Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 451: Der Treibhauseffekt auf anderen Himmelskörpern
Der Treibhauseffekt ist ein wichtiges Phänomen. Wir begegnehm ihm heute hauptsächlich in der Diskussion zur Klimakrise in Form des menschengemachten Treibhauseffekt der unseren Planeten immer wieder aufheizt, was ich ja in Folge 434 der Sternengeschichten ausführlich erklärt habe. Es gibt ihn aber auch als ganz natürliches Phänomen. Die Details der Physik und Chemie die dem Treibhauseffekt zugrunde liegen, habe ich in Folge 241 genauer erklärt. Die Kurzversion lautet: Moleküle können unterschiedlich durchlässig für unterschiedliche Arten von Strahlung sein. Unsere Atmosphäre zum Beispiel lässt das sichtbare Licht der Sonne problemlos passieren, weswegen es den Erdboden erwärmen kann. Wenn die Wärme in Form von Infrarotstrahlung dann aber wieder vom Boden wieder zurück ins All strahlen will, trifft sie auf Kohlendioxidmoleküle in der Luft. Oder auf Methan oder Wasserdampf. Das sind Treibhausgase, die das sichtbare Licht mit seiner kurzen Wellenlänge zuvor noch ungehindert durchgelassen haben. Die langwellige Wärmestrahlung nun aber quasi blockieren und teilweise zurück zum Boden schicken. Dadurch heizt sich der Planet weiter auf.
Das ist, wie gesagt, prinzipiell ein natürliches Phänomen und eines, das durchaus wichtig für die Existenz des Lebens ist. Ohne die Atmosphäre der Erde und die darin enthaltenen Treibhausgase wie Wasserdampf, wäre unser Planet viel kälter. Die Durchschnittstemperatur würde circa -18 Grad Celsius betragen. Dass die Erde lebensfreundlich ist, liegt also am natürlichen Treibhauseffekt. Mit dem menschengemachten Treibhauseffekt, also durch die zusätzlichen Treibhausgase die wir in die Atmosphäre entlassen, sind wir aber nun gerade dabei, die Erde lebensfeindlich heiß zu machen. Darum soll es heute aber nicht gehen, so wichtig dieses Thema auch ist. Stattdessen schauen wir auf die anderen Himmelskörper des Sonnensystems. Gibt es dort auch einen Treibhauseffekt und wenn ja, was für Konsequenzen hat das?
Damit ein Treibhauseffekt stattfinden kann, braucht es prinzipiell mal einen Himmelskörper mit einer nennenswerten Atmosphäre. Davon haben wir im Sonnensystem überraschend wenige. Wenn wir die Erde ausnehmen, dann bleiben unter den restlichen Planeten nur die Venus und der Mars. Der Merkur ist ein Planet ohne Lufthülle; der Mond hat auch keine. Die Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun bestehen nur aus dichtem Gas und das Konzept des Treibhauseffekts kann man dort in der Form nicht so anwenden wie bei uns. Die ganzen Asteroiden und die meisten Monde der anderen Planeten sind zu klein, um eine vernünftige Atmosphäre halten zu können. Die einzige Ausnahme ist Titan, der größte Mond des Saturns.
Venus, Mars und Titan: Das sind, neben der Erde, die einzigen Himmelskörper im Sonnensystem bei denen man die Frage nach einem außerirdischen Treibhauseffekt sinnvoll untersuchen kann. Beginnen wir mit dem Mars, der eigentlich ein Grenzfall ist. In Folge 236 habe ich die Atmosphäre des Mars ja schon einmal ausführlich besprochen. Und die Folge mit der Feststellung begonnen, dass er eigentlich gar keine solche hat. Der „Luftdruck“ dort beträgt weniger als ein Prozent von dem, was wir hier auf der Erde haben. Es ist also kaum etwas da, was den Mars in Form eine Atmosphäre umgibt. Das was da ist, besteht zwar fast ausschließlich aus dem Treibhausgas Kohlendioxid. Aber weil eben so wenig Atmosphäre vorhanden ist, kann der Mars keine Wärme speichern, da hilft auch das CO2 nicht. Unter anderem deswegen ist der Mars auch so enorm kalt. Es gibt keinen natürlichen Treibhauseffekt, der ihn aufwärmen könnte.
