Am 1. Januar 2019 habe ich ein neues Projekt begonnen. Seit 2015 habe ich einen Account auf Instagram besessen. Also die Social-Media-Plattform die angeblich nur für Selfies, Beauty- und Lifestylecontent gut ist. Dort wo sich „Influencer“ tummeln die mehr oder weniger offen irgendwelche komischen Produkte bewerben. Und so weiter. Aber meiner Erfahrung nach entsprechen solche Plattformen selten den gängigen Klischees. Auf Twitter oder Facebook kann man zum Beispiel auch jede Menge Quatsch sehen. Aber auch durchaus interessante und relevante Inhalte, gerade auch was die Wissenschaft angeht. Warum sollte das bei Instagram anders sein? Und vor allem: Instagram ist momentan nun mal das Medium, das von einer gewissen (jungen) Zielgruppe vorangig (und zum Teil exklusiv) benutzt wird. Und damit etwas, was ich in meinem Job als Wissensvermittler nicht ignorieren kann. Wenn ich Menschen erzählen will, wie cool, spannend und wichtig die Wissenschaft ist, dann muss ich das dort tun, wo diese Menschen sind. Eben auch bei Instagram.

Also habe ich mich entschieden meinen Instagram-Account nicht mehr nur wie bisher dazu zu nutzen, ziemlich wahllose Sammlungen an Fotos meiner diversen Reisen, Auftritte und anderer Aktivitäten zu posten. Sondern ein echtes Konzept zu entwickeln wie man dort Wissenschaft vermitteln kann. Was mich vor ein kleines Problem gestellt hat: Instagram ist ein Medium das fast nur visuell arbeitet. Bilder sind alles und Text spielt kaum eine Rolle. Ich bin visuell aber eher unbegabt und es ist kein Zufall, dass sich meine Arbeit bis dahin so gut wie nur auf Texte (bzw. gesprochenen Text in meinen Podcasts) beschränkt hat. Ich bin nicht gut darin zu fotografieren und zeichnen kann ich auch nicht. Zuerst dachte ich, ich sammle einfach ein paar interessante Fakten über die Astronomie und bebildere die dann mit frei verfügbaren Fotos und Diagrammen aus dem Internet. Aber das erschien mir dann irgendwie wenig originell. Und an meiner Wand hing schon seit langem eine nette Kreidetafel mit der ich bis jetzt nicht viel anzufangen wusste. Wenn schon malen, dann mit Kreide auf einer Tafel, hab ich mir gedacht. Denn das ist vermutlich von allem Möglichkeiten diejenige, bei der mein fehlendes zeichnerisches Talent am wenigsten auffällt. Und außerdem kann ich die Bilder ja nachträglich noch mit ein wenig grafischem Text „verbessern“.

Und bevor ich zu lange darüber nachdenke was ich tue, fang ich einfach an, hab ich mir gedacht. Denn wenn ich einmal anfange, dann kann ich auch nicht mehr aufhören. Auf jeden Fall dann nicht, wenn ich das Projekt „Astronomie in 365 Tagen“ nenne – was ich getan habe. Ich habe am 1. Januar versprochen jeden Tag des Jahres eine astronomische Information mit einem passenden Bild zu veröffentlichen so dass man am Ende des Jahres einen halbwegs brauchbaren Überblick über die Astronomie hat. Also musste ich dass dann auch tun…

