Der Februar ist zwar immer der kürzeste Monat (auch wenn er in diesem Jahr einen Tag länger ist als üblich); so wenig wie in dieser Ausgabe meiner monatlichen Buchbesprechungen habe ich allerdings schon lange nicht mehr zu besprechen gehabt. Ich weiß auch nicht genau woran das liegt; ich habe nicht das Gefühl weniger gelesen zu haben als sonst. Aber ich habe viele Bücher nur zum Teil gelesen; Bücher die dann irgendwann in einer späteren Besprechung auftauchen werden wenn ich damit fertig bin. Wahrscheinlich ist das der Grund, aber so oder so: Das dürftige Ergebnis der Lektüre im Februar stelle ich euch natürlich trotzdem vor.
„Geheimnisse“ aus Baden
Anfang des Jahres bin ich nach 15 Jahren in Thüringen ja wieder zurück nach Österreich gezogen. Und immer wenn ich mich längere Zeit an einem Ort aufhalte oder plane das zu tun, versuche ich auch mich über die Geschichte dieses Ortes zu informieren. Und da ich über meinen aktuellen Wohnort Baden bei Wien noch recht wenig weiß, wollte ich das ändern.
Ich habe mir dazu das Buch „Stadtgeheimnisse Baden bei Wien: Geschichten hinter der Geschichte“ von Gabriele Hasmann besorgt. Und war ein wenig enttäuscht. Ich habe absolut nichts gegen lockere Lektüre und noch weniger gegen absurde und lustige Anekdoten. Aber ein bisschen Substanz hätte ich auch gerne und die hat mir in diesem Buch gefehlt. Mehr oder weniger wahllos werden hier Geschichten aus der Vergangenheit der Stadt erzählt. Von berühmten Kurgästen, von den Besuchen der Habsburgerfamilie, von mittelalterlichen Morden, und so weiter. Aber wen man genau ist, dann werden die Geschichten nicht erzählt – viel mehr weist einen die Autorin auf die Existenz dieser Geschichten hin. Kaum ein Thema wird mehr als eine Seite lang behandelt; gerade wenn man angefangen hat etwas interessant zu finden ist schon wieder etwas ganz anderes an der Reihe. Ich hab mir natürlich keine komplette historische Abhandlung der Stadtgeschichte versprochen – aber diese Anekdotensammlung hat mich insgesamt eher unbefriedigt zurück gelassen als informiert. Ich weiß nun zwar, dass es offensichtlich jede Menge über die Vergangenheit meiner neuen Heimatstadt zu erzählen gibt – bin aber immer noch auf der Suche nach einem Buch in dem es mir auch vernünftig und strukturiert erzählt wird. Sollte jemand zufällig Ahnung über den Stand der Literatur in Sachen niederösterreichischer Geschichte haben, bin ich für alle Buchtipps dankbar!
Der Teufel und der Brexit
Sehr gefreut habe ich mich, vor kurzem zwei weitere Werke aus der „Clovenhoof“-Reihe von Heide Goody und Iain Grant gefunden zu haben. Und ich war ein wenig betrübt als ich sie zu Ende gelesen hatte. Denn genau um die Art von Buch handelt es sich: Die leider viel zu seltenen Werke bei denen man sich jedesmal aufs Neue freut wenn man die Zeit findet darin zu lesen; die Bücher wo man sich den ganzen Tag über ein paar Minuten hier und ein paar Minuten dort stielt um weiter lesen zu können und wo man dem Schwinden der Seiten mit immer größer werdenden Erschrecken zusieht bis das Buch irgendwann endgültig zu Ende ist und man unsanft aus der im Kopf entstandenen Welt geworfen wird. Von den früheren Bänden der Serie habe ich früher schon berichtet; die neuen (obwohl sie so neu auch nicht sind; ich habe nur irgendwie ihr Erscheinen verpasst) Titel lauten „Holymoly“ und „Clovenhoof’s Diary“.