Wir wissen aber, dass es früher in der Geschichte unseres Nachbarplaneten wärmer gewesen sein muss. Wir finden überall auf dem Mars die Spuren von Wasser, das über seine Oberfläche geflossen sein muss. Irgendein Mechanismus muss also den Mars irgendwann einmal wärmer gemacht haben. Wir reden hier von der Zeit kurz nach seiner Entstehung; kurz nach der Entstehung aller Planeten vor 4,5 Milliarden Jahren. Planeten aus Metall und Gestein; mit einer festen Oberfläche die im inneren Bereich des Sonnensystems entstanden sind; Planeten also wie die Erde, die Venus und der Mars, haben bei ihrer Entstehung immer auch eine gewissen Menge an Wasser mitbekommen. Gespeichert im Gestein konnte es durch diverse geologische und chemische Prozesse an die Oberfläche gelangen. Und wenn die von einer passenden Atmosphäre eingehüllt wird, die für Temperaturen zwischen 0 und 100 Grad Celsius sorgt, kann es dort flüssig bleiben und Seen, Flüsse oder gar Ozeane bilden.
Was am frühen Mars für angenehme Temperaturen gesorgt hat, wissen wir noch nicht. Vielleicht war Wasserstoff verantwortlich: Aus geologischen Gründen die genau zu erklären hier jetzt zu weit führen würden, war es auf dem Mars für Wasserstoff einfacher, aus dem Gestein seiner Planetenkruste auszugasen als auf der Erde. Wasserstoff gilt jetzt an sich nicht als klassisches Treibhausgas. Aber in Kombination mit den richtigen anderen Molekülen – zum Beispiel Kohlendioxid, kann es dennoch eine entsprechende Wirkung haben. Vereinfacht gesagt: Wenn Wasserstoffmoleküle mit Kohlendioxidmolekülen kollidieren, können sie durch diese Zusammenstöße zusätzliche Energie aufnehmen. In diesem energiereicheren Zuständen können die Wasserstoffmoleküle dann als Treibhausgas wirken. Wenn der frühe Mars eine der Erde vergleichbar dichte Atmosphäre aus Wasserdampf und CO2 gehabt hat und dazu noch 5 bis 20 Prozent Wasserstoff aus der Planetenkruste ausgegast ist, könnte das für einen ausreichend starken Treibhauseffekt gesorgt haben, um die Temperaturen dort über den Gefrierpunkt zu heben. Vielleicht ist auch etwas anderes passiert; das wissen wir nicht und können es höchstens dann rausfinden, wenn wir den Mars besser als heute und vor allem nicht nur aus der Ferne sondern auch direkt vor Ort erforschen. So oder so: Die Warmzeit auf dem Mars war begrenzt. Der kleine Planet hatte zu wenig Masse um seine Atmosphäre dauerhaft zu halten. Vor allem hatte er zu wenig Masse, um sein Magnetfeld dauerhaft aufrecht zu erhalten. Ohne Magnetfeld ist eine Atmosphäre schutzlos dem Sonnenwind ausgesetzt. Die Teilchen, die die Sonne ständig aus ihrer eigenen Atmosphäre ins Weltall schleudert wirken wie ein Sandstrahler, der die Lufthülle eines Planeten wie des Mars im Laufe der Zeit abträgt.
