SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.

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Sternengeschichten Folge 410: Das Fermi-Paradoxon

„Where is everybody“? Wo sind die alle? Und mit „die“ sind Außerirdische gemeint. Wo also sind die Außerirdischen? Diese Frage hat der Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi 1950 gestellt. Unterwegs zum Mittagessen, gemeinsam mit ein paar anderen hochdekorierten Kollegen, als sie über einen Cartoon in einer Zeitung diskutiert haben, in dem es um UFO-Sichtungen ging. „Wo sind sie alle?“ hat Fermi sich und seine Kollegen gefragt und die Tatsache, dass wir bis jetzt noch keinerlei Spuren von Aliens entdeckt haben, ist als „Fermi-Paradoxon“ in die Geschichte und auch die wissenschaftliche Forschung eingegangen.

Das klingt erstmal ein wenig komisch. Wieso soll es paradox sein, dass wir noch keine Aliens entdeckt haben? Um zu verstehen was Fermi gemeint hat, muss man sich seinen Gedankengang ein wenig genauer ansehen. Er ging zuerst einmal davon aus, dass wir Menschen nicht die einzigen intelligenten Lebewesen in unserer Milchstraße sind. Sondern dass es auch anderswo entsprechende Zivilisationen gibt; vor allem Zivilisation die technisch ebenfalls in der Lage sind, den Weltraum zu erreichen. Und nicht nur das: Zivilisationen die in der Lage sind, zwischen den Sternen zu reisen. Wenn man das nicht mit irgendwelchen Science-Fiction-Methoden probiert sondern mit halbwegs plausibeln technischen Lösungen, dann dauert es durchaus ein paar Jahrtausende bis man von einem Stern zum anderen reist, wie ich in Folge 402 ausführlich erklärt habe.

Die Milchstraße, also die Galaxie zu der die Sonne gehört, ist groß. Sie besteht aus mindestens 100 Milliarden Sternen und hat einen Durchmesser von 100.000 bis 150.000 Lichtjahren. Mal angenommen, wir könnten den uns nächstgelegenen Stern – Proxima Centauri, 4 Lichtjahre weit weg – in 1000 Jahren erreichen. Also ein Lichtjahr in 250 Jahren zurücklegen. Dann bräuchten wir 25 bis 38 Millionen Jahre, um die Milchstraße von einem Ende zum anderen zu durchqueren. Geben wir noch ein paar Millionen Jahre dazu für diverse Zwischenstopps und sagen wir, wir brauchen 50 Millionen Jahre für eine Tour durch die Galaxie. Dann klingt das zwar nach einer sehr, sehr langen Zeit. Und es ist auch eine sehr, sehr lange Zeit. Verglichen mit den circa 10 Milliarden Jahren die unsere Galaxis schon existiert ist es aber ein extrem kurzer Zeitraum. In der Zeit könnten wir 200 Mal hin und her fliegen. Und 1000 Jahre bis Proxima Centauri ist das, was wir mit der derzeit verfügbaren und vorstellbaren Technik schaffen könnten. Eine etwas weiter fortgeschrittene außerirdische Zivilisation wäre vielleicht schneller; vielleicht bräuchte sie keine 1000 Jahre wie wir sondern nur 100 Jahre? Dann könnten sie ein paar tausend Mal durch die Milchstraße reisen, zumindest theoretisch.

Enrico Fermi. Stellt gerne komische Fragen (Bild: DoE, gemeinfrei)

Wenn es also da draußen auch nur eine Zivilisation gibt, die zu interstellarer Raumfahrt in der Lage ist und das auch tut, dann sollte eigentlich ausreichend Zeit vergangen sein, um irgendwas davon mitzukriegen. Dann sollten wir bei jeder Menge Sterne Anzeichen für eine außerirdische Zivilisation beobachten können. Tun wir aber nicht. Und deswegen die Frage von Enrico Fermi: Where is everybody?

Was Fermi 1950 beim Mittagessen vor sich hin gedacht hat, wurde 1975 vom amerikanischen Astronom Michael Hart wissenschaftlich untersucht. Hart war allerdings auch überzeugter Rassist, insofern muss man seine Ausführungen über nichtmenschliche und außerirdische Zivilisation vielleicht ein wenig kritisch betrachten. Am Ende spielt es aber auch keine Rolle, weil im Laufe der Zeit sehr viele andere probiert haben, die Frage von Enrico Fermi zu beantworten und das Paradoxon aufzulösen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso wie Leute die Science-Fiction-Bücher geschrieben haben.

