Warum ist die Sonne kein roter Zwerg? Sterne wie unsere Sonne sind selten; viel häufiger sind rote Zwerge – sie machen mehr als drei Viertel aller Sterne aus. Und wir wissen, dass es dort erdähnliche Planeten gibt. Warum leben wir dann nicht dort, wo es statistisch zu erwarten wäre sondern auf einem Planeten, der einen Minderheitenstern wie die Sonne umkreist? Die Antwort könnten die seltsamen Eigenschaften der kleinen Sterne liefern.

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Sternengeschichten Folge 230: Rote Zwerge und ihre Planeten

Die Sonne ist das größte Objekt in unserem Sonnensystem aber im Vergleich mit all den anderen Sternen ziemlich klein. Sie ist ein gelber Zwergstern; vom Typ G wie die Spektralklasse (über die ich in Folge 132 mehr erzählt habe) offiziell genannt wird. Solche sonnenähnliche Sterne sind allerdings relativ selten; nur wenig mehr als 7 Prozent aller Sterne gehören dazu. Die noch massereicheren und heißeren blau und weiß leuchtende Sterne der Spektraltypen O, B und A sind noch seltern und machen zusammen nicht mal ein Prozent aller Sterne aus. Die meisten Sterne im Universum sind noch kleiner und kühler als unsere Sonne und von keiner Gruppe gibt es mehr als von den roten Zwergen. Mehr als drei Viertel der gesamten Sterne sind solche kosmischen Winzlinge und es ist daher mehr als angebracht sich mit ihnen zu beschäftigen.

Die Masse eines roten Zwerges beträgt maximal ungefähr 60 Prozent der Sonnenmasse; minimal ungefähr 7 Prozent. Noch weniger Masse darf ein roter Zwerg allerdings nicht haben. Ist er noch kleiner, dann reicht seine Masse nicht mehr aus um dauerhaft Kernfusion in seinem Inneren zu erzeugen und das ist unbedingt nötig um als Stern zu gelten. Am unteren Ende der Massenskala findet man hinter den roten Zwergen die braunen Zwerge, die aber schon keine Sterne mehr sind, wie ich in Folge 91 der Sternengeschichten erklärt habe.

Größenvergleich zwischen der Sonne und einem roten Zwerg (Bild: NASA/Walt Feimer)
Größenvergleich zwischen der Sonne und einem roten Zwerg (Bild: NASA/Walt Feimer)

Da die roten Zwerge so wenig Masse haben, leuchten sie auch deutlich schwächer als andere Sterne. Die Masse bestimmt ja maßgeblich, wie heiß ein Stern ist. Sein ganze Masse drückt mit ihrem Gewicht auf das Innere des Sterns und dieser Druck erzeugt hohe Temperaturen. Je höher die Temperaturen dort sind, desto schneller und effektiver kann die Fusion von Wasserstoffatomen stattfinden und die ist es ja, die die Energie eines Sternes erzeugt. Massereiche Sterne sind daher enorm heiß und leuchten enorm hell; einige 10.000 Male heller als unsere Sonne. Die, als relativ kleiner Stern, bringt es immerhin noch auf etwa 13 Millionen Grad in ihrem Zentrum und ungefähr 6000 Grad an der Oberfläche.

Ein roter Zwerg dagegen hat eine Oberflächentemperatur die nur zwischen circa 2000 und 4000 Grad liegt und leuchtet 100 Mal schwächer als unsere Sonne. Deswegen kann man mit freiem Auge auch keinen einzigen roten Zwerg am Nachthimmel der Erde sehen und das obwohl der sonnennächste Stern – Proxima Centauri – selbst ein roter Zwerg ist. Auch von den 17 anderen roten Zwerge die man unter den 30 der der Sonne am nächsten gelegenen Sterne findet kann keiner mit freiem Auge beobachtet werden.