All das, was dem Mars fehlt, hat die Venus zu viel. Unser anderer Nachbarplanet kann sich über einen Mangel an Atmosphäre wirklich nicht beschweren. Dort herrscht auf der Oberfläche ein Druck, den man bei uns erst 900 Meter tief unter dem Meeresspiegel finden kann. Diese gewaltige dichte Hülle aus Gasen besteht fast komplett aus Kohlendioxid und deswegen gibt es auf der Venus einen Mega-Treibhauseffekt, der die Oberflächentemperatur dort auf 460 Grad Celsius aufheizt. Aber auch diese heute komplett lebensfeindliche Welt war nach ihrer Entstehung wahrscheinlich ein lebensfreundlicher Planet. Die Venus ist fast so groß und schwer wie die Erde und wird bei ihrer Entstehung wahrscheinlich auch ähnlich viel Wasser mitbekommen haben wie wir. Computermodelle zeigen, dass die Bedingungen vor 4,5 Milliarden Jahren dort durchaus nicht unangenehm waren.
Die Venus liegt näher an der Sonne als die Erde, was prinzipiell problematisch ist. Ein paar Faktoren haben aber vielleicht dafür gesorgt, dass sich unser Nachbar trotz der geringeren Distanz zur Sonne nicht zu stark aufgeheizt haben könnte. Die Venus dreht sich heute sehr langsam um ihre Achse. Für eine komplette Drehung benötigt sie 117 Erdtage. Bei uns auf der Erde ist ein Punkt auf der Oberfläche maximal ein paar Stunden dem Sonnenlicht ausgesetzt. Sieht man mal von den Polarnächten in Arktis und Antarktis ab, kommt früher oder später immer die Nacht. Auf der Venus mit ihrer langsamen Drehung kann ein Bereich der Oberfläche aber wochenlang im hellen und warmen Sonnenlicht liegen. Das sollte eigentlich zu einer noch stärkeren Aufheizung führen. Was auch der Fall ist; wenn dann aber ausreichend viel Wasser vorhanden ist, kann das verdampfen und eine dicke Wolkendecken produzieren. Und die schirmt den Planeten dann vor dem Sonnenlicht ab und führt zu einer Abkühlung. Ein weiterer Faktor auf der Venus könnte die Geografie sein. Die Daten die wir heute über die Venus haben, legen nahe, dass es dort früher viel mehr Landfläche gab als auf der Erde, die ja zum größten Teil mit Wasser bedeckt ist. Mehr Land und weniger Ozean bedeutet weniger Wasser, das verdampfen kann und damit auch weniger stark als Treibhausgas in der Atmosphäre wirken kann.
Packt man all das in ein Computermodell zur Simulation der Bedingungen auf der jungen Venus, zeigt sich ein Planet, auf dem es ähnlich lebensfreundlich war wie auf der Erde. Nicht zu heiß, nicht zu kalt und mit flüssigem Wasser auf der Oberfläche. Aber so wie beim Mars hat auch die Venus diesen Zustand nicht lange durchgehalten. Für ein stabiles Klima braucht es ein halbwegs stabiles Gleichgewicht zwischen Quellen und Senken für Treibhausgase. Die Venus hat jede Menge Quellen, aber vernünftige Senken konnte man nicht identifizieren. Dort fehlt zum Beispiel die Plattentektonik die wir hier auf der Erde haben, und die immer wieder im Gestein gebundenes Kohlendioxid tief in die Erdkruste hinab transportiert und für lange Zeit dort hält. Mehr als 700 Millionen Jahre hat die Venus – zumindest im Computermodell – ihre lebensfreundlichen Bedingungen nicht halten können. Danach hat die starke Sonnenstrahlung zu viel Wasser als Wasserdampf in die Atmosphäre befördert; danach hat sich zu viel CO2 dort angesammelt; dann ging es so richtig los mit dem Treibhauseffekt. Eine extrem starke Feedback-Schleife ist entstanden: Der Treibhauseffekt hat die Temperatur erhöht, was noch mehr Treibhausgase in die Atmosphäre befördert hat, wodurch es noch heißer wurde, und so weiter. Am Ende ist die Venus das geworden, was sie heute ist: Eine lebensfeindliche Hitzehölle mit keinem Tropfen Wasser auf ihrer Oberfläche.