Die möglichen Erklärungsversuche für die Abwesenheit der Aliens sind vielfältig. Die simpelste Antwort würde lauten: Wir sehen deswegen nichts von irgendwelchen Außerirdischen, weil es keine gibt. Wir sind allein im Universum; zumindest aber sind wir allein in unserer Milchstraße. Leben mag vielleicht häufig sein, intelligentes Leben aber ist es nicht. Das finden viele deprimierend, kann aber nicht einfach von der Hand gewiesen werden, wie ich in Folge 305 ausführlicher erklärt habe. Wir wissen schlicht und einfach nicht, wie wahrscheinlich es ist, dass irgendwo Leben entsteht und wie wahrscheinlich es ist, dass sich aus Leben auch intelligentes Leben entwickelt. Auf der Erde existiert Leben schon seit mehr als 3 Milliarden Jahren. Intelligentes Leben aber erst seit vergleichsweise enorm kurzer Zeit. Wir haben keine Ahnung, warum das Leben intelligent geworden ist, wo es doch für Milliarden Jahre wunderbar ohne Intelligenz ausgekommen ist. Vielleicht ist es tatsächlich enorm unwahrscheinlich. Und dann gibt es da draußen niemanden außer uns.

Oder aber es gibt noch niemanden außer uns. Bzw. niemanden mehr. Wenn intelligente Zivilisation selten sind, dann gibt es keinen Grund davon auszugehen, dass sie alle gleichzeitig existieren. Vor allem: Es gibt keinen Grund, dass eine intelligente Zivilisation beliebig lange existieren kann. Das ist eine weitere klassische Auflösung für das Fermi-Paradoxon: Jede technisch ausreichend fortgeschrittene Zivilisation bringt sich irgendwann selbst um. Was nicht ganz unplausibel ist, immerhin sind wir selbst ja auch auf nem guten Weg dazu. Wir haben es zwar geschafft, uns noch nicht in einem globalen Atomkrieg auszurotten. Aber mit dem menschengemachten Klimawandel haben wir eine andere Möglichkeit gefunden, uns unsere Zukunft selbst schwer zu machen. Und auch wenn wir davon ausgehen, dass wir das alles irgendwie hinkriegen: Keine Spezies lebt ewig. Dafür sorgt schon die Evolution. Den modernen Menschen gibt es – je nachdem wie man es betrachtet – seit ein paar hunderttausend Jahren. Von all den anderen Spezies die auf der Erde gelebt haben, sind so gut wie alle im Laufe der Zeit ausgestorben bzw. im Laufe der Evolution etwas anderes geworden. Wieso sollte gerade uns dieses Schicksal erspart bleiben.

Und dann sind da noch die Naturkatastrophen. Massensterben gibt es in der Geschichte der Erde immer wieder. Supervulkane die ausbrechen; Asteroiden die einschlagen, und so weiter. Man kann sich zwar vorstellen, dass eine ausreichend weit fortgeschrittene Zivilisation das irgendwie in den Griff bekommt. Aber was ist mit außerirdischen Katastrophen, wie Gammastrahlenausbrüchen von Sternen in unserer Umgebung. Wenn ein ganzer Stern explodiert ist es schwer sich zu überlegen, was man dagegen tun könnte.

Noch ein wenig abgefahrener ist die Idee des „Großen Filters“. Kurz gesagt geht es darum, dass jede Zivilisation auf dem Weg zur erfolgreichen interstellaren Raumfahrt bzw. allgemein dem langfristigen Überleben eine Art Nadelöhr durchqueren muss. Dass also irgendwann im Laufe der Entwicklung irgendwas passiert, was es sehr schwer macht, sich so weit zu entwickeln um die Milchstraße zu kolonialisieren. Was eine interessante Frage für die Menschheit aufwirft: Haben wir diese Hürde schon hinter uns? Oder wartet der Große Filter noch in unserer Zukunft?`Im ersten Fall würden wir zu den wenigen Glücklichen gehören die weit genug fortschreiten können und es wäre an uns, die Milchstraße zu besiedeln. Im zweiten Fall müssen wir noch ein wenig abwarten bis wir wissen, was die ganzen Aliens – sofern es sie gibt – daran hindert ins All aufzubrechen.

