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Kann Licht rückwärts laufen?

von Peter Paul

Licht kann sich ganz langsam bewegen, auch stehen bleiben und sogar rückwärts laufen und das alles ganz ohne Spiegel und Glasfasern, sondern einfach so, im Vakuum. Halt! Das kann nicht sein! Einstein sagt doch…Und doch ist es möglich, weil der Raum nicht so unveränderlich ist, wie wir ihn uns normalerweise vorstellen, sondern weil er sich seit dem Urknall ausdehnt und das wohl auch noch weiter so tun wird. Und, wie so oft, ist es auch in diesem Zusammenhang wieder eine Frage des „Standpunktes“, im wahrsten Sinne dieses Wortes.

Auch wenn wir alle schon einmal einen Luftballon aufgeblasen haben, wir kennen uns in expandierenden Räumen nicht so gut aus. Sogar die Profis veröffentlichen manchmal ganz widersinnige „Veranschaulichungen“ von dieser Expansion:

Aber zurück zum Luftballon: Er dehnt sich natürlich im Raum aus. Der Raum selbst macht gar nichts. Aber wenn ich mir vorstelle, vielleicht als kleine Ameise in dem Ballon zu sitzen, vielleicht sogar mit ein paar netten Ameisenkameraden zusammen, dann geht das schon besser. Wenn jetzt der Luftballon von jemandem(?!) aufgeblasen wird und sich alle Kollegen gut an der Wand festhalten, dann wird der Raum zwischen mir und den anderen größer, die anderen werden scheinbar immer kleiner (ganz im Gegensatz zu obiger Animation) und da ich nicht hinaus sehen kann, scheint sich der Raum wirklich auszudehnen.

Aber wir sind keine Ameisen und da ist keine undurchsichtige Wand, an der wir kleben und der Raum hat drei Dimensionen und deshalb ist alles viel unübersichtlicher als für die braven Tierchen. Aber trotzdem kann man sich die Sache mit einem Vergleich sehr übersichtlich gestalten, dabei hat man auch die Chance, das seltsame Verhalten des Lichts zu verstehen.

Galaxien auf dem Parkplatz
Galaxien auf dem Parkplatz

Da ist eine Straße (Sie spielt die Rolle des Raums), die man sich nach beiden Seiten unendlich weit fortgesetzt vorstellen muss. Auf der Straße parken Autos, auch unendlich viele, zugegebenermaßen etwas dicht. Ihre Vorderräder (Die spielen hier die Rolle der Galaxien) sind fest mit der Straße verbunden, Außerdem steht da eine Fahne. Das ist der Platz, an dem wir uns einen Beobachter (z.B.: einen Astronomen auf der Erde) vorstellen, das ist sein „Standpunkt“. Soweit ist alles gut, aber entscheidend ist nun, dass die Straße dehnbar ist wie Gummi und sich nach links und rechts ausdehnt, als ob da irgendwelche Riesen zu ihrem Spaß daran ziehen würden.

Parkplatz in Ausdehnung
Parkplatz in Ausdehnung

Was sieht nun der Beobachter während dieses Vorgangs? Die Autos auf der rechten Seite bewegen sich nach rechts und die linken nach links, dabei sehen sie natürlich immer kleiner aus. Das kennen wir schon von den Ameisen.

Aber die Geschwindigkeiten sind nicht gleich. In der gleichen Zeit, in der der graue Wagen um vielleicht einen Meter gegenüber dem hellgrünen nach rechts bewegt wurde, wurde auch der orange PKW gegenüber dem grauen um 1 Meter nach rechts bewegt, genauso der lila gegenüber dem orangen. Vom Beobachter aus wurde also der graue um 2m und der lila um drei Meter nach rechts bewegt. Für ihre Geschwindigkeiten heißt das: Im Vergleich zum grauen Wagen wurde also der orange mit der doppelten, der lila mit der dreifachen Geschwindigkeit nach rechts bewegt. Und das geht nach beiden Seiten entsprechend so weiter, denn die Straße ist ja unendlich lang. Deshalb gibt es auch Autos, die mit Lichtgeschwindigkeit oder doppelter Lichtgeschwindigkeit oder x-facher Lichtgeschwindigkeit vom Beobachter wegbewegt worden sind.

Ganz entsprechende Überlegungen gelten, wenn sich der Beobachter z.B. neben dem orangen PKW befindet, oder neben irgendeinem anderen, nur die Farben der Autos müssen dann durch die aktuellen Farben ersetzt werden.

Bisher ist es eigentlich nur die Straße bzw. es sind deren Stücke, die sich mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten vom jeweiligen Beobachter wegbewegen. Entsprechend werden diese Geschwindigkeiten in der Kosmologie Fluchtgeschwindigkeiten v genannt. Und diese Fluchtgeschwindigkeiten hängen natürlich vom Beobachter ab. Ein Wagen, der für den einen (ruhenden) Beobachter vielleicht schon mit Lichtgeschwindigkeit „flieht“, hat für den Beobachter, der neben diesem Auto (in Ruhe) steht, die Geschwindigkeit 0.

Jetzt schauen wir aber einmal auf die Tachos in den Autos. Sie zeigen natürlich alle die gleiche Geschwindigkeit an, nämlich die Geschwindigkeit 0, weil alle Autos nur dastehen und geparkt sind. Sie bewegen sich vom Beobachter (von welchem auch immer) nur weg, weil sich die Straße ausdehnt, gegenüber dem Straßenstück, auf dem sie stehen, bewegen sie sich überhaupt nicht.

Aber Autos können auf einer Straße natürlich nicht nur stehen, sie können auch fahren, und dann zeigt ihr Tacho etwas anderes an als 0, nämlich die Geschwindigkeit gegenüber der Straßenoberfläche, auf der sie sich im Augenblick befinden. In jedem Auto wird mit dem Tacho nur das gemessen, was die jeweils eigenen Räder tun, und das ist eine ganz „lokale“ Angelegenheit. Was die Straße woanders sonst noch macht ist dem Tacho völlig egal.

