Der Mai ist vorbei. Und es wird wieder Zeit davon zu erzählen, was ich für Bücher gelesen habe. Ausschließlich sehr gute Bücher nämlich, was mich freut. Erstens, weil ich keine schlechten Bücher lesen musste und zweitens, weil ich euch diese Bücher nun auch empfehlen kann.
Der Marsianer rettet die Welt
Andy Weir hat ein neues Buch geschrieben! Sein Buch „Der Marsianer“ aus dem Jahr 2014 war ein Bestseller. Völlig zu Recht, wie ich früher schon mal geschrieben habe. Das Besondere an diesem Buch war ja vor allem der mit der Science Fiction verknüpfte Realismus. Der auf dem Mars gestrandete Astronaut musste irgendwie überleben und Weir hat sich SEHR genau überlegt, wie man das anstellen muss, so dass es auch tatsächlich funktionieren würde. Der „Marsianer“ war ein einziges Nerd-Fest, das aber trotzdem (oder vielleicht auch gerade deswegen) ein enormer Erfolg wurde. Weir hat in diesem Buch gezeigt, wie komplex die Wissenschaft ist, wie wichtig sie ist und vor allem wie faszinierend sie sein kann. Ich zitiere noch einmal, was ich vor sechs Jahren dazu geschrieben habe: „Weir beschreibt sehr ausführlich und bis ins letzte Detail, was Watney alles anstellen muss, um all den Problemen zu begegnen, die seinem Überleben gegenüberstehen. All das, was in klassischen Science-Fiction-Filmen und -Büchern gerne mal übersprungen wird, wird hier so detailliert ausgebreitet, das man fast meint, man hätte ein Handbuch für echte Mars-Astronauten vor sich“.
Nach dem Mega-Erfolg von „Der Marsianer“ hat man natürlich gespannt auf das nächste Buch von Weir gewartet. Das war „Artemis“ (auf deutsch: „Artemis“). Auch hier zitiere ich gerne wieder meine Rezension von damals: “Artemis” ist ein hervorragendes Buch. Es ist spannend. Es macht Spaß. Aber es fehlt das was den “Marsianer” so außergewöhnlich gemacht hat. Da war Mark Watney der Held, kein Actiontyp, kein Verbrechenaufklärer und auch keiner der anderen Stereotypen. Sondern ein Wissenschaftler der durch fiese Umstände auf dem Mars gestrandet war und sich nur mit Wissenschaft wieder aus der Scheiße ziehen musste. Genau das hat das Buch so wunderbar gemacht: Es hat gezeigt wie großartig Wissenschaft ist; wie viel man damit erreichen kann und wie kreativ sie ist. All die üblichen Versatzstücke erfolgreicher Bestseller haben gefehlt; es gab keine Geheimdienste, keine Schießereien, keine Intrigen, keine schmalzigen Liebesgeschichten, usw. Und trotzdem (bzw. genau deswegen) war “Der Marsianer” so grandios.
Ich persönlich hatte damals auch nicht damit gerechnet, dass Weir den Mega-Erfolg von „Der Marsianer“ wiederholen kann. Hätte er in einem neuen Buch das geschrieben, was die Geschichte um Mark Watney so grandios gemacht hat, dann wäre es am Ende doch nur eine Kopie gewesen. Und das endet nie gut (wie zum Beispiel bei Fortsetzung von „Ready Player One“). Nun, ich habe mich geirrt. In „Project Hail Mary“ (auf deutsch: „Der Astronaut“) hat Andy Weir es geschafft, ein völlig neues Buch zu schreiben, dass dennoch genau mit den Elementen arbeitet, die „Der Marsianer“ so erfolgreich gemacht haben!
Wie üblich möchte ich nicht spoilern und werde den Inhalt deswegen nur sehr vage umreißen. Es geht um Ryland Grace, ein Wissenschaftler der plötzlich in einem ihm unbekannten Raum aufwacht und sich an nichts erinnern kann. Im besten Mark-Watney-Style findet er durch ein paar simple Experimente heraus, dass er sich in einem Raumschiff befinden muss. Ein Raumschiff, das sich weit außerhalb des Sonnensystems befindet. Die Erinnerungen kommen langsam zurück und Grace wird klar, dass er Teil einer Mission ist, deren Ziel in nicht weniger als der Rettung der Menschheit besteht. Die Gefahr für die Erde besteht aber nicht in Asteroiden, Krieg, oder anderen Standardelementen der Science Fiction. Sondern aus einer Mischung von Astronomie und Biologie, die ich so noch nicht in einem Science-Fiction-Buch gelesen habe. Die Krise, die Andy Weir für die Welt ersonnen hat, ist das genialste und originellste Weltuntergangsszenario, dem ich bis jetzt begegnet bin.