Es war keine leichte Aufgabe. Man unterschätzt oft, wie viel Arbeit ein täglich zu befüllendes Medium macht. Anfangs hab ich die Bilder tatsächlich „live“ jeden Tag gemalt; zwischendurch wenn ich gerade Zeit hatte. Aber ich bin sehr oft unterwegs; ich habe jede Menge andere Arbeit und ziemlich bald musste ich dazu übergehen, die Bilder auf Vorrat zu malen und die Zeit dafür entsprechend einplanen und irgendwo in meinen eh schon gut gefüllten Arbeitstagen unterbringen. Typischerweise habe ich in Wochenblöcken gearbeitet, also immer gleich Bilder für ein oder zwei Wochen am Stück produziert. Das hat mich dann einen halben bis einen ganzen Tag beschäftigt. Zuerst musste ich ein passendes Thema finden, dann die Kurztexte dazu schreiben und mir überlegen wie ich das grafisch darstelle. Dann alles zeichnen, fotografieren und am Computer nachbearbeiten und mit dem Text ergänzen. Dann das ganze mit den entsprechenden Tools bei Instragram so einstellen, dass alles zum richtigen Zeitpunkt veröffentlicht wird; mit einem weiteren Text (und den unerlässlischen Hashtags dazu) als Bildunterschrift. Parallel gab es auch zu jedem Bild einen Eintrag hier im Blog (mehr dazu später). Das ist schon einiges an Arbeit – und das war noch bevor mir eingefallen ist, dass Instagram ja auch noch eine zweite wichtige Komponente hat.

Neben den Bildern die man dort posten kann gibt es ja auch noch die „Stories“. Also quasi (animierte) Bilderserien bzw. Serien von Kurzvideos. Viele Nutzerinnen und Nutzer konsumieren nur diese Stories; andere schauen sich nur die Bilder an (und die meisten machen mal dies und mal jenes). So oder so: Wenn ich möglichst viele Menschen erreichen will, muss ich mich auch um die Stories kümmern. Also habe ich jede Woche auch noch eine Story veröffentlicht und die Inhalte der vergangenen sieben Tage in Kurzvideos zusammengefasst.

Es war viel Arbeit – aber ich habe bis zum Ende durchgehalten. Es hat sich gelohnt. Nicht nur habe ich viel über ein neues Medium gelernt. Sondern auch viele neue Menschen erreicht. Als ich das Projekt am 1. Januar 2019 gestartet habe, hatte ich auf Instagram circa 1200 Follower. Am 1. Januar 2020 waren es über 5500. Das ist natürlich immer noch weit entfernt von den Followerzahlen die „echte“ Influencer haben. Aber es war ja sowieso nie mein Ziel zu so einem „Influencer“ zu werden (ein ziemlich dämliches Wort übrigens, wie ich finde). Astronomische Inhalte werden leider nie massentauglich sein. Aber ich auch wenn ich nur ein paar tausend neue Leute für meine Arbeit gewinnen konnte, sind es doch ein paar tausend mehr als vorher! Und genau darauf kommt es an; es wäre auch schon ein Erfolg gewesen, wenn am Ende nur ein paar Dutzend Menschen von der Wissenschaft begeistert gewesen wären die das zuvor nicht waren!

Ich selbst habe auch einiges gelernt. Zum Beispiel mir nicht nur Gedanken darüber zu machen, wie man wissenschaftliche Informationen möglichst knapp aber trotzdem noch verständlich formuliert. Sondern auch, wie man sie in Verbindung mit grafischen Elementen präsentieren kann. Ich habe gelernt, dass es zwar – auf Instagram – wichtig ist die Stories nicht zu ignorieren. Aber dass man sich sehr viel mehr Mühe geben muss als ich es getan habe, wenn man dieses Medium richtig nutzen will. Ich habe mich halt einfach nur vor die Kamera gestellt und geredet. Aber zu Instagram-Stories gehört mehr als nur das; ich habe kaum eines der Features genutzt die zur Interaktion mit der Zielgruppe dienen. Einerseits, weil ich mich damit noch nicht so gut auskenne wie es nötig ist. Andererseits weil mir die Zeit gefällt hat und ich froh war, mit den täglichen Bildern klar zu kommen.

