Astronomie ist super. Was wir allerdings nicht so gut können ist die Sache mit den Namen. Planetarische Nebel haben nix mit Planeten zu tun; ein Haufen Sterne wird kreativerweise „Sternhaufen“ genannt, „dunkle Materie“ ist nicht dunkel sondern transparent, und so weiter. Und eine „Nova“ ist kein neuer Stern, sondern einer der sein Leben schon fast hinter sich hat. Eine Nova ist genaugenommen nicht mal ein Stern sondern zwei. Aber wenn man von den Namen mal absieht, dann ist die Astronomie wirklich super darin, das Universum zu verstehen. Und seit kurzer Zeit verstehen wir auch sehr viel besser, was bei einer Nova tatsächlich so abgeht. Weil wir den Prozess das erste Mal komplett beobachten konnten, vom Anfang bis zum Ende!

Ganz simpel gesagt ist eine Nova das, was aus einem Doppelsternsystem wird, bei dem die beiden Partner unterschiedliche Massen haben. Genauergesagt: Ein Doppelsternsystem bei dem die Sterne zwar unterschiedliche Massen haben aber nicht zu große oder kleine Massen. Ungefähr so wie die Sonne und mit einem ähnlichen Entwicklungsweg. Sterne also, die sich gegen Ende ihres Lebens zuerst zu einem roten Riesenstern aufblähen und danach zu einem kompakten weißen Zwergstern kollabieren. Der Stern mit der größeren Masse brennt heißer und verbraucht sein Material für die Kernfusion schneller als der mit der geringeren Masse. Er beendet sein Leben also früher und wird zu einem weißen Zwerg. Währenddessen fusioniert und leuchtet der andere Stern noch fröhlich vor sich hin. Bis auch er die letzte Phase seines Lebens erreicht. Er beginnt sich als roter Riese aufzublähen, wird immer größer und größer und jetzt kommt es auf den Abstand zwischen den Sternen an. Sind sie weit genug voneinander entfernt passiert gar nix und wir kriegen zwei weiße Zwerge die einander umkreisen. Sind sie aber nahe genug, dann kann Material vom roten Riesen auf den weißen Zwerg fallen. Hat der genug Material von seinem Partnerstern gesammelt, kann der weiße Zwerg auf einmal wieder Kernfusion machen. Allerdings auf eine sehr brutale und explosive Art und Weise. Innerhalb kurzer Zeit leuchtet der ehemals tote Stern enorm hell auf und das nennt man „Nova“.

Früher hat man von all dem nichts gewusst. Man hat nur ab und zu bemerkt dass dort am Himmel wo vorher kein Stern zu sehen war jetzt auf einmal einer zu sehen ist. Ein neuer Stern, also eine „Nova“ (Mit einer „Supernova“ hat das alles übrigens nix zu tun, das sind ganz andere Prozesse die dort ablaufen). Heute wissen wir, warum Sterne plötzlich sehr viel heller leuchten können – die Beobachtung ist aber immer noch knifflig. Wir bemerken die Nova ja normalerweise erst, wenn sie stattgefunden hat. Und verpassen damit nicht nur den Anfang des ganzen Prozesses sondern wissen auch nichts über die Eigenschaften des Sternenpaars vor dem Helligkeitsausbruch. Deswegen weiß man auch nicht so genau wie man es gerne wüsste, was der eigentliche Auslöser für den Helligkeitsausbruch ist.

Bild: K. Ulaczyk, Warschau Universität Observatorium

Bis jetzt. Am 20. März 2018 hat ein automatisiertes Suchprogramm für Supernova-Explosionen der Ohio State University mit dem schönen Namen „All-Sky Automated Survey for Supernovae (ASAS-SN)“ im Sternbild Carina einen Stern gefunden der zuvor nicht vorhanden war. Das Ding hat den Namen „V906 Carinae“ und konnte kurz danach als klassischer Nova-Helligkeitsausbruch identifiziert werden. So weit, so normal. Aber durch einen großen Zufall haben die BRITE-Satelliten genau diese Region des Himmels schon länger im Blick. Genau das ist die Aufgabe von BRITE, einem Projekt aus Österreich, Polen und Kanada bei dem sechs Mini-Satelliten über lange Zeit hinweg die Helligkeit von Sternen messen. Was sie auch getan haben, als im Sternbild Carina die Nova hochging. Man hatte jetzt also Daten des Sterns vor der Nova und danach natürlich erst recht. Als man bemerkte, welche große Chance sich da bietet, haben auch andere Teleskope in Richtung V906 geblickt und alle Beobachtungsdaten wurden nun mit überraschenden Erkenntnissen ausgewertet („Direct evidence for shock-powered optical emission in a nova“).