Ryland Grace jedenfalls muss einen Weg finden, die Welt zu retten. Alleine, Lichtjahre entfernt von der Erde (und warum er so weit fliegen musste, möchte ich nicht verraten) und es bleibt ihm nur die Wissenschaft, um all den Problemen zu begegnen, auf die er trifft. „Project Hail Mary“ ist besser als „Der Marsianer“! Es hat all das, was die Geschichte um Mark Watney so fesselnd gemacht hat und dann noch viel mehr! Ryland Grace muss ein extrem außergewöhnliches wissenschaftliches Puzzle lösen, unter extrem außergewöhnlichen Bedingungen und Weir schafft es ein weiteres Mal, seine Liebe zur Wissenschaft in eine großartige Mischung von Nerdtum, MacGyverismus, Science Fiction und Krimi zu gießen. Lest das Buch! Es ist absolut großartig!
Die Klimakrise geht nicht weg
Die Klimakrise geht nicht weg; sie wird uns alle noch sehr intensiv beschäftigen und es ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen. Mein Stapel an relevanten Büchern zu diesem Theme wächst immer weiter und das letzte, das ich davon gelesen habe, ist „Heißzeit: Mit Vollgas in die Klimakatastrophe – und wie wir auf die Bremse treten“ von Mojib Latif.
Der deutsche Klimaforscher Mojib Latif hat nicht nur Ahnung vom Thema, sonder ist auch in der Lage, sein Wissen sehr verständlich zu kommunizieren. Das hat er im Fernsehen, in Zeitungen und in Vorträgen getan. Und in Büchern, von denen „Heißzeit“ das aktuellste ist. Der Titel könnte Katastrophismus vermuten lassen; der Untertitel zeigt aber, dass Latif die Dinge durchaus mit ein wenig Hoffnung betrachtet. Es geht ihm nicht nur darum, zu erklären wie dramatisch die Klimakrise ist und noch werden kann. Sondern eben auch darum zu zeigen, dass wir durchaus noch in der Lage sind, etwas dagegen zu tun. Das Buch ist eine gut geschriebene Einführung zu den wichtigsten Grundlagen der Klimaphysik; beschäftigt sich aber auch mit den gesellschaftlichen und politischen Aspekten der Klimakrise. Das Buch ist noch rechtzeitig erschienen um die Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie in das Buch einfließen zu lassen und ich kann es allen nur dringend empfehlen.
Alien-Roboter reloaded
Das Buch „An Absolutely Remarkable Thing“ (auf deutsch: „Ein wirklich erstaunliches Ding“) war eines meiner Highlights von 2019. Das Thema ist klassisch: Auf der Erde findet eine Alien-Invasion statt. Es läuft aber alles KOMPLETT anders ab, als man es sich jetzt vorstellt. Die Kurzversion: Überall auf der Welt tauchen plötzlich riesige Roboter auf, die nicht mehr tun, als einfach nur rumzustehen. Die junge Kunststudentin April May ist die erste, die ein Video von so einem Roboter macht und wird dadurch zu einer weltweiten Berühmtheit. Die Roboter stehen weiter nur rum; bald stellt sich aber heraus, dass sie die Menschheit auf eine Art Rätselrallye schicken wollen. Es bilden sich zwei Gruppen: April May und ihre Gefolgschaft sind davon überzeugt, dass die Aliens nur das Beste für die Menschheit im Sinn haben; die „Defenders“ halten sie für eine Gefahr, die bekämpft werden muss. Und wo sich in anderen Büchern des Genres nun irgendwelche Generäle mit Professoren streiten würden, ist Hank Greens Roman deutlich origineller. Wenn tatsächlich Alien-Roboter auf der Erde landen würde, dann würden die Dinge vermutlich wirklich so laufen, wie bei Green. Dann würden nicht Geheimdienste, Soldaten u.ä. im Fokus stehen, sondern YouTube, Instagram, Twitter und Fernsehsendungen…
Wenn ihr „An Absolutely Remarkable Thing“ noch nicht gelesen habt, dann holt das nach! Denn ansonsten macht es keinen Sinn, „A Beautifully Foolish Endeavor“ zu lesen. Die Geschichte aus dem ersten Buch wird weitererzählt und endlich erfährt man auch, was die Aliens auf der Erde treiben. Vor allem aber geht es um die große Frage: Wer hat das Recht, die Welt fundamental und nachhaltig zu ändern? Wären etwa das Internet und die sozialen Medien usw, so wie sie heute sind, absichtlich geplant worden: Hätten wir nicht ein wenig überlegen sollen, ob wir das so wirklich wollen? Und wer hätte das Recht gehabt, zu entscheiden, ob wir der Menschheit so ein Ding wie das Internet zur Verfügung stellen oder nicht? Ähnliche Fragen aber auf einem ganz anderen Level stellen sich in Hank Greens neuen Buch, das genau so gut ist wie der Vorgänger.
