SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.

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Über Bewertungen und Kommentare freue ich mich auf allen Kanälen.

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Sternengeschichten Folge 433: KIC 8462852 und die angebliche Alien-Zivilisation

KIC 8462852 ist nicht unbedingt ein griffiger Name für einen Stern. Es ist ja auch eigentlich kein echter Name, sondern einfach nur seine Bezeichnung im „Kepler Input Catalog“, der Datenbank an Sternen, die das Kepler-Weltraumteleskop untersucht hat. Es kommt bei den Sternen ja aber auch nicht auf den Namen oder die Bezeichnung an. Sondern auf das, was wir bei ihrer Beobachtung lernen können. Und bei KIC 8462852 ist das jede Menge!

Kennen tun wir diesen speziellen Stern so sehr lange. Er taucht schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts in diversen Sternkatalogen auf. Er befindet sich im Sternbild Schwan und ist ungefähr 1470 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er ist ein wenig schwerer und größer als unsere Sonne, ein klein wenig heißer und leuchtet circa drei mal so hell. Wie alt der Stern ist, wissen wir noch nicht so genau, aber er ist vermutlich noch sehr jung, ein paar hundert Millionen Jahre nur. Mit freiem Auge ist KIC 8462852 nicht zu sehen; da braucht es schon ein halbwegs starkes Teleskop. Kurz gesagt: Das Ding unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht sonderlich von den Milliarden anderen Sternen in unserer Milchstraße. Es ist halt ein Stern.

Das hat sich im Jahr 2015 geändert. Also KIC 8462852 ist schon immer noch ein Stern. Aber eben einer, der sich deutlich von allen Sternen unterscheidet, die wir bisher beobachtet hatten. Das Weltraumteleskop Kepler hat zwischen 2009 und 2018 sehr viele Sterne beobachtet. Fast 200.000 und natürlich ist es da nicht möglich, alle Daten sofort und letztgültig auszuwerten. Das eigentliche Ziel von Kepler war die Suche nach extrasolaren Planeten. Um herauszufinden, ob ein Stern von einem Planeten umkreist wird, hat Kepler nach Helligkeitsschwankungen gesucht. Ändert ein Stern seine Helligkeit periodisch, dann kann das ein Zeichen dafür sein, dass ein Planet um ihn kreist und von uns aus gesehen in regelmäßigen Abständen immer ein bisschen Sternenlicht blockiert. Unterstützung bei dieser Suche kam von der Öffentlichkeit. Beim Projekt „Planet Hunters“ konnten alle, die wollten, die Helligkeitsmessungen von Kepler anschauen und dort nach charakteristischen Schwankungen suchen. Oder nach anderen Dingen, die irgendwie auffällig sind.

Das war bei KIC 8462852 der Fall. Seine Helligkeit änderte sich, aber nicht periodisch und nicht nur ein bisschen. Sondern ziemlich wild und teilweise wurde der Stern um 22 Prozent dunkler. Ein Planet kann so etwas nicht verursachen; der ist im Vergleich zum Stern so klein, dass er dessen Licht nur um Bruchteile eines Prozents verdunkeln kann. Was er dann auch auf jeden Fall regelmäßig tut. Die amerikanische Astronomin Tabetha Boyajian, zuständig für das Planet-Hunters-Projekt, sah sich die Sache genauer an. Und veröffentlichte gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen im September 2015 einen Artikel über den Stern. Er hatte den Titel „KIC 8462852 – Where’s the Flux?“. Mit „Flux“ ist das Sternenlicht gemeint und die große Frage war: Wo ist es hin und warum ist dieser Stern so komisch dunkler geworden? Und jetzt kann ich auch endlich aufhören, „dieser Stern“ oder „KIC 8462852“ zu sagen. Nach dieser Veröffentlichung wurde „dieser Stern“ schnell als „Tabby’s Stern“ bekannt, nach dem Spitznamen von Tabetha Boyajian. Manche nannten ihn auch „WTF-Stern“, was sich einerseits auf das „Where’s the Flux“ im Titel der Forschungsarbeit bezieht. Andererseits aber auch auf die gebräuchliche englische Abkürzung die – sagen wir es mal familienfreundlich – großes Erstaunen ausdrückt.

Sowas macht man doch nicht! Seltsame Helligkeitsänderungen bei KIC 8462852 im Jahr 2015 Bild: Boyajian et al, 2015

Also. WTF. Was ist los mit Tabbys Stern? Die Daten zeigen, dass es dort am 5. März 2011 den ersten außergewöhnlichen Helligkeitseinbruch gab. Innerhalb eines Tages wurde seine Helligkeit um 16 Prozent geringer, einen Tag später war dort alles wieder normal. Am 28. Februar 2013 kam die nächste große Verdunkelung. Zuerst sank die Helligkeit nur um 1,5 Prozent für drei Tage. Dann ging es aber gleich um 22 Prozent runter und diese Verdunkelung war erst zwei Tage später wieder vorbei. Knapp drei Wochen später wurde es nochmal dunkler, diesmal nicht ganz so stark. Und nochmal knapp 5 Wochen später sank die Helligkeit ein weiters Mal für zehn Tage.

Das ist außergewöhnlich. So was macht ein Stern normalerweise nicht. Einen Planeten kann man definitiv als Ursache für diese Helligkeitsschwankungen ausschließen. Aber es gibt ja noch jede Menge andere Gründe, aus denen ein Stern seine Helligkeit verändern kann. Zum Beispiel, wenn er Teil eines Doppelsternsystems ist. Dann ändert der Stern selbst zwar seine Helligkeit nicht. Aber wenn die beiden Sterne sehr dicht aneinander stehen, dann erscheinen sie uns aus der Ferne wie EIN Stern und je nachdem, ob die beiden von uns aus gesehen nebeneinander oder hintereinander stehen, ändert sich die von uns beobachtete Helligkeit. Tatsächlich hat Tabbys Stern einen Begleiter; einen kleinen roten Zwergstern. Der ist aber sehr weit weg und kann mit den Helligkeitsschwankungen nichts zu tun haben. Sterne können auch von sich aus ihre Helligkeit verändern. Davon habe ich in den Folgen 64 und 65 ja schon ausführlicher erzählt. Sie tun das, wenn in ihrem Inneren spezielle Prozesse ablaufen, die zu Temperatur- und Größenschwankungen führen. Tabbys Stern ist aber eigentlich nicht die Art von Stern, die so etwas macht und die Schwankungen passen auch nicht zu dem, was man erwarten würde.