So sieht das dann aus:

Bild: R. Kuschnig, TU Graz

Zuerst sieht man nur das Licht des roten Riesensterns; der weiße Zwerg im System ist zu lichtschwach um groß aufzufallen. Der rote Riese leuchtet konstant vor sich – bis dann plötzlich etwas passiert. Das ganze System wird heller und heller: Die Nova hat stattgefunden. Die umfassenden Daten boten nun auch erstmals die Möglichkeit eine Hypothese zu prüfen die bislang ungeprüft war. Nämlich die Frage nach der Ursache der Helligkeitsausbrüche. Klar, der weiße Zwerg explodiert und wird hell. Aber wie genau? Die Vermutung war, dass Schockwellen im Gas das die Nova von sich schleudert das Material so sehr aufheizt dass entsprechende Helligkeitsausbrüche entstehen. Wenn Teilchen so stark beschleunigt werden, dann können sie auch miteinander wechselwirken und dabei Gammastrahlung erzeugen. Was macht man also in so einem Fall? Man besorgt sich ein Gamma-Teleskop! In dem Fall war dass das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA, das mit ein wenig Verspätung ebenfalls auf V906 gerichtet wurde. Mit diesem Resultat:

Bild: Aydi et al, 2020

Jeder Helligkeitsausbruch der von BRITE beobachtet wurde passt genau zu einem von Fermi registrierten Anstieg von Gammastrahlung. Was ein ziemlich deutlicher Hinweis darauf ist, dass die Helligkeitsausbrüche tatsächlich von Schockwellen stammen. In den ersten Tagen der Nova hat der weiße Zwerg jede Menge Gas aus seinen äußeren Schichten ins All geschleudert. Diese Wolke hat sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 2 Millionen km/h vom Stern entfernt. Danach kam noch mehr Material vom weißen Zwerg und zwar noch schneller. Dieses Zeug ist auf das Material der ersten Wolke geprallt, Schockwellen verursacht und die ersten Helligkeitsausbrüche verursacht. Und dann, 20 Tage nach dem ersten Ausbruch ist ein nochmal schnellerer Materiefluss vom Stern ins All geschleudert worden, diesmal mit ungefähr 9 Millionen km/h. Das hat neue Schockwellen und neue, noch stärkere Helligkeitsausbrüche verursacht.

So detailliert haben wir bis jetzt noch keine Nova beobachtet. Natürlich war ein bisschen Glück mit dabei – aber wie hat schon der gute alte Seneca gesagt: Glück ist, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft!

5 Gedanken zu „Einmal Nova mit alles und Wissenschaft“
  1. Sirius wäre auch so ein zukünftiger Nova-Kandidat. Mit einem Alter von knapp 240 Millionen Jahren hat der ursprünglich wesentlich größere Sirius B bereits den Status eines Weißen Zwerg erreicht. Sirius A, obschon viel jünger als unsere Sonne, wird ebenfalls in ca. 1 Miliarde Jahren zum Roten Riesen werden. Dann könnte es im Sirius-System zu Nova-Ausbrüchen kommen, nur wird hier leider niemand merh sein, der dies beobachten könnte.

    Aber mal anders: Wenn Sirius A bereits ein Roter Riese wäre, könnten dermaßen nahe Nova-Ereignisse uns durch die freigesetzte Strahlung beinträchtigen?

  2. @Florian:

    Mit einer “Supernova” hat das alles übrigens nix zu tun, das sind ganz andere Prozesse die dort ablaufen

    Na ja, zumindest eine SN Ia läuft doch recht ähnlich ab, oder? Auch da fällt Material von einem Begleitstern auf einen weißen Zwerg, und letzterer explodiert dann.

    Allerdings explodiert bei einer SN Ia der weiße Zwerg komplett, bei einer Nova findet dagegen nur explosives Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche des weißen Zwergs statt.

    Auf die Schnelle habe ich nichts dazu gefunden, wodurch sich die beiden Fälle eigentlich genau unterscheiden… unter welchen Umständen gibt es nur Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche, und unter welchen Umständen explodiert der Weiße Zwerg komplett? Hängt das von der Akkretionsrate ab?

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