieser Sterne stehen?
Auch dafür gab es – aus damaliger Sicht – nicht unplausible Gründe. Wenn man zum Himmel schaut, dann sieht man überall Sterne. Es gibt keine Richtung, in der der Himmel grundlegend anders aussieht. Wenn zum Beispiel die eine Hälfte des Himmels voll mit Sternen wäre, die andere aber komplett leer, dann wäre das ein Zeichen dafür, dass wir uns irgendwo am Rand einer Ansammlung von Sternen befinden. Wir sehen die Sterne aber überall und egal wohin wir schauen: Im Prinzip sieht alles ähnlich aus. Das haben viele als Hinweis gedeutet, dass wir uns eben doch im Zentrum befinden. Aber, wird jetzt der eine oder die andere einwenden, was ist denn mit den anderen Galaxien? Richtig – aber wir wissen ja erst seit den 1920er Jahren, dass es so etwas wie „andere Galaxien“ überhaupt gibt! Bis dahin war unklar, ob die nebelartigen Gebilde am Himmel aus unvorstellbar weit entfernten Sternen bestehen oder tatsächlich einfach nur kosmische Wolken in unserer Nähe sind. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat man heftig diskutiert, wo sich die Sonne in der Milchstraße befindet und ob die Milchstraße alles ist, was im Universum existiert oder nicht. Es gab Argumente für die Behauptung, dass wir im Zentrum der Milchstraße sitzen und darüber hinaus nichts existiert; wir also im Zentrum des Universums sind. Aber auch Argumente dagegen.
Die Sache hat erst die Beobachtung von Edwin Hubble und seinen Kollegen geklärt. Sie haben gezeigt, dass es jede Menge Galaxien da draußen gibt; das wir weder im Zentrum der Milchstraße sind, noch die Milchstraße alles ist, was existiert. Aber die Sache mit dem Zentrum war immer noch unklar. Hubble hat nämlich auch gezeigt, dass sich alle anderen fernen Galaxien von uns weg bewegen. Umso schneller, je weiter sie entfernt sind. Es sieht ganz so aus, als würden wir im Mittelpunkt einer großen Expansionsbewegung stehen. Egal wohin wir schauen, alles entfernt sich von uns. Daraus folgt, dass die anderen Galaxien früher viel näher bei uns waren. Und wenn wir weit genug in die Vergangenheit schauen, dann waren sie alle genau da, wo wir jetzt sind. Ist vielleicht die Milchstraße das Zentrum des Universums, von dem aus sich alles in alle Richtungen davon bewegt?
Lassen wir die Historie jetzt mal sein und schauen wir auf das, was wir heute wissen. Die Expansion des Universums ist real; es bewegt sich tatsächlich alles von uns fort. Oder besser gesagt: Alles bewegt sich von allem anderen fort. Würden wir unsere Beobachtungen von irgendeinem anderen Punkt im Universum aus anstellen, würden wir dort genau so beobachten, dass sich alle Galaxien von uns fortbewegen. Das klingt verwirrend, ist es aber eigentlich gar nicht. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ich sitze auf einem Fahrrad und fahre mit 15 km/h einen schnurgeraden Radweg entlang. Vor mir auf dem Weg sind zwei schnellere Räder unterwegs; eines mit 20 km/h, eines sogar mit 25 km/h. Und hinter radelt jemand mit nur 10 km/h vor sich hin. Aus meiner Sicht stellt sich die Sache nun so dar: Ich sehe, wie sich das Rad hinter mir mit 5 km/h entfernt: Ich bin ja genau um diese 5 km/h schneller und radle dem Rad hinter mir davon. Das Rad vor mir entfernt sich aber auch mit 5 km/h von mir, weil es um diese 5 km/h schneller ist als ich. Und das Rad ganz an der Spitze entfernt sich sogar mit 10 km/h von mir. Aus meiner Sicht bewegen sich also alle anderen Räder von mir weg, umso schneller je weiter sie entfernt sind. Genau das gleiche würde aber auch die Person beobachten, die vor mir radelt. Sie ist um 5 km/h schneller als ich und sieht, wie ich mit mit diesen 5 km/h von ihr entferne. Das Rad hinter mir entfernt sich aus Sicht dieser Person sogar mit 10 km/h und das Rad an der Spitze saust mit 5 km/h davon. Auch hier sieht man also: Alle anderen Räder entfernen sich. In Wahrheit radeln wir aber alle hintereinander in die gleiche Richtung; nur eben unterschiedlich schnell. Niemand ist der Mittelpunkt von irgendwas.