Mit Teleskopen aber durchaus und dabei hat man in den letzten Jahren viele äußerst interessante Entdeckungen gemacht. Nicht nur was die Sterne selbst angeht sondern auch zu ihren Planeten. Denn für die Suche nach Planeten sind rote Zwerge ein gutes Ziel. Gut, sie leuchten schwach aber wenn sie nicht zu weit weg sind dann reichen die modernen Teleskope durchaus aus, sie zu beobachten. Und so gut wie alle extrasolaren Planeten werden durch indirekte Methoden entdeckt. Das heißt, man kann sie nicht selbst im Teleskop beobachten sondern nur die Auswirkungen die ihre Anwesenheit auf die Sterne selbst hat. Ein Planet bringt mit seiner Gravitationskraft den Stern den er umkreist ein wenig zum Wackeln und wenn er von der Erde aus gesehen direkt vor dem Stern vorbei zieht, dann verdunkelt er dessen Licht ein wenig. Wenn der Stern sehr hell und sehr massereich ist, dann sind diese Phänomene nur schwach und schwer zu beobachten. Ein kleiner roter Zwerg wird von einem Planet aber vergleichsweise stark zum Wackeln gebraucht und auch die Verdunkelungen fallen stärker aus.

In den letzten Jahren hat man daher einige Planeten entdeckt, die rote Zwerge umkreisen. Darunter zum Beispiel einen Planeten des sonnennächsten Stern Proxima Centauri. Oder die gleich sieben Planeten die den nur 40 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern TRAPPIST-1 umkreisen. In beiden Fällen handelt es sich um kleine Planeten deren Größe und Masse der der Erde ähneln. Solche erdähnlichen Planeten scheinen nach allem was wir wissen im Universum durchaus häufig zu sein. Man schätzt das bis zu 45 Prozent aller roten Zwerge erdähnliche Planeten haben. Und da stellt sich eine interessante Frage: Wenn erdähnliche Planeten überall zu finden sind und wenn die allermeisten Sterne im Universum rote Zwergsterne sind: Warum leben WIR dann nicht auf einem Planeten der einen roten Zwergstern umkreist?

Nochmal zur Erinnerung: Sonnenähnliche Sterne sind in der Minderheit und machen nur 7 Prozent aller Sterne aus; rote Zwerge dagegen mehr als 75 Prozent. Wenn wir von der Gültigkeit des kopernikanischen Prinzips (über das ich in Folge 113 mehr erzählt habe) ausgehen, also davon das wir nichts besonderes sind und keinen speziellen Ort im Universum bewohnen: Dann wäre es rein statistisch viel wahrscheinlicher das wir auf dem Planeten eines roten Zwergsterns leben und nicht auf dem eines relativ seltenen gelben Sterns wie unsere Sonne. Betrachten wir für einen Vergleich die Erde: 71 Prozent ihrer Oberfläche sind von Ozeanen bedeckt. Die Seen, Flüsse und anderen Binnengewässer machen nur wenig mehr als 3 Prozent aus. Wenn wir jetzt irgendeinen beliebigen Fisch aus all dem Wasser heraus greifen, ist es viel wahrscheinlicher, dass er aus dem Meer kommt und nicht aus einem Binnengewässer.

Wieso also ist die Sonne kein roter Zwerg? Ist das nur ein seltsamer Zufall? Ist unsere Ecke des Universums vielleicht doch irgendwie speziell? Oder hat es andere Gründe? Um das beantworten zu können müssten wir eigentlich wissen, wie häufig Planeten sind, auf denen Leben existiert. Das wissen wir nicht und wir können derzeit auch nichts darüber sagen da uns die Daten fehlen. Wir wissen zwar, dass es überall im Universum Planeten gibt aber das alleine sagt noch gar nichts. Wir haben keine Ahnung, wie wahrscheinlich es ist, das auf einem Planeten Leben entsteht und auch keine Ahnung, ob es anderswo überhaupt Planeten gibt auf denen die Bedingungen die Entstehung von Leben ermöglichen beziehungsweise wie häufig solche Planeten sind.