Bleibt noch der Titan. In Folge 157 habe ich ihn den „faszinierendsten Mond des Sonnensystems“ genannt. Was er meiner Meinung auch ist. Der Saturnmond hat einen Durchmesser von 5150 Kilometer, womit er größer als der Merkur ist. Er ist weit von der Sonne entfernt, und man würde davon ausgehen, dass es dort ziemlich kalt ist. Ist es auch: Die Durchschnittstemperatur an seiner Oberfläche liegt bei -180 Grad Celsius. Trotzdem ist er keine Eiswüste, wie die anderen Monde im äußeren Sonnensystem. Der Titan hat eine Atmosphäre, und was für eine! Der „Luftdruck“ dort ist um 50 Prozent höher als auf der Erde; nur dass es natürlich keine Luft ist, die den Mond umgibt. Sie besteht vor allem aus Stickstoff, mit geringen Anteilen von Methan und Argon. Insgesamt ist die Masse der Gase in Titans Atmosphäre aber größer als die der Erde! Und darunter passieren auch jede Menge spannende Sachen. Flüssiges Wasser gibt es nicht, dafür aber flüssiges Methan. Es bildet Flüsse und Seen, es regnet aus Wolken auf den Mond herab. So etwas findet man auf keinem anderen Himmelskörper des Sonnensystems. Was man darüber hinaus auch nur auf dem Titan findet, ist ein „Anti-Treibhauseffekt“.
Bleiben wir aber zuerst beim normalen Treibhauseffekt. Eigentlich sollte es auf dem Titan circa -191 Grad Celsius kalt sein. Stickstoff, Methan und Wasserstoffmoleküle in seiner Atmosphäre sorgen aber für einen natürlichen Treibhauseffekt, der die Oberfläche um 21 Grad aufheizen würde. Wasserstoff und Stickstoff wären eigentlich gar keine Treibhausgase. Aber – so wie vorhin beim Mars – es kommt auf die Bedingungen an. In der extrem dichten Atmosphäre des Titan können die Moleküle öfter kollidieren, höherenergetische Zustände einnehmen und so als Treibhausgas wirken. -191 Grad plus ein Treibhauseffekt von 21 Grad: Macht -170 Grad Celsius. So warm ist der Titan aber nicht, was am Anti-Treibhauseffekt liegt. Der funktioniert – wenig überraschend – wie der Treibhauseffekt, nur umgekehrt. Der normale Treibhauseffekt lässt kurzwellige Sonnenstrahlung passieren, die langwellige aber nicht. Am Titan gibt es aber extrem hochliegende Nebelschichten. Sie bestehen vermutlich aus komplexeren Molekülen die aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff zusammengesetzt sind. In den äußeren Schichten der Titanatmosphäre können sie sich bilden, weil dort das energiereiche Sonnenlicht die Methanmoleküle in einzelne Kohlenstoff- und Wasserstoffatome aufspalten kann. Das geht nur dort draußen an der Grenze zum All; weiter nach unten kann dieser energiereiche Teil der Sonnenstrahlung durch die dichter werdende Atmosphäre nicht gelangen. Dort oben aber können sich die einzelnen Atome nun zu neuen Molekülen verbinden und die wirken als Anti-Treibhausgase. Sie reflektieren einen Teil des normalen Sonnenlichts, der nun nicht mehr zur Titanoberfläche gelangt und nichts zu ihrer Erwärmung beitragen kann. Gleichzeitig lassen sie langwellige Wärmestrahlung passieren und erleichtern so seine Abkühlung. Insgesamt für das zu einer Abkühlung von 9 Grad, was den natürlichen Treibhauseffekt von 21 Grad auf 12 Grad reduziert. Deswegen ist der Titan nur knapp 10 Grad wärmer als er es sein sollte und nicht knapp 20 Grad.
