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Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn*

von Stefan Sylla

Ich arbeite derzeit als Dozent für Geographie/Geoinformatik an der Universität in Chiang Mai im Norden Thailands. Verschiedene Erfahrungen in den letzten Jahren, v.a. auch mehrere Jahre in der technischen Entwicklungs-Zusammenarbeit in Laos haben mich an den Punkt gebracht, wo ich hinterfragen muss, was ich selber tue. Darüber geht es ein wenig in diesem Blog-Beitrag, es ist aber auch mein Forschungsthema.

Technik macht Spaß, ist interessant und kann uns in vielen Details unseres Arbeitsalltages, im Leben generell und v.a. in der Wissenschaft behilflich sein. Wir haben heute einen Grad der technischen Entwicklung erreicht, indem sie für uns fast nicht mehr wegdenkbar ist. Aber was ist Technik eigentlich? Ist sie wirklich einfach nur ein Hilfsmittel, oder steckt da noch mehr dahinter? Wenn ich heute in Bangkok trotz vollem Waggon einsam in der U-Bahn sitze und der einzige zu sein scheint, der nicht gebückten Hauptes seine Finger auf einer leuchtenden Glasplatte hin- und herfährt und all seine Aufmerksamkeit in Parallel-Universen sozialer Verflechtungen investiert, muss ich davon ausgehen, dass hier gerade etwas größeres mit der Menschheit passiert. Was ist hier los? Und was hat das Ganze mit Fernrohren zu tun? Viel Spass beim Lesen!

Als 14 Jähriger schaute ich zum ersten Mal durch ein Teleskop. Mein Vater hatte es gekauft, Sonderangebot im Aldi aus dem Nachbarort. So hielt ich zum ersten Mal ein Okular in meinen Händen und musste herausfinden, wie ich es in das Spiegelteleskop einsetze. Keine einfache Angelegenheit, zumal es sich um ein billig-Teleskop mit magerer Anleitung in schlechtem deutsch handelte. Nichts desto trotz, irgendwann fand ich heraus, wie das Zielfernrohr zu benutzen ist und ich bekam ein mehr oder weniger klares Bild vor die Linse. Mein Herz schlug höher, als ich, nach längerem hin- und her-fokussieren und immer wieder neu-Ausrichten auf dem wackeligen Dreigestell, plötzlich den Mond klar und scharf durch das Teleskop hindurch sah. Was ich bisher nur aus Astronomie-Büchern und Weltraumfilmen kannte, war plötzlich in „echt“ vor meinen Augen. Noch nie fühlte ich mich dem Mond so nahe wie in diesem Moment. Ich sah die Schatten, die die Gipfelzüge der Krater in ihre Täler warfen. Und ich konnte ganz klar den Übergang von der beleuchteten zu der verborgenen dunklen Seite des Halbmondes erkennen. Es war der Blick in eine andere Welt.

Ein Halbmond mit seinen Kratern und den Übergängen in den Schattenbereich (rechts), wie man ihn mit einem guten Teleskop beobachten könnte  (Urheber: Torsten Edelmann, Creative Commons Lizenz)
Ein Halbmond mit seinen Kratern und den Übergängen in den Schattenbereich (rechts), wie man ihn mit einem guten Teleskop beobachten könnte (Urheber: Torsten Edelmann, Creative Commons Lizenz)

Und das meine ich nicht bildlich, sondern ganz real: In dem Moment, als ich den Mond fokussiert durch das Teleskop erkannte, sah ich einen Mond, den ich vorher noch nie gesehen hatte, den ich noch nicht kannte. Es war nicht der Mond, den ich aus zahlreichen Sommernächten, in unserem Garten auf dem Rücken liegend über mir leuchten sah. Diese runde Scheibe, die in kalten Winternächten alles in einem kristall-silbrigen Glanz erscheinen lässt, im Herbst eigenartig fahl und kalt den Nachthimmel durchfährt, oder einfach nach einem langen Sommertag den Abend am Horizont uralt rötlich herbeiruft. Nicht der Mond, der in so vielen Gedichten und Romanen poetisch die sonderbarsten Stimmungen hervorzurufen weiss. Nicht der Mond, der unserem Leben einen Rhythmus bringt, in dem er seine monatlichen Zyklen durchläuft.

Wenn der Mond am Himmel steht... Für uns Erdlinge erscheint der Mond verwoben mit dem Leben hier auf der Erde. Urheber: Eigene Aufnahme
Wenn der Mond am Himmel steht… Für uns Erdlinge erscheint der Mond verwoben mit dem Leben hier auf der Erde. Urheber: Eigene Aufnahme

Was ich durch das Teleskop sah war jetzt ganz klar als ein physisches Objekt am Himmel erkennbar. Sein von Kratern durchsätes Relief, die Grenze zwischen beleuchteter und schattiger Oberfläche und die anderen Details, die durch das Teleskop erkennbar wurden liessen keinen Zweifel daran, dass der Mond nicht einfach eine leuchtende Kugel ist, die da am nächtlichen Himmel mystisch ihre Bahnen zieht, sondern ein physischer Körper im Weltraum.

Meine Frage ist nun: war dieser „Blick“ durch das Teleskop nun eine Hilfe, meine Perspektive auf die Welt und das Weltall zu erweitern? Oder hatte sich in dem Moment, als ich mithilfe des Teleskops einen ganz neuen Mond entdeckte, auch mein Denken, mein „Weltbild“ verändert?

Ich mache hier jetzt einen kleinen Sprung und verallgemeinere das Beispiel Teleskop zur Technik insgesamt:

Ersteres, also die „Erweiterung“ unseres Blickes durch technische Errungenschaften ist wohl die derzeit gängigste Meinung. Durch die moderne Technik ist der Mensch aus seiner Abhängigkeit von der Natur hin zu mehr Freiheit und Unabhängigkeit gelangt. Der Glaube, dass wir durch eine immer weiter fortschreitende technische Entwicklung unser aller Leben immer besser, komfortabler und unabhängiger von den Launen der Natur gestalten und das tun können, was wir eigentlich wollen, ist vorherrschend, scheint das Pradigma unseres Zeitalters zu sein.

Zweiteres: Der Gedanke, dass Technik nicht einfach nur eine Erweiterung, eine helfende Unterstützung für unser tägliches Leben darstellt, sondern ganz grundlegend unseren Blick, und damit unser Verhältnis zu der uns umgebenden Realität verändert, ist nicht neu, wird aber nur wenig diskutiert und findet in Entscheidungen, ob und wie wir Technik heute einsetzen wenig bis gar keine Betrachtung.

Ist das denn so wichtig?

Es ist jetzt schon fast 10 Jahre her, dass ich in meinem Studium während der Vorbereitung für ein kulturanthropologisches Seminar ein Buch von Marshall McLuhan in den Händen hielt, worüber ich einen Kurzvortrag halten wollte. In dem Buch ging es um den berühmten Satz, den McLuhan in den 1960ern geprägt hatte: „The Medium is the Message“ („Das Medium ist die Botschaft“). Kurz gefasst: McLuhan stellte die These auf, dass es weniger darauf ankommt, was für eine Botschaft wir über ein bestimmtes „Medium“ erhalten (z.B. die Nachrichten im Radio, die Tagesschau im Fernsehen oder das reflektierte Bild des Mondes im Spiegelteleskop), sondern dass die eigentlich wichtige Bedeutung die des Mediums, also das Radio, der Fernseher oder das Teleskop selber ist, welches die Botschaft übermittelt. Z.B. kann man sich das relativ einfach vorstellen, dass es einen großen Unterschied macht, ob man sich ein Fussballspiel im Radio anhört oder im Fernsehen anschaut. Die Botschaft bzw. das, worüber berichtet wird ist im Prinzip dasselbe, aber das Radio gibt dem Fussballspiel eine andere Note als der Fernseher. Worin besteht dieser Unterschied? Ist es lediglich die Tatsache, dass das Eine rein akkustisch, das Andere eine Kombination aus visueller und hörbarer Information ist? Oder schwingt, wie McLuhan argumentiert, in dem verwendeten technischen Apparat doch noch eine zusätzliche, unterschwellige Botschaft mit, die auf einer tieferen Ebene nachhaltig unser Denken und unsere Wahrnehmung der Realität beeinflusst? Wirkt die von elektromagnetischen Impulsen bewegte Membran der Radiolautsprecher anders auf uns als die gewaltige Lichtbild-Komposition, die der Fernseher mit 25 Bildern pro Sekunde auf unsere Augen projiziert?

Das Buch "Understanding Media" von Marshall McLuhan, in dem er den berühmten Satz "The Medium is the Message" zum ersten Mal ausformulierte (Urheber: McGraw-Hill
Das Buch „Understanding Media“ von Marshall McLuhan, in dem er den berühmten Satz „The Medium is the Message“ zum ersten Mal ausformulierte (Urheber: McGraw-Hill

Wieder ein paar Jahre später hatte ich eine weitere Begegnung ähnlicher Art. Dieses Mal allerdings aus einer Zeit, in der die Wissenschaft und Technik, so wie wir sie heute kennen noch in ihren Kinderschuhen steckte: J. W. von Goethe. Im Zusammenhang mit seinen naturwissenschaftlichen Forschungen, v.a. seiner Farbenlehre übte er scharfe Kritik an Sir Isaac Newton, dem Entdecker der Gravitationsgesetze, Grundsteinleger für die klassische Mechanik, der Optik uvm. Wie konnte es möglich sein, dass einer der prominentesten, hochgeschätztesten Schriftsteller und Dichter Deutschlands den wohl berühmtesten Wissenschaftler der Neuzeit, den Vater der modernen Naturwissenschaften und Technik polemisch-vernichtend in Grund und Boden kritisierte? Die Frage, ob Newton falsch liegen könnte klingt völlig absurd. Die Physik, so wie wir sie in der Schule gelernt haben, Gravitationsgesetze, Optik, das Prisma und die Farben, mein Fotoapparat, mit dem ich meinen letzten Urlaub dokumentiert habe, und nicht zuletzt die Smartphones, die uns bald schon 24 Stunden am Tag begleiten: so viele Bereiche unseres Lebens sind heute direkt und indirekt von Newtonschem Denken durchprägt. Wie in aller Welt könnte jemand auf die Idee kommen, dass daran etwas nicht stimmen könnte?

Goethes berühmter Farbenkreis, der die geistigen und seelischen Wirkungen der Farben auf den Menschen illustriert  (Urheber: Luestling, Public Domain)
Goethes berühmter Farbenkreis, der die geistigen und seelischen Wirkungen der Farben auf den Menschen illustriert (Urheber: Luestling, Public Domain)

Wie zu erwarten fand ich schnell heraus, dass Goethes Opposition zu Newton höchst kontrovers diskutiert wird und in der wissenschaftlichen Welt v. a. auf Goethes mangelhafte Mathematik-Kenntnisse und einem Unverständnis der Newtonschen Prismen-Experimente zurückgeführt wird. Schaut man allerdings genauer hin zeigt sich aber, dass Goethes Kritik am technisch-mathematischen Weltbild Newtons sich nicht auf seine wissenschaftlichen Abhandlungen beschränkt, sondern auch in anderen Werken, v.a. in seinen späteren Schriften immer wieder auftaucht, wie z.B. im Faust. Aus irgendeinem Grund, den wir heute nur schwer nachvollziehen können, schien es ihm ein besonderes Anliegen gewesen zu sein, diese für ihn bedenkliche Entwicklung in der „neuen“ Wissenschaft seiner Nachwelt mitzuteilen. Kommen wir z.B. wieder auf das Teleskop zurück: in Goethes Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ spricht die Hauptfigur Wilhelm, nachdem er einen Planeten durch ein Fernrohr beobachtet hat, mit dem Astronomen über seine Erfahrung:

„Ich begreife recht gut, daß es euch Himmelskundigen die größte Freude gewähren muß, das ungeheure Weltall nach und nach so heranzuziehen, wie ich hier den Planeten sah und sehe. Aber erlauben Sie mir, es auszusprechen: ich habe im Leben überhaupt und im Durchschnitt gefunden, daß diese Mittel, wodurch wir unsern Sinnen zu Hülfe kommen, keine sittlich günstige Wirkung auf den Menschen ausüben. Wer durch Brillen sieht, hält sich für klüger, als er ist, denn sein äußerer Sinn wird dadurch mit seiner innern Urteilsfähigkeit außer Gleichgewicht gesetzt; es gehört eine höhere Kultur dazu, deren nur vorzügliche Menschen fähig sind, ihr Inneres, Wahres mit diesem von außen herangerückten Falschen einigermaßen auszugleichen. Sooft ich durch eine Brille sehe, bin ich ein anderer Mensch und gefalle mir selbst nicht; ich sehe mehr, als ich sehen sollte, die schärfer gesehene Welt harmoniert nicht mit meinem Innern, und ich lege die Gläser geschwind wieder weg, wenn meine Neugierde, wie dieses oder jenes in der Ferne beschaffen sein möchte, befriedigt ist.“ (Buch 1, 10. Kapitel)

Ähnlich McLuhan bringt Goethe hier zum Ausdruck, dass das Medium (hier: das Fernrohr bzw. die Brille) nicht einfach nur eine Hilfestellung ist, seine Umgebung klarer zu erkennen, sondern dass es unseren Blick, den wir durch unsere mensch-gegebenen Sinne ja schon haben, auf eine „sittliche“, also innerliche Weise manipuliert. Goethe sagt nicht, das Technik schlecht ist, aber er weist darauf hin, dass ihre Nutzung ein hohes Maß an innerer Reife, eine „höhere Kultur“ erfordert, um nicht einseitig ihren „ungünstigen“ Auswirkungen ausgeliefert zu sein.

Sind wir heute in dieser „höheren Kultur“ angelangt?

