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Sternengeschichten Folge 421: Supervulkane

Supervulkane! Vulkane, nur in super! Damit sind allerdings keine Vulkane gemeint aus denen statt Lava und giftigen Gase zum Beispiel Bier, Süßigkeiten oder anderer netter Kram in die Luft geschleudert wird. Sind sie nicht wirklich „super“, zumindest nicht nach menschlichen Maßstäben. Sie heißen „super“ weil es Vulkane sind, deren Ausbrüche noch viel gewaltiger sind als die von normalen Vulkanen.

Über Vulkanismus habe ich schon ganz allgemein in Folge 297 der Sternengeschichten erzählt und in Folge 298 auch über die Vulkane anderer Planeten. Denn auch wenn wir hauptsächlich den Vulkanismus auf der Erde erforscht haben, hat dieses Phänomen durchaus auch Auswirkungen auf unser Verständnis anderer Himmelskörper. Aber fangen wir trotzdem mal auf der Erde an und klären, was einen Vulkan zu einem Supervulkan macht.

Dazu müssen wir uns zuerst den „Vulkanexplosivitätsindex“ anschauen. Das ist eine Zahl mit der die Stärke eines Vulkanausbruchs angegeben wird. Die Klassen der Stufen 0 und 1 ignorieren wir einfach mal. Da geht es um Ausbrüche die nicht explosiv sind und wo die Lava einfach so langsam aus dem Vulkan rausfließt. Was zwar durchaus nervig sein kann, aber wenn man nicht so dumm ist und direkt in die Lava reinlatscht bzw. sich rechtzeitig in Sicherheit bringt, passiert eigentlich nichts. Bei solchen Ausbrüchen wird auch kein Staub oder ähnliches in die Atmosphäre geschleudert. Solche Ausbrüche kommen ständig vor und haben absolut nichts mit Supervulkanen zu tun. Aber ab Stufe 2 wird es interessiert. Da beginnen die explosiven Ausbrüche, als das, an das wir denken wenn wir uns einen Vulkanausbruch vorstellen.

Ausbruch des Vulkans Pinatubo im Jahr 1991 – nicht super in jeder Hinsicht (Bild: USGS, gemeinfrei)

Die Klassifikation läuft ab hier logarithmisch – soll heißen, dass ein Ausbruch der Stufe 3 nicht doppelt so schlimm ist wie einer der Stufe 2 sondern zehnmal so schlimm. Und das „schlimm“ misst man in diesem Fall an der Menge an Material das bei einem Ausbruch ausgeworfen wird. Ein Ausbruch wie die katastrophale Eruption des Vesus in Italien der im Jahr 79 die Stadt Pompeji zerstört hat, schleudert mehr als einen Kubikkilometer an Material in die Luft – bis zu 20 Kilometer hoch – und wird am Vulkanexplosivitätsindex bei Stufe 5 einsortiert. Und ab da wird es dann langsam wirklich dramatisch. Auf Stufe 6 werden mehr als 10 Kubikilometer an Material ausgeworfen, Ausbrüche der Stufe 7 schleudern mehr als 100 Kubikkilometer in die Luft und Stufe 8 ist das Ende der Skala mit den allergrößten Ausbrüchen die mehr als 1000 Kubikilometer Material in unsere Atmosphäre werfen. Und 1000 Kubikkilometer ist WIRKLICH viel. Der Bodensee zum Beispiel, immerhin der größte und tiefste See Deutschlands hat ein Volumen von nur 48 Kubikkilometern. Der größte See Europas ist der Ladogasee an der Grenze von Russland und Finnland und selbst der bringt es nur auf ein Volumen von knapp 900 Kubikkilometer.

Und bei Stufe 8 auf der Skala des Vulkanexplosivitätsindex finden wir auch die Supervulkane. Da stellt man sich jetzt vielleicht einen enorm hohen, rauchenden Berg vor. Ist aber nicht so – denn die vulkanischen Berge die man sich normalerweise vorstellt entstehen ja durch das Material, das so ein Vulkan in die Luft schleudert und der ganzen Lava die dort aus dem Erdinneren rausläuft. Im Laufe der Zeit entsteht dadurch ein Berg. Wenn ein Supervulkan ausbricht, dann macht er das mit solcher Kraft, dass da kein Berg entstehen kann. Im Gegenteil, es gibt ein großes Loch im Boden; eine sogenannte „Caldera“.