Künstlerische Darstellung der Milchstraße. Ist ein breiter Weg, wie wir in Österreich sagen… (Bild: Mark Garlick, public domain)

Es könnte natürlich auch einfach sein, dass es überall außerirdische Zivilisationen gibt. Die aber schlicht und einfach keine Lust darauf haben, Millionen Jahre mit der Besiedelung der Milchstraße zu verbringen. Was auch irgendwie verständlich ist: Warum sollte man sich das antun? Tun wir ja auch nicht. Rein technisch wäre wir unter Umständen durchaus in der Lage, eine Art Generationenraumschiff zu bauen um zu anderen Sternen zu fliegen. Es wäre zwar eine gigantische technische und wissenschaftliche Aufgabe die absurd teuer wäre und wahnsinnig viele Ressourcen verbrauchen würde. Aber im Prinzip wüssten wir, was man dafür tun müsste; wir müssten dafür keine komplett neue Wissenschaft erfinden. Aber wir haben ja schon Schwierigkeiten, nach den 1970er Jahren wieder zum Mond zu fliegen; von anderen Planeten oder Sternen ganz zu schweigen. Selbst der reichste Milliardär wäre nicht in der Lage, so eine Mission im Alleingang zu finanzieren und die Staaten der Erde würden ebenso wenig einfach mal so ein Projekt unterstützen das Jahrhunderte dauert und Unmengen an Geld kostet. Wir stellen uns irgendwelche Aliens ja gerne als eine Art gottgleiche Übermenschen vor, moralisch perfekt und wissenschaftlich quasi allwissend. Aber nur weil wir uns das so vorstellen muss das noch lange nicht so sein. Vielleicht sind die Aliens auch einfach nur Leute die ungern ihre globale Wirtschaft in den Dienst der interstellaren Kolonialisierung stellen wollen.

Überhaupt: Das ganze Fermi-Paradoxon hat ein großes Problem. Und das sind die Voraussetzungen. Dass man nicht einfach voraussetzen sollte, dass intelligente Zivilisationen häufig sind, hab ich ja schon erläutert. Ebenso dass man nicht zwingend davon ausgehen muss, dass jemand zwischen den Sternen reisen will, nur weil man theoretisch zwischen den Sternen reisen könnte. Was man aber ebenfalls nicht voraussetzen kann: Das wir auch nur irgendeine halbwegs realistische Vorstellung davon haben, was etwaige Außerirdische denken. Wir Menschen denken wie Menschen weil wir Menschen sind und sich unser Gehirn mit seinem Bewusstsein im Laufe der Evolution auf der Erde so entwickelt hat, wie es das eben getan hat. Wir haben keine Ahnung, wie sich Intelligenz anderswo entwickelt und ob das auch nur annähernd irgendwas mit unserer Intelligenz zu tun hat. Mit unserem menschlichen Gehirn können wir uns zwangsweise nur irgendwas vorstellen, was so ähnlich funktioniert wie wir. Aber es kann auch komplett anders sein. Und Aliens können von irgendwelchen Motivationen getrieben sein, die wir uns nicht mal vorstellen können. Vielleicht sind da ja auch überall Außerirdische – aber sie sind schlicht so anders, das wir sie nicht erkennen.

Das ist auch das Problem bei anderen populären Lösungen des Fermi-Paradoxons. Das etwa die Milchstraße tatsächlich komplett voll mit Zivilisationen ist, wir aber nix davon mitkriegen weil wir in einer Art galaktischen Zoo leben. Die Aliens schirmen uns und sich ab, weil wir wahlweise noch nicht entwickelt genug sind um dem Rest der galaktischen Föderation beizutreten oder zu gefährlich. Ein Gedankengang der aber eher von klassischer Science-Fiction motiviert ist und nicht von irgendwelchen wissenschaftlichen Fakten. Ebenso wie die These, dass deswegen keine Aliens zu sehen sind, weil jede Zivilisation die zu sichtbar wird, sofort von einer anderen, aggressiveren Zivilisation ausgelöscht wird.

Ebenso wenig mit Wissenschaft zu tun haben die Lösungen des Fermi-Paradoxons die mit Verschwörungstheorien zu tun haben. Also: Es gibt jede Menge Hinweise auf außerirdische Zivilisationen, die aber vor der Öffentlichkeit vertuscht werden!!