Boyajian und ihre Kolleg:innen haben noch weitere Hypothesen untersucht, die wir uns später noch anschauen werden. Über ein Thema haben sie in ihrem Fachartikel allerdings nicht gesprochen. Das Thema, das sämtliche Medienberichte über Tabbys Stern dominiert, taucht dort nicht auf. Dafür aber in einem Interview, in dem sich ein Kollege von Boyajian geäußert und das eine Wort verwendet hat, das verlässlich immer für gewaltige Aufregung sorgt: Aliens! Der Astronom Jason Wright wurde darin mit dem Satz „[D]as sieht so aus wie etwas, das eine außerirdische Zivilisation gebaut haben könnte“. Unmittelbar davor sagte er zwar auch „Außerirdische sollten immer die letzte Hypothese sein, die man zur Erklärung von etwas heranzieht.“. Aber wenn die Aliens einmal im Spiel sind, interessieren sich die meisten Medien nicht mehr sonderlich für irgendeine kritische Einordnung. Fortan war Tabbys Stern der Stern mit den außerirdischen „Megastrukturen“. Und damit ist etwas gemeint, das man auch unter den Namen „Dyson-Sphäre“ oder „Dyson-Schwarm“ kennt. Ich habe darüber in Folge 159 gesprochen: Im Prinzip geht es darum, dass eine technisch sehr weit fortgeschrittene Zivilisation sich Gedanken darüber macht, wie man möglichst viel Energie eines Sterns nutzen kann. Auf der Erde kriegen wir zum Beispiel ja nur die Sonnenenergie, die auch auf unseren Planeten trifft. Der ganze Rest der Sonnenstrahlung verschwindet ungenutzt von uns in alle anderen Richtungen im All. Wenn man nun aber eine Kugelschale um die Sonne bauen würde, könnte man die gesamte Energie auffangen und nutzen. So ein Ding wäre eine Dyson-Sphäre, und es ist quasi unmöglich, es zu bauen. Immer noch sehr unmöglich, aber ein kleines bisschen weniger ist ein „Dyson-Schwarm“, bei dem man den Stern nicht mit einer geschlossenen Schale sondern mit jeder Menge gigantischer Sonnenkollektoren umgibt. Und ja, so etwas würde tatsächlich dafür sorgen, dass wir Helligkeitsschwankungen sehen. Je nachdem wie viele von diesen Kollektoren gerade aus unserer Sicht vor dem Stern vorbei ziehen, würde sich dessen Licht verdunkeln. Es müsste aber ein Dyson-Schwarm unter Konstruktion sein. Denn die Schwankungen waren ja unregelmäßig und kamen in großen Abständen. Vielleicht haben wir auch gesehen, wie die Aliens irgendwelche großen Asteroiden und Planeten gesprengt haben, um das Material für ihre Konstruktionen zu gewinnen und die Verdunkelung kam durch den ganzen dabei erzeugten Staub zustande? Oder es war ein Alienkrieg im Gange und irgendwer hat eine gigantische Strahlenkanone benutzt um einen Planeten zu zerstören?

Man kann nach Lust und Laune spekulieren; mit echter Wissenschaft hat das allerdings wenig zu tun. Das ist wichtig, das sollte man sich auf jeden Fall merken: Nur weil man nicht weiß, was die Ursache für ein Phänomen ist, folgt daraus NICHT, das jede beliebige Ursache in Frage kommt und jede beliebige Ursache gleich wahrscheinlich ist! Aliens sind zumindest theoretisch eine Möglichkeit, die Helligkeitsschwankungen von Tabbys Stern zu erklären. Andererseits kann man ausreichend fortschrittliche Aliens ja auch als Erklärung für so gut wie alles heranziehen. Und vor allem: Es gibt nicht mal ansatzweise einen Beleg dafür, dass irgendwo solche fortschrittlichen Aliens existieren und an ihren Sternen rumbasteln. Auch Tabbys Stern ist kein solcher Beleg. Dafür sind die Daten alles andere als eindeutig genug. Denn es gibt noch ausreichend andere Erklärungsansätze die nicht nur deutlich wahrscheinlicher sind sondern – im Gegensatz zu megaschlauen Aliens – von denen wir auch wissen, dass sie tatsächlich möglich sind, weil wir entsprechende Prozesse anderswo im Universum schon beobachtet haben.

Gehen wir lieber nochmal zurück zur echten Wissenschaft. Natürlich hat man den Stern weiter beobachtet. Und es gab weitere Verdunkelungsphasen, die ebenso seltsam waren wie die zuvor. Und man hat natürlich auch weiter darüber nachgedacht, was die Ursache dafür sein kann. Ein einzelnes Objekt kann es kaum sein. Es müsste gewaltig groß sein und komplett unvorhersagbar am Stern vorüber ziehen. Sowas machen Himmelskörper nicht. Aber Staub ist ein guter Kandidat. Staubwolken können enorm groß sein, sie können das Licht eines Sterns ebenfalls verdunkeln und vor allem kann sich die Größe und Dichte so einer Staubwolke vergleichsweise schnell ändern. Nur: Wo käme der Staub bei Tabbys Stern her? Er könnte zum Beispiel Ringe aus Staub haben; bei jungen Sternen wäre sowas durchaus möglich. Es könnte sich auch um einen Schwarm von Kometen handeln, die den Stern umkreisen und ihm dabei sehr nahe kommen. Durch die Erwärmung der Kometen würden sie auftauen und es käme immer wieder zu neuen „Staubausbrüchen“. Solche dichten und großen Ansammlungen von Kometen sind allerdings eher ungewöhnlich. Es gäbe noch weitere Hypothesen, aber neue Beobachtungen haben die Sachlage ein wenig eingeschränkt.