Die Analagie mit den Rädern kann man nicht 1:1 auf das Universum umlegen. Aber sie zeigt, dass das mit dem Mittelpunkt schwierig ist. Wir müssen berücksichtigen, dass wir selbst uns auch bewegen. Aber wir müssen auch noch sehr viel mehr Dinge berücksichtigen. Halten wir zuerst einmal fest: Vor 13,8 Milliarden Jahren gab es den Urknall. Seitdem dehnt sich das Universum aus. Wegen dieser Expansion sehen wir, wie sich alles andere von uns entfernt, was aber nicht daran liegt, das wir der Mittelpunkt von irgendwas sind. Sondern nur daran, dass wir diese Bewegung mit allen anderen Galaxien mitmachen. Aber muss es dann nicht trotzdem einen Mittelpunkt geben? Den Ort, an dem der Urknall stattgefunden hat? Der Ort, wo diese ganze Bewegung angefangen hat?
Das klingt logisch, ist es aber nicht. Der Denkfehler liegt darin, sich den Urknall tatsächlich als Explosion vorzustellen. Bei einer Explosion ist es ja wirklich so, dass sie irgendwo an einem konkreten Ort stattfindet. Und sich danach alles von diesem Ort entfernt. Wir könnten – egal wo wir uns in der Trümmerwolke dieser Explosion befinden – schauen, wie sich das ganze andere Zeug bewegt. Das, das noch nahe am Zentrum ist, muss sich am schnellsten bewegen; die weit entfernten Trümmer sind schon langsamer geworden und wenn wir das alles genau messen, können wir ausrechnen, wo die Explosion stattgefunden hat.
Beim Universum hat aber keine Explosion stattgefunden. Die Galaxien bewegen sich nicht deswegen alle voneinander fort, weil sie bei einer Explosion vor 13,8 Milliarden Jahren in alle Richtungen davon geschleudert worden sind. Die Expansion des Universums ist eine Expansion des Raums. Das heißt: Wir sehen die Galaxien deswegen sich entfernen, weil _der Raum zwischen ihnen und uns sich ausdehnt_. Die Galaxien werden einfach „mitgezogen“. Der Urknall war keine „Explosion“, die im Raum an einem bestimmten Ort stattgefunden hat. Der Urknall war das Ereignis, bei dem der Raum erst entstanden ist. Beziehungsweise, um die ganzen philosophischen Probleme mal wegzulassen, die man immer kriegt wenn man vom ultimativen Anfang spricht, lassen wir die Zeit einfach mal nur bis FAST zum Urknall zurücklaufen. Der Raum wird immer kleiner und kleiner. Das Universum schrumpft. Es schrumpft nicht IM Raum; der Raum selbst wird immer kleiner und kompakter. Bis wir irgendwann an einem Zeitpunkt angelangt sind, an dem das ganze Universum so groß wie ein Fußball ist. Es ist kein Fußball, der irgendwo im Raum liegt. Der Fußball ist alles, was ist. Alle Orte, die heute über das ganze gewaltige Universum verstreut sind, befinden sich jetzt IN diesem Fußball. Würden wir noch weiter zurück gehen, würde alles noch weiter schrumpfen. Der Urknall war das Ereignis, bei dem diese enorm dichte Struktur aus Raumzeit angefangen hat, sich auszudehnen. Es war keine Explosion im Raum; es war ein Ereignis, bei dem alle Punkte im Raum angefangen haben, sich voneinander zu entfernen. Oder etwas anders gesagt: Beim Urknall waren alle Orte ein einziger Ort. Oder noch etwas anders ausgedrückt: Der Urknall hat an jedem Ort stattgefunden! Seit damals ist das Universum gewachsen und wir können durchaus sagen, dass heute jeder Punkt im Universum der Punkt ist, an dem der Urknall passiert ist. Weil jeder Punkt früher mit jedem anderen Punkt ein Punkt war: Der Punkt, an dem alles angefangen hat.
Das kann man sich nicht vorstellen; ich weiß. Das ist auch noch nicht einmal das komplette Bild. Wenn ich von Fußbällen und ähnlichem rede, dann stellt man sich zwangsläufig dreidimensionale Objekte im dreidimensionalen Raum vor. Wir haben es aber mit einer vierdimensionalen Raumzeit zu tun. Und mit der Unendlichkeit, die alles noch ein wenig komplizierter macht.