In diesem Ausmaß existiert der Anti-Treibhauseffekt nur auf dem Titan. Auf der Erde gibt es zwar Schwefelverbindungen, die durch Vulkane hoch hinaus in die Atmosphäre geschleudert werden können und dort ähnlich wie auf dem Saturnmond eine Abkühlung verursachen. Der Effekt ist aber sehr viel geringer als auf dem Titan. Der seltsame Saturnmond ist eine komplett fremde Welt – aber eine, von der wir trotzdem etwas über die Erde lernen können. Um die Klimakrise die auf unserem Planeten stattfindet, besser zu verstehen, müssen wir auch genau wissen, wie sich die Treibhausgase verhalten. Dazu gehört nicht nur das Kohlendioxid, sondern auch das Methan. Das hat einen komplizierteren Aufbau als CO2 und ist deswegen schwieriger im Labor zu untersuchen. In der dichten, starken Atmosphäre des Titan gibt es aber wirklich viel Methan und dort kann man es quasi in einem natürlich Labor studieren. Und wir haben dort ja auch schon eine Raumsonde hingeschickt – 2005 ist die Huygens-Sonde durch die Atmosphäre des Titan geflogen und auf seiner Oberfläche gelandet. Mit den Daten die dabei gesammelt wurden, konnte man besser verstehen, wie Methan auf unterschiedliche Teile der Sonnenstrahlung reagiert. Und damit auch bessere Modelle erstellen, um die Klimakrise auf der Erde zu erforschen.
Der Treibhauseffekt ist wichtig. Venus, Erde und Mars sind zur gleichen Zeit entstanden und waren sich nach ihrer Entstehung sehr ähnlich. Vermutlich gab es damals auf allen drei Himmelskörpern flüssiges Wasser und lebensfreundliche Bedingungen. Heute ist nur noch die Erde übrig; der Mars ist eine Eiswüste und die Venus eine Hitzehölle. Mit verantwortlich dafür ist der Treibhauseffekt. Er hat unsere Nachbarn lebensfeindlich gemacht; dem irdischen Leben dagegen dauerhaft das Überleben ermöglicht. Das zeigt nur um so deutlicher, dass wir alles daran setzen müssen, diesen Zustand durch den menschengemachten Treibhauseffekt nicht zu zerstören.
Ist die Aussage mit dem Mangetfeld so überhaupt haltbar? Die Venus hat im Gegensatz zum Mars zwar eines, aber verglichen mit der Erde ist es extrem schwach. Folglich müsste der Sonnenwind, der an der Venus um einiges stärker sein dürfte als am Mars, eigentlich ganz schön an der Venus-Atmosphäre nagen. Danach sieht es aber überhaupt nicht aus.
Meines Wissens nach hat die Venus (wie der Mars) kein oder ein vernachlässigbares intrinsisches Magnetfeld bzw. wäre dieses schwer messbar, da die Atmosphäre sich durch den Sonnenwind aufgeladen hat und ein induziertes Magnetfeld erzeugt!
Mit anderen Worten, ich stimme Captain E. zu, dass ich starke Zweifel daran habe dass die Erdatmosphäre ohne Magnetfeld „schutzlos“ wäre – es gäbe dann ein induziertes Magnetfeld dass wie auf der Venus die Ablationsraten relativ niedrig hielte – kein grundsätzliches Problem demnach.
@Wizzy:
Womit die dünne Atmosphäre des Mars mehr seiner geringen Größe geschuldet wäre als sonst etwas. Ein Drillingsplanet Mars hätte vermutlich noch heute eine nennenswerte Lufthülle, selbst mit so einem schwachen Magnetfeld wie die Venus.