Man hat zuerst einmal festgestellt, dass es sich wirklich um Staub handelt. Neue Beobachtungen haben gezeigt, dass der blaue Anteil des Lichts stärker abgeschwächt wird als der rote Anteil. Das ist genau das, was Staub mit Sternenlicht macht. Wäre es ein massives Objekt, also zum Beispiel irgendeine Alien-Struktur, würde man erwarten, dass alle Teile des Lichts gleichmäßig abgeschwächt werden. Man hat außerdem beobachtet, dass der Stern als ganzes dunkler wird. Nicht schnell, das ist ein Vorgang, der sich im Laufe von Jahrhunderten abspielt. Und dann hat man auch noch andere Sterne gefunden, die ein ähnliches Verhalten wie Tabbys Stern zeigen. Das alles sind deutliche Hinweise darauf, dass es sich um einen natürlichen Vorgang handelt, der vielleicht selten ist, aber nichts mit Aliens zu tun hat.

2019 haben Forscherinnen und Forscher eine Möglichkeit gefunden, wie sich all das erklären lässt. Das ganze läuft so: Der Stern wird von einem Planeten umkreist. Und der Planet von einem Mond. Vielleicht ist da noch ein weiterer Planet in größerer Entfernung, den braucht es aber nicht zwingend, denn da ist ja auch noch der vorhin erwähnte kleine Begleitstern. Wichtig ist nur, dass da zwei Himmelskörper sind, die über ihre Gravitationskraft miteinander wechselwirken können. Unter bestimmten Bedingungen kann das dazu führen, dass der Planet mit seinem Mond auf eine Bahn gerät, die ihn immer näher an den Stern heranführt. Dann kann der Planet vom Stern verschluckt werden; der Mond, der dadurch plötzlich aus dem gravitativen Griff seines Planeten entlassen wird, aber übrig bleiben. Er befindet sich nun in einer engen Umlaufbahn um den Stern und wird aufgeheizt. Nicht nur das: Er wird regelrecht Schicht für Schicht verdampft. Das führt einerseits dazu, dass sich im Laufe der Zeit eine immer dickere Schicht an Staub um den Stern bildet. Der Stern würde dadurch, wie beobachtet, langsam immer dunkler. Der Mond beziehungsweise seine Reste, sind aber immer noch da und umkreisen den Stern. Er zieht jetzt eine gewaltige Staubspur hinter sich her, immer wieder kommt es durch die Aufheizung zu neuen Staubausbrüchen. Der Staub kann im Laufe der Zeit auch verklumpen und größere Brocken bilden. Aus unserer Sicht sehen wir mal den ganzen Mond vor dem Stern vorüberziehen, inmitten seiner enormen Staubwolke. Mal aber auch nur die Ausläufer des Staubschweifs; mal dickere Klumpen im Staub und mal nicht. Wenn die Bahn des Mondes dann aus unserer Sicht auch noch ein wenig geneigt ist, führt das dazu, das wir nicht alle Verdunkelungsereignisse beobachten können. Wir würden ein unregelmäßiges Muster sehen, genau so wie wir es ja auch tun.

Verdampfender Exomond (Bild: Martinez et al, 2019)

Es braucht eine spezielle Konfiguration von Stern, Mond und Planet damit sowas passieren kann. Das wird nicht häufig vorkommen, aber es gibt viele Sterne da draußen und bei ein paar von ihnen WIRD es vorkommen. Weswegen wir solche Objekte wie Tabbys Stern und ein paar andere ähnliche Sterne beobachten können.

Das klingt alles sehr plausibel. Auf jeden Fall plausibler als irgendwelche Alien-Baustellen. Und, wenn man sich einmal von der Vorstellung gelöst hat, dass nur Außerirdische spannend sein können, es ist auch ein wirklich faszinierender Vorgang. Wir beobachten die langsame Zerstörung eines Himmelskörpers; etwas, was vermutlich überall im Universum immer wieder Mal vorkommt. Etwas, was wir in unserem eigenen Sonnensystem – zum Glück – nicht beobachten können. Aber Tabbys Stern gibt uns einen Blick auf diesen Prozess. Oder auch nicht. Denn genau können wir es natürlich immer noch nicht wissen. Es wird noch viel mehr Beobachtungsdaten brauchen, bevor wir uns sicher sein können, was dort abgeht. Und wahrscheinlich entdecken wir unterwegs noch ein paar neue, seltsame Phänomene. Das Universum wird nicht aufhören, uns zu überraschen.

17 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 433: KIC 8462852 und die angebliche Alien-Zivilisation“
  1. Die Alien-Hypothese ist in solchen Fällen leider genauso ein Wissenschaftsverhinderer, wie sie es die Gott-Hypothese ist – „Die Wege der Aliens sind unergründlich.“

    Würde man sich mit einer solchen Erklärung zufriedengeben, hielte es einen von der Erforschung der wahren Ursachen ab, die vermutlich rein natürlichen Ursprungs sind. Zumal sowohl die Alien- als auch die Gott-Hypothese nur scheinbar einfache Erklärungen sind, da sie eine Vielzahl von (selbstverständlich zu belegenden) Zusatzannahmen erfordern, die auf das beobachtete Phänomen draufgesattelt werden müssten.

  2. @FF
    Du hast gar nicht erwähnt, dass die Alienhypothese sehr unwahrscheinlich ist! #Ironieoff 🙂
    Spaß beiseite: Spannender Artikel über einen spannenden Stern (eher dem was da drumherum fliegt).

  3. @Spritkopf
    Hatten wir doch so ähnlich schon beim Asteroidenstaub, oder? Frei zitiert nach einem guten Schulfreund : “ Was ich nicht erklären kann, das seh‘ ich ausserirdisch an.“
    Und dann landet man schnell bei Däniken und co und hört auf zu fragen, wie du so schön geschrieben hast.
    Wissenschaftsverhinderer Alien, oder Gott, oder ist das nicht sowieso ein und dasselbe?
    Mein besagter Schulfreund ist übrigens Archäologe, und ich hab schon während des Studiums immer mal wieder dieses Thema mit ihm diskutiert, dieses blockieren der Forschung durch unbelegte Annahmen. Er hat mal einen extrem guten Artikel darüber verfasst in dem er die astronomische Bedeutung neolithischer Bauten im prinzip in der Luft zerreisst, siehe Stonehenge das man im Prinzip abreissen und durch einen Ferienpark mit Bungalows und Swimmingpools ersetzen könnte.