Wenn man lange und kreativ genug nachdenkt, findet man noch jede Menge andere Möglichkeiten, Fermis Frage nach dem Verbleib der Aliens zu beantworten. Das macht ihren Reiz aus, aber nicht unbedingt ihren Wert für die Wissenschaft. Um sie in der Hinsicht seriös beantworten zu können, wissen wir einfach zu wenig. Es ist verlockend, sich irgendwelche Aliens so vorzustellen, wie wir das aus den Science-Fiction-Filmen gewohnt sind. Und nach einer Art galaktischer Föderation zu suchen wie in Star Trek; einem Imperium wie bei Star Wars und all den besiedelten Planeten mitsamt interstellaren Raumschiffverkehr. Mit echter astronomischer Forschung hat das aber nichts zu tun. Hier können wir nur feststellen, dass das Universum ein sehr, sehr großer und vor allem sehr, sehr leerer Ort ist. Selbst wenn wir derzeit nicht die einzigen intelligenten Lebewesen sein sollten, ist es auf jeden Fall ein absurder Aufwand, zwischen den Sternen zu reisen. Von einer Millionen Jahre dauernden Kolonisation einer ganzen Galaxie gar nicht zu reden. Vielleicht sind wir ja doch irgendwann mal bereit, diesen Aufwand zu treiben. Und dann können wir selbst herausfinden, wo alle sind!

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In der Folge erwähnte andere Folgen: Folge 402, Folge 305

11 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 410: Das Fermi-Paradoxon“
  1. Eine Auflösung des Paradoxons könnte natürlich auch sein, dass alle außerirdischen Zivilisationen, die uns technisch so weit voraus sind (oder waren), um interstellare Kolonisation zu betreiben, das bei weitem nicht so schnell oder so lange tun, wie es sich die Optimisten vorstellen. Ja, die Milchstraße ist alt, aber vielleicht sind uns die ersten intelligenten Spezies deutlich weniger als 1 Million Jahre im Voraus. Dann würden sie irgendwo dort draußen neue Welten erforschen, wären aber immer noch viel zu weit weg, um von uns bemerkt werden zu können.

  2. Naja – das Apollo-Programm hat inflationsbereinigt 120 Mrd Dollar gekostet. Jeff Bezos wird auf einen Wert von 178 Mrd Dollar geschätzt. D.h. bereits ein einziger Milliardär hätte das Mondprogramm finanzieren können. (gut – Bezos ist absurd reich – mit reichlich Luft nach unten)

    Es ist nicht so, dass Raumfahrt zu viel kostet – es interessiert die relevanten Leute einfach nicht genug.

    Was wäre, wenn wir tatsächlich die ersten sind? Vielleicht ist unser Sonnensystem das mit den besten Voraussetzungen und alle anderen brauchen noch ein paar Millionen Jahre. Irgendeiner muss ja der erste sein – egal wie unwahrscheinlich es sein mag.
    Oder wir sind so spät drann, dass wir die Technologie der anderen gar nicht mehr als solche erkennen können…

  3. wer noch mehr zu den Gründen der „Abwesenheit“ von Aliens wissen möchte, wird umfassend informiert bei: Webb, Stephen: If the universe is teeming with aliens … where is everybody? Fifty solutions to the Fermi paradox and the problem of extraterrestrial life; Copernicus Books, New York, 2002. In der 2. Auflage von 2015, bei Springer erschienen, gibt es sogar 70 Lösungen.