Apropos Interaktion: Ein Grund warum ich die Bilder parallel auch hier im Blog veröffentlicht habe war die Idee, dass es sich hier leichter diskutieren lässt als auf Instagram. Wer Fragen zu den Inhalten hat, so mein Gedanke, kann in mein Blog kommen und dort in Ruhe mit mir und all den anderen Stammleserinnen und -lesern plaudern. Aber dabei habe ich wieder einmal unterschätzt, wie wenig durchlässig die Grenzen zwischen den Medien sind. Wer mein Blog liest, liest mein Blog – und ist nicht auf Instagram. Wer auf Instagram ist, liest nicht in meinem Blog. Ich habe das gleiche Phänomen schon beim Publikum meiner Podcasts, meiner Bücher, meiner Zeitungsartikel usw bemerkt. Natürlich gibt es Menschen, die mehrere oder alle meine Kanäle frequentieren. Aber sehr viele tun das nicht. Und die gehen eben nicht von Instagram weg um über Instagram-Inhalte zu diskutieren (was irgendwie auch logisch ist und ich mir auch früher denken hätte können).

Aus meiner Sicht war „Astronomie in 365 Tagen“ ein Erfolg. Auch Instagram lässt sich nutzen, um Wissenschaft zu vermitteln (was aber sinnvollerweise sowieso nie bezweifelt werden konnte). Ich habe – wie zuvor mit meinen Blogs, Zeitungsartikel, Büchern, Podcasts und anderen Projekten, neue interessante Menschen kennengelernt. Das Projekt wurde nicht nur von der Zielgruppe die ich eigentlich im Sinne hatte wahrgenommen sondern auch von Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaftskommunikation (siehe zum Beispiel dieses Interview). Nun sind die 365 Tage vorbei und es stellt sich die Frage: Was nun? Ich fände es unfair, die im Laufe des Jahrs dazugekommen Follower nun einfach sitzen zu lassen. Ich schaffe es aber auch kein zweites Jahr jeden Tag ein neues Bild zu zeichnen. Zumindest nicht 2020; für die Zukunft will ich das nicht ausschließen. Aber es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten. Die Stories, von denen ich vorhin geschrieben habe zum Beispiel – vielleicht werde ich mich 2020 auf diesen Aspekt konzentrieren und versuchen, das ordentlich zu machen und das volle Potential an Interaktionsmöglichkeiten zu nutzen das Instagram vorgesehen hat. Vielleicht werde ich auch auf andere Art über Astronomie informieren, nur eben nicht mehr in der täglichen Regelmäßigkeit wie bisher.

Ich frage natürlich auch hier die Leserschaft: Was denkt ihr? (Und mir ist bewusst, dass ich ein paar Absätze weiter oben gerade erst von der Trennung der Zielgruppe zwischen Blog und Instagram geschrieben habe, aber trotzdem!) Vielleicht ist ja auch der eine oder die andere dabei, die mir gute Tools, Tutorials, Techniken uä empfehlen kann? Ich bin für jede Hilfe dankbar. Es gab auch viele Vorschläge, die Bilder anders weiter zu nutzen; als Buch, als Abreißkalender, und so weiter. Das sind interessante Idee, bei denen ich aber derzeit nicht weiß wie und ob ich sie praktisch (und finanziell) umsetzen kann. Aber wenn jemand hier entsprechende Ideen und Ambitionen hat: Ich habe von Anfang an alle Bilder (in der bearbeiteten und der Rohversion) mit den zugehörigen Texten freigegeben für alle die damit etwas Sinnvolles anstellen wollen. Das gilt immer noch und die nötigen Daten findet ihr hier.

Ansonsten verabschiede mich mich hier mit einem kompletten Rückblick auf das Projekt. Es folgen 365 Links zu den 365 Blogartikeln des Projekts und danach nochmal alle 365 Bilder hintereinander!













































































































































































































































































































































































12 Gedanken zu „Astronomie in 365 Tagen: Rückblick auf ein Jahr Wissenschaftskommunikation auf Instagram“
  1. Hallo Florian,
    vielen Dank für dein Durchhaltevermögen und deine Geduld. Super Arbeit! Auch wenn ich es nicht schaffte mir alles anzusehen, gab es doch wieder etliche erleuchtende Momente. Somit auch vielen Dank für diese Zusammenfassung, das macht die Suche doch wesentlich einfacher.
    Weiter so, viel Erfolg und vor allem viel Spaß!
    (Mich würde interessieren, welche Tools du verwendetest und welche Erfahrungen du machtest.)