Und genau für diese, ich nenne sie einmal „Tacho-Geschwindigkeit“, hat Einstein in seiner „Speziellen Relativitätstheorie“ eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung festgelegt, die auch wirklich von allen Autos eingehalten wird. Die Tacho-Geschwindigkeit darf und kann nicht größer sein als die Lichtgeschwindigkeit c.

Wissenschaftlich sagt man: Die „Spezielle Relativitätstheorie“ mit der Lichtgeschwindigkeit c als maximaler Grenzgeschwindigkeit, gilt auch im expandierenden Raum, aber sie gilt dort nur als lokaler Grenzfall.

Ändern wir nun unser Modell ein wenig ab. Die Straße bekommt nun mehrere Spuren nebeneinander, so dass auch überholt werden kann. Einzelne Autos bzw. Vorderräder sind nun keine Galaxien mehr sondern Lichtteilchen, Photonen, die sich selbstverständlich mit Lichtgeschwindigkeit auf ihrem Tacho auf der Straße bewegen. Auch für diese fahrenden Autos ist das Straßenstück, auf dem sie sich jeweils befinden, in Ruhe.

So ein Auto rast nun aus großer Entfernung, vielleicht von links, auf unseren Beobachter zu, also mit Fahrtrichtung nach rechts, während sich dort jedes Straßenstück, von unserem Beobachter aus, nach links bewegt. Nun kommt es zu den anfangs angekündigten seltsamen Vorkommnissen:

Licht bewegt sich rückwärts.
Licht bewegt sich rückwärts.

Befindet sich der Wagen sehr weit entfernt vom Beobachter, dann hat die Straße dort für den Beobachter Überlichtgeschwindigkeit. Deshalb vergrößert sich der Abstand zum Beobachter sogar noch, obwohl das Auto pausenlos nach rechts fährt, bewegt es sich vom Beobachter aus gesehen nach links, also rückwärts.

Ist das Auto an einer Stelle, an der die Straße sich – vom Beobachter aus gesehen – genau mit Lichtgeschwindigkeit wegbewegt, ändert sich sein Abstand vom Beobachter überhaupt nicht. Es bleibt gleichsam relativ zum Beobachter stehen. (Es ist so, wie man es in einem langsam fahrenden Zug erleben kann, wenn man gegen die Fahrtrichtung geht. Gegenüber dem Bahnsteig kann man am gleichen Ort bleiben.)

Licht hält an.
Licht hält an.

Wäre die Raumausdehnung immer die Gleiche, würde das Auto ewig im gleichen Abstand vom Beobachter bleiben, also gewissermaßen in Ruhe sein. Aber so muss es nicht sein, die Raumausdehnung kann sich ändern und tut das in der Realität auch. Die Riesen, die die Straße dehnen, können sozusagen müde werden, dann verlangsamt sich die Raumausdehnung, das Auto kommt dann wieder nach rechts voran, wenn zunächst auch nur langsam, und der Beobachter kann sich über Besuch freuen. Oder die Riesen können einen Endspurt einlegen, dann wird das Auto mit der Straße nach links gerissen, der Beobachter bleibt einsam und alleine auf der Straße stehen.

In dieser Situation scheint das wirkliche, reale Universum seit ca. 5 Mrd. Jahren zu sein. Die Raumausdehnung beschleunigt sich, nachdem sie sich in den ersten Jahrmilliarden nach dem Urknall überwiegend verlangsamt hatte. Und wenn diese Beschleunigung so oder sogar noch schneller weiter ginge, müsste man „bald“ nicht mehr weit gehen, um in Bereiche zu kommen, die sich bereits mit Überlichtgeschwindigkeit von uns wegbewegen. Von dort könnte dann aber kein Licht mehr zu uns gelangen. Das sog. „beobachtbare Universum“ würde immer kleiner werden. Zuerst würden die fernsten Galaxien verschwinden und dann, nach und nach, auch immer näher gelegene. Und nach langer Zeit würden die Astronomen feststellen, dass es nur eine einzige Galaxie bzw. einen Galaxiehaufen im Weltraum zu beobachten gäbe, nämlich unsere/n eigene/n. Die Astronomie würde dann wohl deutlich langweiliger sein, aber bis dahin hätten wir zum Glück noch sehr, sehr lange Zeit.

47 Gedanken zu „Kann Licht rückwärts laufen?“
  1. schön erklärt, und am Ende befinden wir uns alle in einer statischen Warp-Blase deren Grösse gegen Null geht :-))
    …. sehr bunt und anschaulich, nicht zu lang – gut so

    die Sciencbuster (auch wenn sie mir zu oft banal daherkommen) lassen grüssen

  2. Na ja, im Prinzip stimmt das schon, aber andererseits steht das Licht ja nirgends lokal still. Am Ort der fernen Galaxie bewegt es sich mit Lichtgeschwindigkeit in unsere Richtung, nur wächst der Raum zwischen der Quelle und uns schneller, als es sich uns annähert, also kommt es nicht näher und somit können wir es niemals sehen.

    Wenn uns Licht von einer etwas näheren Galaxie trotzdem erreicht, dann kommt es hier wiederum mit echter Vakuumlichtgeschwindigkeit an, es ist nur fürchterlich rotverschoben, die Wellenlängen sind durch die Raumausdehnung während der Laufzeit zu uns gestreckt.

    Wenn sich eine Galaxie von uns entfernt und irgendwann jenseits des Hubble-Radius entwichen ist (den Begriff hätte man unbedingt erwähnen sollen, das ist genau die Entfernung, in der die Raumausdehung die Lichtgeschwindigkeit erreicht), dann verschwindet auch nicht plötzlich ihr Licht, sondern es kommt prinzipiell noch unendlich lange Licht bei uns an, es wird nur immer stärker rotverschoben, weil es immer länger braucht, um kurz vor dem Hubble-Radius noch den Weg zu uns zu schaffen, bis es am Hubble-Radius selbst dann unendlich lange dauert. Das ist durchaus vergleichbar mit der Situation am Ereignishorizont eines schwarzen Lochs, wo ich noch eher mitgehen würde, dass das Licht dort irgendwie still steht (ein schwarzes Loch ist ja ein zimelich kleines Ding, und das Licht schafft es nicht, es zu verlassen).