Aber belassen wir es einmal dabei: Wenn es kein Zentrum des Universums gibt; wenn jeder Punkt des Universums das Zentrum ist: Wie ist das dann mit der kosmischen Hintergrundstrahlung? Darüber habe ich ja in Folge 316 schon ausführlich gesprochen. Wenn wir mit Radioteleskopen zum Himmel schauen, dann sehen wir – egal in welche Richtung wir blicken – immer die gleiche Strahlung mit der gleichen Temperatur auf uns zukommen. Das ist die kosmische Hintergrundstrahlung und sie entstand 400.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum sich weit genug ausgedehnt und abgekühlt hatte, damit die in ihm vorhandene Energie in Form von Licht nicht mehr von den ganzen Teilchen aufgehalten wurde, sondern sich frei ausbreiten konnte. Wenn dieser Hintergrund aber überall im Universum gleich ist, kann man da nicht doch irgendwie einen Mittelpunkt daraus basteln? Müssen wir nicht doch in einem Mittelpunkt sein, wenn sie in jede Richtung gleich aussieht?
Wenn man so will, dann ja. Wir sind im Mittelpunkt des „Beobachtbaren Universums“. Das ist jener Teil des Universums, den wir von der Erde aus prinzipiell beobachten können. Licht braucht Zeit um sich zu bewegen. Wir können nur das sehen, bei dem das Licht es geschafft hat, in den letzten 13,8 Milliarden Jahren bis zu uns zu gelangen. Die kosmische Hintergrundstrahlung ist ÜBERALL im Universum entstanden, gleichzeitig. Damals hat sie sich von jedem Punkt des Universums aus auf den Weg gemacht. Wenn wir heute zum Himmel schauen, dann sehen wir genau den Teil dieser Strahlung, der JETZT von allen anderen Punkten bei uns ankommt. Wären wir irgendwo anders im Universum, dann würden wir den gleichen Hintergrund sehen – die Strahlung wäre aber Strahlung, die von anderen Punkten kommt, nämlich von denen, die für diesen Ort gerade passend liegen. Es ist wie beim Mittelpunkt: Es gibt keinen einzigen Ort, an dem die kosmische Hintergrundstrahlung entstanden ist und den wir beobachten können. Sie ist überall entstanden; auch da wo wir jetzt sind. Da ist sie halt schon längst weg und anderswo.
Es gibt keinen Mittelpunkt des Universums. Oder jeder Punkt ist der Mittelpunkt des Universums. Das kann man sehen, wie man es am liebsten hat.
Die Fahrradanalogie ist echt klasse!
Aber was mir immer noch nicht in den Kopf will: wenn sich der Raum ausdehnt und damit auch die Zwischenräume zwischen der Materie, müsste sich dann die Materie nicht in gleichem Masse ausdehnen? Und damit im gleichen relativen abstand zueinander bleiben?
Ich versuche hierzu mal selber eine Analogie: wenn ich einen Luftballon aufblase, auf dem mehrere Punkte gedruckt sind, dann dehnt sich ja nicht nur der Raum zwischen den Punkten aus, sondern auch die Punkte selber. Aus der „Sicht“ eines Punktes müsste dann der Abstand zu den anderen Punkten gleich bleiben, weil es selber im gleichen Masse wächst, die der objektive Abstand zu seinen Nachbarn.
Oder wo ist da mein Denkfehler?
@noch’n Flo:
Ich glaube, da ist die Gravitation vor. Die hält auf kleineren Distanzen (noch’n Flo, Planeten, Sterne, Sonnensysteme, Galaxien, Galaxiencluster) alles so einigermaßen zusammen.
Na gut, noch’n Flo wird mit Sicherheit auch bzw. viel stärker durch den Elektromagnetismus zusammengehalten! 😉
Vielleicht liege ich falsch, aber ich habe das so verstanden: Zuerst gab es noch gar keine Materie, dafür war es viel zu heiß. Es gab nur massenhaft Energie. Erst als der Raum sich ausgedehnt hat sank die Energiedichte und damit die Temperatur. Erst jetzt konnte die Materie quasi kondensieren. Als die Materie erst mal da war, haben u. a. die starke Kernkraft und die elektromagnetische Kraft dafür gesorgt, dass die Materieteilchen auch hübsch brav zusammen lieben. Sorry, sehr laienhaft beschrieben.