Künstlerische Darstellung des Planeten eines roten Zwergs (Bild: ESO/M. Kornmesser)
Künstlerische Darstellung des Planeten eines roten Zwergs (Bild: ESO/M. Kornmesser)

Die „erdähnlichen“ Planeten die man bisher bei anderen Sternen entdeckt hat sind nur insofern der Erde wirklich ähnlich als das sie ihr in Masse und Größe ähnlich sind. Über den ganzen Rest, die Zusammensetzung der Atmosphäre – sofern es die dort überhaupt gibt – über die Temperaturen und all die anderen für die Entstehung von Leben wichtigen Parameter wissen wir nichts. Aber wir können zumindest auf wissenschaftlichen Grundlagen spekulieren und dann schaut es nicht mehr ganz so gut für die Planeten roter Zwerge aus.

Rote Zwerge sind, wie schon gesagt, sehr viel kühler als unsere Sonne. Damit auf einem Planeten Temperaturen herrschen die die Entstehung von Leben so wie wir es kennen ermöglichen, muss der Planet dem Stern also sehr viel näher sein als unsere Erde der Sonne. Wenn der Abstand zwischen Planet und Stern schrumpft werden aber auch die Gezeiteneffekten stärker. Bei uns auf der Erde wird der Hauptteil der Gezeiten durch den nahen Mond hervor gerufen. Aber selbst hier ist die Sonne für ungefähr ein Drittel der Stärke von Ebbe und Flut verantwortlich. Bei den Planeten die sich in der habitablen Zone roter Zwerge befinden, also dem Bereich lebensfreundlicher Temperaturen, sind die Gezeitenkräfte enorm. So stark, dass sie auch die Rotation der Planeten beeinflussen. Die Gezeitenkraft die die Erde auf den Mond ausübt hat ja im Laufe der Zeit dafür gesorgt, dass dessen Rotation sich der Umlaufzeit um die Erde angeglichen hat so dass man von der Erde aus immer die gleiche Seite des Mondes sieht. Einem Planet in der habitablen Zone eines roten Zwerges würde es genau so gehen: Er hätte eine sogenannte gebundene Rotation. Eine Hälfte des Planeten würde immer in Richtung des Sterns zeigen, die andere immer von ihm weg. In der hellen Hälfte wäre es enorm heiß; in der anderen Hälfte würde eine ewige und dunkle Nacht herrschen. Das sind nicht unbedingt optimale Bedingungen für die Entstehung des Lebens. Es wäre nicht unmöglich: In der Übergangszone wo ewige Dämmerung herrscht könnten die Temperaturen gerade angenehm sein. Und je nachdem ob und welche Atmosphäre der Planet besitzt könnte sie für einen gewissen Temperaturausgleich sorgen.

Aber das ist noch nicht das einzige Problem. Das Leben auf dem Planeten eines roten Zwerges müsste sich auf dunkle Zeiten einstellen. So ein Stern leuchtet vor allem mit Infrarotlicht, das für unsere Augen nicht sichtbar ist. Auch die Pflanzen auf der Erde können diesen Teil des Lichts nicht für ihre Photosynthese verwenden. Wenn sich auf dem Planet eines roten Zwerges Leben entwickelt hat, dann muss es einen anderen Weg finden das Sternenlicht zu verwerten als das Leben auf der Erde.

Und dann macht der Stern auch noch selbst Probleme. Rote Zwerge sind zwar klein, aber viel aktiver als andere Sterne. In der Sonne, so wie bei allen anderen Sternen auch, entsteht die Energie durch Kernfusion nur im Kern. Von dort wird sie als Strahlung nach außen transportiert. Erst kurz unter der Oberfläche setzt die Konvektion ein: Die Energie wärmt das Material aus dem die Sonne besteht auf, das warme Material steigt bis an die Oberfläche, gibt die Energie dort ab, wird kühl und sinkt wieder nach unten. Bei sehr kleinen Sternen setzt die Konvektion aber schon viel früher ein und kleine rote Zwerge sind vermutlich sogar vollständig konvektiv. Das heißt, das Material des Sterns wird direkt im Kern aufgeheizt und steigt von dort bis zur Oberfläche bevor es wieder absinkt. Das ganze Material des Sterns wird ständig durchmischt. Die Bewegung des Gases in Sternen ist aber auch für deren magnetische Aktivität verantwortlich, wie ich in Folge 10 der Sternengeschichten erklärt habe. Bei den komplett konvektiven roten Zwergen kann sich so eine enorm starke Aktivität entwickeln. Während die Sonnenflecken bei unserer Sonne zum Beispiel nur einen kleinen Bruchteil ihrer Oberfläche bedecken kann ein roter Zwerg Flecken haben, die ihn fast zur Hälfte bedecken. Und entsprechend stark sind dann auch die Sternstürme und Protuberanzen die jede Menge Strahlung und Teilchen ins All schleudern. Die Planeten roter Zwerge sind also nicht nur sehr viel näher an ihren aktiven Sternen sondern auch noch einer wesentlich stärkeren Aktivität ausgesetzt. Diese sehr viel stärker kosmische Strahlung könnte die Entwicklung des Lebens dort ebenfalls be- oder sogar verhindern.