  4. Die Intensität elektromagnetischer Strahlung verringert sich umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung, d.h. um eine durch den Empfänger technisch gegebene Nachweisgrenze unseres Empfangssystems (Antenne, Verstärker, …) über dem Grundrauschen zu überwinden müssen die Aliens ihre Sendeleistung bei doppelter Entfernung vervierfachen und sie müssen vor allem ihre Signale in die richtige Richtung senden.  Sender, die für die eigenen Anwendungen (Rundfunk, Telefonie, Datenübertragung) gedacht sind, werden unter ökonomischen Gesichtspunkten betrieben, also nur mit der für eine sichere Übertragung notwendigen Leistung senden.
    Für die Entdeckung von Exoplaneten durch die Transitmethode müssen wir z.B. minimale Helligkeitsschwankungen detektieren.  Diese Helligkeitsschwankungen entsprechen der Energiemenge, welche die Sterneoberfläche auf der Fläche des verdeckenden Planeten abstrahlt, eine Energiemenge, die man nicht so einfach übrig hat, um anderen intelligenten Lebewesen ein Lebenszeichen zukommen zu lassen.  Man kann wohl nicht erwarten, dass die Aliens aktiv mit einer ähnlich hohen Energie Signale ins All schicken, um anderen möglichen Zivilisationen ihre Anwesenheit mitzuteilen.
    Wir selbst senden erst seit ca. 100 Jahren und haben dabei die Übertragungsverfahren weiter entwickelt.  Die aktuell vewendeten digitalen Modulationsverfahren sind ohne Wissen über die Kodierung kaum zu entschlüsseln.  Derartige Signale wären auch deshalb kaum für uns zu entdecken.
    Selbst wenn die Aliens gerade dabei sind, die Milchstraße zu besiedeln, dann sind Sie eventuell gerade in anderen Regionen aktiv.  Wir haben gerade einen technischen Stand erreicht, mit dem wir die ersten Schritte in All machen können.  Es ist wohl kaum zu erwarten, dass wir jetzt schon Aliens entdecken bzw. von ihnen entdeckt werden.  Eine Besiedlung der Milchstraße bedeutet auch nicht, dass man die Kolonien lange (mehrere 10.000 Jahre) halten kann.  Es ist gut möglich, dass eine sich in der Milchstraße ausbreitende Spezies nach der Besiedlung in verschiedenen Bereichen auch wieder ausstirbt oder zumindest ihre technischen Möglichkeiten wieder verliert und auf ein vorindustrielles Niveau zurückfällt und sich so nicht mehr weiter ausbreiten kann.
    Innerhalb von 50 Lichtjahren um die Sonne befinden sich ca. 1000 Sterne (entspricht also ein Stern pro ca. 500 Kubiklichtjahre).  Der mittlere Abstand beträgt hier also ca. 8 Lichtjahre.  Im Zentrum der Milchstraße ist die Sternendichte höher – allerdings dürften die Bedingungen (Strahlungsintensität) dort der Entwicklung höherer Lebensformen eher abträglich sein.  Zwischen den Spiralarmen ist die mittlere Entfernung der Sternsysteme dagegen viel größer, was die Kommunikation oder eine Reise weiter erschwert.
    Das größte Problem sind und bleiben die riesigen Entfernungen, die damit verbundene Signalabschwächung und, für den Fall, dass es tatsächlich zur Entdeckung einer fremden technisch hochstehenden Intelligenz kommen sollte, die Zeit, die selbst das Licht benötigt, um die Entfernung zu überbrücken.  Mal angenommen, wir entdecken Aliens in einer Entfernung von 50 Lichtjahren.  Was sollen wir denen senden?  Was erwarten wir, dass sie uns mitteilen?

  5. Bis jetzt hat sich die Menschheit grob unvorsichtig verhalten. Gerade unsere ältesten Übertragungen beschreiben uns als kriegerisch, selbst- und naturzerstörerisch. Das Ganze völlig einfach zu verstehen: Keine Verschlüsselung, Sprachverständnis unnötig-Bilder sprechen für sich!
    Gut, dass diese Visitenkarten mit extrem schwacher Sendeleistung rausposaunt wurden.
    Und nun sind wir -etwas- vernünftiger, dafür sind die Informationen, die wir senden, nicht mehr so einfach verständlich.
    Den Erklärungsansatz mit dem großen Filter finde ich vielversprechend:
    Schließlich entsteht Intelligenz nach derzeitigem, irdischen Forschungsstand in erster Linie durch Evolutionsdruck: Ausschalten der Konkurrenz, bessere Anpassung an schnell wechselnde Umgebungsbedingungen. Für eher gemächlich wechselnde Bedingungen reicht auch die normale Evolution, Intelligenz von Individuen eher unnötig.
    Mit anderen Worten: Hohe Intelligenz kann Hand in Hand gehen mit großem Aggressionspotential dieser Spezies. Was wiederum deren langfristiges Überleben auf der einen, sowie selbstloses Engagement für Folgegenerationen auf der anderen Seite eher unwahrscheinlich macht.
    Das wird mMn. unser großer Filter werden und -wer weiß- ist dieser Filter vielen anderen, intelligente Spezies zum Verhängnis geworden.