    Ich habe daher ein wenig Bauchweh, dies als stillstehendes Licht zu betrachten. Stillstehend in Bezug auf was? Klar, auf uns, aber macht es Sinn, davon zu reden, wenn solches Licht prinzipiell unbeobachtbar bleibt?

    Was meinen die anderen hier?

  3. @Alderamin:
    Bin da voll bei dir. Ein Photon, das mich nicht erreicht, seh ich nicht. Wenn der Raum dieses Photon von mir so schnell wegbewegt, dass es immer nur damit beschäftigt sein wird, die Raumvergrößerung zu durchqueren und es nicht schafft, den Raum zu mir vollständig zu überbrücken, ist es wie ein Schwimmer gegen den Strom – es hängt im Raum vor mir fest und kommt nie bei mir an.
    Ist also definitiv unsichtbar, unbeobachtbar – für Beobachter nicht existent.

  4. Sehr schön veranschaulicht.

    Nur an einer Stelle habe ich etwas zu kritisieren.

    Und wenn diese Beschleunigung so oder sogar noch schneller weiter ginge, müsste man “bald” nicht mehr weit gehen, um in Bereiche zu kommen, die sich bereits mit Überlichtgeschwindigkeit von uns wegbewegen.

    Dies gilt nur für den Fall, dass der dunkle Energieparameter w kleiner -1 ist. Im Falle von w = -1 konvergiert die Entfernung der Grenze zwischen unter- und überlichtschneller Entfernung gegen einen konstanten Wert und kommt nicht näher.
    Die Galaxien werden sich dann im Grenzfall exponentiell entfernen und früher oder später in diesen Bereich geraten.
    Im Falle einer langsameren als exponentiellen Expansion kann ans auch Licht aus dem Bereich erreichen, der sich überlichtschnell entfernt.

  5. Mir hat der Beitrag gut gefallen, insbesondere auch die selbst erstellten Bilder zur Veranschaulichung.
    Ob man von stillstehendem Licht sprechen darf oder nicht – keine Ahnung.

    Eine Frage hätte ich aber noch. Im Artikel steht:
    „Das sog. “beobachtbare Universum” würde immer kleiner werden.“
    Ist es nicht eher so, dass das beobachtbare Universum immer gleich groß ist (von uns aus betrachtet natürlich), nur dass es eben mit der Zeit immer weniger zu sehen gibt?

  6. @Tina_HH

    Das beobachtbare Universum wird in dem Sinne kleiner, dass die Zahl der Galaxien, von denen uns Licht noch erreichen kann, immer mehr abnimmt, weil sie den Hubble-Radius (also den Radius, an dem die Raumexpansion genau so groß ist wie die Lichtgeschwindigkeit) verlassen.

    Der Hubble-Radius selbst wird dabei immer größer. In sogenannter „Eigendistanz“ gemessen (die Entfernung, die man an einem langen Maßband ablesen würde) wächst das beobachtbare Universum mit Lichtgeschwindigkeit. Nimmt man aber die „mitbewegte Entfernung“ als Maß, die gewissermaßen die Raumexpansion von der Bewegung der Galaxien abzieht, dann wird der Radius des beobachtbaren Universums in mitbewegter Entfernung immer kleiner. Schuld ist die beschleunigte Expansion durch die dunkle Energie.

    @myself #4

    Vielleicht bin oben auch etwas zu pingelig. Ich finde den Artikel durchaus schön bebildert und erklärt, sollte ich auch mal erwähnen. Tue mich nur mit dem „Stillstand“ ein wenig schwer, sonst nichts.

  7. @Tina_HH:
    Immer gleich groß vielleicht nicht, aber (für w=-1) geht der Radius des beobachtbaren Universum gegen ca. 17 Milliarden Lichtjahre und der Hubbleparameter nähert sich von oben von heute 68 km/s/Mpc etwa 57 km/s/Mpc an. Dann würden sich die Galaxien im Grenzfall exponentiell entfernen mit einer Verdopplungszeit der Entfernung von knapp 12 Milliarden Jahren.

  8. Danke für die Antworten.

    @Alderamin

    Ich habe da aber leider irgendwie immer noch einen Knoten im Kopf. 😉

    Den ersten Teil (Galaxien, die den Hubble-Radius verlassen und dass der Hubble-Radius mit Lichtgeschwindigkeit wächst) habe ich verstanden.
    Den zweiten Teil der Erklärung (beschleunigte Expansion durch die dunkle Energie) habe ich auch verstanden, nur die Schlussfolgerung nicht, dass das beobachtbare Universum kleiner wird. Deshalb meine Frage oben.

    @UMa
    „Dann würden sich die Galaxien im Grenzfall exponentiell entfernen mit einer Verdopplungszeit der Entfernung von knapp 12 Milliarden Jahren.“

    Das habe ich leider auch noch nicht kapiert. 😉

  9. @alderamin @siskin

    Dass Licht überall lokal Lichtgeschwindigkeit hat, genau das habe ich durch den Tacho versucht auch Laien deutlich zu machen. Es wäre natürlich schön, wenn man noch eine verständlichere Veranschaulichung hätte. Habt ihr eine?

    In dem Beitrag ging es nicht um die Rotverschiebung, das war ja nicht mein Thema.

    Wenn sich eine Galaxie von uns entfernt und irgendwann jenseits des Hubble-Radius entwichen ist (den Begriff hätte man unbedingt erwähnen sollen, … dann verschwindet auch nicht plötzlich ihr Licht,

    Natürlich kann / muss(?) man das Wort Hubble-Radius erwähnen, aber mir war es an dieser Stelle wichtiger, die Sache einprägsam zu erklären als Fachsprache bekannt zu machen.