Der einzige Vorteil den rote Zwerge ihren Planeten bieten können ist ihre lange Lebensdauer. Durch die starke Konvektion gelangt ständig Material aus ihren äußeren Schichten in den Kern wo es als Brennstoff für die Kernfusion dienen kann. Während die Sonne schon nach etwa 10 Milliarden Jahren aufhört zu leuchten weil sie den ganzen Brennstoff in ihrem Kern verbraucht hat und von den äußeren Schichten nichts mehr nachkommt, können rote Zwerge viele 100 Milliarden oder gar Billionen Jahre lang leuchten. Das nützt dann aber auch nicht viel, wenn auf den Planeten des roten Zwergs kein Leben existieren kann, weil die Bedingungen dort so mies sind.

Rote Zwerge sind die häufigsten Sterne und sehr viele von ihnen haben Planeten. Dass wir auf der Erde trotzdem einen gelben Stern umkreisen liegt aber vielleicht daran, dass all diese Planeten nicht geeignet für die Entwicklung von Leben sind. Das Universum wäre in dem Fall eine große, lebensfeindliche rote Wüste mit ein paar winzigen gelben Oasen auf denen Leben existieren kann…

38 Gedanken zu „Sternengeschichten Folge 229: Rote Zwerge und ihre Planeten“
  1. Die Erläuterungen über die anderen Umstände für Planeten bei roten Zwergen finde ich sehr interessant und informativ. Vielen Dank dafür.

    Trotzdem möchte ich gerne anfügen, dass ich die folgenden Fragestellungen doch für etwas schief und verschroben halte :

    „Wieso also ist die Sonne kein roter Zwerg? Ist das nur ein seltsamer Zufall? Ist unsere Ecke des Universums vielleicht doch irgendwie speziell? Oder hat es andere Gründe?“

    Wenn beim Würfeln mit zwei Würfeln ein Sechser-Pasch kommt, geschieht auch das mit nur ca. 3% Wahrscheinlichkeit. Trotzdem passiert es eben, und es kann auch schon beim ersten Wurf mit zwei Würfeln vorkommen. Dafür kann/muss man keinen Grund angeben, das ist Zufall.
    Daran ändert es auch nichts, dass andere Konstellationen, z.B. zwei verschiedenen Anzeigen, mit ca. 83% Wahrscheinlichkeit auftauchen würden, wenn man die Würfel nur oft genug wirft. Es tut für den 6er-Pasch auch gar nichts zur Sache, ob es vielleicht Gründe gibt, die die Wahrscheinlichkeiten der anderen Ausfälle vermindern und damit die Wahrscheinlichkeit für den 6er-Pasch erhöhen. Das ist und bleibt ein „seltsamer Zufall“. Er ist eben gekommen, und gut so.

    Alles andere grenzt für mich ein wenig an Mystifizierung, der wir auch in dieser Frage keine Türe öffnen sollten, auch keine kleine.