  4. @Spiritkopf / Folke Kelm

    Ich bin überzeugt davon – wie wohl gut die Hälfte der Wissenschaftler ebenfalls – dass es irgendwo und irgendwann ausserirdisches Leben auch intelligenter Art gibt oder gab oder geben wird, alleine schon aus Gründen der Wahrscheinlichkeit, sonst müssten wir unsere Mathematik überdenken, würde jedoch niemals Glauben eine höhere Wertigkeit zumessen als Wissen, akzeptiere jede erfolgreiche Falsifikation, freue mich sogar über diese, weil damit die Wirksamkeit und Anti-Dogmatik der Empirie aufs Neue bewiesen wurde und finde das All und seine Phänomene auch dann spannend, wenn es nicht um Aliens geht bzw. die Wahrscheinlichkeit auf diese gegen Null läuft.

    In religiösen Angelegenheiten bin ich ein Agnostiker, glaube weder an Gott, noch tue ich es nicht, sehe dieser Art von Glauben allerdings keinesfalls als dasselbe an, weil es nicht um Wahrscheinlichkeiten geht und weil dieser wesentlich elementarer ist und unser psychologisches Selbst viel mehr tangiert. Auch im möglichen negativen Fall.

    Und nun? Damit passe ich nicht mehr in die Schublade, die hier aufgemacht wurde. Schlimmer noch: Ich wage zu behaupten, dass der Grad der Pauschalisierung und Voreingenommenheit derselbe ist, der kritisiert wurde, was es absurd werden lässt.

    Dass es jede Menge Sensationshungrige gibt, die von Wissenschaft keine Ahnung haben, aber alles für bare Münze halten, wenn die Schlagzeile nur gross genug war und einige (auch Medien) mit der Leichtgläubigkeit ebenjener ihr Geld verdienen, ist altbekannt und ärgerlich.

    Wenn aber vermeintlich rational denkende und wissenschaftlich geschulte Menschen ihrerseits zur Pauschalisierung, zur Voreingenommenheit und zu Dogmen greifen, wo dann ganz schnell aus „Aliens sind sehr unwahrscheinlich in diesem Fall“ ein kategorisches explizites oder implizites „Es gibt keine Aliens“ wird, ebenfalls bar jeglicher Evidenzen, und daraus dann ein „Lass uns nicht über die Möglichkeit von Aliens reden, denn das ruiniert nur den Ruf, weil es unwissenschaftlich wirkt und/oder Wissenschaft verhindert“ dann gibt es keine Gewinner, aber auf jeden Fall einen Verlierer:

    Empirie, die Wissenschaft selbst.

    1. @Adam: „alleine schon aus Gründen der Wahrscheinlichkeit,“

      Das Argument habe ich noch nie verstanden. Wenn du mathematisch sinnvoll eine Wahrscheinlichkeit für die Existenz von intelligenten Aliens berechnen willst, musst du zuvor zwei Zahlen kennen. 1) Die Wahrscheinlichkeit, dass auf einem Planeten mit bestimmten Eigenschaften Leben entsteht. 2) Die Wahrscheinlichkeit dass Leben Intelligenz entwickelt. Beide Zahlen kennen wir nicht. Die erste können wir vielleicht noch so irgendwie abschätzen. Die zweite aber absolut gar nicht. Und deswegen hilft es uns auch nicht zu wissen, dass es im Universum jede Menge Planeten gibt. Das ist vorerst nur eine große Zahl. Wenn eine der beiden unbekannten Zahlen aber enorm klein ist, nützen auch viele Planeten nichts. Insofern ist der Glaube an Aliens halt genau das: Ein Glaube.

      Abgesehen davon sagt die Wissenschaft definitiv nicht “Lass uns nicht über die Möglichkeit von Aliens reden, denn das ruiniert nur den Ruf, weil es unwissenschaftlich wirkt und/oder Wissenschaft verhindert”. Ganz im Gegenteil…

  5. @Florian:

    So ganz unmöglich scheinen zumindest bestimmte Dyson-Sphären ja nicht zu sein, wie du hier geschrieben hast:

    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2015/04/01/leben-nach-dem-sternentod-dyson-sphaeren-bei-weissen-zwergen/

    Auch wenn das natürlich hier nicht der Fall ist.

    Aber abgesehen von der reinen Faszination und dem allgemeinen Erkenntniserwerb hat diese Entdeckung noch einen schönen Nebeneffekt: Tabetha Boyajian. Es ist leider viel zu selten, dass eine Frau Würdigung in der Astronomie erhält. Wobei ich nicht weiß, ob sich Tabetha hiermit wirklich wohl fühlte.

  6. @Florian:

    Du hast es vielleicht deswegen noch nie verstanden, weil du vergessen hast, dass menschliche Sprache nicht sonderlich exakt ist 😉

    Wir benutzen manchmal ein und denselben Begriff für verschiedene Dinge. Die mathematische Wahrscheinlichkeit mit einem Lottoschein den Jackpot zu knacken ist ermittelbar, sie liegt bei 1:144 Mio. Sie ist deswegen ermittelbar, weil alle Größen bekannt sind. Doch nicht jeder kennt diese exakten Größen. Neuerdings vielleicht, weil diese offen gelegt werden muss. Allerdings haben auch lange zuvor schon die Leute gesagt: „Es ist unwahrscheinlich, dass ich im Lotto gewinne.“ Eigentlich ein alles andere als mathematisch-exakter Satz, denn es wird nicht ersichtlich, ob sie den Jackpot meinen und es wird nicht klar, wie sie zu der Überzeugung gelangen, dass es unwahrscheinlich sei. Trotzdem hatten sie das Gefühl der Unwahrscheinlichkeit, der Nicht-Plausibilität, der Seltenheit, vielleicht sogar der Unmöglichkeit.

    Im Falle der Erde kennen wir die Werte – und da wir keinen anderen Fall kennen und nicht mehr zurück wollen in die Vor-Kopernikanische Zeit, in der der Mensch etwas Besonderes war, müssen wir davon ausgehen, dass Erde-Mensch der Standard sind, einfach mangels weiteren Fällen. Wie du selbst schon so manches Mal geschrieben hast.