    Viele Grüße und alles Gute für 2020!

  2. Hallo Florian,

    vielen Dank für diese Serie, in die ich immer wieder mal reingeklickt habe. Kamen dann aber längere Phasen der Rechnerabwesenheit, war es etwas umständlich, die einzelnen Happen nachträglich einzufangen.
    Was ich toll für eine Verbreitung im Bekanntenkreis fände wäre eine Sammlung der Beiträge als PDF-Datei (oder mehrere Dateien nach Monaten bzw. Themenkomplexen getrennt). Die Informationen finde ich sehr nützlich und hilfreich, vor allem wenn der Nachwuchs demnächst in der Schule mit Astronomie beginnt. Ist eine solche Zusammenfassung der einzelnen Tage geplant (oder schon erfolgt, und ich habe es nur übersehen)?

    Alles Gute und vor allem Gesundheit für das Neue Jahr!

  3. Es war eine tolle Serie – ich habe jeden Tag gelesen, konnte oft den nächsten nicht abwarten, habe trotz meines Astronomie-Studiums viel gelernt und mich an viel erinnert, und es hat meinen Alltag ungemein bereichert. Einfach nur toll, einfach nur Hammer! Vielen, vielen Dank für die Arbeit und Mühen!

    Viele Grüße von einem Ex-Jenaer 🙂

  4. durchscrollen?

    Nicht doch, Fluffy, auf ordentlichen Rechnern mit ordentlichen browsern kann auch ctrl-Ende getippt werden für den schnellen Rücksturz.

    War eine gute Idee, Florian – und eine schöne Umsetzung.

  5. Ich fand die Serie und die Umsetzung klasse und habe zwar nicht täglich, aber so nach und nach alle Bilder und Texte angesehen, manchmal auch gleich den ganzen Schwung zu einem Thema.

    Als Kalender oder vielleicht auch Buch könnte ich mir das Ganze auch sehr gut vorstellen. Vielleicht findet sich ja ein Verlag, der Interesse hat.

  6. Ein Link zu einer zweite Seite „Und hier noch mal alle Bilder in epischer Breite von 500GByte“ hätte es auch getan. Nicht jeder hier ist mit Highend-Glasfaser und -Computer angebunden …

  7. @Orinoco

    Auf dem PC waren das heute Morgen ein Haufen Links. Auf dem Tablet werden alle Bilder geladen und dargestellt. War vermutlich nicht so geplant. Wer WordPress als Freund hat, braucht keine Feinde…

  8. Ich gratuliere zu dieser ausgezeichneten Publikation, die ich als -zumeist- stiller Leser mit ebenso großem Interesse verfolgt habe wie deine meisten Veröffentlichungen, insbesondere im Netz. Den Gedanken einer Auflage sowohl als Kalender wie auch als Buch finde ich sehr gut. Als Geschenk für meinen 8-jährigen Enkel, der schon vor einiger Zeit von mir infiziert wurde, könnte ich mir so etwas sehr gut vorstellen. Ansonsten: Mach weiter so!

  9. Ich könnte mir das super als tiptoi buch vorstellen. Dann könnte man die Bilder oder auch einzelne Elemente darin mit dem Stift antippen und bekäme das erklärt.

    Ich werde mit den Bildern sicherlich bei Gelegenheit die Sternengeschichten Tiptoi Blätter meiner Kinder bereichern.

  10. FF, das war eine FF = Fiese Falle!

    Gewollt oder nicht: Müde von der Arbeit, auf’m Handy den Artikel aufgemacht, etwas durchgescrollt, den Halbsatz „… danach noch mal alle 365 Bilder“ gelesen, sofort Browser geschlossen.

    Zu spät: 500 MB Datenvolumen weg. Und der Monat ist noch lang.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.