  2. Hallo,
    danke für den Interessanten Artikel. Aber hier noch eine kleine Anmerkung zu folgender Aussage:
    „… dieser Druck erzeugt hohe Temperaturen. Je höher die Temperaturen dort sind, desto schneller und effektiver kann die Fusion von Wasserstoffatomen stattfinden …“. Ist es nicht umgekehrt: hoher Druck begünstigt die Kernfusion, was zu einer höheren Energiefreisetzung und damit höhere Temperatur führt. Druck per se kann die Temperatur nämlich nicht erhöhen. Man denke nur an den Ozean an dessen tiefsten Stellen ein wesentlich höherer Druck herrscht als an der Meeresoberfläche. Trotzdem ist es dort unten üblicherweise wesentlich kälter.

  3. Ich hab mir grade die „List of multiplanetary systems“ angeschaut weil mich interessiert hat, was man derzeit über andere class G Sterne weiß bzgl Planeten.

    Der Großteil dieser Sterne scheint keine Planeten zu haben. Liegt das daran, dass wir einfach nur keinen Transit beobachten können weil in diesen Systemen die Ebene auf der sich die Planeten befinden aus unserer Perspektive nicht beobachtbar sind? Oder sind die Objekte einfach „zu klein“? Ab welcher Masse ist denn eine Beobachtung kaum bzw nicht mehr möglich?

    Was mir auch noch aufgefallen ist: bei manchen Sternen ist keine Entfernung angegeben. Wie kommt es, dass wir teilweise Sterne kennen die sehr, sehr weit weg sind – aber dann wiederum bei manchen gar keine Aussage darüber treffen können?

  4. Genau genommen ist es ja noch schimmer. Die Fragestellung ist so, als ob der gewürfelte Sechserpasch irgendeinen Sinn darin suchen würde, dass er als Summe 12 und nicht die viel wahrscheinlichere 7 hat. Auch wenn es mit Sicherheit nicht so gemeint ist: Das klingt sehr nach dem „Das kann doch kein Zufall sein“ der Eso-Fraktion. Die Tatsache, dass *wir* (die wir die Tatsache zur Kenntnis nehmen) auf einem Planeten eines Sterns vom G-Typ leben, sagt *statistisch* nur eins aus: Die Wahrscheinlichkeit, dass auf einem Planeten eines Sterns vom G-Typ Leben existiert ist ungleich null. Nicht mehr.
    Gruß,
    Michael

  5. Ein Roter Zwerg ist keine Verkehrsampel – so wie in der „künstlerische Darstellung“ würde ein menschliches Auge es auf der Planetenoberfläche niemals wahrnehmen. Zitat Wikipedia, Artikel „Roter Zwerg“: Tatsächlich liegen die Oberflächentemperaturen von Roten Zwergen zwischen 2200 und 3800 Kelvin (Sonne etwa 5800 Kelvin). Damit erscheinen sie im direkten Vergleich zur Sonne rötlicher (deshalb der Name), aber nicht wirklich rot, ihr Licht ähnelt für das menschliche Auge dem von Glühlampen (2300–2900 K) und ist für die heißeren der Roten Zwerge sogar deutlich weißer.

    Wegen des geringeren Blau-Anteils, der für das Himmelsblau zur Verfügung steht (Rayleigh-Streuung), erscheint der Himmel (bei erdähnlicher Atmosphäre) tatsächlich deutlich dunkler, und der Stern tatsächlich (durch den Weißabgleich auf das Gesamtlicht) weißer als eine „güldene Sonne“.

    Richtig ist nur, dass der Stern deutlich größer erscheint als uns die Sonne, da seine Flächenhelligkeit geringer ist und ein Planet für erdähnliche Energieeinstrahlung deshalb entsprechend näher am Stern liegt.

  6. @Daniel, Kaktus

    Man geht aber nicht davon aus, dass die Entstehung von Leben ein Würfelwurf sei, der mit gleicher Wahrscheinlichkeit jeden Planeten treffen kann. Man kennt bisher nur einen Fall für die Entstehung von Leben, mehrzelligem Leben und intelligentem Leben, und daraus folgert man üblicherweise

