Wenn es um hysterische Click-Bait-Schlagzeilen geht, dann plündert man auch gerne „Nachrichten“ die schon ein paar Jahrzehnte alt sind… Dann kann man verkünden „Riesen-Asteroid rast zu Ostern auf die Erde zu“, wie es das österreichische Nachrichtenportal vienna.at tut oder: „Verheerender Astroiden-Einschlag: Das steht uns im April bevor“, wie man auf der Click-Bait-Seite futurezone.de lesen kann. Und wenn man das liest könnte man den Eindruck bekommen, im April würde uns ein verheerender Asteroideneinschlag bevorstehen der zu Ostern stattfindet.
Ist aber natürlich nicht so! Es geht um den Himmelskörper mit der Bezeichnung 1998 OR2. Vor dem „warnt“ angeblich die NASA, wie man auf den einschlägigen Seiten nachlesen kann. Die NASA hat sich tatsächlich zu 1998 OR2 zu Wort gemeldet. Allerdings vor 22 Jahren, im Jahr 1998, als der Asteroid entdeckt wurde. Und auch damals kann man gleich im ersten Satz der NASA-Meldung lesen:
„A NASA-sponsored asteroid tracking system has found two new large objects that cross Earth’s orbital path, but show no signs of coming dangerously close to Earth within at least the next several decades, astronomers say.“
Astronominnen und Astronomen haben also das getan, was sie fast jeden Tag tun: Nämlich Asteroiden entdeckt. Es gibt wirklich VIELE von den Dingern da draußen im Sonnensystem. Und es ist daher auch nicht unbedingt verwunderlich, wenn sie ab und zu an der Erde vorbei fliegen. Das passiert auch ständig. Was dagegen sehr selten passiert sind Kollisionen zwischen der Erde und großen Asteroiden! So etwas kommt alle Jahrhunderttausende vor; beziehungsweise noch seltener. Aber das ist natürlich nichts, mit dem man heutzutage Panik im Internet verursachen und Klicks auf die Homepage abgreifen kann. Weswegen die Schundseiten überall auf der Welt jeden Vorbeiflug zu einer potentiellen Katastrophe umdeuten.
Was tatsächlich passieren wird: Der Asteroid 1998 OR2 wird am 29. April 2020 in der Nähe der Erde vorbei fliegen. Was übrigens zweieinhalb Wochen nach Ostern (am 12. April 2020) ist. Aber wenn man Unsinn ins Internet schreibt, dann achtet man halt auch nicht so genau darauf, wo man abschreibt und was man tut… weswegen es rund um den „Osterasteroid“ ein wenig konfus geworden ist. Ich habe ganz zu Beginn die Schlagzeile von vienna.at zitiert. Der „Riesen-Asteroid“ der dort behandelt wird trägt die Bezeichnung 2004 FG11 und ist mit einem Durchmesser von circa 150 Metern alles andere als ein „Riesen-Asteroid“. Er wird aber tatsächlich am 11. April 2020 in der Nähe der Erde vorbei fliegen, und zwar in einem Abstand von 7,5 Millionen Kilometern.
Futurezone.de dagegen schreibt vom oben erwähnten 1998 OR2, checkt aber nicht dass der erst am 29. April zu Besuch kommt und schreibt stattdessen „Am 11. April, dem Tag vor Ostersonntag, könnte es zu einem verheerenden Asteroiden-Einschlag kommen. Rund vier Kilometer misst der Brocken im Schnitt.“. Mit den 4 Kilometern Durchmesser haben sie dabei nicht mal Unrecht (obwohl man es nicht genau weiß und das Ding auch vielleicht nur 2 Kilometer groß sein könnte).
Aber egal: Asteroiden fliegen in der Nähe der Erde vorbei und da kann man schon mal ein bisschen Panbik machen! Vor allem weil es bei 1998 OR2 noch ein wenig knapper ist, er passiert die Erde in nur wenig mehr als 6 Millionen Kilometern! Und die einschlägigen Artikel bemühen sich natürlich auch immer darauf hinzuweisen, dass das ja „aus astronomischer Sicht“ ja quasi ein „Streifschuss“ ist. Ja – aus „astronomischer Sicht“ sind 6 bzw 7 Millionen Kilometer nicht viel; die Größen und Distanzen im Universum sind üblicherweise deutlich größer. Aber es geht hier definitiv um eine menschliche Sicht! Uns interessiert ob das Ding auf der Erde einschlägt oder nicht! Und das tut er nicht; egal ob der Abstand beim Vorbeiflug 6 Millionen Kilometer oder 6000 Kilometer beträgt. Vorbei ist vorbei!