Neben Goethe und McLuhan gibt es eine Vielzahl anderer Wissenschaftler und Denker, darunter Physiker, Biologen, Soziologen und Philosophen, die sich mit dieser Frage auseinandergesetzt haben, wie das moderne naturwissenschaftliche Weltbild und damit die Technik unsere Wahrnehmung der Realität beeinflusst und beherrscht. Dass selbst ein Nobelpreisträger wie Werner Heisenberg, oder einer der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, Martin Heidegger, aber auch Soziologen der berühmten Frankfurter Schule wie Max Horkheimer und Theodor Adorno (2016) sich mit diesen Fragen um die tiefere Bedeutung der Technik intensiv auseinandergesetzt haben deutet darauf hin, dass wir es hier mit einem grundlegenden Problem der modernen Zivilisation zu tun haben könnten. Sämtliche der genannten Autoren kommen zu dem Schluss, dass die technischen „Errungenschaften“ eine bedenkliche Dimension in der Menschheitsgeschichte angenommen haben. Der Philosoph und Biologe Andreas Weber geht noch einen Schritt weiter und argumentiert in einem umfangreichen Aufsatz, dass unser einseitiger Blick auf die Welt, verursacht durch das naturwissenschaftlich-technische Weltbild möglicherweise die Hauptursache für die globalen Krisen wie Umweltzerstörung, Klimawandel, oder massive soziale und ökonomische Ungleichheiten weltweit sein könnte. Botschaften dieser Art kommen nicht nur aus der Wissenschaft: mein Kollege hat kürzlich seine Doktorarbeit über Klimawandel und Wetter in Thailand fertiggestellt, in der er einen bekannten buddhistischen Mönch aus der Region zitiert: „Der Blick der Menschheit auf die Welt, von der Natur abgewandt, ist die eigentliche Ursache des Klimawandels.“ (zit. nach Vaddhanaphuti 2017, übersetzt aus dem englischen).

Globaler Anstieg der Oberflächentemperaturen seit 1880: Ist der Klimawandel ein Anzeichen dafür, dass mit unserer hochentwickelten Zivilisation etwas nicht stimmt?  (Urheber: NASA Goddard Institute for Space Studies, Public Domain)
Globaler Anstieg der Oberflächentemperaturen seit 1880: Ist der Klimawandel ein Anzeichen dafür, dass mit unserer hochentwickelten Zivilisation etwas nicht stimmt? (Urheber: NASA Goddard Institute for Space Studies, Public Domain)

Wie aber Heidegger schon sagte: es geht nicht darum, ob Technik gut oder schlecht ist. Aber wir sollten, wie Goethe ja z.B. anhand seiner Farbenlehre darstellte, auch andere Formen der Wissenschaft entwickeln und gelten lassen, die andere Fähigkeiten der menschlichen Wahrnehmung gezielt ausbilden und v.a. respektieren.

Ich möchte das an einem kleinen Gespräch illustrieren, das ich kürzlich mit einem anderen Kollegen an der Universität hatte: er erzählte mir begeistert von einem Projekt, bei dem es darum ging, den Bauern (hier: in Thailand) eine Smartphone App zur Verfügung zu stellen, die anhand der Wetterdaten und vieler anderer Informationen per Photo eine Analyse der Pflanze erstellt, und dann Vorschläge z.B. über die richtige Düngung und den Einsatz von Pflanzenschutz usw. geben kann. So etwas ähnliches gibt es ja schon im Bereich des „Precision Farming“ der Agro Industrie. Allerdings musste ich dann, bei aller Technik-Begeisterung meinem Kollegen die Frage stellen: die Bauern in Thailand haben doch schon seit Jahrhunderten Reis und andere Feldfrüchte erfolgreich angebaut. Wenn sie jetzt anfangen, diese App zu benutzen, dann werden sie diese Fähigkeiten vernachlässigen, die sie jetzt noch dazu befähigen, mit ihren eigenen Sinnen die Pflanze zu betrachten und zu verstehen. Was sie jetzt noch selbständig und aus einem inneren Selbstbewusstsein heraus entscheiden können, wird dann bald schon nur noch entmündigt, mithilfe dieser Mega-Maschine durchführbar sein. Google lässt grüßen.

Sollten wir nicht, anstatt sie einfach so naiv mit Technik „auszutauschen“, daran arbeiten, diese wertvollen Fähigkeiten nicht nur zu erhalten, sondern v.a. auch weiterzuentwickeln? Das könnte z.B. durch eine neue Wissenschaft der direkten Beobachtung, so etwas wie eine angewandte Phänomenologie geschehen. Und dazu gibt es, neben den nun schon bald 200 Jahre alten Vorschlägen von Goethe, umfangreiche Ideen auch von zeitgenössischen Denkern, wie eine solche Wissenschaft ganz konkret aussehen könnte (siehe z. B. Andreas Weber 2013 oder Henri Bortoft 1996). Aber das ist nicht Mainstream, das ist nicht „modern“, das wird irgendwo, wenn denn überhaupt, in den Hinterzimmern der Universitäten bei Tee und Plätzchen schöngeistig diskutiert, aber von der wissenschaftlichen Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen, bzw. sogar, wenn es dann doch einmal auf den Nerv trifft, heftig als Wissenschaftsfeindlichkeit abgetan. Provkant gesagt: Wir nehmen die Technik ernster als uns Menschen.

Dass Technik nicht nur eine tolle Errungenschaft ist, sondern irgendwie auch etwas mit uns Menschen anzustellen scheint, illustriert zumindest dieses Schild in Berlin. (Urheber:  A_Peach, Lizenz: Creative Commons)
Dass Technik nicht nur eine tolle Errungenschaft ist, sondern irgendwie auch etwas mit uns Menschen anzustellen scheint, illustriert zumindest dieses Schild in Berlin. (Urheber: A_Peach, Lizenz: Creative Commons)

Mit der modernen Technik sind wir inwzischen so weit gekommen, dass wir theoretisch die Welt in kürzester Zeit zerstören könnten. Hiermit haben wir als Menschheit eine unheimliche Verantwortung in den Händen, die wir nicht mehr wegerklären können. Verantwortung zu übernehmen heisst in diesem Zusammenhang, die Technik in ihrer wahren Bedeutung für die Menschheit zu verstehen. D.h. sie nicht einfach nur blind und in einem unhinterfragten Fortschrittsglauben zu benutzen und weiterzuentwickeln, sondern Zeit und Ressourcen zu investieren, um ein neues Verständnis dafür zu entwickeln, was Technik eigentlich „ist“, wie sie uns beeinflusst und wie wir einen reiferen, ausgewogenen Umgang damit erlernen können. Und damit meine ich nicht eine Ethik-Kommision oder eine philosophische Gesprächsrunde, sondern eine Wiederentdeckung der Frage, die alle Wissenschaften betrifft, die wir aber seit Newton aufgehört haben zu stellen: die Frage nach dem „Warum“. Und: was bedeutet „Mensch-sein“ eigentlich?

*Der Satz im Titel stammt aus Goethes „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ Buch 2 (Betrachtungen im Sinne der Wanderer)

Referenzen / zum Weiterlesen

Heisenberg, Werner 1967: Das Naturbild Goethes und die technisch-naturwissenschaftliche Welt; Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft 29, Weimar

Horkheimer, M. & Adorno, T. 2016: Dialektik der Aufklärung: philosophische Fragmente. Fischer, Frankfurt am Main

Vaddhanaphuti, Chaya 2017: Experiencing and Knowing in the Fields: How do northern thai farmers make sense of weather and climate-change? Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie, King’s College, London.

Vorlesung des Physikers Henri Bortoft über Goetheanische Wissenschaft (auf englisch): https://www.youtube.com/watch?v=nsH6-n7BUtw

79 Gedanken zu „Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn“
  1. Also das Entmündigung ein Problem ist kann ich nur unterschtreichen. Wobei ich persönlich jetzt kein Problem habe die Wettervorhersage wie meine sinnesbasierte Erfahrung zur Vorbereitung auf das kommende oder seiende Wetter zu nutzen. „Persönlich“ ist hier aber ein Problem wenn es um Themen geht, die etwas gewichtiger, größer und komplexer sind, der Klimawandel zB wäre ohne Technik und ohne den entwickelten Umgang mit Technik nicht erkennbar. Wir sind an einem Punkt, wo wir uns nicht leisten können nicht mit Technik umzugehen, denn auch hier gilt, wer sich der Technik vorenthält wird dieser Ebene unserer Welt entmündigt. Wie wir diese Welten gestalten, liegt in unseren Händen und da liegt das Problem, wir müssen uns eben auch um die bewusste Gestaltung der nachträglich hinzugefügten ebenen unserer Welt kümmern. Im Grunde ist also alles wie gehabt.

  2. Ein schöner Artikel, in dem ich vieles von meinen eigenen Erfahrungen wiederfinde. Mein erster Blick durch’s Fernrohr. Vielleicht noch krasser: Mein erster Blick durch’s Mikroskop. Ja, das Medium, die Technik, die man verwendet, verändert das Weltbild.

    Die meisten kennen das Universum nur noch als schöne Computeranimationen aus Fernsehdokus. Die Wahrnehmung ist eine völlig andere, wenn man sich bei Dunkelheit draußen auf einem Feld unter den Sternenhimmel stellt. Man hat z.B. in jedem Moment intuitiv die Orientierung gemäß den Himmelrichtungen. Ohne Kompass, ohne GPS, ohne Benutzung des bewussten Verstandes. Ich habe mal im Allgäu bei einer Fackelwanderung mitgemacht. Wie der Wanderführer gehört hat, dass ich mich mit dem Sternenhimmel auskenne, hat er vorgeschlagen, dass ich ja ein bisschen erklären könnte. Als ich gesagt habe, dass wir dazu zuerst alle unsere Fackeln ausmachen müssten, wurde es einigen schon hörbar unwohl. Sie hatten offensichtlich einfach Angst vor der Dunkelheit. Weit und breit keine Straßenbeleuchtung und wahrscheinlich hatte auch niemand eine Taschenlappe dabei. Schließlich wurden doch alle Fackeln gelöscht. Als die letzte Fackel aus war, wurde es schlagartig dunkel und mit kurzem Versatz ging plötzlich ein Raunen, Ohh-Rufe und echte Begeisterung durch die Gruppe. Ein Großteil der Gruppe hatte ganz einfach zum ersten Mal in seinem Leben ein dunklen Alpenhimmel außerhalb der Computeranimation erlebt.

  3. Kurzes Fazit: Ich empfinde es als gefährliche Desinformation, die der Autor hier verbreitet!

    Der erste Teil hat sehr schön beschrieben, wie Technik unser Weltbild grundlegend beeinflusst. Ich selbst habe schon einige solcher AHA Erlebnisse gehabt.

    Im Gegensatz zum Autor kann ich daran aber rein gar nichts schlechtes finden, im Gegenteil. Eine Erweiterung unseres Weltbildes bedeutet immer auch ein tieferes Verständnis, was wiederum dazu führt, dass wir bessere Vorhersagen machen und besser mit unserer Umwelt zurecht kommen.

    Das Beispiel mit den Bauern illustriert das ganz klar. Der Autor postuliert, dass es besser wäre die „Natürlichen“ intuitiven Fähigkeiten der Bauern zu stärken anstatt ihnen mit Technik zu helfen. Das empfinde ich als absoluten Schwachsinn! Warum sollten denn die Bauern nicht vom Wetterbericht profitieren um den besten Zeitpunkt für eine möglichst ertragreiche Ernte zu finden, oder von Analysen der Bodenqualität und Pflanzengesundheit um den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutz auf ein Minimum zu reduzieren?

    Es geht hier darum Menschen zu ernähren. Wenn der Autor da mit esoterischem Geschwafel auch nur wenige Bauern überzeugt und dadurch ihr Ertrag sinkt, gefährdet er Menschenleben!!!

  4. „Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn.“ Was hätte Goethe wohl zu Computeranimationen und künstlichen Aromastoffen gesagt? Beides übertrifft die Wirklichkeit bei Weitem! Ein Haselnussjoghurt, der mehr nach Haselnuss schmeckt, als wenn ich direkt in die Nuss beiße.

    Galaxien sind in Fernsehdokus und Science-Fiction-Filme immer hell leuchtende erhabene Gebilde. Würden wir mit einem Raumschiff in Richtung Andromeda-Galaxie fliegen, bis sie groß ausgebreitet vor uns läge, käme die große Ernüchterung: Nichts als ein großer, dunkler matschiger Fleck, nicht anders aussehend als von der Erde aus beim Blick durch ein Fernglas.

  5. Und ich sehe nicht, wie ein Teleskopbild mir die romantische Schönheit versauen kann. Ich sehe genug Leute, die nie ein Teleskop benutzt haben und dennoch keinen Sinn für poetische Schönheit haben, die Katzenbilder durchklicken und Faust nie lesen würden. Doch liegt das jetzt an den Katzenbildern, am nie benutzten Teleskop? Ich sehe gelegentlich gerne Katzenbilder, so wie einen wolkenfetzen verschleierten Vollmondaufgang, oder das Schattenspiel von vor einer Straßenlaterne hängenden Ästen bei einem Nachspaziergang, oder die wundervoll komplexen Strukturen von interstellaren Nebeln. Teleskope erreichen natürliche Kunstwerke, sie nehmen keine und sie werden niemanden den Sinn für das Schöne nehmen können. Wenn dieser überhaupt existierte. Und wenn nicht, können Teleskope diesen Sinn vielleicht sogar erst entfachen!
    Die einzige „Bedrohung“ die ich sehe ist die der Zeiteinteilung. Zeit ist nunmal begrenzt und wenn ich Katzenbilder ansehe bin ich nunmal nicht im Wald und erfreue mich an den Facetten des Mooses. Und hier hat die Technik leider größere Möglichkeiten, denn sie kann dazu benutzt werden ein effektiverer Zeitstehler zu sein. Die Likes sind Teil eines Konstruktes Suchverhalten zu initiieren und auszunutzen. Und das liegt nicht an dem glitzernden Stück Glas in unserer Hand, sondern an unserer Gestaltung dieser Welt und an den fehlenden Bewusstsein dieser Dinge. Wir sind Menschen, wir betrügen uns, wir manipulieren uns. Es gibt Thesen, die davon ausgehen, das die Rechenleistung des Gehirns zum guten Teil aus eben dem Spiel zwischen Betrügen und Betrug erkennen entstanden ist, Manipulieren und nicht Manipulieren lassen. Es ist nun mal ein (evulotionärer) Vorteil zu Betrügen. Das können aus werbebasierte Interessen mit Sucht-Likes genommende Zeit sein, oder aus direkt ökonomische Interessen mit Charisma überzeugter Kauf von Mond-Wunderwasser sein. Der Mensch ist Mensch in der ganzen Welt, „natürlich“ oder „technisch“. Er kann sich um die Dinge um sich herum interessieren oder nicht. Und eine willkürliche Unterteilung zwischen „normal“ und „unnatürlich“ wird uns da nicht weiterhelfen. Im Gegenteil, es wird, wie auch in anderen Themen, eher zum allgemeinen Schaden führen.

