Die letzte Woche des Jahres ist angebrochen und da kommt, was kommen muss und was immer kommt: Ein Rückblick! Und natürlich wird es nicht der einzige Rückblick bleiben; die erste Rückschau zum Jahresende möchte ich aber der Wissenschaft widmen.

Im Jahr ist jede Menge passiert. Gut, diese Aussage ist trivial – dient aber vor allem dazu, zu illustrieren, dass es unmöglich ist einen objektiven Blick auf „das beste“ der vergangenen 12 Monate zu werfen. Aus meiner Sicht gab es vor allem zwei Ereignisse/Entdeckungen, die das Jahr 2017 ganz besonders gemacht haben.

Künstlerische Darstellung von 'Oumuamua - wie das Ding wirklich aussieht, wissen wir immer noch nicht (Bild: ESO/M. Kornmesser)
Künstlerische Darstellung von ‚Oumuamua – wie das Ding wirklich aussieht, wissen wir immer noch nicht (Bild: ESO/M. Kornmesser)

Vor allem die Entdeckung des ersten interstellaren Asteroiden! Zum ersten Mal haben wir ein Objekt hier bei uns im Sonnensystem beobachtet, dass in einem anderen Sonnensystem entstanden ist! Zum ersten Mal konnten wir konkrete Beobachtungen darüber anstellen, wie Himmelskörper bei anderen Sternen entstehen. Und wie das so ist bei ersten Malen: Es wird noch viele weitere Male geben und ich freue mich schon auf die neuen interstellaren Asteroiden, die wir in den nächsten Jahren entdecken werden!

Bis dahin ist ‚Oumuamua aber unser einziges Studienobjekt. In den paar Wochen seit seiner Entdeckung sind schon dutzende wissenschaftliche Fachartikel erschienen und es werden noch jede Menge mehr erscheinen. Genug Stoff für viele weitere Blogartikel. Denn zu lernen gibt es noch genug. Über die seltsame Form des Asteroids oder seine chaotische Vergangenheit. (Übrigens: Bei der Recherche zum Jahresrückblick habe ich auch einen Text wieder entdeckt, den ich im April dieses Jahres geschrieben habe – mit dem Titel „Gibt es interstellare Asteroiden im Sonnensystem?“. Schön, wenn sich Fragen so schnell beantworten 😉 ).

Verschmelzende Neutronensterne machen Astronominnen und Astronomen auf der ganzen Welt sehr glücklich! (Bild: NASA/Goddard Space Flight Center)
Verschmelzende Neutronensterne machen Astronominnen und Astronomen auf der ganzen Welt sehr glücklich! (Bild: NASA/Goddard Space Flight Center)

Die zweite große Entdeckung des Jahres waren natürlich die Gravitationswellen. Ja, ich weiß: Der erste Nachweis von Gravitationswellen wurde schon 2016 verkündet. Aber das, was Wissenschaftler im Oktober 2017 bekannt gegeben haben, war noch mal eine Stufe beeindruckender. Man konnte nicht nur zum wiederholten Male Gravitationswellen detektieren. Sondern gleichzeitig auch mit „normalen“ Teleskopen das Ereignis beobachten, das die Gravitationswellen ausgelöst hat. Und man übertreibt kein bisschen, wenn man das als Beginn einer neuen Ära in der Astronomie bezeichnet! Jahrtausende haben wir nur das Licht bzw. die elektromagnetische Strahlung zur Verfügung gehabt, um mehr über den Kosmos zu erfahren. Jetzt steht uns ein ganz neuer Weg offen, an ganz neue Informationen zu kommen. Und es wäre schon sehr seltsam, wenn wir mit diesem neuen Weg nicht auch völlig neue Dinge lernen. Dinge, von denen wir bis jetzt noch absolut keine Ahnung haben, dass man sie über das Universum lernen kann!

Natürlich gab es 2017 noch jede Menge andere interessante und wichtige Dinge in der Wissenschaft. Die Entdeckung der sieben Planeten von Trappist-1 zum Beispiel (und die erneute Erklärung das „erdähnlich“ nicht „so wie die Erde“ bedeutet). Oder – etwas trauriger – den von Vera Rubin, die nun definitiv nicht mehr den Nobelpreis kriegen wird, den sie für ihre Forschung zur dunklen Materie absolut verdient hätte.

Sieben fremde Welten bei TRAPPIST-1... Credit: NASA/R. Hurt/T. Pyle
Sieben fremde Welten bei TRAPPIST-1… Credit: NASA/R. Hurt/T. Pyle

Politiker haben sich 2017 noch dümmer als sonst über Wissenschaft geäußert und ich habe deswegen eine lange Serie zum Klimawandel geschrieben. Geschrieben hab ich auch ein Buch über ein geniales Arschloch und die Leserschaft dieses Blogs hat wieder einmal hervorragende Texte für den Blog-Schreibwettbewerb verfasst.

Und der Leserschaft gilt auch die letzte Frage dieses Rückblicks: Was waren eure wissenschaftlichen Highlights des Jahres 2017? Was fandet ihr in der Biologie, der Chemie, der Physik, der Geologie am interessantesten? Und in all den anderen Wissenschaften, die das Jahr über Stück für Stück unser Wissen über die Welt ein klein wenig vergrößert haben?