Das ganze läuft so ab: In einer Magmakammer unter der Erdoberfläche sammelt sich geschmolzenes Gestein das im Laufe der Zeit aus dem Erdinneren nach oben steigt. Das ist auch bei normalen Vulkanen so. Bei Supervulkanen ist die Magmakammer aber einerseits enorm groß. Andererseits liegen sie auch in einer Gegend wo das Magma die Erdkruste nicht oder nur schwer durchbrechen kann. Also sammelt sich das Zeug – so lange bis der Druck irgendwann zu groß wird. Dann bricht das ganze geschmolzene Gestein explosiv an die Erdoberfläche durch, es gibt einen unvorstellbar gewaltigen Vulkanausbruch und übrig bleibt nur ein großes Loch im Boden.

Das ist zuerst einmal natürlich für die unmittelbare Umgebung unangenehm. So wie bei normalen Vulkanausbrüchen gibt es auch bei Supervulkanen „pyroklastische Ströme“, also eine Mischung aus Staub, Gestein und heißem Gas mit einer Temperatur von bis zu 800 Grad. So ein Strom kann sich mit bis zu 700 Kilometer pro Stunde bewegen und was auch immer in seinem Weg steht, steht dort nicht mehr lange. Bei einem Supervulkan können die pyroklastischen Ströme bis zu 200 Kilometer von der eigentlichen Ausbruchsstelle reichen und auf dem Weg eine 200 Meter dicke Schicht aus Asche und Gestein bilden. Die Asche selbst kann noch viel weiter reichen und ganze Kontinente bedecken. Im Umkreis von ein paar hundert Kilometern ist jedes Leben ausgerottet. Das ist aber noch längst nicht alles. Von dem ganzen Material das beim Ausbruch in die Luft geschleudert wird, kommt vieles erst weit entfernt wieder runter. Lavabrocken können bis zu 50 Kilometer hoch geschleudert werden und einige 100 Kilometer entfernt vom Vulkan auf den Boden krachen. Und der ganze Staub und die Asche werden so hoch in die Atmosphäre geworfen, dass sie sich um die komplette Erde verteilen.

Der Staub blockiert das Sonnenlicht und die Temperaturen sinken auf der ganzen Erde, unter Umständen so weit, dass kaum noch wo vernünftig Pflanzen wachsen können. Es passiert im Wesentlichen das, was auch beim Einschlag eines großen Asteroiden auf der Erde passiert und worüber ich in Folge 381 der Sternengeschichten schon ausführlich gesprochen habe als es um den „Impaktwinter“ ging. Kurz gesagt: Der Ausbruch eines Supervulkans hat nicht nur Folgen für die unmittelbare Umgebung sondern für die ganze Erde und kann unter Umständen sogar globale Massensterben verursachen.

Ein Beispiel dafür ist der Ausbruch des Tambora in Indonesien. Der gilt zwar nicht als „Supervulkan“, kommt aber schon recht nah ran. Und ist vor gar nicht allzu langer Zeit ausgebrochen, nämlich im April 1815. Den Lärm der Explosion konnte man noch in fast 2000 Kilometer Entfernung hören. Material mit einer Masse von 140 Milliarden Tonnen und einem Volumen von 160 Kubikkilometer wurden ausgeworfen. Der Vulkan, der vor dem Ausbruch circa 4300 Meter hoch war, hatte danach nur noch ein Höhe von 2850 Meter. Asche der Eruption ging noch in 1300 Kilometer Entfernung nieder, in einem Umkreis von 600 Kilometern um den Vulkan war es zwei komplette Tage lang vollständig finster. Es gab zehntausende Todesopfer, es gab Missernten und Hungersnöte. Und im darauffolgenden Jahr fiel in Europa der Sommer aus. Das Jahr 1816 wird auch „Das Jahr ohne Sommer“ genannt: Es war so kalt wie kein anderes Jahr der bisherigen Wetteraufzeichnungen. Der Staub des Vulkanausbruchs hielt das Sonnenlicht ab, es gab Ernteausfälle, es gab Hungersnöte und politische Krisen.

Der Tambora hat ein großes Loch (Bild: NASA)

Und das war „nur“ ein Vulkan mit dem Vulkanexplosivitätsindex von 7! Den Ausbruch eines echten Supervulkans hat bis jetzt kein Mensch erlebt. Aber auch nur weil vor 26.500 Jahren noch keine Menschen in Neuseeland lebten als dort der Taupo-Vulkan ausbrach. Dabei wurden knapp 1200 Kubikkilometer an Material in die Luft geschleudert, die gesamte Landschaft der Nordinsel Neuseelands wurde umgestaltet und dort wo der Ausbruch stattgefunden hat, kann man heute den Lake Taupo besichtigen, einen See mit einer Fläche von 622 km².