  6. Ganz toller text. Ich habe sozusagen mitgefiebert – etwa als es um die thailändischen Bauern ging. (Dazu passte auch die kommentator-annekdote von der fackelwanderung nachts). Aber dann hörte es mir zu abrupt auf… Mir fehlte quasi die pointe dieser in-text-Story und ja, auch beim Gesamttext fehlte mir am ende etwas: die Andeutung des Kompromisses, der Mischung aus naturwissenschaftlichen Technik und der naturpraktischen technik-des-Tuns (was selbstverständlich auch als Technik zu verstehen wäre). Dennoch – gute Anregung über dieses Thema (wieder) nachzudenken.

  7. ja, sehr gut geschrieben
    sehr persönlich. nachdenklich, fast warnend …
    sollte man nicht unterschätzend diese gedanken

    … und stimmt mich zunehmend mehr als nachdenklich, wenn man sich selber nimmt,
    kurz in sich hineinhört, merkt man, was da vieles direkt zutrifft.
    ein sternhimmel in – wirklich – dunkler nacht ist etwas tolles – und nichts erschreckendes.
    ich fürchte mich mehr vor selbstfahrenden autos, denkenden kühlschränken, ‚Alexa‘ die ein schranklicht anmacht, weil der mensch verlernt mit der ihm geschaffenen technik irgendwann umzugehen.
    schon heute kennt kaum mehr einer telefonnummern auswendig – wozu auch, sind ja gespeichert.
    und als vor 6 wochen ein grosser sonnen-flair richtung erde raste (dank SOHO und anderer technik früh erkannt) wird einem klar, dass wenns da mal noch knapper zugeht auf einmal KEINE technik mehr da ist, die erst mal gegen sowas hilft, und den mensch im (dann total chaotischen) alltag erst recht hilflos zurücklässt
    werd ich sicher noch mehrmals lesen um die feinheiten in ihrer tragweite zu erfassen.

  8. Noch was zur Dünger-Pflanzen-App der thai-bauern: natürlich brauchen nur welche sowas, die es nicht intuitiv bzw. empirisch beherrschen oder nicht (mehr) erfolgreich damit sind. Also wäre diese app geeignet und wichtig für bauern, in deren Region sich entscheidend naturgegebenheiten veränderten oder eher was für europäische Schrebergarten-Amateurs…
    Allerdings: sollte die Situation etwa so aussehen, dass die im Ursprungstext etwas romantisiert geschilderten Bauern mit ihrer eigenen Methode die letzten jahre weniger Erfolg hatten und so etwa große ernteausfälle hatten, gar Hungersnot oder einfach nur schlicht die zeit zum anlernen der „nachfolger“ zuviel andere Zeit für schule, familie etc. kostet (was ev auch nicht mehr attraktiv ist), dann ist unser „westlich-modernes“ Hoch-halten der ursprünglichen eingeborenen Fähigkeiten nur nostalgisch. Wenn diese allerdings wirklich richtig erforscht würden und gesteigert – sowie übertragbar werden, dann (!) gäbe es einen Gewinn über historisierendes bewahren hinaus. Dann wäre aber auch eine neue Technologie geboren (die im Text erwähnte Praktische Phänomenologie? – dazu hätte ich auch gern mehr gehört, das P-Wort ist selbst unter uns Geisteswissenschaftlern als etwas abgehoben verrufen 🙂 ).

  9. @ Heljerer
    „plötzlich ein Raunen, Ohh-Rufe und echte Begeisterung durch die Gruppe“
    Weil sie etwas Schönes zum ersten mal gesehen/erlebt haben. Und das hätte auch ein gut präsentiertes Bild von Jupiters detailreichen Wolkenwirbeln sein können. Oder der erste Blick auf die details einer Zelle.
    Nur weil jemand nicht mit den Sternen navigieren kann ist das nicht schlimmer, als wenn jemnad nicht mit dem Kompas, oder dem GPS-gestütztem Navi umgehen kann. Warum ist es schlimmer die Sterne nicht zuzuordnen zu können, als ein Navigationsprogramm bedienen zu können? Warum diese sinnlose konservative unterteilung in natürlich und unnatürlich? Es ist schade wenn jemand sich nicht zurechtfindet, egal ob ihm das Wissen um die Sterne oder das Wissen um online-Navi-Programme fehlt. Ich habe mich neulich auch über den Sonnenstand durch eine Innenstadt navigiert, war hilfreich, aber besser, als wenn ich mein GPS im handy genutzt hätte? Das wäre auch Hilfreich gewesen. Zugang hatte ich zu beidem, nichts von beidem ist „schöner“. Die Sonne war nur effektiver, da ich nicht auf die GPS-kalibrierung hab warten müssen, GPS wäre effetiver gewesen, was die gefahrene Strecke anging. Es ist nicht schlecht mit Dingen umgehen zu können. Und es gibt keine „wahren Dinge“ keine richtigen, keine falschen. Klar ohne Handy kein GPS, aber ohne Sterne kein Navigieren nach Sternen. Das ist kein Ausschlussargument, eher ein Argument beides zu beherrschen, aber auch da ist es eine frage der Effektivität und des Zeitinvestments und der Interessen. Verteufelt nicht das Neue nur weils anders ist als das Alte, versucht Interesse zu wecken. Egal für was, es ist immer ein Gewinn.

  10. @Zhar stimme da voll überein, dass ein Abwenden von der Technik nicht der Weg ist. Aber trotzdem bleibt doch die tiefere Frage im Raum: sind die Probleme, die wir heute mit Hilfe der Technik lösen wollen, vielleicht erst durch unser neuzeitliches (technik-dominiertes) Weltbild maßgeblich mit-bewirkt worden?

  11. und bitte was genau soll einem das Atgument „Wenn alle Dinge weg sind, dann kann man sie nicht mehr benutzen!!“ sagen? Alles was man benutzt macht einem abhängig von dem was man benutzt, das ist keine Sonderstellung. Soll ich jetzt keinen Besen mehr benutzen, weil wenn der mal bricht kann man ihn ja nicht mehr benutzten, also sollte ich lieber gleich lernen mit Holzscheiten den Boden zu schaben?
    Klar gibt es bei neuen Dingen neue Schadensmöglichkeiten. Aber ich benutze ja auch Tongefäße, obwohl die durch wasserbedingte Mineralablagerungen zerbröseln und sogar zerbrechen können und das problem gabs bei den guten alten und bewährten Holzgefäßen nicht! Ein Schritt zurück ist nicht zwingend ein Argument zur Besserung, eine schöne Glasur zB könnte meinen Tontöpfen durchaus helfen, aber da gibt es sicher nur wieder neue Probleme mit diesem neumodischen Kram, ohne den es früher ja auch ging!!

  12. Grundsätzlich stimme ich zu, dass man sich Gedanken machen sollte, wie wir zur Verfügung stehende Technik nutzen sollten.

    Auf der anderen Seite… wie war es denn, als wir noch keine Fernrohre zur Verfügung hatten? Da wurden die Sterne nicht als Himmelskörper ähnlich der Sonne angesehen, sondern als kleine Lichter, die ein mythisches Wesen namens Jahwe in den Himmel gehängt hätte. Und wer es wagte, eine anderslautende Vermutung zu äußern, der musste damit rechnen, mit einer Lebendfeuerbestattung bedacht zu werden. Und größere Naturzerstörungen haben auch schon die Menschen des Mittelalters hinbekommen, die ohne Motorsägen große Teile der Waldbedeckung in Mitteleuropa vernichteten.

  13. @Stefan Sylla
    Neue Techniken ermöglichen nunmal neue Möglichkeiten und darunter gibt es immer „Möglichkeiten“ oder besser Auswirkungen, die nicht wirklich nachhaltig sind, aber das ist kein Problem der Neuzeit. Erst effektive Sägen und andere Möglichkeiten und Wissen zum effektiveren Schiffbau haben das enorme Abolzen in Europa ermöglicht und viele Regionen leiden noch heute unter den klimnatischen Veränderungen. Auswirkungen von neuen Dingen sind halt auch neu und müssen erst erkannt und abgeschätzt und dann dementsprechend behandelt werden. Und das trifft auf Heute genauso zu! und es wird auch gemacht, es gibt zB genug die sich mit den sozialen auswirkungen von „den Likes“ wissenschaftlich beschäftigen, zum Teil aus verbessernder Sicht im sinne von Schadenserkennung, zum Teil aber auch aus verbessernder Sicht im Sinne es noch effektiver, süchtiger zu gestalten. Was davon umgesetzt wird muss Gesellschaftlich entschieden werden. Und dafür brauchen wir in der Tat ein Bewusstsein für die Dinge, aber das ist nichts neues, und das ist nicht zu erreichen über Verteufelung und Ablehnung oder auch über eine „andere Form der Wissenschaft“, denn der Wissenschafts gehts gut, sie ist ein recht effektives Werkzeug, unser Umgang und unser bewusster Blick darauf sind da aber entscheident. Und da sehe ich hier meine Kritik an der Argumentation der Ablehnung und an der ungünstigen Seperation von etwas was ineinander greift.

  14. Bei aller thematischer Relevanz so fehlt doch eine differenzierte Betrachtung von „Wissenschaft – Wissenschaftsbetrieb – Technik – Technologie -Technologiefolgen“.
    Es ist doch überhaupt nicht schlüssig „Wissenschaft“ mit „Technologiefolgen“ gleichzusetzen. Und so: Was soll denn eine “andere Form der Wissenschaft” sein?

  15. Philosophen, die ihre eigene Introspektion als das Maß aller Dinge und als „metaphysische Grundlage“ des Seins betrachten, liegen nicht besser als Nestroy’s Knieriem mit seinem Kometenlied: komplett daneben.
    Phänomenologische Betrachtung der Welt hat ihren Sinn und Wert. Sie jedoch darüber hinaus zu mystifizieren ist genauso falsch, wie eine Mystifikation technischer Hilfsmittel.

  16. @Stefan Sylla

    sind die Probleme, die wir heute mit Hilfe der Technik lösen wollen, vielleicht erst durch unser neuzeitliches (technik-dominiertes) Weltbild maßgeblich mit-bewirkt worden?

    Kann man das überhaupt so pauschal überhaupt beantworten? Wo fängt Technik überhaupt an? Beim Rad oder erst bei Geräten, die Strom benötigen? Zählen Maschinen, die Öl verbrennen, mit dazu? Verursacht also Technik beispielsweise den Klimawandel, oder macht sie es nicht erst möglich, ihn überhaupt frühzeitig zu bemerken?

    Alles hat ja bekanntlich 2 Seiten. Natürlich verursacht Technik Probleme, die wir ohne sie nicht hätten. Aber ohne sie hätten wir ganz andere Probleme. Man braucht nur das Leben im Mittelalter oder in der Steinzeit dem heutigen gegenüber zu stellen und sich zu überlegen, wo man sich besser aufgehoben fühlt. Und wie viele Menschen auf dem Planeten leben könnten. In der Steinzeit gab es in Europa nur ein paar zehntausend Menschen.

    Mit dem Goethe-Zitat oben gehe ich übrigens überhaupt nicht konform. Dass es eine Balance zwischen den physischen und (altersbedingt schwächer werdenden) Sinnen und dem Intellekt gibt, halte ich für Unsinn (oder ich verstehe das Zitat komplett falsch). Die Verbesserung der Sinne kann eigentlich nur nützlich sein, denn sie vermittelt einen genaueren Blick auf die Realität, und nur diese kann Grundlage für rationale Entscheidungen sein. Die mit der Erfahrung des Alters meist besser ausfallen, trotz abnehmender Sehschärfe und schwindendem Gehör (wie alt war Goethe, als er das schrieb?).

  17. Ich verstehe auch nicht so ganz, worum es geht. Techologiefolgenabschätzung, oder? Hätte man da nicht schon beim ersten Faustkeil, beim ersten Speer oder beim ersten Bogen anfangen können? Der Getreideanbau hat zur erhöhten Freisetzung von Kohlendioxid geführt, der in Asien übliche Reisanbau zu der von Methan. Womöglich steckten wir schon längst wieder in einer ausgewachsenen Kaltzeit, hätte die Menschheit nicht vor ein paar tausend Jahren damit begonnen, Wälder zu roden und stattdessen Nahrungspflanzen anzubauen.

    Die Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigen, versuchen den Rest von uns zu warnen, was auf uns zukommt, etwa durch die Erderwärmung. Laien (inkl. Wissenschaftler anderer Fachrichtungen) hören nicht drauf und die Entscheider in Politik und Wirtschaft sagen oftmals nur „Zu teuer!“.

    Wieso soll also ausgerechnet die (Natur-) Wissenschaft schuld sein?

  18. D.h. sie nicht einfach nur blind und in einem unhinterfragten Fortschrittsglauben zu benutzen und weiterzuentwickeln, sondern Zeit und Ressourcen zu investieren, um ein neues Verständnis dafür zu entwickeln, was Technik eigentlich “ist”, wie sie uns beeinflusst und wie wir einen reiferen, ausgewogenen Umgang damit erlernen können.

    Die Diskussion um die Technik und ihre Folgen ist ja nicht neu. Dazu gibt es jede Menge Literatur aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen.
    Für eine sinnvolle Diskussion sollte man allerdings zunächst differenzieren zwischen den Begriffen (und ihrer Bedeutung im jeweiligen Kontext), wie beispielsweise Technik, Technologie, wissenschaftlich-technischer Fortschritt, Technisierung, Technikfolgenabschätzung usw., da man ansonsten schnell aneinander vorbei reden wird, wenn ganz unterschiedliche Dinge gemeint, aber nicht benannt werden.
    „Was Technik eigentlich ist“ hört sich jetzt ein wenig nach dem Versuch der alten „Wesensdefinition der Technik“ an, der uns meiner Ansicht nach bei den aktuellen Herausforderungen, vor die eine hochtechnisierte Gesellschaft uns stellt, aber nicht weiterhilft. Da bedarf es schon der modernen Technikfolgenabschätzung und verfeinerter wissenschaftlicher Instrumente.
    Eine „andere“ Wissenschaft kann ich mir da jetzt nicht wirklich vorstellen, was natürlich nicht heisst, dass Reflektion oder kritisches Nachdenken über den jetzigen Zustand sinnlos wäre.

  19. Interessanter tour d’horizon, mit echt „globaler Ausrichtung“, sehr gut geschrieben. Berührend.

    Das Thema ist ja nicht neu, nur brennt es zunehmend mehr und mehr Menschen unter den Nägeln.