    Würden wir wenigstens eine weitere Erde, nicht Supererde, nicht Beinahe-ach-doch-nicht-Erde, sondern eine weitere Erde finden, gleichalt, gleich weit von ihrem gelborangenen Zwergstern entfernt, in der habitablen Zone, mit einem Mond, der ihre Achse stabilisiert und so weiter – und dabei dann feststellen: keine Pflanzen, keine Fauna, keine Intelligenz, wäre das ein (negativer) Vergleich, der alles halbieren würde. Ein weiterer Fall dieser Art würde es nochmal halbieren und so weiter.

    Was wir nicht wissen:
    wie oft es solche Erden gibt, folglich können wir die exakte Wahrscheinlichkeit nicht berechnen. Wir könnten in dieser Konstellation (oder auch jeder anderen) die einzigen sein. Absolut korrekt, kein Widerspruch. Deswegen ist die Drake-Formel ja auch nur eine Blaupause zur Ermittlung, wenn man denn die Größen kannte. Da man das nicht tut, kann man in sie eintüten, was man will und landet so zwischen 1 – wir (und selbst das ließe sich bezweifeln ;-)) – und beliebig hoch.

    Und trotzdem kann uns das Gefühl der (Un-)Wahrscheinlichkeit im Sinne einer gefühlt schwachen Plausibilität angesichts der unvorstellbaren Zahlen der Sterne erreichen, aus denselben Gründen, wie beim Lotto-Spieler, der nicht weiß, wie viele Lottoscheine es gibt, nur dass es viele sein müssen. Was auch logisch ist, denn wir wollen aus guten Gründen nicht zum Kirchenbild zurück, wollen uns nicht als das Zentrum des Universums sehen, nicht als „Gottes Auserwählte“ und das lässt sich (gefühlsmäßig!) nur schlecht kombinieren mit der mathematischen Annahme der Exklusivität mangels Daten. Ich glaube nicht, dass du zu einem Lottospieler, der die exakte Wahrscheinlichkeit nicht kennt und unter der Annahme, du würdest sie auch nicht kennen, sagen würdest: „Wie kommst du darauf? Das ist doch nur Glaube!“ Und dennoch wäre es exakt das, ein Glaube – wie du schon richtig sagtest.

    Ich habe auch nie etwas anderes behauptet, denn „Ich bin überzeugt“ deutet auf eine Überzeugung hin, nicht auf Wissen. Ich weiß, dass Wasser bei Zimmertemperatur flüssig ist. Da zu sagen, ich sei überzeugt davon, wäre überflüssig. Ungewollter Wortzwitz. Natürlich sind Überzeugungen nichts anderes als eine Form der präferierten Annahme, also ein Glaube.

    Abgesehen davon sagt die Wissenschaft definitiv nicht “Lass uns nicht über die Möglichkeit von Aliens reden, denn das ruiniert nur den Ruf, weil es unwissenschaftlich wirkt und/oder Wissenschaft verhindert”. Ganz im Gegenteil…

    Die Wissenschaft nicht, habe ich auch nie behauptet, aber so mancher Achso-Seriöse und das kann sich tendenziös auf Wissenschaft, ihre Rezeption in der „normalen“ Bevölkerung und Karrieren auswirken. Es gibt eine spürbare Voreingenommenheit, wohl dem Umstand geschuldet, dass reisserischer Möchtegern-Journalismus weit verbreitet ist, wissenschaftliches Denken hingegen nicht. Eine Tendenziösität, die sich auch auf Karrieren negativ auswirken kann, wie ich es in zumindest einem Fall im Umfeld selbst erlebt habe. Ein von oben herab Lächeln der Arroganz. Nichts Neues, auch Einstein muss anfangs für verrückt erklärt worden sein, als er sagte, dass Zeit nichts Absolutes ist. Solche Tendenziösitäten, egal woher sie kommen, egal was sie bedingt, kann die Wissenschaft nicht gebrauchen, weder im positiven noch im negativen Fall. Sie muss neutral bleiben. Sie muss wissenschaftlich bleiben.

    Ist also eine Sache nicht unmöglich, verstösst sie nicht gegen Naturgesetze, ist sie nicht hochgradig unplausibel, sollte sie auf Augenhöhe behandelt werden mit allen anderen, auf die Selbiges zutrifft. Und entsprechend sollte auch nicht jeder, der davon ausgeht, dass es Aliens gibt, der das für plausibel hält, mit einem Von-Däniken-Fan und BILD-Zeitung-„Informierten“ gleich gesetzt werden. Schon gar nicht sollte ihm vorgeworfen werden, er sei ein Wissenschaftsverhinderer, weil vielleicht das exakte Gegenteil der Fall sein kann.

    Bei mir auf jeden Fall.

    1. @Adam: „müssen wir davon ausgehen, dass Erde-Mensch der Standard sind, einfach mangels weiteren Fällen.“

      Abgesehen davon, dass auch das nur ein Glaube ist, gehe ich da nicht unbedingt mit. Das kopernikanische Prinzip gibt es nicht aus Spaß an der Freude, sondern weil Beobachtungen es nahelegen. Die Sonne ist ein Stern unter vielen. Die Milchstraße ist eine Galaxie unter vielen. Usw. Das sind Beobachtungsdaten. Den Mensch zum Standard erheben: Dafür gibt es keine Daten. Wenn, dann nur welche die dagegen sprechen. Weil wenn es so „normal“ wäre, dass Leben intelligent wird – warum hat es dann auf der Erde fröhlich 3,5 Milliarden Jahre ohne Intelligenz vor sich hingelebt?

      Ich verstehe ja vollkommen die Faszination die von Aliens ausgeht! Die teilen auch sehr viele Astronom:innen und u.a. deswegen WIRD dieses Gebiet auch intensiv erforscht. Aber es gibt keinen irgendwie gearteten seriösen wissenschaftlichen Anhaltspunkt; keine Rechnung oder sonst irgendwas, aus dem folgen würde, dass intelligentes außerirdisches Leben häufig sein MUSS (das scheitert ja schon daran, dass wir gar nicht in der Lage sind zu definieren, was man unter dem Begriff „Intelligentes Leben“ sinnvollerweise überhaupt verstehen kann).