    – es braucht Wasser
    – es braucht Land
    – es braucht Plattentektonik
    – es braucht ein Magnetfeld
    – es braucht einen unverhältnismäßig großen Mond
    – für höheres Leben braucht es Sauerstoff
    – es braucht eine Jupiter
    – es braucht einen Einzelstern

    usw., weil alles was wir wissen ist, dass es unter diesen Umständen mindestens einmal funktioniert hat (also kann es dann auch öfters funktionieren). Wenn man mit dem Würfelargument kommt, dann wären alle diese Annahmen von gleicher Art wie „es braucht einen gelben Zwergstern“ und somit für die Tonne, denn aus einer Statistik mit einem Datenpunkt kann man nichts erschließen (obwohl z.B. ein so großer Mond für einen Planeten wie die Erde relativ unwahrscheinlich sein dürfte, er entstand ja durch eine Kollision, die in den meisten Fällen in Simulationen keinen solchen Mond hervorbringt).

    Man kann aber für jeden einzelnen Punkt gute Gründe angeben, warum er die Entstehung von Leben begünstigt haben dürfte:

    – Chemische Reaktionen laufen am besten in Lösungen ab und Wasser ist einerseits ein ideales Lösungsmittel, in welchem sich andererseits hydrophobe Stoffe zu kleinen reagenzglasartigen Tropfen zusammenschließen können und so die Reaktionspartner lange Zeit an Ort und Stelle halten.
    – Lebenswichtige Mineralien finden sich im Gestein; in Tidenbecken kann sich die Konzentration von Stoffen durch Verdunstung erhöhen und im warmen Wasser Reaktionen beschleunigen.
    – Plattentektonik erhält den CO2-Gehalt der Atmosphäre durch Vulkanismus und damit den Treibhauseffekt, während Gesteinsbildung CO2 aus der Atmosphäre entfernt. Sie trägt somit zur langfristigen Stabilisierung des Klimas bei.
    – Ein Magnetfeld schirmt die Erde gegen radioaktive Teilchenstrahlung aus dem Sonnenwind ab, die Makromoleküle beschädigen kann.
    – Der im Verhältnis zur Erde riesengroße Mond sorgt einerseits für die Tiden und andererseits stabilisiert er die Erdachse, so dass das Klima keine Kapriolen macht, wenn die Erdachse etwa in die Bahnebene der Erde kippt.
    – Höheres, mehrzelliges Leben entstand erst nachdem die Erdatmosphäre einen nennenswerten Sauerstoffanteil hatte, ein sehr aggressives Gas, das die Entstehung von Leben eher behindert hätte, für höheres Leben aber die nötige Energie liefert.
    – Jupiter hat durch seine Schwerkraft dass Sonnensystem größtenteils von Asteroiden frei geräumt, die ansonsten häufiger auf der Erde einschlagen und diese sterilisieren könnten.
    – Das Klima in Bahnen um Doppelsterne könnte extremer sein, weil es zwei Wärmequellen in wechselnder Konstellation gäbe und die Planetenbahn eher elliptisch als fast kreisrund sein dürfte.

    Das gleiche kann man für die Art des Spektralklasse des Sterns tun.

    Wir lernen gerade, dass es durchaus auch völlig anders geartete Welten im Sonnensystem gibt, auf denen Leben möglich sein könnte: Europa, Enceladus, Titan, wohlmöglich sogar Pluto, weil dort die Bedingungen „flüssiges Wasser“, „Gestein in Kontakt mit dem Wasser“ und „Abschirmung gegen radioaktive Strahlung“ erfüllt sind (ohne jedoch zu wissen, ob das reicht, und ob es dort wirklich Leben gibt). Aber niemand erwartet dort höheres Leben, es gibt dort keinen Sauerstoff. Und schon gar kein intelligentes Leben, das auch auf der Erde bisher nur einen kurzen Bruchteil ihrer Geschichte über existiert hat, und das eine ganze bestimmte, relativ ungewöhnliche und seltene Vorgeschichte auf der Erde hat. Deswegen ist die Annahme, dass wir nicht völlig zufällig keinen Roten Zwerg umkreisen, durchaus ein valides Argument.