7 Gedanken zu „Asteroiden aus den Tiefen des Weltraums und eine neue Ära der Astronomie: Der Wissenschaftsrückblick des Jahres 2017“
  1. da sind sicher schon 2 grosse ereignisse (öffentlichwirksam) aufgeführt, vorallem, wenn man bedenkt, dass sowohl bei den Gravitationswellen als auch beim interstellaren Asteroid
    die beobachtungsdauer und möglichkeit ja doch recht kurz ist – am menschlichen Lebensalter gemessen. bzw die ‚objekte‘ gross genug waren, kleinkram geht ja – selbst wenn er häufig wäre – im rauschen unter.
    du hast ja gerade das buch: ‚das Einmaleins der Skepsis‘ verlost, wo auch die statistik genuzt wird. Viele hatten ja bei den G-wellen ein ungutes gefühl, dass kaum das instrument installiert und verbessert wurde, schon die ersten messergebnisse vorlagen.
    war das nun ein toller glückstreffer, oder ist sowas doch häufiger als angenommen, nur konnte es bisher keiner nachweisen. so war das ja schon öfters in der wissenschaft. Durch Satellitenfotos finden wir heute noch einschlagkrater und müssen auch hier etwas die statistik bemühen, dass es öfters sein kann als wir evt wollen.
    jetzt wollen wir mal schauen, was sich bei der DM entwickelt, ob im CERN das gerät ausreicht oder ob es ein holzweg (!Noch ne Lösung zu Tipp … anderes thema) bleibt und neue ansätze gefunden werden müssen – da ist wohl doch nicht alles so klar wie es erscheint. Zumindest mir nicht.
    unser Nicht-wissen scheint so gross wie unser wissen.
    und über den astronomischen tellerand geblickt – noch viel grösser. Hier sind auch die anderen Blogs bei SciensBlog ein überfliessender wissensbrunnen der jeden tag ein löffelchen wissen in mein gehirn schaufelt.
    Danke für all die guten beiträge.

  2. Für mich ist das Highlight auch das Zusammenspiel von GW Nachweis und Astronomie. Wieder mal eine Delle bei den hartnäckigen Antirelativisten. Aber auch die werden sie zu verleugnen wissen.

  3. Im Dezember erschien ein großer Artikel über die Erkenntnisse der Sonde Juno beim Jupiter in Sky & Telescope. Nicht nur die sagenhaften Aufnahmen der Junocam (die eigentlich nur als PR-Gag mitgenommen wurde) sondern gerade auch diese Erkenntnisse über die Zusammensetzung von Jupiter (er hat wohl keinen scharf definierten Kern, sondern einen allmählichen Übergang vom Mantel aus freien Elektronen und Protonen zu immer mehr Anteil von schweren Elementen zum Zentrum hin), über die Quelle des Magnetfelds (dichter unter der Oberfläche als man dachte) und den Antrieb der Konvektion (innerhalb der obersten 300 km der Atmosphäre) zählen für mich zu den Highlights des Jahres. Von Junocam stammt ja auch mein jüngstes Gravatar-Bildchen.

    Dann hat uns Cassini Nahaufnahmen der Monde Daphnis, Atlas und Pan innerhalb der Ringe geliefert und sie uns als kosmische Ravioli präsentiert. Und beendete ihre Mission mit einem furiosen Finale, bei dem sie die Ringe mehrfach innen durchflog, bevor sie in der Saturnatmosphäre verglühte.

    Und dann gab es die meistfotografierte Sonnenfinsternis aller Zeiten, quer durch die USA, die ich miterleben dürfte.

    Space-X hat Ende März zum ersten Mal eine Raketenstufe für den Oribtalflug wiederverwendet und auch wieder zur Landung gebracht. Was vor ein paar Jahren von Experten noch als unwirtschaftlich verworfen wurde, könnte eine Revolution in der Raumfahrt auslösen. Space-Xs kommende „BFR“ (Big Fucking Falcon Rocket) soll komplett wiederverwendar sein, ebenso Blue Origins New Glenn, die 2020 starten soll.

    Das wären meine Highlights für 2017.

  4. Möchte als mein Highlight des Jahres das XFEL Projekt in Hamburg erwähnen.
    Wenn LIGO und Virgo einen Meilenstein für die Erforschung des Universums setzen,
    so kennzeichnet XFEL für mich den nächste Quantensprung in der
    Erforschung des Mikrokosmos.
    Das erstemal wird man nicht nur ein ein Bild des Kleinsten erzeugen können, sondern
    einen ganzen Film darüber was zum Zeitpunkt X wirklich geschieht.
    Ahnlich wie beim CERN, zeigt das Projekt doch auch,
    welchen Aufwand wir betreiben müssen um das absolut Kleine zu erforschen.
    Auch hier werden wohl in der nächsten Zeit jede Menge neue Erkenntnisse
    und Entwicklungen zu erwarten sein. Ob dies nun die Medizin oder die
    Entwicklung neuer Materialien betrifft.

    https://www.xfel.eu/anlage/ueberblick/index_ger.html
    https://winweb.desy.de/pr/Virtueller_Rundgang/xfel/index.html

  5. @Mars:

    Viele hatten ja bei den G-wellen ein ungutes gefühl, dass kaum das instrument installiert und verbessert wurde, schon die ersten messergebnisse vorlagen.
    war das nun ein toller glückstreffer, oder ist sowas doch häufiger als angenommen, nur konnte es bisher keiner nachweisen.

    Gravitationswellen wurden jetzt schon öfter nachgewiesen, unter anderem von verschiedenen unabhängigen Detektoren (VIRGO und LIGO) und gleichzeitig im EM-Spektrum. Du kannst also jegliche Zweifel getrost begraben.

    Was die Häufigkeit angeht: Die Abschätzungen zur Häufigkeit gingen bei Entdeckung des ersten Ereignisses so weit auseinander, dass praktisch jede Häufigkeit vertreten war. „Häufiger als angenommen“ kann man also so eigentlich nicht sagen.

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