Der März ist so gut wie zu Ende, Ostern kommt demnächst und eine wie auch immer geartete oder verordnete „Osterruhe“ gibt Zeit zum Lesen. Die Resultate meiner Lektüre stelle ich euch dann Ende April vor. Bis dahin müssen wir den März abarbeiten – was aber schnell geht, weil ich nur drei Bücher komplett geschafft habe…

Der Fall des Präsidenten

Das Buch „Der Fall des Präsidenten“ von Marc Elsberg ist derzeit in allen Bestsellerlisten und wird überall besprochen. Insofern muss ich hier auch gar nicht mehr viel dazu sagen.

Die Bücher von Elsberg waren hier ja schon öfter Thema und das aktuelle Werk ist wieder wie erwartet spannend. Elsberg sucht sich für seine Thriller immer Themen aus, die man ansonsten eher selten in solchen Thrillern findet und das ist gut. Er schreibt zwar „Popcorn“-Bücher (gibt es eine literarische Entsprechung zu „Popcorn-Kino“?), was aber keinesfalls negativ gemeint ist. Es sind Bücher, die man auf jeden Fall zu Ende lesen will; Bücher, bei denen man von der ersten Seite an in der Handlung gefangen bleibt und – das ist das außergewöhnliche an Elsbergs Arbeit – es sind Bücher, bei denen man auch etwas lernt. In den früheren Werken war das etwa die Genetik oder Ökonomie. Diesmal ist es der Internationale Gerichtshof in Den Haag. Das klingt nicht unbedingt nach Stoff für einen spannenden Thriller. Ist es aber. In Den Haag werden Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt. Allerdings nur dann, wenn die auch aus einem Land kommen, dass den Gerichtshof auch anerkennt. Das tun die USA nicht; trotzdem beginnt das Buch damit, dass ein ehemaliger US-Präsident in Griechenland verhaftet wird und nach Den Haag überstellt werden soll. Das finden die Amerikaner natürlich nicht so toll… Ich bin kein großer Fan von Justiz/Anwalts-Thrillern. Aber in diesem Fall war es nicht nur enorm spannend, mehr über die Arbeit des Gerichts in Den Haag zu lernen. Das Buch war auch auf keiner Seite langweilig. Wer noch leichte, aber dennoch informative Lektüre für die Feiertage sucht, liegt mit „Der Fall des Präsidenten“ richtig.

Komisches Provinz-Österreich

Der Roman „Bad Regina“ ist das erste Buch von David Schalko, das ich gelesen habe. Es spielt in einem österreichischen Gebirgsdorf, das noch vor gar nicht langer Zeit ein touristischer Hot Spot war. Imperiale Hotels aus der Kaiserzeit, Party-Touristen in den Jahrzehnten danach: In Bad Regina ging es immer ab. Bis auf einmal ein chinesischer Investor Haus für Haus alles aufkaufte. Und leerstehen ließ. Die letzten verbliebenen Bewohner des Orts probieren, mit der Lage irgendwie klar zu kommen. Einer ist kaputter als die andere und alle haben sie irgendwelche osbkuren Macken und dunklen Geheimnisse. Die auf Konflikt und Auflösung warten…

„Bad Regina“ ist kein handlungsgetriebener Page-Turner wie „Der Fall des Präsidenten“. Man muss ein wenig aufpassen, sich im Aberwitz der kaputten Stadt und ihrer Menschen nicht zu verlieren. Die Handlung springt ein wenig planlos zwischen verschiedenen Zeitebenen und wirkt fast so, als wäre sie darauf ausgelegt, verfilmt zu werden (und tatsächlich hat das alles ein wenig was von der Fernsehserie „Braunschlag“, deren Buch ebenfalls von Schalko stammt). Ich habe „Bad Regina“ dennoch gern gelesen. Vor allem, weil das reale Vorbild des von Investoren geplagten Ortes die österreichische Stadt Bad Gastein ist, die ich früher öfter mal besucht habe. Aber auch, weil man das Buch trotz aller grotesken Wirrungen doch irgendwie zu Ende lesen möchte.