Man muss natürlich berücksichtigen dass es auf der Venus Vulkanismus* gibt und auf dem Mars nicht – das heißt wir haben eine Quelle für CO2 aber keine Senke in Form von ozeanischer Karbonatbildung. Unsere Erkenntnisse auf der Venus weisen darauf hin dass sie in der Frühzeit große Ozeane beherbergt hatte, manche Autoren gehen von mehr Wasser aus als die heutigen Erdozeane noch haben! Dieses ganze Wasser wurde durch den galoppierenden Treibhauseffekt nach und nach verdampft, photolytisch durch Sonnenlicht gespalten und der H2 als leichtes Gas ablatiert, der O2 reagierte mit Gestein. Das heißt, es gab einiges an Atmosphärenverlust (vor allem H2) auf der Venus sicher. Aber der Magnetfeldsache stehe ich wie oben ausgeführt sehr skeptisch gegenüber. Meines Erachtens hat der Mars zu 99% aufgrund von zwei Gründen eine dünne Atmosphäre:
1. geringere Gravitation
2. keinen Vulkanismus
Das mit dem Magnetfeld halte ich für fragwürdig.
*Der wohl rezente Vulkanismus auf der Venus ist eine neue Erkenntnis, der wahrscheinlich zyklische „global resurfacing“ Vulkanismus der Venus aber schon lange unbestritten.
Ein Paper zu diesem Thema:
„Atmospheric escape from unmagnetized bodies“, Brain et al. 2016
„[…]
Here we discuss the […] escape processes and rates from five solar system objects spanning 3 orders of magnitude in size: comets, Pluto, Titan, Mars, and Venus.
[…]
A number of questions remain […] Why are ion escape rates similar for several of the objects discussed above? […] Related to this issue is whether a global magnetic field inhibits atmospheric ion loss, or atmospheric escape, in general.“
Dafür dass diese Magnetfeldthese überall kolportiert wird: Krasse Aussage, oder?
@Wizzy:
Der Mars hat allerdings die vermutlich größten Vulkane des Sonnensystems, und es gibt Anzeichen, dass der letzte Ausbruch nur Millionen und nicht Milliarden von Jahren zurück liegt. Sicher ist das aber nicht, und vielleicht sind sie wirklich schon ewig und drei Tage mausetot.
@Captain E.
Ah, danke für die Info, spannend.
Trotzdem gehe ich davon aus dass auf der Venus die CO2-Quellen größer sind. Sie ist massiger als der Mars und im Inneren laut Modellen heißer als die Erde (das nimmt man auch als Grund an für das fehlende Magnetfeld, dass in der Erde durch die Expansion des festen Kerns entsteht (Kristallisationsenergie), die in der Venus wohl noch nicht stattfindet!) und erst Recht als der Mars. Das heißt Druck und vulkanische Energie sind auf der Venus größer. Auf dem Mars gab es eben auch nicht die global resurfacing events, die auf der Venus alle 0,5 Milliarden Jahre 97% der Oberfläche mit Lava fluten.
Ein Grund für das Verschwinden des Wassers auf dem Mars liegt in der Eigenschaft des Wassers, der Triplepunkt genannt wird. Bei 0,006 bar und 0,01 Grad Celsius kann Wasser als Eis, als flüssiges Wasser und sogar als Wasserdampf vorliegen. Verschiebt sich die Temperatur nur geringfügig in Richtung Wärme, verdunstet flüssiges Wasser zu Dampf und Eis wird zu flüssigem Wasser. (stark vereinfacht)
Wieso darf denn dann der Titan seine schöne Atmoshäre behalten, er ist doch noch kleiner ans der Mars, und Stickstoff dürfte auch nirgends nachgeliefert werden?
@hwied:
Einen Tripelpunkt gibt es für die meisten Stoffe. Und es ging ja auch nicht ums Wasser, sondern um die Lufthülle.
@Skeptikskeptiker:
Gute Frage! Vielleicht spielen beim Titan seine relative Größe und seine Entfernung von der Sonne eine Rolle. Aber nicht nur Titan ist größer als Merkur, sondern auch Ganymed, der größte aller Monde im Sonnensystem. Der hat aber keine Atmosphäre.