  7. @Florian:

    Auch, wenn es dich vielleicht mittlerweile langweilt, so oft, wie ich das sage, aber erneut: ich sehe das nicht so viel anders als du 😉

    Mein einziger Einspruch (und selbst der ist nur mit halber Lautstärke vorgetragen):

    Den Mensch zum Standard erheben: Dafür gibt es keine Daten.

    Doch, genau unsere Daten, die Tatsache, dass wir existieren. Also das antrophische Prinzip. Taugt das als Beweis? Definitiv nicht. Taugt es als Indiz? Wahrscheinlich immer noch nicht. Taugt es als Gegenbeweis? Auch nicht. Taugt es also gar nicht? Auch falsch, weil es uns nunmal gibt.

    Ich gehe davon aus, dass wenn ich einen 20-seitigen Würfel in einem Pen & Paper Rollenspiel würfele und unbedingt die 20 als „Fail“ meiden will, das trotzdem passieren kann, einfach, weil sie da ist, weil sie erwürfelt werden kann. Wie wahrscheinlich in einem stochastischen Sinne es ist, müsste ich ermitteln. Wie gefühlt wahrscheinlich es ist, sehe ich im Verlauf des Spiels. Vielleicht ist mir das Glück hold oder die Würfelgötter haben sich gegen mich verschworen, beides möglich.

    Aber es ändert sich nicht die pure Möglichkeit, denn die 20 existiert nunmal auf dem Würfel, sie kann erwürfelt werden. Und genauso ist das mit uns Menschen: wir existieren auf diesem Lebens-Intelligenz(oder auch nicht)-Würfel, es konnte vom Universum erwürfelt werden, hat tierisch lange gedauert, passierte aber. Genau hier, bei uns.

    Kann es also wieder passieren, woanders? Es kann. Muss das wieder passieren, woanders? Nein, muss nicht. Steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die 20 wieder gewürfelt wird, je häufiger dieser Würfel gewürfelt wird? Ja, tut sie. Gibt es viele Würfel (Sternsysteme)? Ja, gibt es. Ist es wirklich eine „20“, gemessen an der Vielzahl an Faktoren, die zu uns führten? Nein, ist sie nicht. Eher eine 20^200.

    Ich bin überzeugt davon, dass es ausseridisches und „intelligentes“ (was auch immer das heißt) Leben gibt. Aber ich bin ebenfalls davon überzeugt, dass dieser Fall extrem selten ist.

    Also kein Standard im Sinne einer Häufigkeit, sondern Standard im Sinne einer Referenz, von der wir ausgehen und an der wir uns orientieren. Und wir haben nunmal keine weitere.

    1. @Adam: „Doch, genau unsere Daten, die Tatsache, dass wir existieren.“

      Leben ist enorm selten im Universum. Statistisch gesehen kommt es auf allen Planeten des Kosmos genau einmal vor. Wir existieren – also sind wir dieser eine Planet und ansonsten gibt es nichts da draußen.

      Doofes Argument? Find ich auch. Aber lässt sich eben aus der Tatsache unserer Existenz ableiten. Genau so doof ist es, zu sagen: Uns gibt es und deswegen muss es noch ganz viele andere wie uns geben. Es hängt halt davon ab, was man GLAUBT.

      Ich will ja gar niemanden davon überzeugen, dass es keine Aliens gibt! Warum auch… ich will nur nicht immer wieder dieses „Das Universum ist so groß, wenn wir die einzigen wäre, dann wäre das Platzverschwendung“-Argument hören. Das ist Quatsch. Dem Universum ist es völlig egal, ob und wie viel Leben in ihm existiert.

  8. @Florian:

    Jaein – denn auch das hängt wieder davon ab, was man glaubt. Und dieser Glaube widerum ist eine unmittelbare Folge aus der Tatsache, dass wir so viel gar nicht wissen.

    Du hast es ja schon angerissen, die Unklarheit, was Intelligenz überhaupt ist. Doch es ist noch viel „schlimmer“: wir wissen nicht mal, was Bewusstsein ist – und wozu!

    Neuropsychologen unterscheiden mittlerweile nicht weniger als neun (in Zahlen: 9) verschiedene „Ich“-Zustände, die wir aber als 1 warhnehmen, zunmindest meistens. Nicht alle davon wären nötig, wenn es „nur“ um unser Überleben geht. In gewisser Weise sind wir also wirklich etwas Besonderes, im positiven, wie auch negativen Sinne.

    Jetzt kommt es darauf an, was man glaubt. Unterstellt man, dass das ein purer Zufall ist, einfach nur eine späte, kausale Folge, die letztlich zurückgeht auf die primären Auslöser, dann ist es so, wie du sagst. Dann ist es Quatsch und dem Universum ist es völlig egal, ob und wie viel Leben in ihm existiert.

    Dann ist Folgendes bisher im Groben geschehen: Eine Fluktuation oder wie auch immer geartete Störung fand statt, schuf Progression, schuf Naturgesetze. Diese führten zur Entwicklung von Raum & Zeit, die sich ausbreiteten. Die Energie „erkaltete“ teilweise zu Materie, schwingenden, nicht einfach determinierbaren Teilchen-Wellen-Feldern, die sich weiterhin durch dieselben Naturgesetze zu größeren Klumpen formten, durch die Wechselwirkung untereinander alle möglichen Folgen nach sich zogen, viel Zeit verging und eine dieser Folgen war das zufällige Entstehen einer chemischen Struktur in Form einer Doppelhelix. Die kopierte Teile von sich selbst, dabei gab es immer mal wieder Fehler, diese führten zu Mutationen, die immer mal wieder gestört, verändert, abgebremst und beschleunigt wurden durch eine enorme Vielzahl äusserer Einwirkungen, auch Naturkatastrophen, Asteroideneinschlägen etc. – et voila, hier sind wir dann. Eine zufällig Mutation in einem zufälligen Universum mit zufälligen Naturgesetzen und zufälligem Lauf der Dinge. Diese Sicht ist völlig legitim und von dieser sollte man auch ausgehen, mangels mehr Wissen.