    Und @ Zhar (# 1) schreibt richtig:

    Wir sind an einem Punkt, wo wir uns nicht leisten können nicht mit Technik umzugehen, denn auch hier gilt, wer sich der Technik vorenthält wird dieser Ebene unserer Welt entmündigt.“

    Mir gefällt das oft abgebildete Aquarell aus der Goetheschen Farbenlehre jedes Mal wieder, nur mit der in diesem Zusammenhang immer wieder aufgewärmten „alternativen Sicht auf die Welt und deren Interpretation“ habe ich Mühe.

    Was passiert denn, wenn der Satz von McLuhan “Das Medium ist die Botschaft” auf das menschliche Gehirn selbst, auf das gesamte Nervensystem samt seinen „vorgespannten“ Sinnesorganen angewendet wird?

    Wir werden wohl immer mehr wissen über uns, darüber, wie unser Bewusstsein funktioniert.
    Und wie alle Erkenntnis, alles Mehr-Wissen, kann das sowohl zum Guten als auch zum Schlechten angewendet werden.

    In diesem Sinne bringt das Zitat aus Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ einfach eine zu pessimistische Wertung, in erster Linie begründet auf Unverständnis (nicht nur aus heutiger Sicht).

    Wieso -„sakra“ – soll es denn nicht möglich sein, in Kenntnis aller moderner Wissenschaft und in verantwortungsvoller Anwendung der daraus hervorgehenden Technik nicht auch eine neue moderne Ethik und Moral zu begründen und zu etablieren?

    Im übrigen gehe ich davon aus, dass trotz aller Aggro-Apps und Farm Bots einer zukünftigen „precision farming“ vieles an herkömmlichen Fähigkeiten zur Beobachtung von Natur, Wetter etc. und den daraus entwickelten „einfachen technischen Anwendungen“ erhalten bleiben wird.

    Zusammengefasst könnte man sagen: Vielleicht zeigt der Artikel auch sehr schön die „Problematik“ eines aus der Welt „Macht euch die Erde untertan“ stammenden, reflektierenden Wissenschaftlers bei der Konfrontation mit einer urtümlichen, theravada-buddhistisch geprägten Welt mit ziemlich gegenteiligen Ansichten zum „Warum“ und „Mensch-sein“ … ;=)

  20. Ist „buddhistisch“ denn automatisch gut oder besser? „Buddhistisch“ kann nämlich auch bedeuten: „Wir sind die besseren Menschen, schlagt die Ungläubigen!“ So berichtet aus Sri Lanka, aus Myanmar, …

  21. Ich hatte ganz vergessen zu schreiben, dass mir der Artikel gefällt, auch wenn ich die Schlussfolgerung („andere Wissenschaft“) nicht teile. 😉

  22. @stefan #6

    … stellt sich also auch die frage:
    haben wir techniken entwickelt um probleme zu lösen, deren lösung erst notwendig wird, weil wir diese techniken haben!?
    ich sehe schon auch, dass wir es mittlerweile eher gewohnt sind auf technik zu setzen als auf dinge und stärken, die sich nicht so leicht in zahlen und systeme fassen lassen
    erfahrung (wie bei den thailändischen reisbauern), kreaitivität, kunst … und lle können weiter führen.
    es waren selten die ‚Konformisten‘ in der wissenschaft und der technik, die eine gute weiterentwicklung, gar manch genialen ansatz entwickelt haben, auch wenn heute in vielen bereichen zielführung im team zu ergebnissen führt, weil die komplexität immer grösser wird.

  23. Wohl wahr …. wir sollten wissenschaftliche Erkenntnisse unvoreingenommen annehmen, aber ebenso die Frage stellen, was wir damit jetzt tun, v.a. auch bzgl. moralischer Erwägungen und Sinn von etwas.
    Speziell in der Wissenschaft sollte es nicht unkritisch heißen „wir tun das, weil wir es können“.

  24. @Cornelia S. Gliem

    Mir fehlte quasi die pointe dieser in-text-Story und ja, auch beim Gesamttext fehlte mir am ende etwas: die Andeutung des Kompromisses, der Mischung aus naturwissenschaftlichen Technik und der naturpraktischen technik-des-Tuns

    Ja, die pointe habe ich wohl nicht gut genug herausgearbeitet. Aber für mich war es einfach ein klassisches Beispiel, wie Technik unhinterfragt (aus einer vorschnellen Begeisterung heraus) angewandt wird ohne zu verstehen, was dabei eigentlich passiert.
    Andeutung eines Kompromisses: ich gebe zu, dass ich da sehr wenig gesagt habe. Es ist nun mal extrem schwierig, in dieser Richtung zu denken, weil ja alles von dem, sorry, ich nenne es jetzt wieder mal „newtonsches Denken“ dominiert wird. Es ist richtig schwierig, außerhalb dieses gewaltigen Rahmenwerkes zu denken. Und wirklich fundierte, ernst zu nehmende Vorschläge in dieser Richtung gibt es eben nur sehr wenige. Goethe hört sich da zwar immer altbacken an, aber ich wüsste bei meinem derzeitigen Stand der Recherchen keinen vergleichbaren Ansatz, wo es jemand geschafft hat, das klare logische Denken so nah mit einer künstlerisch-poetischen Betrachtung der Welt zusammenzubringen. Ich glaube in diese Richtung könnte es gehen: das poetische, subjektive wieder als etwas zutiefst wissenschaftliches anzuerkennen. In dieser Richtung schreibt Andreas Weber (s. meine Links im Text) ja auch ziemlich ausführlich.

  25. Ich finde, dass die Diskussion viel weiter in Richtung Technologiefolgenabschätzung geht als vom Autor beabsichtigt. Solche Diskussionen wurden schon tausendfach geführt. Niemanden wird hier noch etwas Neues dazu einfallen. So wie ich Stefans Beitrag verstanden habe, geht es vor allem um das, was Technik mit uns Menschen nicht nur in banaler Hinsicht macht, indem sie uns Arbeit abnimmt, sondern wie Technik und Naturwissenschaft unsere gesamte Wahrnehmung der Welt und unser Gefühl innerhalb der Welt beeinflusst.

    Goethe strebte tatsächliche eine andere Form der Wissenschaft an. Er war damals damit schon nicht mehr auf der Höhe seiner Zeit. In Stefans Beispiel mit der Smartphone-App für den thailändischen Bauern geht es eigentlich nicht um eine andere Art von Wissenschaft, die der Bauer bisher betreibt, sondern um eine andere Art der Technikausübung – in diesem Fall Landwirtschaftstechnik. Man kann ähnliche Dinge in der Technikgeschichte beobachten. Viele Handwerke wurden als „Kunst“ ausgeführt. Ein langer Prozess des Lernens war notwendig, um zu wahrer Meisterschaft zu gelangen. Z.B. ist das Schmieden eines Damaszenerschwertes oder das Gießen einer Glocke ein Prozess, der sehr von der Kunstfertigkeit des Handwerkers abhängt. Stück für Stück hat sich aber in der Technik eine wissenschaftliche Herangehensweise durchgesetzt. Die Herstellung von Stahl oder Glas hat nichts mehr mit Kunst zu tun. Die Rohstoffe werden analysiert, die Gemenge berechnet, Temperaturen gemessen u.s.w.

    Der Bauer in Thailand bestellt sein Feld nach wie vor nach der alten unwissenschaftlichen Methode. Wo sollte jetzt die Zukunft liegen? Dem Bauern die Smartphone-App zu geben, damit er wissenschaftlich arbeiten kann oder soll er so weiter machen wie bisher?

    Ich bin selbst Ingenieur. Ich habe darauf eine Antwort. Wie seht ihr das?

  26. Imho ein guter Artikel. Aber bei der „anderen Wissenschaft“ fühl ich mich alleine gelassen. Da müsste ich jetzt erst mal die Bücher in den Links lesen. Schön wäre es gewesen das zu umschreiben. Zumindest deine Interpretation einer „anderen Wissenschaft“. Ausserdem fehlt mir auch die Trennung zwischen Wissenschaft und dem technologischen Einsatz Wissenschaftlicher Erkenntniss. Will sagen imhw sind ja zwei Paar Schuhe. Ich frage mich als nicht so gebildeter Leser also „Was ist meine Erkenntniss aus diesem Artikel“ ? Und da ist jetzt leider irgentwie, noch so ein großes Fragezeichen.

  27. @Withold Ch.

    Zusammengefasst könnte man sagen: Vielleicht zeigt der Artikel auch sehr schön die “Problematik” eines aus der Welt “Macht euch die Erde untertan” stammenden, reflektierenden Wissenschaftlers bei der Konfrontation mit einer urtümlichen, theravada-buddhistisch geprägten Welt mit ziemlich gegenteiligen Ansichten zum “Warum” und “Mensch-sein” … ;=)

    Da könnte durchaus was dran sein 😉 Ẃas aber wohl auch zu meinen Reflektionen beiträgt ist, dass man hier sowohl in Thailand als auch Laos sieht, was bei uns vor 50, 100 oder sogar 200 Jahren passiert ist. Nur dass es sich hier alles innerhalb von Jahrzehnten abspielt: die Transformation uralter Kulturen in die „westliche Moderne“, dem Einzug des „Macht Euch die Welt Untertan“, mit allem was dazugehört.

  28. @Tina_HH

    Die Diskussion um die Technik und ihre Folgen ist ja nicht neu. Dazu gibt es jede Menge Literatur aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen.

    Danke für den Hinweis (auch von anderen Kommentatoren), in dieser Richtung wollte ich den Artikel aber nicht entwickeln. Mir ging es weniger um die Frage, was genau die „Technik“ (entschuldigt bitte das pauschale Wort) jetzt mit uns macht, sondern ich will noch einen Schritt weiter und fragen, was ist das Ganze denn überhaupt? Also die Möglichkeit, dass die Technik nicht einfach das Ergebnis einer lineare Fortentwicklung der Menschheit ist, sondern das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.

  29. @Stefan „““Also die Möglichkeit, dass die Technik nicht einfach das Ergebnis einer lineare Fortentwicklung der Menschheit ist, sondern das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.“““

    Aber ich als Mensch der in einem kalte Land lebt, bin ich doch ganz klar ein Kind der Technik. Das fängt beim Feuermachen an, geht über Stoffe weben, Leder gerben bis zur E-Heizung. Ohne Technik wärs für uns Nacktaffen bei -10 Grad Temperatur verdammt schwer zu überleben. Der Weg erscheint mir somit als absolut Logisch. Liegt evtl. auch daran das ich mich mit meinen altersbedinkten 2 Dioptrien keinen IQ Punkt schlauer fühle als ohne. ; )

  30. @Stefan Sylla
    Also die Möglichkeit, dass die Technik nicht einfach das Ergebnis einer lineare Fortentwicklung der Menschheit ist, sondern das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.

    Hm, diese Frage kann man doch ganz schnell und einfach mit „ja“ beantworten. Jede heute existierende Gesellschaft ist das Resultat aller vorher stattgefundenen Ereignisse, aller Wege, die gegangen wurden bzw. nicht gegangen wurden, des konkreten geschichtlichen Prozesses, der vorherrschenden geistigen und religiösen Traditionen (siehe beispielsweise Webers protestantische Ethik) usw.
    Vielleicht verstehe ich dich auch nicht richtig, aber das, was du ansprichst, könnte man doch gut unter den großen Begriff „Kultur“ packen. Oder meinst du eine wirklich eine andere Technologie? Oder eine „andere Wissenschaft“ (wobei ich nicht weiß, was damit gemeint sein könnte)?
    Oder meinst du eher den Unterschied zwischen der westlichen und beispielsweise der thailändischen Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Kulturtechniken?

  31. Oh, ich sehe gerade, dass ich im letzten Kommentar die blockquotes vergessen habe (aber der hängt sowieso noch in der Moderation). Der erste Absatz war ein Zitat.

  32. @Heljerer #28
    Danke, Du hast die eigentliche Absicht des Artikels nochmal ganz gut auf den Punkt gebracht.

    Der Bauer in Thailand bestellt sein Feld nach wie vor nach der alten unwissenschaftlichen Methode. Wo sollte jetzt die Zukunft liegen? Dem Bauern die Smartphone-App zu geben, damit er wissenschaftlich arbeiten kann oder soll er so weiter machen wie bisher?

    Da fällt mir noch ein weiterer Beweggrund ein, warum ich das Beispiel mit dem Bauern gewählt hatte. Es illustriert nämlich auch ganz gut, wie Technik auch eine Form der Machtausübung sein kann. Die Frage ist an dieser Stelle gar nicht, ob die Technik gut oder schlecht für den Bauern ist, sondern vielmehr wie hier Technik benutzt wird, um Macht auszuüben. Nicht von meinem Kollegen an der Uni, aber von Behörden und Regierungen, die sich vielleicht nach einem erfolgreichen Forschungsprojekt für die Umsetzung einer Technik entscheiden und damit alte, dezentral organisierte Systeme in der Landwirtschaft mit Zentral gesteuerten, agro-industriellen Strukturen ersetzen.

  33. @ Stefan Sylla # 32

    … sondern das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.

    Ganz klar, diverse Auswirkungen dieses „Ergebnisses“ müssen kritisiert werden und zu Änderungen führen.

    Aber die Goetheschen naturwissenschaftlichen Theorien führen zB direkt zu Steiner und seiner Anthroposophie und haben sich dort unterdessen zu einem nach wie vor florierenden Aberglauben weiterentwickelt, welcher zwar dessen Anhängern in ihren kleinen Nischen das „schöne und gute Gefühl“ geben mag, auf dem „rechten Weg“ zu sein, aber niemals einen für die Allgemeinheit gültigen Anspruch werden erheben können, weil sie in absolutem Widerspruch zu den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaften und den daraus abgeleiteten und in vielem irreversiblen technischen Entwicklungen stehen.

    Gewiss könnte man sich ab und an eine dezidiertere gesellschaftspolitische Einflussnahme der Wissenschaft (und der zuständigen Wissenschaftler) wünschen, aber man sollte klar sehen, dass es nicht die Wissenschaft (und die Wissenschaftler) sind, welche den nicht versiegenden „Fluss des Wissens“ (für positive Veränderungen) in die Gesellschaft, zu den Menschen, aufstauen und weglenken oder versickern lassen, sondern dies ist in erster Linie den politischen und wirtschaftlichen „Verhältnissen“, sprich deren zögerlichen bis blinden Verantwortungsträgern geschuldet, – vom nach wie vor verwirrenden und ablenkenden Einfluss einiger Religionen gar nicht zu sprechen.