Also was ich nicht verstehe ist die Geschichte mit der kosmischen Hintergrundstrahlung. Das scheint ja das „älteste“ zu sein was wir wahrnehmen können. Und die kommt von allen Seiten. Dann muss das doch die Grenze des Universums sein. Dann kann es doch auch keine Sterne / Galaxien mehr geben die noch weiter entfernt sind und deren Licht deswegen noch nicht zu uns gelangen konnte…… OK ich hab keine Ahnung aber irgendwie habe ich da einen Haken.
@Dietmar
So habe ich es verstanden: Die kosmische Hintergrundstrahlung, die wir jetzt messen können, ist nicht irgendwann irgendwo ausgestrahlt worden und wir empfangen sie jetzt. Dann hätte sie ja eine bestimmte Richtung, aus der wir sie empfangen würden. Die Hintergrundstrahlung ist die Energie, die das ganz junge Universum komplett ausgefüllt hat. Sie war völlig gleichmäßig verteilt. Und so, wie sich der Raum ausgedehnt hat, hat sich auch die Energie mit ausgedehnt und sich dadurch abgekühlt. Aber die Ausdehnung geschah völlig gleichmäßig. Dadurch messen wir heute die Hintergrundstrahlung auch von allen Seiten völlig gleichmäßig.
Das mit der „Sichtbaren“ Hintergrundstrahlung kann man sich relativ einfach So vor stellen :
Da sie faktisch gesehen grundsätzlich überall gleichzeitig rund 400.000 Jahre nach dem Uhrknall enstanden ist (bzw. sein soll) sehen wir immer genau die Strahlung aktuell bei uns eintreffen die exakt der Entfernung entspricht die diese Strahlung auf Zeit umgerechnet zu uns braucht um genau zu dem Beobachtungszeitraum gesehen zu werden. Diese Entfernung ist in alle Richtungen exakt gleich zu einem gegeben Zeitpunkt, also im großen und ganzen eine Perfekte Kugel mit uns im Zentrum. Je mehr Zeit vergeht (für den Beobachter) desto größer wird die Kugel.
Dabei darf man aber einen wichtigen Fakt nicht vergessen, nämlich genau den Fakt das das was wir da sehen bzw. Messen eben 400.000 Jahre nach dem Urknall „passsiert“ ist, dort sieht es JETZT absolut nicht so aus den auch dort sind die vielen Milliarden Jahre vergangen wie bei uns, aufgrund der Entfernung können wir es aber nicht SEHEN. Faktisch kann man garantieren das das Universum noch WEIT über den Optisch sichtbaren Korizont hinnaus geht. WIE weit, ich bezweifle das dies irgendjemand sagen kann da es keine Möglichkeit gibt an die dafür nötigen Fakten zu kommen …..
“Den Leuten ist nicht viel anderes übrig geblieben, als sich mehr oder weniger logisch klingende Hypothesen auszudenken.“
Hat sich daran etwas geändert? Die einzige Wissenschaft mit Beweisen ist doch nach wie vor die Mathematik, oder?
Aber sicher doch, zwar war der Übergang von ‚drüber nachdenken‘ zu immer genaueren Methoden der Überprüfung der Hypothesen sehr lange Zeit mit ’schleichend‘ noch sehr vorteilhaft beschrieben. Doch seit einiger Zeit haben sich aus vielen überprüften Hypothesen heraus noch Modelle und Theorien mit enormer PrognoseGenauigkeit etabliert. Das ist schon ein ziemlicher QualitätsUnterschied.
Polemisch gesprochen: Heutige Forscher können sehr viel genau raten als vor 2000 oder 3000 Jahren.
Ich möchte die Polemik von Captain.E noch etwas garnieren: Die einzige Disziplin, die behaupten kann, etwas zu wissen, ist und bleibt die Mathematik. Alles andere muss wohl als Glaubensgemeinschaft aus guten Gründen gelten.
Wie sich wohl Forscher in 500 Jahren über den heutigen “Wissensstand“ lustig machen?
Die drei Eckwerte: weite Bereiche des Weltgeschehens werden beschrieben, es ist iA bekannt wie genau eine Extrapolation ist (±wasauchimmer), jede Prognose ein neuer Test des Modelles.