    Man könnte die Dinge aber auch so sehen, wie sie einst Harald Lesch sehr schön formuliert hat, sinngemäß: „Da wir nicht wissen, ob wir die einzigen sind, müssen wir davon ausgehen, dass wir die einzigen sind. Und dann haben wir nicht nur das Recht weiter zu existieren sondern sogar die Pflicht. Denn dann wären wir die einzige Möglichkeit des Universums sich selbst begreifen zu könen.“

    Also vereinfacht:
    Wenn das Universum eine Art „Gehirn“ wäre, wären wir die Gedanken. Ein Gehirn ohne Gedanken ist tot, hierbei doppelt und wörtlich zu sehen.

    Ist das Wissenschaft? Keineswegs, natürlich ist es Glaube. Aber die Tatsache, dass wir SO STARK vom Glauben tangiert sind, selbst Agnostiker wie ich können sich nicht völlig frei sprechen, zeigt, dass dieser für uns wichtig ist. Nicht als Beweis für oder gegen etwas, sondern als Teileigenschaft von uns, die wir genauso wenig loswerden können, wie den Rest auch nicht.

    Trotzdem versuchen wir ohne Glauben auszukommen, da sich dieser irren kann. Das nennt sich Wissenschaft. Und dennoch sind wir Menschen, die ohne nicht auskommen. Das nennt sich dann Menschsein, ein Dasein in ewigen Widersprüchen. Wir werden das nicht so einfach los, ob es uns gefällt oder nicht.

    Daher sind Differenzierungen nötig. Machst du, mache ich – und das ist gut so.

    1. @Adam: „Denn dann wären wir die einzige Möglichkeit des Universums sich selbst begreifen zu könen.”“

      Das – und auch das mit dem „Wir sind die Gedanken des Universum“ – ist mir doch ein wenig zu philosophisch. Nix gegen Philosophie (und ich weiß, dass Lesch gerne philosophiert), aber das Universum ist das Universum und wenn man anfängt, es – wenn auch nur im übertragenen Sinn – mit einem Bewusstsein auszustatten, dann verlässt man den Boden der Naturwissenschaft. Und um die geht es doch (mir zumindest): Wir diskutieren darüber, ob es valide naturwissenschaftliche Indizien gibt, aus denen wir ableiten können wie wahrscheinlich die Existenz intelligenter Aliens ist.

  9. @Adam

    Und nun? Damit passe ich nicht mehr in die Schublade, die hier aufgemacht wurde. Schlimmer noch: Ich wage zu behaupten, dass der Grad der Pauschalisierung und Voreingenommenheit derselbe ist, der kritisiert wurde, was es absurd werden lässt.

    Du liest Dinge in meinem (und vermutlich auch in Folkes) Post, die da nicht drinstehen. Weder bestreite ich die Möglichkeit, dass es intelligentes Leben gibt noch pauschalisiere ich jeden Gläubigen als Wissenschaftsverhinderer. So groß, wie das Universum ist, halte ich es für sehr gut möglich, dass in anderen Sonnensystemen oder zumindest in anderen Galaxien intelligentes Leben existiert.

    Was ich kritisiere, sind Leute, die jedes unerklärte kosmische Phänomen sofort auf Aliens zurückführen wollen. Die sind nicht viel besser als diejenigen, die als Erklärung für unerklärte Phänomene aus egal welchem Bereich (Kosmologie, Physik, Biologie…) mit dem unsichtbaren Mann im Himmel aufwarten. Wenn ich für jedes Mal, wo ein Stern eine unregelmäßige Helligkeitsschwankung aufweist und irgendein UFO-Gläubiger anfängt, von Dyson-Sphären zu brabbeln, einen Euro kriegen würde, wären meine warmen Mahlzeiten für die nächsten 30 Jahre gesichert.

    Wie schon Boyajian in ihrem Paper schrieb: Aliens sollten der allerletzte Versuch einer Erklärung sein, nicht der allererste.

    wo dann ganz schnell aus “Aliens sind sehr unwahrscheinlich in diesem Fall” ein kategorisches explizites oder implizites “Es gibt keine Aliens” wird

    Auf diesem Slippery slope rutschst höchstens du aus, nicht ich.

    Und aus #7:

    Ist also eine Sache nicht unmöglich, verstösst sie nicht gegen Naturgesetze, ist sie nicht hochgradig unplausibel, sollte sie auf Augenhöhe behandelt werden mit allen anderen, auf die Selbiges zutrifft.

    Eine Augenhöhe kann ich nicht ausmachen. Fassen wir mal kurz zusammen, was wir alles an Annahmen für eine Dyson-Sphäre benötigen:

    – Auf einem Planeten von KIC 8462852 muss sich nicht nur Leben, sondern intelligentes Leben entwickelt haben.
    – Dieses muss ungefähr zur gleichen Zeit wie bei der Erde geschehen sein.
    – Die Zivilisation, die von diesem Leben begründet wurde, muss einen so gewaltigen Energiehunger haben, dass er aus planetaren Quellen nicht mehr gedeckt werden kann.
    – Sie muss mit dem entsprechenden technischen Aufwand eine so dichte Dyson-Sphäre in den Sternenorbit gebracht haben, dass dadurch die von uns beobachteten Sternverdunkelungen erklärbar werden.
    – Die einzelnen Satelliten der Dyson-Sphäre bewegen sich nicht auf rein gravitativen Orbits, sondern müssten aus unbekannten Gründen angetrieben sein, ansonsten würden sie nicht azyklische Helligkeitsänderungen verursachen.

    Das ist eine Menge von Zusatzannahmen für eine simple Beobachtung. Jede von ihnen macht die Alienhypothese ein Stück unplausibler. Und nicht eine von ihnen ist auch nur entfernt belegbar.

  10. @Spiritkopf

    Du liest Dinge in meinem (und vermutlich auch in Folkes) Post, die da nicht drinstehen

    Sehr gut möglich, doch das beruht auf Gegenseitigkeit, wie du gleich noch sehen wirst.

    Was ich kritisiere, sind Leute, die jedes unerklärte kosmische Phänomen sofort auf Aliens zurückführen wollen.

    Das tue ich ebenfalls.

    Auf diesem Slippery slope rutschst höchstens du aus, nicht ich.