  34. Also, zunächst einmal danke für diesen Blog-Beitrag, den ich durchaus als Gedankenanregend schätze.

    Abgesehen davon stelle ich hiermit in gewisser Weise eine Gegenthese zu Stefans folgender Aussage auf, Zitat: „[D]ie Technik [ist] das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.“
    Ich stimme dem zwar grundsätzlich zu, für mich ist Technik und (Zitat Stefan) „newtonsches Denken“ und die heutige Wissenschaft aber nichts anderes als eine Facette der Erkenntnis.

    Die einzige Alternative zu diesem Weg ist Esoterik, Nicht-Erkenntnis, Glaube, tierhafte Intuition, mithin ein diffuses Träumen der Welt, ein Dahin-Dämmern in geistiger Unmündigkeit.

    Einen dritten Weg kann ich derzeit nicht erkennen, und dies ist meine Gegenthese: Ein dritter Weg existiert nicht.

    Gerne lade ich diesbezüglich Diskutanten mit anderen begründeten Meinungen zur Diskussion ein.

  35. @ Heljerer #28

    der bauer arbeitet ja nicht unwissenschaftlich, nur weil er kein wischtelefon nutzt.
    auch eine langwährender erfahrungsschatz der sich vermutlich auch aus versuch und irrtum herauskristallisiert hat – ist im eigentlichen sinne eine verfahrensreihe und weitergedacht auch wissenschaftlich (auch wenn es der bauer evt anders sieht … und nicht nur der!)

    was aber passiert, wenn dieser erfahrungsschatz durch (evt vorschnelles und begeisterungswürdiges technisches neuland – wenns auch noch so logisch scheint) alles kaputtmachen kann, merkt man, wenn die geklonte banane durch einen einfachen, nicht in den griff zu bekommenden pilz dahingerafft wird, so dass sich ganze gruppen von agrarexperten nun auf die suche machen müssen irgendwo auf der welt eine gewöhnlich bananenpflanze zu finden, die noch resistent ist.
    und um erst gar nicht bis Laos, Thailand oder sonstwo hin zu müssen, wir sollten da selber unsere nase betrachten und dafür sorgen, dass es uns nicht bald mit vielen nahrungsmittel aus so geht.
    leider zeigen sich ja viele (technisch moderne, wissenschaftlich getestete!!!!) methoden erst nach ein paar jahren als totalverlust (zb Gensaat + Roundup)
    die evt ein zurück erst gar nicht mehr zulassen!
    was sind da schon 100 jahre erfahrung eines kleinen bauern-bubs.
    die arroganz einer wissenschaft, und deren betriebsblindheit (dann noch der kommerz) führen leider nicht immer in die gewünschte – gute – richtung.
    aber das ist wieder weit im OFF.

    weniger OFF wäre dann die uns bekannten ‚instrumente‘: unsere sinne mit dazuzunehmen
    denn die sind es, die uns mit der welt verbinden (sollten), und die wir zunehmend bereit sind zu verlieren
    (siehe blog vom Wein)

  36. Noch eine Klarstellung: Ich bin durchaus der Meinung, dass bei uns Menschen auch die Intuition und das Irrationale seinen Platz hat. Wir sind nunmal Menschen.
    Ich denke allerdings, dass Intuition und Gefühle eher tierhaft sind, und Intellekt das was uns Menschen von anderen Tieren unterscheidet. Und ja, der menschliche Intellekt hat auch Nachteile. Aber ein gesellschaftlicher Weg zurück ins eher Tierhafte (und diese Dichotomie postuliere ich oben) wäre mir nicht geheuer.

  37. @tomtoo

    Ok, vielleicht war hier Technik das falsche Wort, sondern ich meinte eher den Weg der neuzeitlichen Naturwissenschaft, der von Galilei, Kepler und Newton eingeleitet wurde. Das schliesst dann natürlich auch die „neuzeitliche“ Technik mit ein. Aber ob wir dann Feuermachen und Smartphone-Nutzung so einfach in eine Linie setzen können, da bin ich mir nicht so ganz sicher.

  38. Komische Diskussion!
    Newton, Smartphones, vorsteinzeitliche Technik, Rückkehr zu Zeiten vor Homo Sapiens (zurück ins Tierhafte): Alles in einen Topf geschmissen und bis zur Unkenntlichkeit zusammengerührt!

    Ich denke Stefan ging es immer nur um moderne Technik. Zumindest habe ich anfangs noch verstanden, worum es geht. Jetzt bin ich abgehängt.

  39. Technik ohne Beitrag der Naturwissenschaft ist selbstverständlich möglich. Aber: Solche Technik kommt über einen gewissen Entwicklungsstand nicht hinaus. Wie ein solches Maximum aussieht, erkennt man im alten Rom oder im China der Song-Dynastie.

    Noch ein Aber: Niemand der hier Diskutierenden will doch ernsthaft eine Rückkehr zu altrömischer Technik in Erwägung ziehen.

  40. @Mars #37

    Da sind wir prinzipiell einer Meinung.
    Nur das, was jeder von uns als „wissenschaftlich“ versteht, ist unterschiedlich. Meine Definition von Wissenschaft ist offensichtlich enger als deine. Macht aber nichts, da es für „wissenschftlich“ sowieso keine allgemein akzeptierte Definition gibt.

  41. @heljehrer
    „“…abgehängt..““

    Ja geht mir auch so. Ich kapiere nämlich garnicht mehr um was es geht. Technik ? Wissenschaft ? Also die Methode ? Also Wissenschaft nach Newton ? Was soll ich überdenken ?

    Feuer machen die im Kraftwerk. Ich schalte den Herd ein und Koche. Hat mich das verändert ? Oh ja, spart mir Brennholz sammeln und die Gefahr einer CO vergiftung. Faraday hat da mitgeholfen. Deswegen bin ich ohne die Bücher in den Links zu lesen ja so verwirrt. Ich kann doch der Wissenschaft kein Vorwurf machen , nur weil evtl. Techniken entstehen, die evtl. dann auch noch falsch genutzt werden ? Smombies und Ursachen.
    Dafür sollten doch gerade z.B die Sozialwissenschaften zuständig sein oder ? Die sollten doch sowas untersuchen , auswerten, Empfehlungen geben ?

    Bin ganz matschig hinter der Stirn sry.

  42. Ich finde den Artikel sehr gut, aber vielleicht zu ehrgeizig, weil unterschiedliche Aspekte mehr oder weniger alle gemeinsam aufgezeigt werden:
    1. Probleme durch Technikfolgen
    2. Machtausübung durch Anwendung von Technik (z.B. der thailämdische Bauer)
    3. Naive Annahme, dass alles, was das Ergebnis von Wissenschaft ist, automatisch „besser“ sein muss.
    4. Der Einfluss von Technik auf unser Alltagsleben
    5. Der Einfluss von Wissenschaft auf unser Denken und unser Weltbild.

    Wenn ich es richtig sehe, steckt das alles irgendwie in dem Artikel drin – und das ist für einen Blogartikel vielleicht doch zu viel und mag der Grund sein, warum ich mich als Leser schwer tue, genau zu sagen, was jetzt eigentlich genau die These des Artikels ist und was genau kritisiert wird.

  43. Ich fand den Artikel gut geschrieben, habe aber auch nicht verstanden, worauf der Autor hinauswill.

    Wenn es aber darauf hinausläuft:

    das poetische, subjektive wieder als etwas zutiefst wissenschaftliches anzuerkennen.

    (#27)
    Dann mag ich dem nicht folgen. Wissenschaft mag manchmal durchaus poetisch sein, aber Poesie und Subjektivität sind niemals „zutiefst wissenschaftlich“. Weiß gar nicht, wie das gehen soll.

  44. @Dampier

    Das sehe ich genauso.
    Ein Problem tritt doch erst dann auf, wenn man von der nerdmäßigen Ansicht ausgeht, dass die Wissenschaft – noch konkreter die Physik – alles in der Welt abdeckt.
    Physik beinhaltet Chemie, Chemie beinhaltet Biologie. Und so ist dann im Grunde alles Physik. Musik ist dann im Übrigen nur die Physik der Luftdruckschwankungen. Wer so denkt, dem ist natürlich nicht zu helfen.

    In der Welt ist jede Menge Platz für Poesie und Kunst. Was hindert mich als Mensch daran, die Natur in künstlerischer und gleichzeitig wissenschaftlicher Weise zu betrachten? In einer wissenschaftlichen Abhandlung hat aber eine Vermischung von Wissenschaft und Kunst meiner Meinung nach nichts zu suchen.

  45. @tomtoo

    Dafür sollten doch gerade z.B die Sozialwissenschaften zuständig sein oder ? Die sollten doch sowas untersuchen , auswerten, Empfehlungen geben ?

    Ja, das tun sie auch.

    Ich habe weiter oben (#34) ein paar Fragen an @Stefan Sylla gestellt, weil mir bisher eben noch nicht ganz klar ist, was genau er meint. Vielleicht klärt er das ja noch.

  46. @TinaHH
    Irgentwie sehe ich da so eine Art Technikkulturkritik. Ganz schwammig. Sowas wie die Wissenschaft hat Einfluss auf die Technik und somit auf die Kultur , ergo. müsste (könnte) man die Wissenschaft ändern um negative Auswirkungen , der Technikkultur auf den Menschen zu vermeiden ??? So ungefähr oder ?

  47. ich hab den beitrag nun mehrmals gelesen.
    mir fällt es auch schwer, da etwas konkret zu belegen, auch wenn ich das gefühl habe, intuitiv erfasst zu haben, was @Stefan Sylla aussagen will. durch den grossen rundumschlag kommt man aber nicht auf DEN einen punkt. auch wenn ich sozusagen kopfnickend und mit freude das ganze durchlese.

    @Martin.B fasst das ja mal (irgendwie) zusammen
    andere fühlen sich ‚abgehängt‘, denn so ganz passt das auch noch nicht.
    die Sozialwissenschaft hat sich auch schon eingeklingt.

    evt ergibt sich doch noch – zusammen mit dem autor –
    gemeinsam ein erklärbares bild, auch wenn es sehr verschiedene denkansätze sein mögen.

  48. So wie ich es verstehe (#27), geht es dem Autor anscheinend auch um eine Rehabilitierung der „subjektiven Erfahrung“, die durch eine „künstlerisch-poetische Betrachtungsweise“ zum Ausdruck gebracht werden soll (# 27).

    Diese ominöse „subjektive Erfahrung“ ist es ja auch immer wieder, worauf alle Gläubige, Esoteriker, Spirituellen in aller Ernsthaftigkeit rekurrieren. Nicht-religiös gebundene Kritiker nehmen hingegen unter anderem gerne beim freigeistigen Goethe Zuflucht.

    Ich befürchte, dass dies kein Ausweg aus der brenzligen Situation darstellt, in der wir uns zweifelsohne befinden.

    Denn wenn es diesen Weg gäbe, müsste gegen jegliche, jetzige wissenschaftliche Erfahrung neben dem „Materiellen“ umgehend auch dem „Geistigen“ (oder wie man es auch immer nennen will) eine eigene Existenzberechtigung zugestanden werden, einem existierenden Etwas, das nicht nur ebenso exakt erforscht werden könnte, wie das Universum über uns und in uns, sondern auch geeignet wäre, zeitgemässe Lösungen und „Instrumente“ hervorzubringen.

    Ein Schritt zurück, um einen umfassenderen Gesamteindruck zu erhalten, ist okay, nicht aber das Abdriften in eine romantisch verklärte Vergangenheit.

  49. Na irgentwie habe ich das Gefühl , nicht ganz einsam so ein wenig in der Luft zu hängen. Das ist gut für mein Empfinden.

    Aber ich hab auch Bauchschmerzen, weil ich halt in der Luft hänge. Will sagen Technik verändert uns. Ja klar. Wissenschaft verändert möglichkeiten der Technologie.Ok. Wir nutzen Technologie , die evtl. auch negativen Einfluss auf uns (Gesellschaft) hat.Lokal ,Global usw. Aber warum sollte der “Angriffspunkt“ ausgerechnet die Naturwissenschaft sein ?

  50. @tomtoo
    nun es geht eher um die Wahrnehmungsveränderung, denke ich. Wenn man durch ein Medium, welcher art auch immer, etwas betrachtet, so wird das Objekt dardurch verfälscht und geprägt und diese Prägung reicht von Teile ausblenden bis hinzufügen. Fernseher und Radio sind ja als Beispiele angerissen, da dürfte es noch recht eindeutig sein. Die Sache bezieht sich aber nicht nur auf die bloße Sinneswahrnehmung, wie Hören und Sehen, sondern auch um die Art der Darstellung und die Verfremdungen die damit einhergehen. Welche Dinge werden in den Fokus gestellt etc. Alte Filme zB zeigen wesendlich mehr Pausen und leerstellen, heutige Filme sind schnell und rasant geschnitten. Man vergleiche hier vielleicht Stalker von Andrei Tarkowski aus 1979 und den Film „2012“. Auch ich kann das ganze nur anreißen, aber ich denke es ist klar, das ein Medium das Übertragene prägt, aus seiner „Natur“ heraus (Buch, Radio, Film) und aus der verwendeten Sprache im übertragenen Sinne(Schreib-, Schnitttechniken) (und natürlich auch im wörtlichen Sinn). Was hier nun eher diffus postuliert wird, ist dass Technik als eine schwammige Form von „Medium“ im allgemeinen unsere Wahrnehmung verändert und prägt. Und das ist auch so, denn unsere Wahrnehmung eicht sich mit dem, mit dem wir interagieren und uns beschäftigen. Eine fallende Münze wird uns sicher allen gleich auffallen, Einem der kein Umgang mit Geld erfahren hat wohl eher weniger. Ein Facebook-messanger-Ton lässt viele aufschrecken, vor 20 Jahren noch niemand. Auch hier beschränke ich mich auf einen gut fassbaren Sinn wie Hören, aber Geltung hat es in auch in tieferen Wahrnehmungsebenen, die ich leider manges Bildung nicht präziese festmachen kann.. Aber vereinfacht gesagt, wie wir die Dinge Sehen wird von den Dingen die wir gesehen haben beeinflusst. Und dann wird halt wage behauptet, dass uns die Technik unsere Wahrnehmung unsere Sicht derart verzerrt, dass wir fürs „Wesentliche“ nicht mehr empfänglich sind, nicht mehr erkennen. Aber auch hier schwimmt ein gängiges instinktives Gefühl der Ablehnung gegenüber Veränderung mit (gibt ein Fachbegriff und ist auch Wissenschaftlich untersucht.. nur leider nicht mehr in meinem Gedächtniss, naja damals wusst ichs noch! damals war alles besser). Aber nur weil sich etwas Verändert, heißt es ja objektiv nicht, dass es auch sich verschlechtert.
    Ich hoffe ich liege hilfreich einigermaßen beim Text und hab nicht nochmehr Verwirrung gestiftet..