Das wars
Im Juni hab ich schon ein paar Bücher auf meiner Liste. Was mich aber wie immer interessiert: Was lest ihr gerade und was empfehlt ihr mir an Lektüre für meinen Sommerurlaub?
Die Links zu den Bücher sind Amazon-Affiliate-Links. Beim Anklicken werden keine persönlichen Daten übertragen.
Danke für die Tips, Die Bücher klingen wirklich interessant.
Ich lese gerade die Tao-Trilogie von Wesley Chu und kann sie nur empfehlen.
Ich lese mich gerade durch die „Elemental Masters“-Romane von Mercedes Lackey – keine SciFi, sondern Nacherzählungen bekannter Märchen, angesiedelt hauptsächlich im England des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts (das jüngste Datum bisher war 1914). Der Hauptunterschied zur realen Geschichte: Es gibt Magie.
Dennoch sind es keine Kindergeschichten, denn Frau Lackey geht, und das auf teilweise ziemlich drastische Weise, auch auf soziale Probleme der Zeit ein.
Insgesamt besteht die Reihe bisher aus 15 Romanen; dazu kommen 2 Bände mit Kurzgeschichten und ein 16. Roman, der nicht offiziell dazugehört (er erschien 7 Jahre früher als der ‚offizielle‘ Band 1, und zwar bei Baen und nicht, wie die Bücher der ‚regulären‘ Serie, bei DAW), in dem sie sich aber das erste Mal an dem ganzen Thema versucht hat.
Mir gefallen die Bücher bisher (ich habe bis jetzt die ersten 8 Bände und den bei Baen erschienenen Vorläufer gelesen) sehr, sehr gut.
Ebenfalls vielen Dank für die Lesetipps, wie schon sehr oft inspirierend.
Zu „Heißzeit“ noch: das gibt es auch bei der bpb, (https://www.bpb.de/) –> https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/331919/heisszeit für kleines Geld.
Ich hatte mich schon gefragt, wann man wieder mal was von Weir zu lesen bekommt. Sehr guter Tipp, genau mein Ding, vielen Dank, Florian.
Immer wieder interessant, was du da so liest. Eine gute Story fand ich im SF-Roman „Vakuum“ von Phillip P. Peterson. Die physikalischen Hintergründe kannst du bestimmt besser beurteilen.
Lese gerade „The physics of Climate Change“ von Krauss. Sehr interessant und gut geschrieben.
Die Siliziuminsel von Qiufan Chen war für mich im Mai kein Highlight.
Endlich das dritte große Werk von Jonathan Franzen gelesen, Unschuld. Die Korrekturen sind dennoch mein Favorit von Franzen.
Entdeckung des Monats: die Essays von Charles Eisenstein.
Jetzt: mein erster Tchaikovsky – Die Kinder der Zeit.
Herrlich! „Der Astronaut“ ist so ganz nach meinem Geschmack. Um 1 Uhr morgens muss ich mich jeweils zwingen, eine Pause beim Lesen einzulegen :- )
Danke für die vielen guten Lesetipps!!
In Heine’s Bibliothek der Science Fiction Literatur hab ich letzhin ein Buch von Ken Grimmwood entdeckt:
Replay – Das zweite Spiel
Auch da konnte ich fast nicht aufhören zu lesen. Es geht um eine Zeitreise der besonderen Art. Zum Inhalt möchte ich nicht allzuviel sagen, ausser „Und täglich grüsst das Murmeltier“ ist davon inspiriert.
[…] So, gerade habe ich das Buch “Hail Mary” von Andy Weir gelesen, das hat Florian ja neulich empfohlen. […]