    Wo verschwindet bei mir Licht? Im Gegenteil: Das entsprechende Auto fährt und fährt und fährt weiter auf der Straße.

    Stillstehend in Bezug auf was?

    Meine Antwort steht oben über dem zugehörigen Bild ausführlich und genau formuliert.

    Wenn etwas für einen Beobachter sich nicht bewegt, dann steht es von ihm aus gesehen eben still, was denn sonst?

    Klar auf uns zu, aber macht es Sinn, davon zu reden, wenn solches Licht prinzipiell unbeobachtbar bleibt?

    Gegenfrage: Macht es Sinn davon zu sprechen, dass Licht auf dem Weg zu uns rotverschoben wird, dass sich der Raum zwischen uns ausdehnt, dass es einen Hubble-Radius gibt, der gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass dort die Raumausdehnung „Lichtgeschwindigkeit erreicht,“…….? Hat das alles denn schon irgendwer vor Ort beobachtet?

    Mit solchen Aussagen versuchen wir doch nur, Konsequenzen aus unsere Modellvorstellung darzustellen. Das sind natürlich keine „vor Ort“-Beobachtungen, und sie sind als solche in ganz vielen Fällen, auch hier, wohl gar nicht möglich.
    Übrigens: Es ist auch absolut notwendig, aus einer Theorie, einer Modellvorstellung, Folgerungen abzuleiten, die zunächst so noch nicht beobachtet werden konnten, sonst hätte man bis heute nie nach Gravitationslinsen oder nach Gravitationswellen gesucht, beides zunächst nur gedachte Konsequenzen der „Allgemeinen Relativitätstheorie“, deren Nachweis ihr Entdecker, Albert Einstein, für niemals möglich gehalten hatte.

  10. @Tina_HH
    „Das beobachtbare Universum wird kleiner“ kann man auch so verstehen: Du siehst heute weit entfernte Galaxien aus der Zeit, als das Universum noch jung war.

    Wenn aber von diesen Galaxien „heute“, also in selben zeitlichen Abstand vom Urknall, Signale geschickt würden, dann würden diese Signale nie bei uns ankommen, weil sich der Raum zwischen uns und ihnen zu schnell ausdehnt.

    Was wir von diesen Galaxien insgesamt zu sehen bekommen, kommt immer langsamer an – und für die Frequenz der Photonen bedeutet das immer weitere Rotverschiebung.

  11. @Ambi Valent

    Okay, das habe ich verstanden. Merci.
    Ich glaube, ich habe in erster Linie Probleme mit der Formulierung “Das beobachtbare Universum wird kleiner”. Denn bei dieser Formulierung denke ich zuerst an etwas räumlich kleineres, was ja nicht gemeint ist.

  12. Ich finde den Artikel sehr schön und klar geschrieben. Es gibt auch ein Sternchen dafür 🙂

    @Alderamin:

    Mich würde interessieren, ob das beobachtbare Universum nicht dadurch größer wird, wenn James Webb Space Teleskop noch tiefer ins All blickt als Hubble-Teleskop.

  13. @Peter Paul

    Dass Licht überall lokal Lichtgeschwindigkeit hat, genau das habe ich durch den Tacho versucht auch Laien deutlich zu machen. Es wäre natürlich schön, wenn man noch eine verständlichere Veranschaulichung hätte. Habt ihr eine?

    An der Veranschaulichung ist ja gar nichts auszusetzen. Die Ameisen auf dem Ballon finde ich aber auch sehr schön, und wenn die Ameisengeschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit entspricht und durch das Aufblasen der Umfang des Ballons schneller zunimmt als die Ameise krabbeln kann, ist das auch ein schönes Bild. Aber wie jedes Bild hat es auch seine Fallstricke; das Innere des Ballons muss nicht in Wirklichkeit existieren und die Ameise wird auch nicht mitgestreckt, wenn der Ballon wächst. Das Licht im Universum hingegen schon.

    Wo verschwindet bei mir Licht?

    War nur der Vollständigkeit halber erwähnt, um nicht unerwähnt zu lassen, dass Galaxien beim Überschreiten des Hubble-Radius nicht einfach verschwinden, weil ihr Licht uns nicht mehr erreicht. Wenn man sich nur auf das Gummi-Straßen-Modell bezieht, könnte man auf diese Idee kommen, denn Autos, die dem Beobachter noch echt näher kommen, erreichen ihn ja irgendwann, solche, die jenseits des Hubble-Radius liegen, tun es nicht. Wer über die Grenze rutscht, sollte also schlagartig von der ersten in die zweite Domäne wechseln. Ohne Rotverschiebung ist nicht nachzuvollziehen, warum es im Universum anders abläuft.

    Wenn etwas für einen Beobachter sich nicht bewegt, dann steht es von ihm aus gesehen eben still, was denn sonst?

    Nun ja, der Beobachter sieht das Auto ja dann auch still stehen, mittels Lichts, das ihn vom Auto quasi instantan erreicht. Wir sehen aber kein stillstehendes Licht im Universum. Aus niemandes Perspektive steht das Licht messbar auf der Stelle (es gibt jedoch physikalische Experimente, bei denen die Ausbreitung von Licht wirklich gebremst oder gar angehalten wird; beim Lesen des Titels hatte ich an so etwas gedacht).

    Die Crux ist, dass die Expansion des Raums keine Bewegung ist, sondern eine Längenzunahme. Das Licht bewegt sich im Raum fort, aber es kann die noch vor ihm liegende, stetig wachsende Entfernung zu einem hinreichend fernen Ziel nicht verringern, weil es zu langsam ist. Deswegen kommt es dem Ziel nicht näher.