  51. @Zhar
    „““Was hier nun eher diffus postuliert wird, ist dass Technik als eine schwammige Form von “Medium” im allgemeinen unsere Wahrnehmung verändert und prägt.““

    Ok danke dir. Ja Technik verändert uns. Das ist nicht mein Verständniss Problem. Doof könnte ich sagen, diese Erkenntniss ist trivial. Aber wie komme ich daraus auf den Schluss aus diesem Grund die Wissenschaft zu Hinterfragen ? Verstehst du da mein Problem ?

  52. Ja, Technik hat die Welt verändert, andererseits hat Goethe den Begriff Genie geprägt. Ich frage mich, was hier jetzt gut, schlecht oder besser ist: Denn es ist. Ja, man hätte vielleicht auf Goethe hören sollen, aber bringt uns das heute weiter? Verbessert, verändert das unsere Welt? Muss der Bauer eine Applikation bekommen, um seine Ernte zu verbessern? Mir fehlt das Resümee, was folgt, wenn wir einen anderen Ansatz wählen? Auch, wenn dies nicht mehr wirklich eine Option ist.

  53. @tomtoo #51

    So ungefähr verstehe ich das auch. Das Thema (wenn auch etwas schwammig und irgendwie zu weit gefasst in diesem Rahmen) ist aber schon spannend.
    Mal sehen, was der Autor uns noch mitteilt.

  54. Ich möchte aus dem „großen Rundumschlag“ mal folgende These herausgreifen:

    dass unser einseitiger Blick auf die Welt, verursacht durch das naturwissenschaftlich-technische Weltbild möglicherweise die Hauptursache für die globalen Krisen wie Umweltzerstörung, Klimawandel, oder massive soziale und ökonomische Ungleichheiten weltweit sein könnte.

    Und ihr deutlich widersprechen. Der Mensch hat seine Umwelt schon als Jäger und Sammler beeinflusst. Soziale und ökonomische Ungleichheit kamen im Gefolge der Entstehung von Landwirtschaft, Siedlungen und schließlich Staaten. All dass wurde erklärt und/oder gerechtfertigt mit „ganzheitlichen“, Menschen, Götter und Natur vereinenden Mythen. Ja, natürlich sind durch neue Technologien auch neue Probleme dazugekommen. Aber das Grundproblem ist das selbe: Der Mensch kann sich durch sein Handeln die Lebensgrundlage entziehen. Wirklich neu ist eigentlich nur, dass wir heute diese Probleme im globalen Maßstab erkennen können. Das ist sicherlich beunruhigend. Aber es ist auch scheiße seine Felder an Bodenerosion zu verlieren, ohne das im Satellitenbild beobachten zu können, oder an einer Krankheit zu sterben, ohne je ein Bakterium im Mikroskop gesehen zu haben.

  55. Bei all den vielen, wirklich guten und tiefgründigen Kommentaren (ich bin lieicht überwältigt) muss ich mal schauen, wie ich da jetzt etwas zusammengefasst drauf antworten kann.

    Erst nochmal @Tina_HH #34

    […] was du ansprichst, könnte man doch gut unter den großen Begriff “Kultur” packen. Oder meinst du eine wirklich eine andere Technologie? Oder eine “andere Wissenschaft” (wobei ich nicht weiß, was damit gemeint sein könnte)?
    Oder meinst du eher den Unterschied zwischen der westlichen und beispielsweise der thailändischen Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Kulturtechniken?

    Hmm.. ein interessanter Gedanke, das Ganze einfach als „Kultur“ zu bezeichnen. Es könnte durchaus sein, dass Du damit recht hast. Aber auf der anderen Seite impliziert der Begriff Kultur ja wieder diese absolute Trennung zwischen „Mensch“ und „Natur“, was ja auch eine Grundvorstellung der modernen Naturwissenschaften ist. Ich hier und alles andere da draußen. Und das war ja, vielleicht im Kern, Goethes Kritik an Newton: die Abkopplung der wissenschaftlichen Beobachtung vom Menschen. Sein Vorschlag, den er ja in seiner Farbenlehre aber auch in den morphologischen Studien ausführte ging in genau die entgegengesetzte Richtung: Wissenschaft basierend auf der Beobachtung durch den Menschen. Nicht künstlich im Labor, sondern so, wie wir die Phänomene in der Natur vorfinden.
    Das Goethe auf diese Art und Weise einen Weg fand, wissenschaftliches Denken mit Poesie und Kunst zu verbinden zeigt, dass er diese Dichotomie, diese Dualität, und damit die Trennung zwischen Mensch und Natur, die die modernen Wissenschaften systematisch durchzieht, auflösen konnte.

    Dazu @Dampler #27

    Wissenschaft mag manchmal durchaus poetisch sein, aber Poesie und Subjektivität sind niemals “zutiefst wissenschaftlich”. Weiß gar nicht, wie das gehen soll.

    Ja, das ist wohl ein Knackpunkt. Wie „Subjektivität“ wissenschaftlich sein könnte ist innerhalb des Verständnisses von Wissenschaft, wie wir es heute haben, kaum vorstellbar. Das ist vielleicht auch mit ein Grund, warum Goethes Ansatz größtenteils ad acta gelegt wird, weil er einfach kaum noch gedacht werden kann. Subjektive, ich nenne es mal „verkörperte“ Erfahrung, kann nun mal nicht gemessen, quantifiziert, oder über Experimente reproduziert werden. Aber: es kann von jedem im eigenen Körper „erfahren“ werden. Und das ist für mich ein wichtiger Unterschied zur modernen Wissenschaft. Wer kann denn heute noch ohne weiteres die letzten Erkenntnisse in Physik, Mathematik oder Chemie ohne jahrelanges Studium wirklich nachvollziehen?

    Und @Withold Ch. #53, Du drückst es ja sehr gut aus:

    Denn wenn es diesen Weg gäbe, müsste gegen jegliche, jetzige wissenschaftliche Erfahrung neben dem “Materiellen” umgehend auch dem “Geistigen” (oder wie man es auch immer nennen will) eine eigene Existenzberechtigung zugestanden werden, einem existierenden Etwas, das nicht nur ebenso exakt erforscht werden könnte, wie das Universum über uns und in uns, sondern auch geeignet wäre, zeitgemässe Lösungen und “Instrumente” hervorzubringen.

    Das wäre quasi die Konsequenz, diese Anerkennung eines „geistigen“, ebenbürtig neben dem physischen. Ich glaube da würde eine wirklich neue Wissenschaft nicht drum herum kommen. Und ich finde das hat ganz nüchtern betrachtet überhaupt nichts mit „Esoterik“ zu tun. Es geht ja zuallererst einfach mal darum, die eigenen Beobachtungsfähigkeiten auszubauen in eine Richtung, die heute überhaupt nicht mehr gepflegt wird. Ob dann allerdings die „exakte Erforschung“ genauso ablaufen würde wie heute im Chemielabor, das bezweifle ich. Es wird exakt sein, aber wohl keine Exaktheit im mathematischen Sinne.

  56. @Withold Ch.

    Aber die Goetheschen naturwissenschaftlichen Theorien führen zB direkt zu Steiner und seiner Anthroposophie […] [die] aber niemals einen für die Allgemeinheit gültigen Anspruch werden erheben können, weil sie in absolutem Widerspruch zu den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaften und den daraus abgeleiteten und in vielem irreversiblen technischen Entwicklungen stehen.

    Die Anthroposophen haben sich in der Tat intensiv mit goetheanischer Forschung befasst, und tun das bis heute. Wenn ihre Forschungsergebnisse in „absolutem Widerspruch zu den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaft“ stehen (hättest Du ein Beispiel?), dann wäre das ja umso interessanter, sich damit auseinanderzusetzen. Weil das hieße ja, wenn man denn beide Ansätze ernst nimmt, dass wir mit verschiedenen Blicken auf ganz andere Ergebnisse kommen, obwohl wir auf derselben Erde leben!

  57. @tomtoo
    vielleicht ist die Wissenschaft zur Technik, wie die Schnitttechnik zum Fernsehn, eine Art von Sprache, ein Stil der festlegt wie wir mit dem Medium umgehen. Man kann sich beschweren, dass das Fernsehn uns viel zu hecktisch macht, da es so schnell und laut geworden ist und man kann sich sorgen, dass die Technik uns vom Schönen abbringt, da sie zu „wissenschaftlich“ ist. So richtig fassbar und konkret ist das ganze leider nicht, dafür sind die Wortdefinitionen zu aufgeweicht und man müsste eine größere philosophische Abhandlung verfassen..
    wie erwähnt liegt hier wohl grundlegend die Skepsis gegen das Neue, die Sorge vor Veränderungen, das „früher war alles besser“-Gefühl in der Sache. Sowas ist schwer zu greifen, da es sich grundlegend argumentativlos als Gefühl manifestiert. Dazu nicht ganz passend aber überschneident ist dies Video(englisch) https://youtu.be/LD0x7ho_IYc mit dem Schwerpunkt Jugend und Generation, was aber sehr interessante Punkte darlegt.(mit transcript: https://sites.google.com/site/vsaucetranscripts/scripts/juvenoia)

  58. @ Stefan Sylla
    die letzten beiden Abschnitte (zitat Withold + deiner)
    führen mich doch in die richtige richtung, die ich so vorher nicht ausdrücken konnte, aber bereit war es gerne so ‚intuitiv‘ zu erfassen (was ja auch nicht messbar ist).
    uns menschen ist eben doch mehr gegeben als das reine denken, nur um zu überleben.
    um diese beiden ‚welten‘ wieder zu verbinden gehört sicher auch mut dazu, denn es hat ja schon lange gedauert beides zu trennen. was in vielen bereichen auch sinn macht, aber nicht komplett vernachlässigt werden sollte.
    Ja, es ist schwer mit so einem thema nicht in der ecke von (ich zitiere mal ein hier gern gebrauchtes wort) verschwurbelten ansichten zu landen. aber nach dieser aufklärung gefällt mir der artikel immer besser, da er grundlegend menschliches zum thema macht – in jeder hinsicht.
    es gefällt, dass man sich hier weiter viele gedanken machen soll.!

  59. Nun, das hehre Ziel „wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wohle der Menschheit“ zu nutzen vs. „Technik um der Technik willen“ mag das eine sein, ist aber, so als Gegenthese, nicht „der Mensch als Mittelpunkt des Universums“ gerade die Ursache der (selbstgeschaffenen) Probleme und so die Vermeidung der Subjektivität in den gewonnenen Erkenntnissen der brauchbarere Lösungsansatz?

  60. @Stefan Sylla

    Wissenschaft basierend auf der Beobachtung durch den Menschen. Nicht künstlich im Labor, sondern so, wie wir die Phänomene in der Natur vorfinden.

    Na ja, das Labor als Beispiel menschlichen Erfindungsreichtums eben enorm erfolgreich. Da wir hier in der geistigen Tradition der Aufklärung und mit den Errungenschaften der modernen Wissenschaft aufgewachsen sind, fällt es schwer, sich all dies wegzudenken und sich stattdessen etwas ganz anderes vorzustellen.
    Wie Menschen sich in früheren Jahrhunderten wirklich gefühlt haben, kann man zwar versuchen nachzuvollziehen (z.B. wenn man Goethe liest), aber das Problem bleibt natürlich, dass die Menschen, die damals lebten, unsere heutige Welt eben noch nicht kennen und auch nicht, so wie wir, von ihr geprägt werden konnten.
    Meiner Meinung nach überwiegen die Errungenschaften der modernen Welt bei Weitem ihre ganzen Nachteile und deshalb fände ich persönlich es auch nicht erstrebenswert, zu früheren Zuständen zurückzukehren. Dass auf dem ganzen Weg sicher auch vieles verloren ging, ist natürlich auch richtig. Ich sehe jedoch nach wie vor nicht, wie das subjektive Empfinden die Grundlage für eine andere Wissenschaft sein könnte.

  61. P.S. Die Ansicht oder das Gefühl, dass früher alles besser war, habe ich übrigens noch nie gehabt.
    Wenn ich mir etwas Schöneres als das heute Vorhandene und allgemein bessere Zustände versuche vorzustellen, dann befinden sich diese immer in einer imaginären besseren Zukunft.

  62. @ Tina Hill
    ich würde den artikel und die aussagen von @Stefan nicht so interpretieren, dass er sich zurück ins techniklose wünscht, sondern ich sehe schon, dass er gut damit leben kann, dass es technik, entwicklung und wissenschaftliche erkenntnisse gibt.
    aber das verhältnis des menschen zur technik, und deren gegenseitiger einfluss, bzw das ZU technikgläubige (auch wenns eine tolle wortkombination darstellt) ist es, was er gerne anders ausleben will:
    mit mehr gefühl, intuition, rückbesinnung auf bewährtes, mal was nicht technisches … kombiniert mit schönheit, kreativität und wem’s beliebt, noch einem happen glauben, dass das auch alles noch dazugehört..
    um wieder zu lernen, abzuschätzen ob jede art von technik das menschliche nicht zu sehr verdrängt.
    ja, so würde mir das auch gefallen.

  63. @Zhar
    Dir erstmal vielen Dank.

    Ich bin da im Denken bei @TinaHH. Ich kann mir Wissenschaft nur so objektiv wie möglich vorstellen. Das ist jetzt ein wenig übertrieben aber bei subjektiver Wissenschaft denke ich an sowas wie germanische Physik. Ich denke da wird das Pferd von der falschen Seite aufgezäunt. Kritik an einer immer mehr technisierten Welt. Bei der die Taktraten des Lebens sich im GHz Bereich abzuspielen scheinen. Smombies altäglich sind usw. halte ich für durchaus angebracht. Aber ich sehe die Schuld nicht bei einer Wissenschaft, die so gebaut ist wie sie ist.