  6. So als fortgeschrittenes Alien würde ich mein Raumschiff bzw. Planetenschiff in der Nähe eines schwarzen Loches parken und dem Universum in Zeitraffer beim sich entwickeln zugucken – ist doch klar. Wer reist schon gerne 100e mio Jahre an den falschen Ort, um nachzusehen, ob sich aus dem Glibber auf dieser oder jener Steinkugel ein Nacktnasenäffchen entwickelt, das dann leider doch seinesgleichen mit dem Knüppel eins auf die Goschn zieht.
    Je nach dem, ob ich mich oder nur meine Messinstrumente mit oder gegen die Drehrichtung der Singularität bewege, könnte ich ganze Milliarden von Jahren nach Verwandtschaft absuchen und ihnen ggf. eine Nachricht zukommen lassen bzw. zugekommen gelassen haben werden. Ich müsste also kein energieintensives Broadcasting mit umgebastelten Neutronensternen oder ähnliches veranstalten, sondern schicke meine Observatorien bzw. Transponder gezielt durch die Zeit.
    Sollte ich dann den Drang zum Kaffeekränzchen verspüren setze ich natürlich eine Nachricht in der Vergangenheit ab, die Wege wären dann auch viel kürzer, weil das Universum noch nicht so verzogen ausgedünnt wäre. Für den Empfang ist die buckelige Verwandtschaft dann immernoch selbst zuständig, aber man kann ja durchaus es zweimal klingeln lassen. Wow!

  7. Der grösste Witz ist, dass das Fermi-Paradoxon vermutlich selbst dann erhalten bliebe, wenn wir allgemein anerkannte und unwiderlegbare Beweise dafür hätten, dass es Aliens gibt!

    Denn selbst wenn wir sie fragen würden, ob sie hier und überall waren und wenn nein, warum nicht, sie hatten doch möglicherweise genug Zeit, so wäre das mit einer Kommunikation zum Einen allgemein (wir im Westen verstehen nicht mal Chinesisch intuitiv, wie sollten wir die Sprache einer Zivilisation verstehen, die vielleicht nichts mit uns gemein hat?) und zum anderen grundsätzlich (sie sind möglicherweise Tausende von Lichtjahren weg, die Frage wäre Tausende von Jahren unterwegs, die Antwort ebenfalls) so eine Sache für sich.

    Das aber wiederum bedeutet, dass das Fermi-Paradoxon selbst paradox ist!

    Einfach weil es explizit unterstellt, dass aufgrund einer fehlenden Beobachtung ein logischer Schluss daraus gezogen werden könne – und das auch noch unmittelbar.

    Doch genau das ist nicht der Fall.

  8. Ich könnte mir daher vorstellen, dass die Wirklichkeit eine völlig groteske ist:

    Es existieren vielleicht Millionen von Zivilisationen im Universum. Nahezu jede davon entwickelt unabhängig vom Rest ihr eigenes Fermi-Paradoxon, wie auch immer sie es im Einzelfall nennen, wie auch immer ihre Sprachkultur aussieht, falls überhaupt vorhanden oder nicht so abstrakt, dass wir schon das grundlegende Konzept der Kommunikation gar nicht verstehen würden, weil es vielleicht auch gar keine Kommunikation im eigentlichen Sinne wäre.

    In allen Fällen basiert es auf der Annahme, dass es Aliens geben muss, weil mathematische Wahrscheinlichkeit das erzwingt, dass es aber gleichzeitig Aliens nicht geben kann, da sie genug Zeit im Universum gehabt hätten, um überall gewesen zu sein, das aber nicht beobachtet wurde. Einzelne, stringent binär denkende Spezies hat allein schon dieser Widerspruch analog zu einer Division durch Null vielleicht schon dahin gerafft, ihre Denkprozessen stürzten ab und starteten nie wieder.

    Dann jedoch entdecken einige Tausend dieser Spezies eindeutige Beweise dafür, dass sie nicht allein sind. In allen Fällen handelt es sich dabei um partielle Dyson-Sphären, die niemals auf natürliche Weise von selbst haben entstehen können und somit unwiderlegbare Beweise für das Vorhandensein mindestens einer, extrem weit entwickielten Zivilisation sein müssen.

    Was sie nicht wissen:
    Es ist nicht nur eine Sphäre, sondern unzählige und sie sind mehr oder minder gleichmäßig in fast allen Galaxien verteilt. Jede Spezies findet also den Beweis durch Hinterlassenschaften genau ein und derselben Referenz-Spezies. Die meisten von ihnen schicken auf verschiedene Weise Fragen in Richtung der Sphären.

    Doch eine Antwort erhalten sie nie.

