Sternbilder sind aus naturwissenschaftlicher Sicht irrelevant. Die Sterne die zu einem Sternbild zusammengefasst werden haben im Allgemeinen astronomisch nichts miteinander gemeinsam. Wie denn auch: Dass wir den Himmel so sehen wie wir es tun, liegt ja nur daran dass wir von der Erde aus gerade auf die Art und Weise zum Himmel blicken wie wir es eben tun. Würden wir von einem anderen Planeten der einen anderen Stern umkreist hinaus ins Universum blicken, dann wäre der Anblick ganz anders. Die Sterne eines Sternbilds sind alle unterschiedlich weit von der Erde entfernt; befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und haben komplett unterschiedliche Eigenschaften. Auch für die Positionsbestimmung spielen die Sternbilder in der modernen Astronomie keine Rolle mehr. Da haben wir jede Menge Koordinatensysteme die völlig unabhängig von den Sternbildern funktionieren. Es ist zwar nett zu wissen, in welchem Sternbild sich ein Stern befindet und es erleichtert die Orientierung mit freiem Auge bei der Betrachtung des Nachthimmels wenn man ein paar Sternbilder kennt. Aber für die Forschung benötigt man sie nicht.
Dennoch haben die Sternbilder einen großen Wert. Sie sind eine ganz direkte Verbindung zwischen dem Himmel und der Erde; zwischen den Sternen und den Menschen. Seit es uns Menschen gibt, haben wir zum Himmel geschaut und die hellen Punkte dort oben zu Bildern verbunden. Wir haben unsere Götter und Mythen dort oben platziert; wir haben unsere Wünsche, unsere Ängste, unsere Hoffnungen, unsere Kultur und unsere Weltbilder an den Himmel projiziert. Da oben finden wir alles, was uns hier unten zu Menschen macht. Und es gibt am Himmel natürlich nicht nur die klassischen Mythen der griechisch-römischen Antike. Das ist nur die Kultur die sich aus verschiedensten politischen Gründen heute durchgesetzt haben. Jedes Volk hat seine eigenen Geschichten an den Himmel gesetzt; sie sind so vielfältig wie die Menschheit selbst (und die Tatsache dass wir immer nur ein einziges Repertoire an Geschichten gelten lassen und den Rest ignoriert haben ist ein großer Verlust).
Sternbilder spielen heute nicht mehr die Rolle die sie früher gespielt haben. Wir haben den Himmel aus unserer Weltanschauung weitestgehend verbannt. Die meisten Menschen kennen die Sternbilder nur aus dem Horoskop, und wissen dabei nicht, dass Sternzeichen und Sternbilder nur wenig miteinander zu tun haben. Die Geschichten gibt es dort aber immer noch und wenn wir uns damit beschäftigen, dann können wir die uralte Verbindung zwischen den Sternen und den Menschen wieder neu beleben. Genau deswegen erzähle ich so gerne Geschichten über die Sterne und genau deswegen haben die Sternbilder heute immer noch einen Wert. Um den Geschichten des Himmels zu folgen braucht man keine naturwissenschaftliche Bildung. Aber man kann sie wunderbar nutzen um Wissen zu vermitteln.
Aus diesem Grund habe ich in diesem Jahr ein neues Projekt auf Instragram gestartet. Nach „Astronomie in 365 Tagen“, wo ich das ganze Jahr 2019 über einen Überblick über die ganze Astronomie gegeben habe, kommt nun „Sternbildung“. Ich nutze die Tatsache, dass die Internationale Astronomische Union im Jahr 1928 ganz offiziell 88 Sternbilder festgelegt hat. Also den kompletten Himmel netterweise in 88 klar abgegrenzte Bereiche eingeteilt hat, die man wunderbar abarbeiten kann. Den Rest des Jahres werde ich mich also der Reihe nach mit allen Sternbildern beschäftigen, die Geschichten dazu erzählen die sie an den Himmel gebracht haben und die spannenden Objekte vorstellen, die man dort finden kann. Im Gegensatz zu „Astronomie in 365 Tagen“ werde ich das Projekt aber nicht mehr parallel hier im Blog begleiten; wer auf dem Laufenden bleiben will muss also meinen Instagram-Account folgen.