    Gegenfrage: Macht es Sinn davon zu sprechen, dass Licht auf dem Weg zu uns rotverschoben wird, dass sich der Raum zwischen uns ausdehnt, dass es einen Hubble-Radius gibt, der gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass dort die Raumausdehnung “Lichtgeschwindigkeit erreicht,”…….? Hat das alles denn schon irgendwer vor Ort beobachtet?

    Es macht auf jeden Fall Sinn, von der Rotverschiebung zu sprechen und die kann man ja auch nachweisen (Wasserstofflinien haben ja beispielsweise eine definierte Frequenz und die ändert sich durch die Hubble-Expansion). Dass der Raum wächst, ist auch hinreichend nachgewiesen. Dass die Raumausdehnung in einer Entfernung x eine bestimmte „Geschwindigkeit“ erreicht, das ist dann schon wieder fishy, ich bemühe mich möglichst, den Begriff irgendwie zu umschiffen, weil er wieder Bewegung impliziert (und die Einheit km/s/Mpc * x Mpc = x km/s tut es ungücklicherweise auch), die Geschwindigkeit ist aber nur im übertragenen Sinne zu verstehen, eine Längenzunahme pro Zeiteinheit, keine zurückgelegte Strecke pro Zeiteinheit. Das ist nicht dasselbe!

    Wie gesagt, vermutlich bin ich zu pingelig und versuche hier päpstlicher zu sein als der Papst. Wenn sich aber der Leser aufgrund der kleinen Diskussion hier des feinen Unterschieds bewusst wird, dann bin ich schon zufrieden.

  14. @R

    Das „beobachtbare Universum“ ist durch die Lichtlaufzeit seit dem Urknall beschränkt und sogar ein wenig größer, als das Volumen, das wir buchstäblich beobachten können. Natürlich wird James Webb weiter entfernte Galaxien beobachten können, als Hubble, aber noch dahinter liegt die Quelle der kosmischen Hintergrundstrahlung, und auch die gehört noch knapp zum beobachtbaren Universum.

    Das endet erst in derjenigen Entfernung, aus der uns prinzipiell kein Licht mehr erreichen kann, weil das Alter des Universums zu groß bzw. die Lichtgeschwindigkeit zu klein für die Strecke sind, und es ist ein theoretisches Konzept, weil die Hintergrundstrahlung uns schon kurz davor eine optische Schranke setzt (allenfalls Gravitationswellen oder Neutrinos könnten wir theoretisch noch von etwas weiter entfernt empfangen; praktisch ist das aber noch nicht gelungen).

    Hinter dieser Entfernung ist das Universum aber nicht zu Ende. Die Orte, deren Licht uns gerade aus der Frühzeit des Universums erreicht, haben sich genau so weiterentwickelt, wie der Ort, an dem wir uns befinden, und sie sind längst schon viel weiter entfernt, als sie es waren, als ihr Licht auf den Weg zu uns ging. Und jenseits von ihnen setzt sich das Universum fort, vielleicht unendlich weit, vielleicht ist es auch irgendwie ein geschlossenes Volumen, wie eine Kugeloberfläche eine randlose, geschlossene Fläche ist, wir wissen es nicht.

  15. Relativistische Physik ist für mich in den meisten Fällen ein Buch mit sieben Siegeln. In diesem Fall jedoch hat es der Autor geschafft, bei mir ein Aha-Erlebnis hervorzurufen.
    Dafür hat er sich schon einen großen Pluspunkt verdient. 🙂

  16. @Tina HH
    @alderamin; @Ambi Valent
    Vielen Dank für deine Frage. Sie zeigt, dass ich an dieser Stelle den Vergleich mit der Straße doch etwas überdehnt habe und mich mindestens missverständlich ausgedrückt habe.

    Wenn man ganz genau ist muss man sagen, dass alles, was ich da ausgeführt habe so lange richtig ist, wie man es jeweils als eine Aussage für einen einzigen Zeitpunkt versteht. Sobald man aber größere Zeitspannen miteinbezieht wird alles viel unübersichtlicher, z.B. der Hubble-Radius ändert sich, die Position des Autos auf der Straße ändert sich,…
    Für diese Dinge habe ich noch(?) keine verständliche Veranschaulichung erfinden können.

    Aber da helfen ja alderamin und Ambi Valent weiter, zwar nicht so sehr anschaulich, wie die Autostraße aber dafür, soweit ich das verstehe, richtig. Vielen Dank!

  17. @alderamin #17
    Das mit dem Papst stimmt schon ein Bisschen, auch wenn vieles was du schreibst für mich sehr, sehr hilfreich ist. Jetzt will ich aber trotzdem noch auf ein paar Einzelheiten eingehen:

    1. Ameisen haben den Nachteil, dass sie keinen Tacho haben, aber der ist gerade der Witz bei meiner Veranschaulichung.
    2. Wie die Ameise dehnt sich auch Licht nicht aus, sondern die Wellenlänge von so winzigen Photönchen, die vielleicht sogar gar keine Ausdehnung haben, wird größer. 🙂
    3. Es geht doch nicht darum, dass der Beobachter das Auto mit Licht sieht, sondern darum, was laut Modellvorstellung im Raum passiert: Der Abstand zum Beobachter ist kurzfristig konstant.
    4. Dass man Abstandsänderungen pro Zeit gerne mit Bewegungen gleichsetzt liegt nicht an mir. Ich denke, dass die Geschichte mit der Straße, auf der geparkt wird und trotzdem Abstandsänderungen stattfinden, vielleicht wenigstens klärt, dass es sich um zwei verschiedene Sachen handelt.
    5. Ich möchte noch einmal betonen, dass meine „Gegenfrage“ sich darauf bezieht, was man vor Ort beobachten kann. Der Grund dafür war, dass mir entgegnet worden war, dass man den „Stillstand“ des Lichts oder das „Rückwärtsgehen“ nicht vor Ort beobachten kann, also dort wo es „passiert“. Das gilt aber ganz genauso für die Rotverschiebung als Vorgang, der ja nun wohl während der „Flugzeit“ des Lichts passiert, wie für die „Raumausdehnung“, wie für den Hubble-Radius. Das sind alles Elemente der Theorie, genauso wie mein Lichtstillstand bzw. genauer gesagt, die fehlende Verminderung der Länge der Strecke vom Beobachter zum Photon während eines Moments. Dass man dann auf der Erde ein rotverschobenes Licht misst, das ist etwas ganz anderes, nämlich ein Faktum.