    Von diesem Moment an sind die meisten elektrisiert, können diesen Fakt nicht mehr vergessen oder verdrängen. Einige werden sie zu Göttern erklären, andere davon ausgehen, dass die Erbauer nicht mehr existieren oder im Laufe von Äonen die Fähigkeit oder den Willen zur Forschung und zur Kommunikation verloren haben. Wieder andere wird das Thema nie loslassen. Sie forschen selbst, sie suchen nach Möglichkeiten hinter das Geheimnis zu kommen und einige davon entwickeln im Laufe der Zeit Sternenantriebe. Sie machen sich selbst auf den Weg, um dahinter zu kommen.

    Nicht alle davon erreichen die Sphären, viele Unglücke geschehen unterwegs, doch einige schaffen es. Sie kommen bei den Sphären an, sind zurecht fasziniert von den gewaltigen Ausmaßen dieser künstlichen Lebensräume. Sie untersuchen sie über eine lange Zeit, doch egal, wie lange sie brauchen, sie finden keine Erbauer und keine weiteren Hinweise auf sie. Das Geheimnis will sich nicht lüften lassen.

    Im Laufe der Zeit sehen sie es immer pragmatischer. Immer mehr fragen sie sich, ob eine ewige Suche nach einer Antwort, die sie vielleicht nie erhalten werden, die Suche wirklich legitimiert – oder ob sie es nicht einfach pragmatisch sehen und die Sphären einfach selbst anstatt der Erbauer bewohnen sollten.

    Das tun auch die meisten und leben darin glücklich mit mehr Raum, als sie je brauchen werden. Sie sind so wunschlos glücklich, dass sie im Laufe der Zeit jede Neugier verlieren, sich nicht mehr interessieren für das, was es da im Kosmos sonst noch irgendwo geben könnte. Sie vergessen ihren ursprünglichen Forschergeist, verlernen nach einer Weile die Fähigkeiten und das Wissen, reagieren auch nicht auf die Fragen anderer Zivilisationen, die sie in der Zwischenzeit erreicht haben und sie für die Erbauer halten. Schon deswegen nicht, weil sie nicht mehr wissen, wie es geht. Einige leben weiter, andere sterben auf den Sphären aus.

    Und die Galaxien bleiben weiterhin still, während die leeren Sphären auf weitere Besucher warten. Keiner davon wird jemals das Geheimnis lüften, keiner jemals den Widerspruch lösen durch eine klare Antwort. Sie sehen nur, dass es eine Antwort geben muss – doch auch das vergessen sie im Laufe der Zeit. Und irgendwann denken sie, dass sie die Erbauer schon immer waren, ihre Vorfahren.

    Tabbys Stern wäre vor ein paar Jahren fast so etwas für uns geworden – wenn es denn eine Sphäre wäre. Vielleicht beim nächsten Mal 🙂

  9. Die Existenz des Fermi-Paradoxons verschafft uns Menschen die Möglichkeit, unsere Sicht der Welt in vielen schillernden Farben und Kreationen durchzudenken. Um nur einige Elemente dieses Gedankenspiels zu nennen:
    Wo stehen wir als Spezies in unserer Entwicklung (technisch, gesellschaftlich) in Bezug auf unbekannte Andere (die Aliens)?
    Wie ordnen wir uns ein? Welches Selbstbild (z.B. unsere Existenz ist wegen unseres Verhaltens eines Besuchs Außerirdischer unwürdig) haben wir? Und welches Fremdbild (z.B. uns „überlegene“ Aliens könnten aggressive Invasoren sein, denen wir schutzlos ausgeliefert wären)?
    Nach wie vor sind Überlegungen rund um die Existenz intelligenter Aliens mehr philosophischer als (natur-)wissenschaftsbasierter Natur – wenngleich auch unsere Möglichkeiten mehr Evidenz in die Diskussion einzubringen allmählich wachsen.
    Möge es bald, irgendwann in der Zukunft oder auch nie eine (klare) Antwort geben – in jedem Fall spiegelt das Nachsinnen über derartige Grundsatzfragen unsere Sicht der Dinge.
    Wir können im Diskurs unseren Geist und unsere Sicht schärfen und auf neue Erkenntnisse hoffen, aber wir können auch in Gedankenspiralen gefangen bleiben und in einen „Tunnelblick“ verfallen – letztlich versuchen wir nicht weniger als uns das Unvorstellbare vorzustellen!

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