Vorgestern habe ich über eine Forschungsarbeit geschrieben die untersucht hat wie hypothetische Mikroben in der Atmosphäre der Venus leben könnten. Ob es solche Lebewesen dort gibt, wissen wir nicht. Weder auf der Venus noch irgendwo anders außerhalb der Erde haben wir bis jetzt Leben oder auch nur Spuren von Leben gefunden. Es ist aber durchaus nicht unmöglich, dass zum Beispiel auf dem Mars, der Venus oder einem anderen Himmelskörper Lebewesen existieren. Keine „kleinen grünen Männchen“ – aber vielleicht Bakterien oder ähnliche Mikrolebewesen. So etwas zu entdecken wäre eine wissenschaftliche Revolution die natürlich jede Menge weitere Fragen nach sich zieht. Unter anderem auch die: „Können außerirdische Mikroben uns krank machen?“.

Diese Frage kann man auf zwei verschiedene Arten angehen. Entweder man sagt: Bakterien die sich irgendwo anders im Universum entwickelt haben sind zwangsläufig komplett anders als das irdische Leben. Die Alien-Mikroben haben noch nie einen Menschen gesehen und absolut keine Ahnung wie sie einen Menschen krank machen können. Oder warum sie das sollten! Und tatsächlich ist dieses Argument nicht völlig unplausibel. Man kann aber genau so sagen: Wenn Leben überall im Universum zumindest auf den gleichen fundamentalen Prinzipien beruht und nach den gleichen grundlegenden Gesetzen funktioniert, dann sind gerade die außerirdischen Mikroben besonders gefährlich für uns. Denn die hat unser Immunsystem noch nie gesehen, es hat keinerlei Abwehrmechanismen dafür entwickelt und wir sind leichte Beute für die Alien-Bakterien.

Natürlich ist das alles höchst theoretisch. Wie gesagt: Wir haben noch kein außerirdisches Leben entdeckt. Aber man kann sich dieser Frage durchaus auch wissenschaftlich nähern. Was Katja Schaefer von der Universität Aberdeen und ihre KollegInnen kürzlich getan haben („A Weakened Immune Response to Synthetic Exo-Peptides Predicts a Potential Biosecurity Risk in the Retrieval of Exo-Microorganisms“). Natürlich ist es nicht einfach zu erforschen, wie das Immunsystem auf außerirdische Bakterien reagiert wenn man keine außerirdischen Bakterien zur Verfügung hat. Schaefer ist dieses Problem umgangen in dem sie „Exo-Peptide“ verwendet hat.

Ein Peptid besteht aus Aminosäuren. Aminosäuren sind komplexe organische Moleküle und wenn man daraus ein ausreichend komplexes Peptid baut, nennt man es „Protein“. Proteine wiederum sind die Grundlage von allem Leben das wir auf der Erde kennen. Aminosäuren gibt es jede Menge; für das irdische Leben werden circa 20 davon verwendet. Die übrigen bekannten Aminosäuren haben wir zum Beispiel künstlich im Labor zusammengebastelt. Oder etwa in Meteoriten entdeckt. Man hat sie auch in Kometen gefunden und wir wissen, dass im All an vielen Orten Bedingungen herrschen, unter denen aus simplen Atomen komplexe organische Moleküle entstehen können. Diese Aminosäuren sind selbst noch kein Leben. Aber zumindest die Bausteine des Lebens und wenn irgendwo aus diesen Bausteinen vielleicht doch Leben entstehen sollte, dann könnte es Peptide enthalten die aus Aminosäuren bestehen die auf der Erde selten, im All aber häufig sind.

Keine Sorge! Das Buch ist voller Quatsch…

So weit die Hypothese der ForscherInnen um Schaefer. Sie haben nun zwei Aminosäuren genommen die häufig in Meteoriten gefunden worden sind, für das irdische Leben aber keine Rolle spielen. Und daraus im Labor „Exo-Peptide“ gebastelt. Jetzt muss man nur noch schauen, wie das Immunsystem darauf reagiert. Natürlich nicht, in dem man einen beherzten Schluck aus der Exo-Peptidflasche nimmt! Man hat die Exo-Peptide mit Killerzillen der Immunabwehr in Kontakt gebracht; nicht im Menschenversuch sondern im Labor. Diese Killerzellen sind dafür zuständig, etwas gegen Fremdkörper im Organismus zu unternehmen – was aber nur klappt, wenn sie auch erkennen können, dass es sich um etwas handelt, das nicht in den Organismus gehört. Bei den normalen, irdischen Peptiden kriegen die Killerzellen das in 80 bis 90 Prozent hin. Bei den Exo-Peptiden sind sie aber nur in 15 bis 60 Prozent der Fälle angesprungen. Was einerseits eine große Spanne ist. Andererseits aber doch deutlich weniger als bei den normalen Peptiden.

Unser Immunsystem scheint also mit den Exo-Peptiden deutlich schlechter klar zu kommen als mit den irdischen Organismen. Grund zur Panik ist das aber nicht. Die Studie von Schaefer und ihren KollegInnen war einerseits nur eine theoretische Untersuchung im Labor. Sie wurde mit nur zwei Exo-Peptiden durchgeführt; in der Realität könnte außerirdisches Leben auch ganz anderes aufgebaut sein und vielleicht GANZ anders funktionieren als wir denken. Und dann wurde das ganze auch nicht mit menschlichen Killerzellen getestet sondern mit denen von Mäusen.

Dennoch ist es eine spannende Arbeit. Vor allem, wenn man die Ausgangslage umdreht. Denn wir suchen ja – zum Beispiel auf dem Mars – aktiv nach Mikroorganismen. Da müssen wir nicht nur schauen, dass wir die Dinger – sofern wir sie denn irgendwann mal finden sollten – ausreichend gut verstanden haben bevor wir sie auf die Erde bringen. Sondern auch darauf achten, dass wir die Mars-Mikroben nicht mit unseren irdischen Krankheitserregern umbringen, bevor wir sie entdecken. Weswegen es zum Beispiel bei der NASA den Posten eines „Planetary Protection Officer“ gibt um sich mit genau solchen Fragen zu beschäftigen.

Übrigens: Wenn man Raumsonden desinfiziert macht man das im Prinzip genau so, wie wir es derzeit – hoffentlich – regelmäßig mit unseren Händen tun: Abreiben mit Alkohol!

3 Gedanken zu „Können außerirdische Mikroben uns krank machen?“
  1. Eigentlich kann man ja sogar noch einen Punkt weiter gehen. Nicht jede Infektion ist automatisch eine Krankheit. Unser Verdauungstrackt ist zum Beispiel Lebensraum für viele Arten von Mikroorganismen. Zum Teil ist das sogar eine Symbiose.

    Ich halte es für durchaus vorstellbar, dass „fremdes“ Leben auch einfach nur so neben uns herleben würde.

  2. Ich bin auf die neuen Produkte gespannt, die dann auf den Markt kommen werden. Mars-Käse mit Exoschimmel oder Venus-Jogurt mit original exoplanetaren Jogurt-Kulturen ; )

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