Und eigentlich wären weder die 6 noch die 7 Millionen Kilometer erwähnenswert. Das ist in beiden Fällen mehr als der 15fache Abstand zwischen Erde und Mond! Die Asteroiden sind also deutlich weiter von uns entfernt als es der Mond ist – was man nicht unbedingt als „akute Gefahr“ bezeichnen muss.
Hier nochmal die Zusammenfassung:
- Am 11. April 2020 wird der kleine Asteroid 2004 FG11 deutlich weiter entfernt als der Mond an der Erde vorbeifliegen und mit Sicherheit nicht mit uns kollidieren.
- Am 29. April 2020 wird der große Asteroid 1998 OR2 deutlich weiter entfernt als der Mond an der Erde vorbeifliegen und mit Sicherheit nicht mit uns kollidieren.
- Click-Bait-Schleudern im Internet interessiert das alles nicht und sie machen aus jeder Nachricht über einen Asteroid eine potentielle Katastrophe.
- Lest diesen Quatsch nicht!
Ein kleiner Nachtrag noch: WIE enorm rücksichtlos und schäbig vor allem auf futurezone.de über diese Themen berichtet wird, kann man an diesem Artikel sehen. Der handelt von der Entdeckung einer „zweiten Erde“, was an sich schon kompletter Quatsch ist und dort wie üblich maximal unseriös und unwissenschaftlich dargestellt wird. Aber dann endet der Artikel mit folgendem Absatz:
„Doch ist diese zweite Erde nicht der einzige spannende Fund der jüngsten Vergangenheit. So wollen Forscher etwa einen neuen Mini-Mond ausgemacht haben, der in unserem Orbit seine Bahnen zieht. Darüber hinaus gehen Woche für Woche neue Meldungen über potenziell verheerende Asteroiden-Einschläge um die Welt. Damit auch du nichts verpasst, halten wir dich stets auf dem neuesten Stand.“
Pfui! Da wird das Interesse der Menschen an wissenschaftlichen Entdeckungen AKTIV ausgenutzt um ihnen Angst einzujagen und damit weitere Klicks zu sammeln. Noch schäbiger geht es fast gar nicht…
Mehr schlechte Schlagzeilen gibt es hier.
Angesichts eines Doppelbrockens im Anflug konnte anscheinend soeben noch die Schlagzeile ‚Der Osterhase kommt heuer mit ganz dicken Eiern‘ vermieden werden…
Imho besonders perfide, wenn unter solch einem maximal-alarmistisch aufgemachten NullinhaltArtikel ein klassisch realitätsfernes Kindergarten-‚Der war das!‚ auftaucht:
Der Mond wird demnächst extrem nah an der Erde vorbeifliegen.
Jetzt lasst den Jungs von der Boulevardpresse doch ihren Spaß. Wann war der letzte Weltuntergang? War das nicht die Nummer mit dem Majakalender? Oder kamen danach noch welche, die ich verpasst habe? Ist zwar genauso schwachsinning, aber solche Meldungen sind immer noch unterhaltsamer, als dass Paris Hilton für 750$ beim Frisör war und ihre Twitter-Follower völlig austicken, weil sie jetzt 2cm kürzere Haare hat. Oder dass es alleine in Deutschland demnächst 200 Millionen Coronatote geben wird.
Ich fände es gut, wenn es monatlich so eine Asteroiden-Doomsday-Meldung gäbe. Da würden die Leute allmählich abstumpfen, wie bei einer Hyposensibilisierung, und irgendwann würde sich niemand mehr dafür interessieren. Bei den wirklich schlimmen Meldungen wie z.B. derzeit aus Griechenland funktioniert das auch (Sorry für den Sarkasmus, aber es ist leider so). Von der Boulevardpresse eine belastbare Recherche zu verlagen ist etwa so aussichtsreich, wie einen Kreationisten von der Evolutionstheorie zu überzeugen.
Bei schlechten Schlagzeilen dieser Art bekomme ich so oder so schlechte Laune. Zum Glück kaufe ich mir diese Zeitungen nicht. Aber man schaut so im vorbeigehen manchmal auf die Titelseiten. Beispielsweise beim Tabak Kauf im Kiosk.