Viel Spaß mit der Sternbildung!
Das ist nicht nur ein wunderschöner Artikel, der menschliche Träume mit echter Wissenschaft verbindet, sondern auch eine geniale Idee, wie man Menschen an die atronomische Wissenschaft heranführen kann.
Ein dickes Lob an den Autor!
Instagram sperrt mich aus, ausser ich übermittle meine persönlichen Daten an Facebook. Gibt es auch eine Möglichkeit, sich das anzuschauen, ohne dass man die Datenkrake füttert?
Oder wird es jeweils auch einen Blogartikel hier geben, wo das Problem ja nicht besteht?
@Volker: „der wird es jeweils auch einen Blogartikel hier geben, wo das Problem ja nicht besteht?“
Wie ich im Text gesagt habe: Ne, diesmal werde ich das Projekt nicht auf 2 Plattformen parallel führen. Das war sehr viel Arbeit 2019 und der Effekt nur gering. Hier im Blog hat es die meisten eher gestört und die Leute auf Instagram haben das Blog nicht genutzt um über die Themen zu diskutieren (was ja meine eigentliche Idee hinter der Dopplung war). Ich hab gelernt, dass Content für eine bestimmte Plattform nicht zwangsläufig auf eine andere übertragen werden kann oder muss. Sorry…
@Volker: Benutz doch ein alternatives Interface, zB
https://bibliogram.art/u/astrodicticum
genialer Tipp
wow
@douglas: supergut! Danke Dir!
Der schwarze Mal-Globus ist ja der Hammer! Wo kriegt man den??
@Dampier: Den gab es mal bei IKEA. Ich glaub in D immer noch; nur in Ö leider nicht mehr. Dabei könnt ich gut noch ein oder zwei brauchen.
https://www.ikea.com/de/de/p/lindrande-dekoration-globus-schwarz-80432712/
@Florian, ich hab schon dein 2019er Projekt gerne verfolgt und dank Douglas werde ich das jetzige auch wieder verfolgen.
Du kannst dir wohl keinen Globus nach Österreich schicken lassen? Wenn du möchtest (und mir deine Adressdaten zusendest) schicke ich dir gerne einen zu.
@Mitdenker: Sorry, dein Kommentar ist irgendwie hängengeblieben! Falls du ne Möglichkeit hast so nen Globus aufzutreiben, wäre ich sehr dankbar!
Danke für den Tipp! Muss ich glaube ich haben … Welche Stifte nimmt man da? abwischbare Neon-Marker oder so? Ich dachte die gehören dazu, aber das war wohl deine Idee…?
Schöne Serie im übrigen. Muss mal sehen, wie ich sie ohne Instagram verfolgen kann (danke für den Link, @douglas).
Bitte keine blaue Schrift auf grünem Grund! Das macht es für einige fast unlesbar und das wäre echt schade…
Immerhin gäbe es ohne Sternbilder wohl nur so kryptische Namen wie M 31, NGC 224, UGC 454, PGC 2557, CGCG 535-017, MCG +07-02-016, IRAS 00400+4059, 2MASX J00424433+4116074, GC 116, h 50, Bode 3, Flamsteed 58, Hevelius 32, Ha 3.3 oder IRC +40013.
Oder anderes Beispiel: Sagt ihr lieber Sagittarius A* oder AX J1745.6-2900? Der „Trivialname“ ist halt vom Sternbild des Schützen abgeleitet.
Ich schliesse mich der Aussage von Volker an,- ich habe auch keine Facebook/Instagramm-Accounts, und kann daher dortige Diskussionen auch nicht verfolgen.
Deine letzte Serie „Astronomie in 365 Tagen“ hatte ich ausschliesslich auf dem Blog hier verfolgt.
Schade, für mich ist Instagram auch keine Option. Ich werde das aber zum Anlass nehmen, nach und nach die Sternbilder-Artikel in der Wikipedia zu lesen.