Die Geologie der Hölle

Das Buch „Warum die Hölle nach Schwefel stinkt: Eine geologische Höllenfahrt“ von Salomon Kroonenberg liegt seit Jahren ungelesen in meinem Bücherregal herum. Das Schicksal teilt es sich mit jeder Menge anderer Werke – aber früher oder später kommt ihre Zeit. In diesem Fall war es eben der März 2021, der mich ohne besonderen Grund zu diesem Werk greifen hat lassen. Das Buch lockt mit der Aussage: „Wäre die Erde durchsichtig, würden die Menschen den ganzen Tag flach auf dem Bauch liegen, um in die Tiefe zu schauen.“ Und wenn man es dann zu Ende gelesen hat, kann man dem nur zustimmen.

Der Geologe Kroonenberg erklärt uns die Unterwelt. Aber nicht einfach so; er orientiert sich an den antiken Beschreibungen der Hölle. Das klingt nach einem seltsamen Vorhaben, ist aber ein höchst wunderbarer Weg, sich mit Geologie zu beschäftigen. In alten griechischen und römischen Mythen sucht er nach Beschreibungen der Unterwelt und probiert, ihre realen Entsprechungen zu finden. Natürlich bleibt die Suche nach den mythologischen Orten und Toren zur Hölle meist vergebens. Aber währenddessen lernen wir jede Menge über die faszinierende Welt unter unsere Füßen. Als Astronom sollte ich ja eigentlich alle dazu aufrufen, zum Himmel zu schauen (was ich auch tue!). Aber wenn wir die Himmelskörper verstehen wollen, müssen wir uns im Detail mit ihnen beschäftigen. Und der einzige, bei dem das derzeit möglich ist, ist die Erde.

Der Wechsel von antiker Beschreibung der Unterwelt (bzw. der Bücher von Dante, bei denen sich Kroonenberg am häufigsten bedient), geologischen Fakten und der Geschichte von Kroonenbergs eigenem Weg zur Forschung ist höchst erfrischend und macht das Buch außergewöhnlich lebendig. Es kann auch nur an den Einschränkungen durch die Pandemie liegen: Aber bei der Lektüre überkommt einem der drängende Wunsch, hinaus in die Welt zu reisen und all die geologischen Sehenswürdigkeiten aus unmittelbarer Nähe zu erforschen. Und man kann mit Kroonenberg mitfühlen, der sich darüber beschwert, dass wir noch so gut wie gar nicht in das Innere des Planeten vorgedrungen sind. Am Ende des Buches begibt er sich auf genau so eine Reise, die zumindest auf dem Papier vom Kern der Erde bis an die Oberfläche führt. Sie ist das beste Stück eines sowieso schon hevorragenden Buchs. Lest es.!

Das war der März. Bis bald im April mit neuen Büchern!

4 Gedanken zu „Präsidenten im Knast und die Geologie der Hölle: Die Buchempfehlungen vom März 2021“
  1. Apropos: 30. März 1981:

    Reagan erwischte eine Kugel unter dem linken Arm, sie drang in die Lunge ein, blieb einen Zentimeter vor seinem Herzen stecken. Im Krankenhaus witzelte er gegenüber seiner Frau Nancy: „Es tut mir leid, Schatz, ich habe vergessen, mich zu ducken.“ Gegenüber den Ärzten scherzte er: „Ich hoffe, Sie sind alle Republikaner.“ Einer der Ärzte, ein liberaler Demokrat, antwortete: „Heute sind wir alle Republikaner.“ Reagan kehrte am 25. April 1981 ins Weiße Haus zurück.

  2. Ich wollte dir das Buch von Toby Ord empfehlen, welches ich angelesen habe und bis jetzt einen vernünftigen Eindruck macht. Bzw. mich würde deine Meinung interessieren, da auch ein Abschnitt Astronomie(*) darin ist:
    Toby Ord: „The Precipice“. Existential Risk and the Future of Humanity.

    (*)
    PART TWO: THE RISKS
    3.   Natural Risks
    Asteroids & Comets
    Supervolcanic Eruptions
    Stellar Explosions
    Other Natural Risks
    The Total Natural Risk
    4.   Anthropogenic Risks
    Nuclear Weapons
    Climate Change
    Environmental Damage
    5.   Future Risks
    Pandemics
    Unaligned Artificial Intelligence
    Dystopian Scenarios
    Other Risks

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