    Vielleicht trägt diese Diskussion ja dazu bei, dass beim Leser ein genaueres Bewusstsein dafür entsteht, was wirklich ein Element der „Realität“ und was ein Element des Modells ist.
    Modelle, Theorien sind dazu da, Beobachtungen zu erklären, sie sind Gedanken, Bilder, Aussagen, Formeln, aber sie sind natürlich nicht die Beobachtungen selber, zu deren Erklärung sie erfunden worden sind.

  18. @Peter Paul #20

    Das ist auf jeden Fall sehr anschaulich dargestellt.

    Ich habe mir gerade nochmal die zum Thema passenden Wikipedia-Artikel durchgelesen und die Änderungen, die sich bei Betrachtung großer Zeiträume ergeben, sind ja wirklich tricky. Ich wüsste jetzt ganz sicher nicht, wie man das auf einfache Art und Weise bildlich darstellen könnte.

    Noch eine Frage: Mehr (vergangene) Zeit bedeutet ja mehr (entstandener) Raum. Inwiefern ist das für Einsteins Raumzeit wichtig?

  19. @Beweeger
    Bin mir nicht sicher was du meinst. Aber zuerst war es sehr schnell , nennt sich Inflation, dann wurde es langsamer, aber dunkle Energie beschleunigt die Ausdehnung.
    Warum ? Was es ist ?

  20. @Tina HH
    Ich habe keinen Plan. Aber so ein Gedanke bei mir ist, das Gravitation ja Zeit beinflusst. Starke Gravitation , verlagsamt ja sozusagen die Zeit. Würde ja bedeuten je Dichter das Universum , desto langsamer vergeht die Zeit ?? Ach das ist ART. Da brauchs Spezialisten. ; )

  21. @tomtoo

    Vielleicht findet sich ja ein Spezialist, der das erklären kann. Bezüglich der Gravitation und der Dunklen Energie (beschleunigte Expansion) habe ich das Konzept soweit verstanden (glaube ich zumindest 😉 ), aber die Raumzeit… ohje.

  22. @Tina HH
    Ich hab ja das Problem,
    das aus meiner Sicht, alleine schon das sich ansammelnde Wissen in diesem Blog , sich sozusagen mit Überlicht von mir entfernt. Gar nicht vom ganzen Universum des Wissens zu reden. ; )

  23. @Peter Paul

    1. Ameisen haben den Nachteil, dass sie keinen Tacho haben, aber der ist gerade der Witz bei meiner Veranschaulichung.

    Aber sie krabbeln, meistens mit Volltempo, und die Bewegung gegenüber der Ballonhülle ist ja offensichtlich.

    3. Es geht doch nicht darum, dass der Beobachter das Auto mit Licht sieht, sondern darum, was laut Modellvorstellung im Raum passiert: Der Abstand zum Beobachter ist kurzfristig konstant.

    Was den Unterschied zwischen Modell und Realität ausmacht, ist aber gerade, dass man im Modell das Auto stillstehen sieht, aber in der Realität sieht man das Licht erst, wenn es ankommt, und zwar mit Lichtgeschwindigkeit. Der Stillstand ist nicht beobachtbar.

    4. Dass man Abstandsänderungen pro Zeit gerne mit Bewegungen gleichsetzt liegt nicht an mir.

    Wird häufig von Laien so aufgefasst, und war auch anfangs so unter den Profis verbreitet. „Spiralnebelflucht“ oder „Fluchtgeschwindigkeit“ sagt heute aber kein Profi mehr. Ich störe mich an dem Begriff, weil sich da nämlich gar nichts bewegt, geschweige denn flieht.

    Ich denke, dass die Geschichte mit der Straße, auf der geparkt wird und trotzdem Abstandsänderungen stattfinden, vielleicht wenigstens klärt, dass es sich um zwei verschiedene Sachen handelt.

    D’accord.

    5. Ich möchte noch einmal betonen, dass meine “Gegenfrage” sich darauf bezieht, was man vor Ort beobachten kann. Der Grund dafür war, dass mir entgegnet worden war, dass man den “Stillstand” des Lichts oder das “Rückwärtsgehen” nicht vor Ort beobachten kann, also dort wo es “passiert”. Das gilt aber ganz genauso für die Rotverschiebung als Vorgang, der ja nun wohl während der “Flugzeit” des Lichts passiert, wie für die “Raumausdehnung”, wie für den Hubble-Radius.

    Genauer gesagt kann man den Stillstand überhaupt nirgends beobachten, weder vor Ort, noch aus der Ferne, noch beim Eintreffen, man kann ihn sich nur vorstellen. Die Rotverschiebung kann man beim Eintreffen des Lichts hingegen messen; prinzipiell kann man sie auch vor Ort nachweisen (wenn man sich an einen entsprechenden Ort begegeben würde, oder alternativ indem man eine nähere Quelle wählt und damit eine kürzere Laufzeit des Lichts); man beobachtet verschiedene Rotverschiebung in Abhängigkeit von der Lichtlaufzeit.

    Die Raumausdehung kann man auch ziemlich direkt beobachten, indem man die Rotverschiebung zur Entfernung in Bezug setzt. Die Entfernung ermittelt man über Standardkerzen. Man kann ja sogar messen, wie sich die Raumexpansion über kosmologische Zeiträume geändert hat.

    Der expandierende Raum ist kein Inertialsystem, er erfüllt nicht einmal den Energiererhaltungssatz. Deswegen ist ein Vergleich der Geschwindigkeit an zwei riesig weit voneinander entfernten Orten physikalisch gesehen m.E. nicht wirklich sauber (selbst bei der Definition der Entfernung kommt man ins Schwimmen). Darum geht’s mir.