    Nein, denn so, wie du es geschrieben hast, war es pauschalisierend. Sonst hätte ich gar nicht reagiert, denn wie gesagt, ich sehe es nicht anders. Aber mir geht es nicht um Rechthaberei. Wenn es ein Missverständnis war, ziehe ich meine Kritik zurück und sorry.

    Eine Augenhöhe kann ich nicht ausmachen. Fassen wir mal kurz zusammen, was wir alles an Annahmen für eine Dyson-Sphäre benötigen:

    Hier ist das Misverständnis deinerseits. Ich sprach nicht von Tabbys Star sondern im Allgemeinen. Dass Tabbys Star höchstwahrscheinlich keine Megastruktur besitzt, habe ich bereits vor ein paar Jahren in einem Spektrum-Artikel gelesen, von Tabetha Boyajian selbst, die von Anfang an nicht happy war, weil sie wusste, man würde sie nun ganz genau beäugen, ob sie Tendenziösität betreibt, also da etwas sehen will.

    Ich halte Dysonsphären generell für unwahrscheinlich, nicht nur in diesem Fall, denn Gravitation ist zwar die schwächste Naturkraft, aber die einzige, die man nicht abschirmen kann. Folglich gehe ich davon aus, dass es Anti-Gravitation oder Gravitation+ nicht gibt. Doch die meisten Strukturen dieser Art hätten genau dieses Problem, deren Gravitation wäre zu schwach. Damit wären sie unbrauchbar, zumindest zu Besiedlungszwecken. Ein Beweis oder Gegenbeweis ist das natürlich trotzdem nicht. Im hiesigen Fall kann man sie aber getrost ausschließen oder zumindest als sehr unwahrscheinlich ansehen.

    Meines Wissens nach sah Freeman Dyson das im Generellen selbst so. Man kann ihn leider nicht mehr dazu befragen, da er letztes Jahr starb.

  11. @Florian:

    Absolut.

    Unterm Strich ist das Thema schnell abgehakt:
    Wir haben nichts.

    Keine Spuren, keine Signale, keine zweiten Erden, nicht mal Nachweise primitven Lebens im Permafrostboden des Mars oder im (vermuteten) Mega-Ozean auf Europa. Vielleicht sind wir wirklich allein. Automatisch fällt mir einer meiner Lieblingsautoren ein, Arthur C. Clarke:

    “Two possibilities exist: either we are alone in the Universe or we are not. Both are equally terrifying.”

  12. #4 Adam

    „Wenn aber vermeintlich rational denkende und wissenschaftlich geschulte Menschen ihrerseits zur Pauschalisierung, zur Voreingenommenheit und zu Dogmen greifen, wo dann ganz schnell aus “Aliens sind sehr unwahrscheinlich in diesem Fall” ein kategorisches explizites oder implizites “Es gibt keine Aliens” wird, ebenfalls bar jeglicher Evidenzen, und daraus dann ein “Lass uns nicht über die Möglichkeit von Aliens reden, denn das ruiniert nur den Ruf, weil es unwissenschaftlich wirkt und/oder Wissenschaft verhindert” dann gibt es keine Gewinner, aber auf jeden Fall einen Verlierer:“

    Das nennt man „red herring“. Adam, das behauptet doch gar keiner wie du das sagst. Es geht doch nur darum, dass hier einige sich bei extrem dünner Datenlage heraushängen und ihrerseits etwas behaupten, was mit anderen Interpretationen konkurriert ohne dafür einen Beleg zu liefern.

    Wie Du sagst, wir haben bisher null, wirklich absolut null belastbare Evidenz für Aliens. Ich geh davon aus dass nur religiös motivierte Wissenschaftler behaupten dass es absolut keine gibt. aber die haben ein anderes Problem. Wir „normalen“ Wissenschaftler würden uns wohl eher freuen, aber wir sind nun mal an die Daten gebunden die wir haben, und die geben die Behauptungen dass manche Dinge ihren Ursprung in Aliens haben nun mal nicht her.
    Ehe wir nicht irgendwas in der Hand haben, wie z.B. Makro- oder Mikrofossilien auf dem Mars, oder eine wirkliche Kommunikation oder ein Artefakt, solange müssen wir nach allen Möglichkeiten schauen, und da hat sich bisher in allen fast Fällen eine Natürliche Erklärung gefunden, und in den Fällen wo nicht da sind Aliens durchaus im Rahmen der Möglichkeiten. Das heisst aber nicht, dass sie damit automatisch die wahrscheinlichste Erklärung sind.
    Dasselbe hast du ständig in der Diskussion um die Evolutionstheorie wo man unablässig hört, „da gibts eine Lücke in der Erklärung, also stimmt die Theorie nicht, ergo…es gibt einen Gott und die Genesisgeschichte stimmt“

  13. @Folke Kelm:

    D’Accord.

    Denkt einfach nur daran, dass Otto Normalo auch mit dem „Beziehungsohr“ hört und liest, auch zwischen den Zeilen, nicht nur hier.

    Wenn dieser (vermeintliche) Arroganz, Pauschalisierung und Selektivismus heraus liest oder meint heraus gelesen zu haben, das spielt dann keinen Unterschied mehr, treibt ihn das viel eher in die „Ich glaube, was ich will!“-Ecke und erzeugt so Misstrauen. Denn er sieht eine Voreingenommenheit und Tendenziösität, die gleichzeitig ihrerseits beklagt wird. Wie soll er das dann ernst nehmen?

    Genau das ist ja das Absurde: man erreicht damit das Gegenteil der Intention!

    Statt Leute für Wissenschaft zu interessieren, statt ihnen zu vermitteln, wie Wissenschaft arbeitet, was harte Fakten sind und was nicht, wie er das Eine vom Anderen unterscheiden kann, was für Probleme sich auftun und dass man sich über diese Probleme im Klaren ist, nichts unter den Tisch fallen lässt, treibt man sie regelrecht in die Fänge von Pseudowissenschaftlern, denn jene wirken so nicht.

    Ich weiß selbst, wie schwer so etwas sein kann, v.a. dann, wenn man auf Verschwörungstheoretiker trifft oder Vergleichbare. Aber man tut sich und der Wissenschaft letztlich keinen Gefallen, wenn man diesen ungewollt Scheite ins Feuer wirft.

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