@Skeptikskeptiker
Ja Du hast recht, bei meinen 99% oben ging ich implizit davon aus dass die Sonne recht nahe ist, ohne diese geht Atmosphärenverlust im Equilibrium (d.h. ohne besondere Ereignisse wie z.B. Änderung der Sonnendistanz oder großer Impakt) nur langsam vonstatten je nach Größe und Atmosphärengasen. Beim Titan sind wohl Kometen die Stickstoffquelle – damit das funktioniert, muss der Atmosphärenverlust aufgrund der Sonnenferne im Vergleich zum Mars sehr viel langsamer sein. Der Sonnenwind am Titan ist gut 2% so stark wie am Mars und knapp 1% so stark wie bei der Erde.
Captain E,
Wasser und Atmosphäre, die hängen sehr eng zusammen, eigentlich kann man das gar nicht trennen. Es hängt von der Temperatur und vom Druck ab, ob Wasser in Dampfform vorliegt oder als Eis.
Und wie sich die Atmosphäre zusammensetzt hängt auch vom Druck und der Temperatur ab. Und dann kommt noch die Gravitation, ob die das leichte H² festhalten kann oder nicht.
Was noch gar nicht erwähnt wurde, das große Wärmeäquivalent von Wasser. Wenn Wasser vorhanden ist, dann wirkt es als Energiepuffer. Tagsüber speichert es Energie, nachts gibt es Energie ab. Ist das Wasser verschwunden, z.B. durch starken Vulkanismus, Olympus Mons ist ja riesig, dann geht es der Atmosphäre an den Kragen. Und so war es wahrscheinlich. Olympus Mons hat den Mars gekillt.
@hwied
Sicher? In der Venus-Atmosphäre gibt es nur noch kleine Mengen Wasser, aber der Atmosphäre geht es prächtig bei 80-90 bar Oberflächendruck. Auch in den Atmosphären der Gasriesen spielt Wasser eine kleine Rolle.
Olympus Mons hat den Mars sicher nicht gekillt. Das ist faktenfreies Geschwurbel. Wie üblich.
Warum der Mars jetzt nur mehr ein großer Sandkasten ist, steht sogar im Artikel. Man müsste ihn halt lesen.
Und was ist mit der Plattentektonik?
Spielt sie keine Rolle für die Atmosphäre? 🙂
@RainerO Was den Artikel betrifft, der ist sehr informativ und gut geschrieben. Aber mit einigen Details stimme ich nicht überein: Zum Beispiel ob die langsame Rotation irgendwie zum Treibhauseffekt beitrug. Auch dies glaube ich nicht.
Mein Argument: Die Venus hat trotz der sehr langsamen Rotation auf der Nachtseite fast exakt die gleiche Temperatur wie auf der Tagseite. Der Grund ist, dass eine so dichte Atmosphäre extrem effektiv Energie gleichmäßig umverteilt – dieses Prinzip findet man auch bei den großen Gasriesen und speist bei diesen und auf der Venus die großen Windstärken.
@Karl-Heinz
Doch die ermöglicht die ständige Karbonatbildung und damit effektives CO2-Removal (daher Erdes niedriger Druck von 1 Bar), benötigt aber Wasser als Schmiermittel. (Kurzversion)
Habe das mit der ähnlichen Nachttemperatur so im Studium gelernt. Ein Blick in die Literatur offenbart Folgendes: Die Tagseite an der Oberfläche hat 776 K und die Nachtseite 700 K Temperatur, während die Strahlungstemperatur oberhalb der Atmosphäre sich wesentlich ähnlicher sind. Weil auf der Venus ein Strahlungsgleichgewicht herrscht P_in = P_out~T^4, ist der Einstrahlungsunterschied an der Oberfläche 2,6% zwischen Tag- und Nachtseite. Tatsächlich ist dieser Unterschied auf dem Mond (trotz schnellerer Rotation von 28 Tagen) und z.B. dem Merkur von ganz anderer Größenordnung. Allerdings fehlt mir das Wissen, ob dies in der Anfangszeit der Venus vielleicht signifikant anders war. Zu Bedenken wäre neben der Atmosphäre noch, dass Ozeane wegen der großen Eindringtiefe von sichtbarer Strahlung und ihrer Wärmekapazität eine zusätzliche ausgleichende Wirkung haben.