    Mich würde aber mal interessieren, wie Martin Bäker oder ein anderer Physiker das sieht. Oder … Florian?

  24. @Beweeger

    Ich denke, Du meinst folgendes: die Hubble-Expansion vergrößert eine bestimmte Strecke pro Zeiteinheit um einen bestimmten Faktor. Nehmen wir mal an, der sei 1,1 für irgendeine Entfernung r und eine Zeiteinheit t. Nach einer Zeiteinheit t befindet sich das Objekt also nicht mehr in der Entfernung r, sondern in der Entfernung1,1*r. Es hat sich während t um 0,1 r weiter entfernt. Nach einer weiteren Zeiteinheit befindet es sich bei 1,1*1,1*r = 1,21*r. Also hat es sich in der zweiten Zeiteinheit t um (1,21-1,1)*r = 0,11*r weiter entfernt. Das ist mehr als in der ersten Zeiteinheit, also ist es schneller geworden. Und so geht es weiter.

    Die Hubble-Expansion findet mit einem Faktor (1+2,2*10^-18)/s statt. Strecken wachsen pro Sekunde um diese Entfernung, wenn die an den Enden befindlichen Objekte nicht durch Kräfte aneinander gebunden sind.

  25. @tomtoo

    Ja, das in der Welt verfügbare Wissen wird täglich mehr und man selber als kleines Teilchen kommt da einfach nicht hinterher – egal mit welcher Geschwindigkeit man unterwegs ist… 😉

  26. @Tina HH
    Siehste , wenn die Spezialisten wieder loslegen im expandierenden Universum des Wissens. Fühl ich mich einfach irgentwie gravitativ gebunden. Aber schön ist’s. ; )

  27. Guter Artikel. Nehme für mich hauptsächlich mit, dass es Lichtgeschwindigkeit als Maximum immernoch gibt – eben lokal (ähnlich wie etwa Newtons Gesetze „lokal“ auf der Erde gilt und dennoch Einstein im All recht hat :-).
    kurioserweise habe ich eher in bezug auf einige Kommentare hier zum Artikel anzumerken, dass das Thema zu abgehoben dargestellt wurde – und dass trotz der anschaulichen Beispiele :-). Aber klar, Kommentatoren dürfen das.

  28. Warum? Das ist eine sehr schwere Frage, denn sie betrifft die Ursache von Naturgesetzen. In der „Allgemeinen Relativitätstheorie (ART)“ folgt die Beschleunigung aus dem sogenannten „kosmologischen Faktor“, aber warum gibt es den?

    Einstein merkte, dass seine ART zu einem dynamischen Kosmos führte, und das wollte er nicht. Er wollte einen statischen. In seinen Formeln war es möglich, so einen „Faktor“ einzuführen, der diesen „Mangel“, in den Augen Einsteins, wieder behob, ohne die anderen Eigenschaften seiner Theorie zu verändern. Also führte er ihn ein.

    Schon ca. 1930 gelang es Hubble nachzuweisen, dass der Kosmos in der Realität nicht statisch ist, sondern dass er expandiert. Einstein bezeichnete deshalb die Einführung dieses Faktors als die größte Dummheit seines Berufslebens. Aber manchmal ist es noch seltsamer als auch Genies es sich denken können.

    In den 1990er Jahren war es erstmals möglich, die Geschichte der Expansion über mehrere Milliarden Jahre durch Messung zu erforschen. Dabei wurde dann gemessen, dass die Expansion sich seit ca. 5 bis 6 Milliarden Jahren beschleunigt. Das war eigentlich für alle Kosmologen eine totale überraschung und wurde mit dem Nobelpreis 2011 belohnt.

    Aber woher kommt jetzt diese Beschleunigung? Man erinnerte sich wieder an Einsteins kosmologischen Faktor, denn mit dieser Zahl kann man, wenn man einen anderen Zahlenwert wie Einstein wählt, auch einen beschleunigten Kosmos aus den Gleichungen erzeugen, und das gelang so, dass das Modell, die Theorie, wieder zu den Messungen passte.

    In der Kosmologie wird diese Zahl oft auch „dunkle Energie“ genannt, weil sie praktisch Energie durch Beschleunigung entspricht, aber woher genau sie kommt, was sie eigentlich ist, ist zur Zeit noch(?) ungeklärt, auch deshalb wird sie „dunkle“ Energie genannt. Aber diese seltsame Theorie beschreibt mit ihren Formeln das wirkliche Geschehen, auch in ganz anderen Zusammenhängen (extrem wichtig: die Struktur der kosmischen Hintergrundstrahlung) unglaublich genau, auch wenn wir die Gründe für diese Theorie nicht bis ins letzte Detail verstehen.

  29. @alderamin

    sie krabbeln, meistens mit Volltempo

    Oh Gott! Seufz!

    Der Stillstand ist nicht beobachtbar.

    Aber „dein“ Hubble-Radius, der unbeding zu erwähnen gewesen wäre, ist es?

    Ich störe mich an dem Begriff, weil sich da nämlich gar nichts bewegt

    Ich bin, offenbar im Gegensatz zu dir, kein Profi, aber Brian Schmidt und Saul Perlmutter (Nobelpreis 2011) vielleicht schon. Sie sagen in ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichung „Measuring cosmology with Supernovae“ (arXiv:astro-ph/0303428v1 18 Mar 2003):

    These observations show an accelerating Universe

    und das ist schon ziemlich nahe an Bewegung, denn Beschleunigung ist Änderung von Geschwindigkeit und Geschwindigkeit ohne Bewegung…

    Genauer gesagt kann man den Stillstand überhaupt nirgends beobachten, weder vor Ort, noch aus der Ferne, noch beim Eintreffen, man kann ihn sich nur vorstellen.

    Du darfst das Wort „Stillstand“ in deinem obigen Satz gerne durch „Hubble-Radius“, s.o., ersetzen.