@Ingo: probier mal den Link, den @douglas in #4 gepostet hat. der funktioniert super (ich habe auch keinen Instagram /Facbook account)
Sternbilder – nun, im wahrsten Wortsinn eine große Sache. Was die Astrologen beim Blick in die Sterne sehen ist eine Welt für sich und an dieser Stelle kaum erschöpfend zu beleuchten. Na und was die romantischen Herzen darin erblicken, nicht minder schlecht in wenige Worte zu pressen. Eine vielleicht sachdienliche Anmerkung hätte ich aber.
Da hat vor ein paar Jahren ein Herr „Kai Helge Wirth“ (ich meine promoviert in Kunstwissenschaft) eine recht schlüssig daher kommende Entdeckung gemacht, die den Bezug zwischen Menschen und Sternbilder auf eine erfrischend pragmatische und hoch sinnfällige Grundlage stellt.
In einem schon Jahre alten Fernsehbeitrag zeigt er auf, dass die bekannten Sternbilder auch heute noch erstaunlich präzise Projektionen sehr irdischer Küstenverläufe darstellen. In Zeiten der Sat-Navi nicht mehr relevant. Für die antike Seefahrt aber ein echter Knaller, will ich meinen. Nicht nur, dass es den in diese Orientierung eingeschulten Seefahrern recht präzises Navigieren über richtig große Entfernungen ermöglicht. Wirths scheinbar gelungene Wiederentdeckung des Sinns und scheinbar Ursprungs dieser uralten Sternbilder erklärt auch eine Tatsache, die ebenso nicht vor der Hand zu weisen ist. Fakt ist, dass z.B. die Sterne die4 einem bestimmten Sternbild zugerechnet werden nur mit viel, also wirklich seeehr viel Fantasie als das zu erkennen sind, was sie ihrem Namen nach darstellen sollen. Sieht das Sternbild Schütze etwa aus wie ein Schütze? Oder die Sterne des St-Bildes Jungfrau wie ne Jungfrau. Natürlich nicht 🙂 Lässt man Wirths Entdeckung außer Acht, erscheinen die sogenannten Sternbilder doch tatsächlich er wie willkürlich ausgewählte Lichtpunkt, mit ein paar Strichen verbunden und dann mit einem schönen Namen versehen.
Für meinen Geschmack offenbart die die Entdeckung dieses Herrn Wirth tatsächlich erstmals eine Erklärung, die sich nicht nach an den Haaren herbeigezogenem Erklärungskrampf anhört sondern einen rundum handfesten, sinnfälligen, zur Entstehungszeit und noch für viele Jahrunderte danach sogar geldwerten (weitläufige Handelsbeziehungen!) und unsere Vorfahren mal nicht nur als abergläubischer Deppen hinstellenden Entstehungsgrund aufzeigt.
Ich bin geradezu entzückt über Wirths Fund 🙂 und die heute noch nachprüfbaren Projektionen der Küstenverläufe in eben den Linienverläufen besagter Sternbilder ist in meinen Augen ein richtig fettes Indiz zur Bestätigung seiner Theorie. Man könnte sagen – eine Jahrtausende alte „smoking gun“ 🙂
UND … dass ausgerechnet einem Kunstwissenschaftler dieser Zusammenhang aufgefallen ist, empfinde ich stimmig. Malerei, Plastiken, etc. … da geht ständig um Muster und Proportionen und die Wiedererkennung und Identifizierung derselben …
@Edwin Otto: Na ja. Wenn ich mir die Bilder anschauen die die „Übereinstimmung“ zeigen sollen (https://de.wikipedia.org/wiki/Das_R%C3%A4tsel_der_Sternbilder_%E2%80%93_Ein_Steinzeitatlas_am_Firmament%3F), dann braucht man da noch mehr Fantasie als um die klassischen Bilder am Himmel zu sehen. Und dass der Herr Wirth da Generationen an historischer Forschung ignoriert ist auch ein wenig bedenklich.