Die Fahrrad Analogie ist sehr einfach zu begreifen, vielen Dank dafür. Auch das mehrmalige Erwähnen, dass man sich nicht das Universum in einem Raum vorstellen soll ist sehr hilfreich. Ähnliches habe ich noch nie von anderen Astronomen gehört. So begreiflich hat das Thema weder Lesch noch andere Wissenschaftler erklären können, Hut ab.
Die Frage unter dem Bild kann ich nur mit „Ja!“ beantworten. Womit dein zweiter Satz bewiesen wäre.
@Bluesze:
Um in dem Bild zu bleiben: Die physikalische „Glaubensgemeinschaft“ ist davon überzeugt, Vorgänge in der Natur ziemlich genau berechnen zu können. Und, manchen mag es überraschen, genau das funktioniert ziemlich oft ziemlich gut.
Vielleicht angehende Forscher in der Arroganz der Jugend? Man verspottet doch in Wissenschaftlerkreisen auch keinen Isaac Newton, trotz dessen charakterlichen Defiziten und seinen Glauben an magische und spirituelle Dinge. Seine wissenschaftlichen Arbeiten hat er in untadliger Weise geleistet.
@ all
ok; überforderung allerseits. aber – warum gibts von florian nicht immer mal zu seinen *freundlichen* pods links auf vertiefend weiterführendes? auch wenn’s wer dann auf herrn gaßner trifft (den ich sehr schätze)
@elbinger: Was genau soll ich wo verlinken?
#7 Bluesze
natürlich lassen sich Gravitations- und Relativitätstheorie beweisen.
@Stephan #17:
Nein, das ist nicht der Fall. In den Naturwissenschaften gibt es keine Beweise. Man kann höchstens zeigen, dass eine Theorie nicht den bisher gemachten Beobachtungen widerspricht. Für die Relavitätstheorie ist das der Fall.
Oder man kann beweisen, dass eine Theorie in sich konsistent ist oder dass sie anderen akzeptierten Theorien nicht widerspricht. Aber das sind mathematische Untersuchungen, nicht physikalische. Und für die allgemeine Relativitätstheorie ist beides nicht der Fall (die Singularitäten-Theoreme zeigen, dass die ART nicht in sich konsistent ist, und es sollte bekannt sein, dass die ART nicht mit der Quantenmechanik kompatibel ist). Aber das bedeutet natürlich nicht, dass die ART nicht nützlich ist.
@18
In Ordnung, Altklugheit laß ich durchgehen, geht nicht anders.
Übrigens: vielleicht ist die Quantenmechanik auch nicht mit der ART kompatibel
Wenn man sich Raumzeit nicht vorstellen kann und immer wieder auf scheinbare Widersprüche stösst wie zb warum sich den Materie nicht auch ausdehnt wenn der Raum sich ausdehnt, dann liegt das dran, das wir uns nur Raum vorstellen. Nicht Zeit. Man muss ich jede Vorstellung die wir haben die Zeit immer mit einbringen…den es ist Raumzeit.
Das geht mit dem Kopf nicht mehr, wir können uns Zeit nicht vorstellen, sondern nur den Messwert eines Hilfsmittels ablesen. Aber wenn man das ganze in eine mathematische Formel packt und dann die Zeit dazu gibt als Variable, dann kommt man aktuell zu ziemlich widerspruchsfreien Theorien. Aber ja, auch die sind noch nicht vollständig widerspruchsfrei.
Aber da wir immer davon ausgehen, das der Raum sich ausdehnt und es ein „dahinter“ geben muss, definieren wir im Kopf bereits 2 Räume. Und das kann nicht funktionieren, diese Vorstellung wird immer kollabieren und sich an Widersprüchen festfressen. Wir wollen im Kopf einfach nicht glauben das es nichts gibt ausser den expandierenden Raum. Deswegen reduziert man das auf Mathematik und berechnet einfach die Expansion. Und da jedes Atom quasi der Mittelpunkt ist, ist auch jedes Atom gleich weit vom Expansionrand entfernt. Folglich ist dieser nie zu erreichen. Unvorstellbar, aber mathematisch ganz einfach.