  64. @Mars

    ich würde den artikel und die aussagen von @Stefan nicht so interpretieren, dass er sich zurück ins techniklose wünscht,…

    So habe ich das auch nicht aufgefasst, kann aber sein, dass das, was ich geschrieben habe, so rüberkommt.
    Ich habe auch nichts gegen Gefühl, Intuition, Schönheit und Kreativität und dergleichen (natürlich nicht), aber als Grundlage der Wissenschaft sehe ich eben die Rationalität, den Schritt beiseite und das Nachdenken über das Objekt, die Neugier und das Herausfinden wollen, das Experimentieren und Auswerten und die Nachvollziehbarkeit der Argumente, die Kritik, das Scheitern und das Weitermachen, die Anwendbarkeit, den Erfolg.
    Wie und wodurch könnte man das ersetzen? Ist es überhaupt sinnvoll, das ersetzen zu wollen? Meiner Meinung nach nicht.

  65. Ich bin mir uneins. Auf der einen Seite werden viele interessante Gedanke aufgeworfen und vor allem der Brückenschlag zu Marshall MacLuhan gefällt mir. Auf der anderen Seite ist das Argument, dass wir durch mehr Technik verlernen auf unsere natürlichen Instinkte zu vertrauen so alt wie richtig wie problematisch.

    Es mag stimmen, dass die Nutzung von Technik das Verlernen von Wissen fördert, das früher zum Leben nötig war. Ich weiss z.B. nicht ohne es irgendwo nachzulesen, wie man Brot backt, wie man einen Gemüsegarten anlegt, welche Wildkräuter für welches Leiden helfen, wie man Nahrungsmittel haltbar macht, wie man ohne Hilfsmittel Feuer macht, usw.

    Dafür kann ich Gesetze und Verträge lesen und interpretieren, kenne ich mich in Meiner Kleinen Welt der Prozessleittechnik sehr gut aus, weiss was in meine Steuererklärung gehört, in welchem Regal mein FAUST steht, und kann meiner Gartenbewässerung sagen, wie sie anhand von (gemessener, nicht geschätzter!) Temperatur- und Niederschlagssituation des Vortages die tägliche Bewässerungsmenge steuern soll. Nichts davon ist ohne Technik denkbar, aber das gilt für unser ganzes modernes Leben – und das betrifft ja nicht nur die zwischen lustig und gefährlich alternierenden Smombies, sondern auch z.B. die gigantische Zeitersparnis, die mir z.B. das Internet bei meiner täglichen Arbeit bringt (wenn ich allein daran denke, den ganzen online-Kontakt mit unseren Lieferanten mit Papier und Post abwickeln zu müssen…).

    Ich schleppe auch viele Fertigkeiten mit mir herum, die fast sicher niemals zu meiner Existenzsicherung beitragen können: Wie man Kettenzeug flechtet, zum Beispiel, oder wie man eine Blide baut.

    Und nicht zuletzt entwickle ich durch alles, was ich kann und wobei mir die Technik hilft – sei es von Berufswegen oder als Hobby – auch wieder neue Intuitionen, neue Alltagsheuristiken und neue Herangehensweisen, die mir in andern Teilen der Welt oder zu anderen Zeiten möglicherweise nicht viel bringen, die aber für mein Leben im hier und heute nicht nur wichtig sind, sondern dieses in der Tat auch einfacher machen.

    Generell fällt mir bei solchen Texten auf, dass ein zentrales Argument, dass uns als Menschen durch den Fortschritt etwas verloren geht und wir dazu neigen, die Probleme die sich dadurch ergeben mit noch mehr Technik zu beheben. Mit dem Effekt, dass wir evtl. Fertigkeiten verlieren, weil wir sie durch Technik ersetzen.

    Das ist auch richtig, aber das machen wir als Menschen doch dauernd, seit die Bewohner von Ur herausfinden mussten, wie sesshafte Menschen zu ernähren sind. Technikfolgen durch Technik zu begegnen ist weder neu noch außergewöhnlich, sondern scheint zum normalen Gang des Fortschritts zu gehören. Mit allen Vor- und Nachteilen die das hat. Und zumindest in meinen Augen vergessen wir oft eben, dass die Nutzung von Technik Intuition nicht nur auf der einen Seite verkümmern, sondern auf der anderen auch neu entstehen lässt.

  66. @Mars

    aber das verhältnis des menschen zur technik, und deren gegenseitiger einfluss, bzw das ZU technikgläubige (auch wenns eine tolle wortkombination darstellt) ist es, was er gerne anders ausleben will:
    mit mehr gefühl, intuition, rückbesinnung auf bewährtes, mal was nicht technisches …

    Wenn ich da so an die Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere in den USA und betreffens den Klimawandel denke, scheint mir das genaue Gegenteil notwendig: das Vertrauen in die Wissenschaft wieder herzustellen.

    Tatsächlich verorte ich die angesprochenen Probleme auch ganz woanders. Die Technik befindet sich einem Spannungsfeld von Wissen, Möglichkeiten und Interessen.

    Die Wissenschaft ist zunächst mal eine wertneutrale Methodik, der Natur zu entlocken, wie sie funktioniert. Mit diesem Wissen kann die Technik dann ihre Gadgets hervorbringen. Was sie hervorbringt, wird durch das Wissen begrenzt, aber keineswegs gesteuert. Gesteuert wird die Technik von Interessen, und die sind im wesentlichen marktwirtschaftlich und politisch bestimmt. All die schönen elektronischen Geräte, aber auch Fahrzeuge, Baumaschinen, Fabrikroboter, bis zurück zur Dampfmaschine und den Webstühlen, sind aus wirtschaftlichen Interssen geschaffen worden, weil man damit Geld verdienen kann.

    Und Dinge wie Raketen, die Atombombe, aber auch Windkraftanlagen,Teilchenbeschleuniger und die ISS wurden durch politischen Willen hervorgebracht.

    Wenn man also über die Wissenschaft lenken will, was die Technik am Ende hervorbringt, müsste man sie künstlich ‚dumm‘ halten, was nicht gelingen wird (schon deswegen nicht, weil Wissenschaft im internationalen Wettbewerb steht und es keine oberste Instanz gibt, die die Forschung weltweit lenken könnte; zumal Grundlagenforschung zweckfrei und oft nicht vorhersehbar ist).

    Vielversprechender scheint der Ansatz, über die Politik sowohl die Marktwirtschaft (Stichwort: Waffengesetze, aber auch Förderung von Elektromobilität oder Umweltauflagen) als auch die militärische Entwicklung (Stichwort: Atomwaffensperrvertrag) oder Energiepolitik (Stuchwort: Energiewende, Fusionsforschung) zu steuern. Dafür bedarf es mündiger Wähler, damit nicht so ein Unsinn wie in England, den USA oder Katalonien dabei herauskommt. Wir haben kein Problem mit der Wissenschaft oder Technik. Wir haben hingegen ein Riesenproblem mit der politischen und naturwissenschaftlichen Bildung der Bevölkerung.

  67. Was ich noch vergessen habe, zu schreiben:
    Intuition und Kreativität sind in der Wissenschaft natürlich auch nicht verzichtbar. In ihren Erkenntissen (mal ganz stark verallgemeinert) sehe ich oft ganz viel Schönheit. Und den Blick durchs Teleskop – um mal wieder auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen – empfinde ich als Bereicherung und nicht als Verwirrung.

  68. Er erzählte mir begeistert von einem Projekt, bei dem es darum ging, den Bauern (hier: in Thailand) eine Smartphone App zur Verfügung zu stellen, die anhand der Wetterdaten und vieler anderer Informationen per Photo eine Analyse der Pflanze erstellt, und dann Vorschläge z.B. über die richtige Düngung und den Einsatz von Pflanzenschutz usw. geben kann.

    Tja, beim thailändischen Bauern geht bei mir sofort das rote Warnlicht an. Wahrscheinlich kennt niemand hier einen thailändischen Bauern und so fängt das Hirn gleich an sich einen auszuspinnen, mit all den romantischen Verklärungen des Bauern als ehrlichem Schollenheini mit Zahnlücken und breitem Grinsen.

    Sachdienlicher ist es solche Beispiele da zu suchen, wo man zuhause ist. Dank PKW-Seuche haben wir alle verlernt mit Pferden umzugehen – was für ein Verlust! Dank GPS werden wir – falls wir etwas älter sind – verlernen, mit physischen Karten in der Hand zu navigieren; jüngere haben es gar nicht erst gelernt. Sicher – bei einer 2wöchigen Survivaltour ohne Möglichkeit das Smartphone aufzuladen hat die Karte Vorteile. Bei Tagestouren im Regen ist wohl das Smartphone überlegen.
    Die Vor- und Nachteile sind im konkreten eben mannigfach. Deswegen neige ich dazu die Entscheidung, ob er die App haben will, dem Bauern vor Ort zu überlassen und diese frühzeitig in die Appentwicklung einzubeziehen, wenn möglich.

    Anderes Beispiel: Es gibt Tablet-PCs mit Digitalstift, da kann man gleich aufs Display zeichnen. Vorteil: Wenn man die Zeichnung auf dem PC haben will, dann muss man sie nicht mühsam ausleuchten und abfotografieren oder weniger mühsam einscannen. Allerdings, wenn man den Scanner oder die Digitalknipse schon hat, sind das Kosten. Viele Arbeitsschritte im Grafikprogramm sind vernünftig nur mit einer angeschlossenen Tastatur zu erledigen (Stiftwechsel, Farbwechsel, Zoom, rückgängig, …). Bevor ich so ein Gerät selbst mehrfach benutzt hatte, konnte ich nur mutmaßen, ob es im Endeffekt von Vorteil ist, oder zu viel Aufwand damit einhergeht.
    Manches kann man damit sehr gut machen, was mit Stift und Papier nur schlecht geht, etwa ein Foto mit ein paar raschen Strichen zu überlagern und dabei Proportionen, Perspektive sehr gut zu erwischen. Bei anderen Einsatzgebieten taugt es wiederum wenig.
    Mein Laptop ist zugleich Arbeitstier und Internetbespaßung und steckt in einer Dockingstation mit 10 angeschlossenen Geräten. Beim Zeichnen muss man ihn da rausnehmen, was mich davon abhält, das häufig und sehr spontan für 1-2 Minuten zu machen. Nur bei längerem Einsatz lohnt sich das. 2 Geräte bereithalten würde bedeuten, die immer wieder synchronisieren zu müssen, erhöhter Stromverbrauch, Generve an anderer Stelle (booten).

    Ich kann auch für niemand anderen entscheiden, ob es für ihn geeignet ist.

    Beim Bauern weiß ich auch nicht, wie viele Kleinbauern es gibt, wie abhängig die sind, ob die eh ein Smartphone auf dem Feld dabei haben, wie oft die am Tag oder im Jahr die App nutzen würden, was sie das kostet, wie viele diesen guten Erfahrungsschatz haben und wie die Entwicklung der nächsten 30 Jahre aussehen wird. Wenn der Klimawandel zuschlägt ist das jahrhundertealte Wissen womöglich bald wertlos.

    Zwischen Wissenschaft und Bauern sehe ich hier noch die Ingenieure, die die Appentwicklung umsetzen (Programmierer) und eine Industrie, die es für einen gewissen Massenmarkt ausrollt. Wird das über einen integrierten Button finanziert, mit dem man gleich das passende Unkrautvernichtungsmittel und den richtigen Dünger bestellen kann? Bleibt davon die Empfehlung des Programms unbeeinflusst? Wenn Ihr die App nicht entwickelt, kommt dann nicht übermorgen ein thailändischer Wissenschaftler/Programmierer, und setzt es um? Kann man diese Zukunft überhaupt aufhalten?

    Ẃenn der Bauer verlernt das Wetter und den Boden selbst zu lesen, wird er die gewonnene Zeit in anderes investieren, etwa andere nützliche Dinge mit dem Smartphone zu erledigen lernen? Oder werden qualifizierte Klugbauern durch billige Dummbauern ersetzt werden und die klugen wandern in andere Metiers ab (Appentwicklung)?

    Vermischtes:

    Als Brillenträger kann ich Goethe nicht folgen. Seine Bedenken hatte ich noch nie.

    @Zhar:

    Zeit ist nunmal begrenzt und wenn ich Katzenbilder ansehe bin ich nunmal nicht im Wald und erfreue mich an den Facetten des Mooses. Und hier hat die Technik leider größere Möglichkeiten, denn sie kann dazu benutzt werden ein effektiverer Zeitstehler zu sein.

    Wenn ich Wald im Fernsehen gucke, dann sehe ich Rehe, Wildkatzen, 10 Sorten Vögel, Wildschweine, und, und, und.
    Gehe ich selbst in den Wald sehe ich 20 Rentner mit Skistöcken und Hunden. 🙂

    @Cornelia S. Gliem:

    dann ist unser “westlich-modernes” Hoch-halten der ursprünglichen eingeborenen Fähigkeiten nur nostalgisch

    Neulich las ich, dass die Kinder und Jugendlichen kaum noch mit Stift schreiben. Das stundenlange Schreiben in der Schule habe aber die Feinmotorik entscheidend geschult, und diese verschwinde so als ungewollter Nebeneffekt. Im Alter (in der Lehre) könne man das nur noch schlecht nachholen. Ob’s stimmt, weiß ich nicht. Solche Effekte sind natürlich schwer vorauszusehen.

    @Stefan Sylla

    sind die Probleme, die wir heute mit Hilfe der Technik lösen wollen, vielleicht erst durch unser neuzeitliches (technik-dominiertes) Weltbild maßgeblich mit-bewirkt worden?

    Das ist keine Frage, das ist evident. Die Frage ist, ob die neuen Probleme, die wir durch die Bewältigung alter Probleme schaffen, kleiner sind als die alten. Das kann man vorab oft nicht wissen, aber man kann es vorab auf dem Schirm haben und sollte misstrauisch sein, wenn jemand ultimative Lösungen anpreist.

    @Zhar:

    denn der Wissenschafts gehts gut

    Abgesehen von Wissenschaftsbetrug, Korruption und Zitationszirkeln, abgesehen von Drittelmitteleinwerbung und Förderungsantragsbürokratie, bei der man die erwarteten Ergebnisse und Nützlichkeiten schon in den Antrag schreiben muss, abgesehen von der Klassenhermetik der Bildung in Deutschland und der Filterblase in den Geisteswissenschaften geht es der Wissenschaft blendent, ja.

    @Mars:

    sind die Probleme, die wir heute mit Hilfe der Technik lösen wollen, vielleicht erst durch unser neuzeitliches (technik-dominiertes) Weltbild maßgeblich mit-bewirkt worden?