In der langen Geschichte der Erde war aber selbst der Ausbruch des Taupo nur wenig bemerkenswert. Vor ungefähr 27 Millionen Jahren ist im heutigen Colorado in den USA ein Vulkan ausgebrochen der 5000 Kubikkilometer an Zeug ausgeworfen hat. Dabei ist die La-Garita-Caldera entstanden, 75 Kilometer lang und 35 Kilometer breit. Das Auswurfmaterial hat eine Fläche von 28.000 km² fast 100 Meter hoch bedeckt. Dieser Ausbruch ist auch der älteste Supervulkanausbruch über den wir vernünftige Informationen haben. Zumindest auf der Erde. Denn auch auf einem anderen Himmelskörper hat man Spuren gewaltiger Ausbrüche gefunden.

Nämlich dem Mars: Dort finden wir ja mit Olympus Mons schon den höchsten Vulkan und Berg des Sonnensystems. Aber 2013 hat man dort auch Spuren von Supervulkanen gefunden die vor circa 3,5 Milliarden Jahren ausgebrochen sind. Man hatte vorher schon seltsame Spuren gefunden; „Eden Patera“ zum Beispiel, ein unregelmäßiger Krater der nicht so aussieht wie Einschlagskrater von Asteroiden aussehen. Und in dieser Region des Mars, einer sehr alten Region – Arabia Terra – fand man jede Menge Ablagerungen die nach vulkanischem Material aussahen. Aber keinen passenden Vulkan in der Nähe. Bis dahin hatte man sich aber auch eher auf die typischen Schildvulkane auf dem Mars konzentriert, also die hohen Berge mit flacher Spitze, wie den Olympus Mons. Wenn es aber auf dem Mars auch Supervulkanismus gegeben hat, hat man vielleicht an der falschen Stelle gesucht. Dann wäre vielleicht Eden Patera kein komischer Einschlagskrater sondern die gewaltige Caldera eines Supervulkanausbrüchs aus der Frühzeit des Mars.

Eden Patera am Mars – in echt nicht so bunt (Bild: NASA/JPL/Goddard)

Es lohnt sich also, sich mit Supervulkanen zu beschäftigen. Wer weiß, was wir bei einer genauen Untersuchung des Mars noch herausfinden. Oder auf der Venus, die ja ebenfalls jede Menge Vulkane zu bieten hat. Und auf jeden Fall lohnt es sich auf der Erde. Da haben wir nämlich auch noch ein paar Supervulkane auf die wir regelmäßig einen Blick werfen sollten. Den Yellowstone-Vulkan zum Beispiel, mit einer Magmakammer mit einem Volumen von fast 46.000 km³. Oder die Phlegräischen Felder in Süditalien. All diese großen vulkanischen Regionen werden natürlich ständig überwacht. Ein Ausbruch kommt im Allgemeinen nicht aus dem Nichts sondern kündigt sich an; durch aufsteigendes Magma, durch die langsame Hebung des Bodens, durch Erdbeben, und so weiter. Man würde heute einem Supervulkanausbruch nicht komplett unvorbereitet gegenüberstehen müssen. Außerdem sind wirklich große Ausbrüche zum Glück selten. So was passiert im Schnitt alle 50.000 bis 100.000 Jahre. Aber erforschen sollten wir die Dinger auf jeden Fall. Hier auf der Erde und draußen im Weltall.

6 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 421: Supervulkane“
  1. Die Phlegräischen Felder sind aber eher kein Supervulkan. Der stärkste Ausbruch vor etwa 40.000 Jahre lag bei etwa 480 km³, der vor 15.000 Jahren bei „nur“ 40 km³. Also zumindest nicht, wenn man nur VI8 als Supervulkan definiert.

    Unlustig für Europ abzw. den Mittelmeerraum wäre das allemal.

  2. Der Ausbruch der Phlegräischen Felder vor 39000 Jahren war aber mit ca. 500 km^2 ein halber Supervulkan. Hat nach einer Theorie zusammen mit der Einwanderung der modernen Menschen zum Aussterben der Neandertaler beigetragen. Vor etwas mehr als 71000 Jahren gab es einen wirklich großen Ausbruch des Toba.

  3. @Bernd S.:

    Kleine Klugscheißerei am Rande: Der größte See Deutschlands ist die Müritz. https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCritz

    Oder eher Korinthenkackerei? Der Bodensee ist nun einmal größer als die Müritz, nur liegt die natürlich komplett in Mecklenburg-Vorpommern, wohingegen irgendwo im Bodensee die Grenzen zur Schweiz und nach Österreich liegen. Übrigens bestehen nur die Schweizer darauf, dass es einen expliziten Schweizer Teil gibt. Die Grenze zwischen Deutschland und Österreich wird von beiden Ländern als irrelevant angesehen.

  4. @Bernd S.
    Das geht bös nach hinten in der falschen Farbe heraus.