Und das Materie nicht ausdehnt, liegt einfach dran, das es eine Atomgröße gibt. Einen Abstand zuwischen Kern und Elektron an dem alles stabil ist. Ausdehnung gabs bis zum Punkt an dem Atome stabil existieren konnten. Ab dann haben sie einfach ihre Größe beibehalten und nur der Raum selbst hat sich vergrößert. Mathematisch gesehen ändert sich nur das Verhältniss zwischen Atomgröße und Umgebungsausdehnung. Ihre Größe und der Abstand der Atome zueinander als Masse bleibt gleich. Hier sind die Elementarkräfte stärker. Das gilt übrigens für den ganzen Superhaufen dem wir angehören. Den im Superhaufen bleiben die Galaxien zusammen im Haufen, drehen sich nur umeinander oder treiben aufeinander zu. So weit wirken also diese Elementarkräfte. Den es bewegen sich nicht alle Galaxien von uns weg. Nur der größte Teil der NICHT zum Laniakea-Haufen gehört.
@Chefin: Danke, das erklärt auch meine Frage, warum die Milchstraße und Andromeda sich auf einander zu bewegen, wo sich doch der Raum ausdehnt.
Ich hätte noch einen anderen Erklärungsansatz, wobei es sich dabei nur um ein Gedankenexperiment handelt und ich nicht weiß, ob das kosmologisch zulässig ist:
Der aktuelle Messwert der Inflation beträgt doch irgendwas um die 72 Kilometer (zusätzlicher Abstand von uns) pro Sekunde pro Megaparsec (aktuelle Entfernung). Stimmts?
Zur Übertragung auf etwas greifbareres nehme man ein Gummiband und markiere darauf 3 Striche: Strich 1 ist unser Standort. Strich 2 ist 1cm von uns entfernt. Strich 3 ist 2cm von uns entfernt.
Dehnt man nun das Gummiband, bis Strich 2 2cm von uns entfernt ist, werden wir nachmessen können, daß Strich 3 4cm von uns entfernt ist. Das ganze Band ist dann natürlich doppelt so lang wie zu Beginn des Versuchs. Wenn das ganze jetzt in einer Sekunde passiert ist, hätten wir hier eine Inflation von 1 Zentimeter (zusätzlichem Abstand von uns) pro Sekunde pro Zentimeter (aktuellem Abstand zu Beginn der Messung).
D.h. Stich 2 hat sich von uns aus gesehen 1cm (von 1 auf 2cm Abstand) bewegt, Strich 3 2cm (von 2cm auf 4cm).
Wie wir sehen, je größer der Abstand, desto größer die geometrische Auswirkung der Inflation. Anders herum stimmt das natürlich auch. Je kleiner der Abstand zweier Punkte, desto geringer die Auswirkung der Inflation. Die geometrische Auswirkung im subatomaren Bereich (irgendwas mal 10 hoch -10 Meter!) sind somit um ca. 8 Größenordnungen kleiner als im Zentimeterbereich des Beispiels.
Ferner kommt hinzu:
Im Beispiel liegen der aktuelle Abstand und der Abstandsgewinn pro Sekunde ja größenordnungsmäßig sehr nahe beieinander.
Kilometer und Megaparsec trennen aber 19 (neunzehn!!!!) Zehnerpotenzen.
Insgesamt dürfte also die geometrische Auswirkung der realen Inflation im subatomaren Bereich sich ziemlich in Grenzen halten (also im anteilsmäßigen Bereich von 10 hoch -27 oder so.).
Hängt also doch alles von der Größe ab… 😉
Und jetzt noch eine philosophische Komponente: Könnten wir überhaupt wahrnehmen, wenn sich Materie ausdehnen würde? Aufgrund der Natur der geometrischen Verhältnisse ist jegliche von uns als zusammenhängend wahrnehmbare Materie (und sei es ein Riesenstern) doch winzigst im Vergleich zum (sichtbaren) Raum.
D.h. der Raum dehnt sich aufgrund seiner schieren Größe immer viel schneller aus als irgendwelche Staubkörner in der Größe einer Beteigeuze oder eines Rigel.
Und noch etwas zur Hintergrundstrahlung: Soweit ich das verstanden habe und soweit es die bekannten Falschfarbaufnahmen zeigen, ist sie nicht gleichmäßig verteilt, sondern fleckig.
Das, so meine ich mich zu erinnern, kommt daher, daß in den ersten 400.000 Jahren eben nicht alles gleichmäßig verteilt war, sondern daß es damals (v.a. über diesen Zeitraum im zunehmenden Maße) schon dichtere und weniger dichte Bereiche gegeben hat. Durch letztere kam das erste Licht natürlich besser durch, was sich heute auch noch so zeigt.