    Die Raumausdehung kann man auch ziemlich direkt beobachten, indem man die Rotverschiebung zur Entfernung in Bezug setzt.

    Betonung auf „ziemlich“! Deshalb kam Zwicky auch auf die dumme Idee, dass die Beobachtung gar nichts mit Raumausdehnung zu tun hat sondern mit „Lichtermüdung“. Die Idee hat sich dann als falsch herausgestellt, weil sie zu einer anderen Beobachtung nicht passt, nämlich zur kosmologischen Zeitdilatation, welche aber die Idee (!!!!!), dass der Raum expandiert auch noch locker erklären kann. So wird zwischen verschiedenen Vorstellungen, Gedankengebäuden, Theorien eine Entscheidung gefunden. Bei direkter Beobachtung einer Tatsache ist das nicht nötig. Es ist keine Theorie, dass du das gerade gelesen hast, oder kannst du da anderer Meinung sein?

    Deswegen ist ein Vergleich der Geschwindigkeit an zwei riesig weit voneinander entfernten Orten physikalisch gesehen m.E. nicht wirklich sauber

    Wie konnten denn dann die beiden oben genannten Nobelpreisträger sogar die Beschleunigung der Expansion nachweisen, ohne Vergleich von Geschwindigkeiten? Sie sind eben, zumindest deiner Meinung nach, „m.E. nicht ganz sauber“.

  30. @Peter Paul

    Aber “dein” Hubble-Radius, der unbeding zu erwähnen gewesen wäre, ist es?

    Nicht direkt, nur als Grenzwert einer gegen unendlich strebenden Rotverschiebung. Erwähnenswert ist er deshalb, weil es eben der offizielle Name für den Ort ist, an dem das „Licht stillsteht“. Wenn man schon darüber schreibt, könnte man ide Bezeichnung ja auch mal fallen lassen. Fand ich.

    So wird zwischen verschiedenen Vorstellungen, Gedankengebäuden, Theorien eine Entscheidung gefunden. Bei direkter Beobachtung einer Tatsache ist das nicht nötig.

    In der Astronomie sind viele Dinge nur indirekt erschließbar, man kann halt nicht einfach hingehen und es sich vor Ort anschauen. Die Entfernungsleiter zur Rotverschiebung benötigt schon mehrere aufeinander aufbauende Stufen mit zunehmender Ungenauigkeit. Die Expansion des Universums ist nun wirklich seit langem als richtig erkannt, „müdes Licht“ hätte neue Naturgesetze erfordert, die man zuerst mal hätte nachweisen müssen, diese Diskussion brauchen wir doch gar nicht (mehr) zu führen.

    Wenn man erkannt hat, dass die Rotverschiebung durch eine Expansion verursacht wird (selbst für den Fall, dass es sich wirklich um eine Bewegung im Raum und ohne Expansion des Raums selbst handeln würde), dann kann man ihr direkt ablesen, wie die Expansion abläuft und sich über die Zeit verändert hat. Es mussten nur genügend Indizien gesammelt werden, um zu belegen, dass die Urknalltheorie korrekt ist und die Rotverschiebung die Expansion anzeigt.

    Und nun lass‘ ich’s gut sein, ich habe meine Ansicht dargelegt, warum ich unter stillstehendem Licht etwas anderes verstehen würde, als solches, das mit der Raumexpansion nicht mithalten kann; wer das anders sieht, mag das gerne tun, ist eh‘ Definitionssache.

  31. Schöner Artikel, ausreichend illustriert und fasslich geschrieben. Ich fühle mich gut informiert. Der Zwist im Kommentarteil trübt ein wenig meinen Eindruck, aber der Artikel selbst ist gut gelungen.

  32. Die Frage klingt herablassend und so als wollte ich alles in Frage stellen, im Gegenteil.

    Aber trotzdem : Haben die Überlegungen einen praktischen Sinn oder sind sie mehr naturphilosophische Spielerei ( was nicht abwertend verstanden werden soll).?

  33. @anderer Michael
    Wenn man ein Element einer Theorie angreift, weil man das so bzw. dort wo es stattfindet nicht direkt messen kann (wie z.B. den Hubble-Radius), dann greift man die Theorie an einer Stelle an, an der sie nicht angreifbar ist. Wenn man für bestimmte Elemente einer Theorie keine entsprechende Messung machen kann, dann eben nicht. Das widerlegt bzw. bestätigt die Theorie nicht und ist insofern völlig sinnlos.

    Vielleicht ein griffiges Beispiel: Kepler behauptete, dass sich die Planeten auf Ellipsen bewegen. Natürlich war das, zumindest zu seiner Zeit nicht nachmessbar, und das blieb für mehrere Jahrhunderte so. Er konnte ja nur mit Positionen relativ zum „Fixsternhimmel“ arbeiten, also mit Winkeln, nicht mit Abständen. Er konnte damit trotzdem die Messwerteviel genauer als vor ihm theoretisch erklären.
    Wenn man ihm entgegengehalten hätte, „aber deine Ellipsen sieht manb nicht“, dann hätte erwohl nur ungläubig den Kopf geschüttelt, weil Naurwissenschaft so nicht funktioniert und so nicht funktionieren kann.

    Nein! Eine Theorie wird dadurch widerlegt, dass man eine Messung gemacht hat, die mit dieser Theorie nicht vereinbar ist. Das erscheint mir schon als wichtig, weil das eines der Grundaxiome von Naturwissenschaft ist.

  34. @Peter Paul
    Schon klar, mir ist halt beim Thema des Artikels spontan eingefallen, dass ich da vor ein paar Jahren was zu gelesen habe. Da die Halbleitertechnik aber in absehbarer Zeit bei der Miniaturisierung an ihre Grenzen stoßen wird, scheint diese Art der optischen Datenspeicherung zumindest vielversprechend.
    Das ist aber dann doch ein ganz anderes Thema.

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