    Rate mal welche gemeinsame Sprache die Bodenseeanwohner sprechen?

    Und woher kommt Müritz – slawisch „kleines Meer“, vgl. niedersorbisch mórjo, polnisch morze, viel Spaß!

  5. Endlich mal wieder was geologisches. Vulkane sind super faszinierend und wenn man mal genau hinschaut, also unter die Erdoberfläche, dann findet man in Deutschland zwei durchaus aktive Vulkangebiete. Einerseits die Eifel, und andererseits das Vogtland in der Grenzregion von Sachsen, Bayern und Tschechien. In der Nähe von letzterem hab ich mal gearbeitet und den Vulkanismus dort sozusagen aus direkt erfahren.
    Wir stellen uns so eine Magmakammer oder den Nachschub aus dem Mantel leider oft wenig realistisch vor. Da unten ist das Gestein nämlich gar nicht flüssig sondern nur ziemlich heiss. Na gut, es reagiert trotzdem in gewisser Weise wie eine sehr zähe Flüssigkeit. Etwas wärmere Bereiche steigen dann im Mantel auf, und aus denen entstehen dann sozusagen richtige Magmakammern, in denen das Gestein dann (meist nur teilweise) geschmolzen ist.
    Der Übergang von fest zu flüssig ist nicht darauf zurückzuführen, dass das Zeugs beim Aufstieg heisser wird, sondern der Schmelzpunkt des Gesteins ist druckabhängig. Je höher der Druck, desto höher auch der Schmelzpunkt.
    Da der Druck beim Aufsteigen abnimmt, das Gestein aber so schnell nicht abkühlen kann, wirds ab einem gewissen Stockwerk in der Kruste oder im Mantel auf einmal flüssig. Erst dann haben wir die klassische Magmakammer, aber längst noch keinen Ausbruch, mal abgesehen von so komischen Plätzen wie Island.
    Jetzt liegt das Magma also meistens da unten in der Kruste und kühlt gaaaaaaanz langsam ab. Dabei kristallisiert es, und hier passieren jetzt ganz spannende Sachen. Es kristallisieren zuerst Silikate mit hohem Schmelzpunkt, und die haben aufgrund ihrer Zusammensetzung oft auch höhere Dichte und sie sinken runter. Dadurch reichern sich oben in der Restschmelze Siliziumdioxid an und alle anderen Sachen, die in den Kristallgittern der Minerale keinen Platz haben. Dazu gehören auch Kohlendioxid, Wasser, Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff, Schwefeldioxid etc. All das ist in der Restschmelze gelöst. Eine Granitschmelze kann in der Tat fast 10%Wasser enthalten.
    Je mehr kristallisiert, desto reicher wird das Zeug an flüchtigen Komponenten.
    So. Und jetzt stellt euch vor es kommt zu einem erneuten Aufstieg frischen Materials das heisser ist als diese Restschmelze. Jetzt steigt der Druck schlagartig an, weil Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten eben auch Druckabhängig ist. Es bildet sich dann ein kleiner Riss in der Eierschale und dann haben wir den Salat in Form von Bumm und heissen Pyroklastischen Strömen, und Neapel war mal.
    Mit anderen Worten, Magmenmischung ist ungesund.
    Ist da erst mal ein Loch in der Kruste kanns auch ruhig weiterfliessen, siehe Hawaii oder Island. Das hängt aber auch wieder von der Chemie des Magmas ab. Je weniger vorher auskristallisiert ist, oder je weniger Siliziumdioxid das Zeug enthält, desto dünnflüssiger ist die Schmelze und desto ruhiger und gemütlicher ist der Vulkan.
    Es gibt übrigen täglich etwa 6 neue Vulkanausbrüche auf der Erde. Die Zeugen Jehovas wissen das natürlich nicht wirklich und interpretieren diese Zahl als Zeichen (für was auch immer), dabei wars vor 2000 Jahren ziemlich sicher genau so viel.
    Man kriegt also durch Aufstieg von Mantelmaterial eine Magmakammer, aber auch eine Beule in der Erdkruste. Das Wachsen der Beule kann man messen. Diese Beule bedingt auch eine Druckspannung (vertikal) und eine Zugspannung (horizontal) in der Kruste. Das führt zu einem Quietschen in der Kruste und das kann man mit sog. Geophonen hören. So überwacht man heute Vulkane und weiss oft vorher, dass da irgendwas vorgeht. Man kann dann zum Beispiel in Neapel den Katastrophenzustand auslösen und die ganze Stadt in zwei Tagen evakuieren. Das klappt zumindest in den Simulationen, ob das in Neapel auch in der Realität funktioniert wage ich zu bezweifeln.

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