Die Ausgangslage nochmal kurz zusammengefasst: Die Bürokratie des Himmels ist unzufrieden mit der Art und Weise wie Satan die Hölle organisiert. Also wird er einfach rausgeworfen und muss sich fortan auf der Erde durchschlagen. Und zwar in Birmingham oder genauer gesagt in Sutton Coldfield, einer zu Birmingham gehörenden Kleinstadt. Der Teufel – jetzt als „Jeremy Clovenhoof“ bekannt – ist allerdings kein Dämon, Verbrecher oder Bösewicht. Sondern ein eigentlich ziemlich charmanter, chaotischer Tunichtgut der zwar ständig ohne Rücksicht auf Verluste das Leben der anderen durcheinander bringt – dem man aber irgendwie doch nicht böse sein kann. Das gilt für alle Figuren in der Serie: Goody und Grant haben sie allesamt so zugänglich und nahbar gestaltet, dass man sich wirklich wünscht, man könnte im echten Leben mit ihnen befreundet sein. Was natürlich nicht für die jeweiligen Gegenspieler der einzelnen Bücher gilt; die sind ebenso gut charakterisierte und gerade im richtigen Maß überzeichnete Mega-Arschlöcher. Zum Umfeld von Clovenhoof gehören seine Freunde Ben (ein liebenswerter leicht verpeilter Nerd) und Nerys (ein Klische von einer Frau, aber auf eine Art und Weise die man nicht anders als sympathisch finden kann). Aber auch der Erzengel Michael (immer präpotent, immer leicht versnobt) der im Laufe der Serie ebenfalls auf die Erde verbannt wird. Es gibt einen Haufen irrer Mönche auf einer einsamen Insel die sich mit Dämonen aus der Hölle anfreunden; es gibt ein himmlisches „SWAT-Team“ bestehend aus Jeanne d’Arc, Franz von Assisi und der Gottesmutter (kettenrauchende Hippie-Globalisierungsgegnerin), und und und.
Im ersten der beiden „neuen“ Bücher muss Stephen, einer der absurden Mönche, seinen besten Dämonefreund retten der von seltsamen Satanisten beschworen und gefangen wurde. Was er mit Hilfe seiner alten Jugendfreunde auch tut – und dabei wunderbar überzeichnet demonstriert wird was passieren würde wenn all die „Früher war alles besser/Heute hat niemand mehr ordentliche Werte“-Menschen ihren Willen bekommen würden. Wirklich großartig ist „Clovenhoof’s Diary“, das Goody und Grant ursprünglich in 12 monatlich erscheinenden Teilen publiziert haben und in dem die Zeit zwischen September 2018 und August 2019 abgedeckt wird. Selbstverständlich ist der Brexit ein Thema; so wie einige andere (obwohl es da ja kaum noch was gab) Vorgänge der britischen Politik aus dieser Zeit. Die muss man aber nicht unbedingt kennen um das Buch unterhaltsam zu finden. Vor allem weil Clovenhoof und seine Freunde sowieso mit einem eigenen Brexit beschäftigt sind; der Abspaötung von Sutton Coldfield von Birmingham.
Die Bücher sind – wie immer – enorm unterhaltsam und voller sympathischem Witz. Was nicht heißt, dass da nicht auch ernste Themen angegangen werden; das aber eben auf unerste Weise (falls man das so ausdrücken kann). Wie schnell aus „Wir wollen selbst bestimmen was wir tun“ eine faschistische Gesellschaft werden kann ist etwas, das alle Beteiligten (sowohl die Protagonisten als auch die Autoren und die Leserschaft) das ganze Buch über beschäftigt. Und in der echten Welt gibt es leider keine Guerilla-Armee aus Teufel, Engeln, Cosplayern, Shakespeare-Afficionados und frustrierten Teenagern die der Unterdrückung ein Ende bereiten…
Ich weiß, dass ich es nicht mal annähernd geschafft habe, den Witz und den Charme der Clovenhoof-Bücher zu vermitteln. Aber ich kann euch zumindest nahelegen, die Bücher zu lesen. Es lohnt sich!
Und das war es auch schon wieder für den Februar. Ich gelobe Besserung und mehr Buchempfehlungen für den März! Bis dann!
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evtl. hat das polit-drama ja mit deinem wegzug zu tun. ich bin sicher, dass sich da verbindungen finden lassen…
ich fürchte – du bist es schuld 😉
und für alle anderen: [/witz]
Die Clovenhoof Reihe von Goody und Grant ist wirklich grandios!
Kann auch die Oddjobs Reihe sehr empfehlen, geht darum, wie die unvermeidliche Eldritch Apokalypse von einer geheimen Regierungsorganisation verwaltet wird. Im typischen Goody / Grant Stil natürlich…
@rekhyt: Oddjobs hab ich auch schon rezensiert – ist sehr gut!
@rekhyt:
Was ist eine „Eldritch Apokalypse“?
@Florian Ah, stimmt ja.
Das Ende vom 2. Teil fand ich meh, aber wie es in Teil 3 und 4 aufgenommen wurde, war sehr gut. Teil 5 kommt leider erst nächstes Jahr.