    Die großen Würfe mögen fast alle von kreativen Querdenkern stammen. Man darf dabei aber nicht übersehen, dass die meisten Kreativen sich verrennen, scheitern, und unbekannt sterben (Survivor bias). Interessant dazu die Aussage Jordan Petersons, dass Kreativität kein nützlicher Predictor für Karrieren in der Wissenschaft sind. Hier ein verwandtes, aber anderes, kurzes Video zum Thema.
    Diszipliniertes Arbeiten ist auch für die Genies unerlässlich und steht meist im Gegensatz zum kreativen Genie, welches sich eben verstärkt in der Kunst findet.

    @Lecherl:

    und einen weiteren über Goethes Farbenlehre angekündigt.

    Ich bin erwartungsvoll gespannt. 🙂

    @Stefan Sylla:

    Also die Möglichkeit, dass die Technik nicht einfach das Ergebnis einer lineare Fortentwicklung der Menschheit ist, sondern das Ergebnis eines ganz bestimmten Weges, den wir eingeschlagen haben.

    Die Technik ist m.E. keine lineare Fortentwicklung. Der heutige Stand setzt einen gewissen gestrigen Stand zwar voraus, aber ich sehe das eher als die Entwicklung eines Baumes, der von einem Punkt in viele Richtungen Triebe entwickelt.

    @Zhar:

    Wenn man durch ein Medium, welcher art auch immer, etwas betrachtet, so wird das Objekt dardurch verfälscht und geprägt und diese Prägung reicht von Teile ausblenden bis hinzufügen.

    Nun, das unterstellt, dass es theoretisch die Möglichkeit gibt ein Objekt unvefälscht zu betrachten. Ohne ein Interesse am Objekt wird man es aber gar nicht erst betrachten. Das Interesse beeinflusst schon die Wahrnehmung. Uns stehen jederzeit unzählige Objekte mit unzähligen Aspekten und Details zur Verfügung, die wir betrachten könnten.
    Man kann auch die Luft, durch die wir es betrachten, nicht ausschalten, oder Lichtverhältnisse – es gibt keine neutralen Lichtverhältnisse, keine neutrale Entfernung, aus der wir etwas betrachten.

    Allerdings gibt es reproduzierbare Beobachtungsbedingungen, unter denen ein anderer das gleiche Objekt mit gleichem Ergebnis beobachten kann, zumindest bei einer gewissen Abweichungstoleranz. Etwa bei wie viel Grad kocht Wasser in einer mittleren Höhe von 0-1000 m über NN.

    @Herr B.

    All dass wurde erklärt und/oder gerechtfertigt mit “ganzheitlichen”, Menschen, Götter und Natur vereinenden Mythen.

    Der Begriff des ganzheitlichen ist aber doch eine sehr moderne Erscheinung. Bis heute konnte mir noch keiner sagen, was das überhaupt sein soll, außer einer diffusen Marketingmetapher für Schwachsinn aller Art.

    @Stefan Sylla:

    Aber auf der anderen Seite impliziert der Begriff Kultur ja wieder diese absolute Trennung zwischen “Mensch” und “Natur”, was ja auch eine Grundvorstellung der modernen Naturwissenschaften ist.

    Nein und nein.
    Der Mensch ist von Natur aus ein Kulturwesen. Und auch nicht das einzige. Dass das getrennte, trennbare Phänomene sind ist wohl eine Idee, die bis zu den alten Griechen zurückgeht. In der Moderne ist bekannt geworden, dass es ein Irrtum ist.

    Subjektive, ich nenne es mal “verkörperte” Erfahrung, kann nun mal nicht gemessen, quantifiziert, oder über Experimente reproduziert werden. Aber: es kann von jedem im eigenen Körper “erfahren” werden.

    Contradictio in adjecto. Wenn subjektive Erfahrung nicht gemessen werden kann, woher weißt Du dann, dass sie überhaupt existiert?

    Wenn sie im eigenen Körper erfahren werden kann, dann ist sie zumindest prinzipiell für Messungen zugänglich, auch wenn wir heute noch nicht so weit sind.

    Wer kann denn heute noch ohne weiteres die letzten Erkenntnisse in Physik, Mathematik oder Chemie ohne jahrelanges Studium wirklich nachvollziehen?

    Konnte man das je? Der Mensch kann ohne jahrelanges Lernen nicht mal ganze Sätze mit Nebensatz formulieren.

    Angst vor Schlangen, Feuer und tiefen Abhängen müssen wir nicht lernen. Was erwartest Du/Goethe? Magische Erkenntnis?

    @Alderamin:

    Wenn man also über die Wissenschaft lenken will, was die Technik am Ende hervorbringt, müsste man sie künstlich ‘dumm’ halten,

    Dazu müsste der, der es lenkt, vorab wissen, was dabei herauskommt. Dann hätte er das Wissen aber schon und die Wissenschaft wäre überflüssig.

    All die schönen elektronischen Geräte, aber auch Fahrzeuge, Baumaschinen, Fabrikroboter, bis zurück zur Dampfmaschine und den Webstühlen, sind aus wirtschaftlichen Interssen geschaffen worden, weil man damit Geld verdienen kann

    Und was will man mit dem Geld?

  69. @user unknown:

    Sehr schöner Kommentar!

    Neulich las ich, dass die Kinder und Jugendlichen kaum noch mit Stift schreiben. Das stundenlange Schreiben in der Schule habe aber die Feinmotorik entscheidend geschult, und diese verschwinde so als ungewollter Nebeneffekt. Im Alter (in der Lehre) könne man das nur noch schlecht nachholen. Ob’s stimmt, weiß ich nicht. Solche Effekte sind natürlich schwer vorauszusehen.

    Ein ähnliches Argument hört man sehr häufig, wenn eine Fähigkeit verlernt wird, weil sie keinen unmittelbaren Nutzen mehr bringt. Ja, für X braucht man das nicht mehr, aber das hilft auch bei Y, und das ist ungeheuer wichtig und wertvoll … Handschrift schult die Feinmotorik, Reiten ist gut für (was auch immer), Latein lernen ist überhaupt eine unübertroffene Geistesschulung und hilft ungemein beim Erlernen romanischer Sprachen, usw. (Lernt wer Altkirchenslawisch, um Russisch zu lernen? Nebenbei: ich kann sehr gut Latein und lese viel und regelmäßig auf Latein.)

    Solche Argumente sind nicht ganz von der Hand zu weisen, kommen aber meistens eher von Leuten, die viel gelernt haben in ihrem Leben und sich schwer tun einzugestehen, dass Vieles davon überholt ist.

    und einen weiteren über Goethes Farbenlehre angekündigt.

    Ich bin erwartungsvoll gespannt. 🙂

    Bitte noch etwas Geduld! Kommt erst nach dem Schreibwettbewerb, dann habe ich hoffentlich auch mehr Zeit. Der Titel steht schon fest: „Goethe als Briefmarkensammler.“

  70. Aber auf der anderen Seite impliziert der Begriff Kultur ja wieder diese absolute Trennung zwischen “Mensch” und “Natur”, was ja auch eine Grundvorstellung der modernen Naturwissenschaften ist.

    Nein, sicher nicht. Diese Trennung stammt aus manchen Religionen und aus manchen Schulen der Kulturwissenschaften und Geisteswissenschaften. Das sind vor allem die Leute, die entsetzt oder verwirrt reagieren, wenn man den Menschen als Tier (oder auch nur als Primaten) bezeichnet.

  71. Dank PKW-Seuche haben wir alle verlernt mit Pferden umzugehen – was für ein Verlust! Dank GPS werden wir – falls wir etwas älter sind – verlernen, mit physischen Karten in der Hand zu navigieren; jüngere haben es gar nicht erst gelernt.

    Dank Taschenrechner haben viele verlernt, selbst zu rechnen. Und stehen dumm da, wenn sie mal im Kopf rechnen müssten. Oder schlucken beinahe jedes noch so irrsinnige (fehlerhafte) Ergebnis. Können nicht mal mehr Größenordnungen abschätzen.
    Ich denke, man sollte da schon differenzieren, wo man auf alte Kompetenzen oder Kulturtechniken verzichten kann und wo sie weiterhin gelernt werden sollten, auch wenn man im Alltag bequemere Wege gehen kann. Da muß man keine Katastrophenszenarien beschwören wie den Ausfall von GPS (oder simpler etwa den Ausfall der Bordelektronik auf einem Segelboot auf der Nordsee).
    Und man sollte auch nicht voreilig das alte Wissen ablegen. So eine „Reisanpflanz-App“ mag ja theoretisch weit besser sein als das Bauchwissen des thailändischen Bauern – vorausgesetzt, sie funktioniert auch wirklich und ist nicht, wie so oft mehr oder weniger eine Betaversion, die halt schon mal auf den Markt geschmissen wird.

  72. Nicht wichtig, interessiert mich dennoch: Mein erster Kommentar (#74) erscheint sofort, der zweite (#75) hängt in der Warteschleife.
    Keine Links, beidemal formal gleich, also Zitat und Antwort.
    Kommt’s auf die Länge an? Oder ob die Kommentarnummer gerade oder ungerade ist?
    Spezifische Schlagworte oder Formulierungen, die ausgefiltert werden?

  73. @Roland B.

    Kommt’s auf die Länge an? Oder ob die Kommentarnummer gerade oder ungerade ist? Spezifische Schlagworte oder Formulierungen, die ausgefiltert werden?

    Wer diese Fragen beantworten kann, hat einen Nobelpreis verdient. Wesentlich sind jedenfalls die Mondphasen, die Sonnenflecken und der Flügelschlag von südamerikanischen Schmetterlingen.

    Bin gespannt, ob dieser Kommentar gleich durchkommt, mein voriger harrt noch der Moderation.

  74. @user unknown
    „Gehe ich selbst in den Wald sehe ich 20 Rentner mit Skistöcken und Hunden.“
    Da musste ich schon lachen, danke 😉 Ich will ja auch nicht sagen, dass man übers Fernsehn/Internet nicht eine größere Vielfalt in kleinerer Zeit erreicht, aber das Erlebnis ist halt anders, als wenn man es mit eigenen Augen sieht. Zudem kann man dort aktiverer Teil des Erlebens werden und erhält Antworten vom Objekt die direkt an unsere Fragen gekoppelt sind, im Kontext sind wir selbst quasi das Medium und erfahren dardurch nicht nur das Objekt sondern auch uns Selbst, wenn man darauf achten will. Das ist sogesehen auch richtig und in etwa die Richtung des Artikels, ohne jetzt daraus bewertende Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich kann mich auch noch sehr gut erinnern, wie berauschend es war, als ich den Saturn zum ersten mal durch ein kleines Teleskop gesehen hab, das ist schon was besonderes, auch wenn der Saturn an sich nur ein unförmiges Fleckchen war wo ich so gerade die Ringe und deren Schatten? sehen konnte. Das Internet bietet mir da weit bessere Bilder von jedem Planeten und Asteroiden. Ist aber nicht das Selbe, was der Artkel ja auch ausdrücken wollte und ich muss ihm da schon zustimmen, ohne das jetzt zu bewerten, denn was „besser“ ist, ist eine weit komplexere Frage ohne allgemeingültige Antwort (nach meinem Verständnis). Aber vielleicht schwimmt beim Erleben auch ein instinktives Verhalten mit, dass uns die Wahrnehmung subjektiv als wertvoller erfahren lässt, wenn wir dafür mehr investiert haben, so wie es bei anderen Dingen ja auch ist.

    „der Wissenschafts gehts gut“ war natürlich im Kontext des Artikels gemeint und nicht derart allgemein, ich hab mich vielleicht zusehr von der schwammigen Verwendung leiten lassen. Ich habe aber an die Probleme der „Institution Wissenschaft“ beim Schreiben durchaus gedacht sie doch bewusst nicht noch erwähnt, ich wollte beim Thema bleiben. Dem Artikel geht es ja eher um die Methode an sich, nicht an die wirtschaftlichen und politischen Verstrikungen, da gibt es natürlich sehr vieles wo es ihr nicht so gut geht, da stimme ich zu.

    und weiter:
    „Wenn man durch ein Medium, welcher art auch immer, etwas betrachtet, so wird das Objekt dardurch verfälscht und geprägt und diese Prägung reicht von Teile ausblenden bis hinzufügen.“
    „Nun, das unterstellt, dass es theoretisch die Möglichkeit gibt ein Objekt unvefälscht zu betrachten.“

    Nein, das unterstellt lediglich, das es soetwas wie ein grundlegendes eindeutiges Objekt mit eindeutigen Merkmalen gibt. Was ja genau die Reproduierbarkeit von Beobachtungen erst ermöglicht. Nun gut, wie es jetzt auf der Quantenebene aussieht mit Eindeutigkeit und „versteckten Variablen“ und dergleichen bin ich im Moment nicht vollständig auf dem Laufenden, aber auch hier geht das an dem Thema vorbei. Es ging wirklich nur um die triviale Erkenntnis, dass das Medium im weiteren Sinne, oder die Art der Beobachtung das Ergebnis bzw näher am Kontext das Erlebnis bestimmt.
    Und ich bin mir nicht sicher, aber Interesse vermute ich auch inkludiert in der diffusen Definition von „wissenschaftlichen Technikmedium“ was unsere Wahrnehmung beeinflusst. Habe ich aber so auch nicht im Fokus gehabt.
    Ein Problem des Artikels, vieles irgendwie angerissen und nicht sonderlich klar abgegrenzt oder fokussiert. Ich habe versucht eine Teilaussage des Artikels möglichst unausschweifend zu konkretisieren, zu fassen und musste da schon auf der „Sprache“ und der von mir verstandenen Intension des Artikels aufbauen. Korruption in der Wissenschaft oder Reproduzierbarkeit sind da zB Bereiche, die nicht zu der Äußerung des Artikels gehören. Gleichwohl sie natürlich zum weitergefassten Themenkomplex gehören, aber hier ist schon genug Verwirrung, da macht zusätzliche Peripherie die Sache nicht einfacher..

    eines noch zur „fehlenden Feinmotorik“, ich hab gehört, dass die bei den Kindern sogar gestiegen ist, da sie in ihrem Alltag auf kleinen Raum viel präziesere Bewegungen ausführen müssen als es früher der Fall war. Tja, und da ist natürlich die Frage, was ist mit Feinmotorik genau gemeint, wie wurde das untersucht usw usf

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