@ schlappohr:
Nö, da waren zwischendurch noch andere:
https://verschwoerungstheorien.fandom.com/de/wiki/Liste_der_Weltunterg%C3%A4nge
Omg… stellt euch mal vor, die Welt wäre untergegangen und ich hätte nichts davon gewusst. Das hätte ich mir nie verzeihen können.
Oh. Dahin sind die jetzt umgezogen. 🙂
Wir sollten die Erde verlassen! So schnell wie möglich! Hier ist es viel zu gefährlich.
Dieses Jahr ist aber auch ein Jahr, in dem viele Objekte nicht nur die Bahn kreuzen (das tun sie fast alle fast jedes Jahr), sondern die dieses Jahr auf einer erstaunlich nahen und parallelen Bahn zur Erde gehen.
Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeit und Massenkräfte der Objekte kommen so viele Objekte nicht jedes Jahr, wie dieses, auf so einer besonderen Bahn der Erde nahe un dverlaufen auffällig parallel zur Erde.
Interessanterweise geschieht das in der Regel erstaunlich verlässlich zu Weihnachten in den jeweiligen Jahren. Warum ist das eigendlich so?
Jedenfalls habe ich das in einem der im Internt verfügbaren Simmulationen für die „near earth objects“ so gesehen.
Astronomischer Streifschuss. Kauft Nudeln und Klopapier und bereitet euch auf das Ende vor, denn ein 3.474 km großer Himmelskörper rast auf die Erde zu. Er wird uns nur ganz knapp mit 384.400 km Abstand verfehlen. Bei diesem Abstand wird er alle 6 Stunden verheerende Flutwellen an unseren Küsten auslösen.
Dieser Himmelskörper wird das zweithellste Objekt nach der Sonne sein und den Nachthimmel erleuchten.
Wissenschaftler haben dem Objekt den Namen „Mond“ gegeben.
René: „nur ganz knapp mit 384.400 km Abstand“
Unglaublich, wie das hier verharmlost wird! Dieser mysteriöse Himmelskörper kommt immer näher und ist momentan schon weniger als 350000 km von der Erdoberfläche entfernt! Deshalb gehe ich jetzt unverzüglich für 14 Tage in häusliche Quadratur. 😉
Ich möchte mich als eine von denen outen der derartige Schlagzeilen -bei allem Verstand- hier und da etwas Angst machen. (nicht jeder verfügt über eine stabile Psyche!) Umso besser dass es hier einen Ort gibt zu dem ich kommen kann und an dem ich mit wissenschaftlichen Fakten versorgt werde. Danke dafür!
Schließe mich Danni an, danke.
Wat?
#5 „Dani
Langenzenn
5. April 2020
Ich möchte mich als eine… “
#6 „Dani2
Langenzmann
17. April 2020
Schließe mich Danni an, danke.“
Ich hab Schizophrenie, keine Leidenschaft ist wie die…
Auf die Erde zurasende Asteroiden sind ja das regelmäßig wiederkehrende Thema in der Reihe „Schlechte Schlagzeilen“.
Aber auch mit dem Zeugs, das wirklich schon hier unten angekommen ist, haben die Medien so ihre Probleme – bis hin zu Welt, FAZ und sogar der Tagesschau:
Deren Schlagzeilen nach ist jetzt angeblich der größte Meteorit Deutschlands in Blaubeuren identifiziert worden (nachdem er 31 Jahre lang inkognito in einem Garten verweilte).
Wenigstens erfährt man beim weiteren Lesen, dass ein Kundiger vom DLR denselben als größten Steinmeteoriten Deutschlands bezeichnet hat. Auf die Idee, dass es auch Meteoriten aus anderen Materialien geben könnte, scheinen die Redakteure aber nicht gekommen zu sein.
So sind z.B. laut Wikipedia einige in D gefundene Eisenmeteorite doppelt bis dreifach so schwer wie das Blaubeurener Exemplar mit seinen knapp 31 kg Gewicht; ganz ganz zu schweigen von einem um 1805 bei Bitburg gefundenen Eisenmeteoriten, der ganze 1,5 Tonnen wog. (Der wurde damals leider zum größten Teil eingeschmolzen, und heute gibt es nur noch einige Fragmente davon im Urzustand).