…..ganz sicher nicht…….
ganz sicher ist, dass Olympus Mons ungefähr zweieinhalb Mal so groß ist wie der Mount Everest, gemessen über dem Meeresspiegel; er ist damit im Sonnensystem der größte Vulkan und der höchste Berg.
Das sollte doch nicht unbeachtet bleiben.
Und wenn so ein Riese ausbricht, dann wird das Auswirkungen auf die Atmosphäre des Mars gehabt haben. FF hat von Kipppunkten gesprochen, so einen wird es gegeben haben, entweder hat der letzte Ausbruch soviel Asche in die Marsatmosphäre geschleudert, dass es zu einer Verdunkelung kam, wie beim Ausbruch des Krakatau auf der Erde und danach eine Eiszeit auf dem Mars anbrach, die heute noch andauert. Während dieser Eiszeit hat das Sonnenlicht das Eis auf dem Mars gespalten in H² und O. Das H² hat der Sonnenwind weggeweht, das restliche O hat die Oberfläche des Mars oxidiert.. Deshalb ist er rot.
Ein alternatives Scenario wäre , dass Olympus Mons durch ständige Ausbrüche eine Waschküchenatmosphäre geschaffen hat, die alles Wasser verdunsten ließ.
Danach folgte eine gewaltige Sonneneruption, die die gesamte Marsatmosphäre weggeblasen hat.
Die Erde war geschützt durch das Magnetfeld.
@ hwied
Du trainierst schon wieder meine Nackenmuskulatur.
Ich weiß zwar, dass mein Appell vollkommen sinnlos ist, aber: Lies einfach den Teil des Artikels über die Atmosphäre des Mars noch einmal. Dort steht alles, was du wissen musst. In dem Fall ist informieren deutlich besser, als „nachdenken“ (bei dir, wie gesagt, enspricht das faktenfreiem Geschwurbel).
„könnte das für einen ausreichend starken Treibhauseffekt gesorgt haben, um die Temperaturen dort über den Gefrierpunkt zu heben.“
Die Betonung liegt auf „könnte“.
Für reproduzierende Denker ist es natürlich schwer sich auf neue Fakten einzustellen.
Mars hat eine Fluchtgeschwindigkeit von 5 000 m/s.
Eine Gewehrkugel hat eine Mündungsgeschwindigkeit von max. 1200 m/s. Der Gewehrlauf ist 60 cm Lang. Auf dieser kurzen Strecke muss das verbrennende Pulver das Geschoss auf diese Geschwindigkeit beschleunigen. Die Detonationsgeschwindigkeit des Pulvers muss deshalb mindestens doppelt so hoch sein.
Jetzt sind wir beim Vulkan. Der hat einenTrichter obermarsisch von 24 km , untermarsisch vielleicht auch 24 km wahrscheinlich viel mehr.
Die Beschleunigungsstrecke für Marsgestein beträgt dann mindestens 50 km.
Und es ist wahrscheinlich, dass Olympus Mons Steine über die Fluchtgeschwindigkeit hinaus in eine fast stabile Marsumlaufbahn schleudern konnte.
Phobos und Deimos sind Zeugen .
@ hwied
Dann stelle dich als frei rotierender „Denker“ mal auf den Fakt ein, welcher Typ Vulkan Olympus Mons ist.
Dass Olympus Mons ein Schildvulkan ist, das war bekannt. Nicht bekannt ist , dass er eine gewaltige phreatomagmatische Eruption ausgelöst hat, d.h. Wasser ist in sein Innerstes eingedrungen und hat zu einer Dampfexplosion geführt. Mars war mit Wasser bedeckt !
Alle diese Vorgänge sind nur Annahmen, keine Theorien.
Planetare Geologie
https://youtu.be/Ei86F-HVYoQ
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