    Was gegen die Entstehung von Leben auf Planeten roter Zwerge spricht, findet sich z.B. in diesen Artikeln erläutert:

    https://www.nasa.gov/feature/goddard/2017/nasa-finds-planets-of-red-dwarf-stars-may-face-oxygen-loss-in-habitable-zones

    https://arxiv.org/pdf/1703.10130.pdf

  7. @Alderamin:

    Das ist mir alles bewusst. Und den (interessanten!) Artikel habe ich auch gelesen, danke. Ich bestreite auch gar nicht, dass für Planeten roter Zwerge die Entwicklung von Leben unwahrscheinlicher sein mag als für die von Sternen vom G-Typ. Darüber kann man sicherlich begründet spekulieren.

    Das ändert aber alles nichs daran, dass die Bezüge auf Statistik, so wie sie im Artikel stehen, wissenschaftlicher Nonsense sind. Die Tatsache, dass *wir* auf einem Planeten eines G-Sterns leben, sagt eben nichts über die Wahrscheinlichkeit von Leben auf Planeten von G-Sternen aus. Wir sind lediglich genau die *eine* Stichprobe, auf die wir Zugriff haben.

    Kann es denn wirklich sein, dass du das nicht verstehst?

    Gruß,
    Michael

  8. @kaktus

    Ja, ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, warum ein einmaliger Versuch nicht bereits eine Tendenz anzeigen kann. Ich schmeiße im Dunklen an einem unbekannten Ort einen Stein in die Schwärze und es plumpst. Ich würde daraus folgern, dass ich mich wahrscheinlich am Ufer eines Gewässers befinde und nicht zufällig eine kleine Pfütze getroffen habe. Der einzige Unterschied ist, die kleine Pfütze wäre unwahrscheinlicher zu treffen als das große Gewässer. Die Irrtumswahscheinlichkeit ist ungefähr so groß, wie die Chance, eine kleine Pfütze zufällig zu treffen, wenn man doch auf trockenem Land steht.

    Und wenn intelligentes Leben gleich wahrscheinlich wäre bei einem Roten Zwerg wie bei einem G-Stern, dann wäre die Chance 1:10, sich zufällig in der Nähe eines G-Sterns wieder zu finden. 1:10 ist nicht extrem unwahrscheinlich, aber eine Tendenz. Mit den Argumenten von oben ist es demnach eher anzunehmen, dass ein M-Stern ein weniger geeigneter Kandidat für intelligentes Leben sein dürfte. Wie die anderen genannten Punkte (großer Mond etc.)

  9. „Ja, ich verstehe das nicht.“

    Ok, dann wird es erfahrungsgemäß schwierig. 😉

    „Ich verstehe nicht, warum ein einmaliger Versuch nicht bereits eine Tendenz anzeigen kann. Ich schmeiße im Dunklen an einem unbekannten Ort einen Stein in die Schwärze und es plumpst. Ich würde daraus folgern, dass ich mich wahrscheinlich am Ufer eines Gewässers befinde und nicht zufällig eine kleine Pfütze getroffen habe.“

    Das tust du aber nur, weil du bereits Vorwissen über die Verteilung von Pfützen hast. Das Einzelereignis für sich alleine erlaubt jedefalls keine Folgerug, außer eben der, dass das Ereignis mögich ist.

    Damit will ich überhaupt nichts gegen die *anderen* Argumente bzgl. der Wahrscheinlichkeit von Leben auf Planeten verschiedener Sterntypen sagen! Aber das *statistische* Argument sticht nicht. Dass es überhaupt angeführt wird, ist einigermaßen gruselig, weil es genau die Form von „Das kann doch kein Zufall sein“ ist, die in anekdotischen Homöopathie-Wirksamkeits-„Beweisen“ usw. eine zentrale Rolle spielt.

    Ich versuche es noch mal anders: Du landest auf einem fremden Planeten. Das erste Lebewesen, das du triffst, sieht aus wie ein Känguruh. Was sagt das *alleine* über die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens känguruhartiger Lebewesen im Universum aus? Ich mein, hey, die muss ja verdammt hoch sein, schließlich hast *du* als erstes eins getroffen.

    Gruß,
    Michael

  10. @kaktus

    Das tust du aber nur, weil du bereits Vorwissen über die Verteilung von Pfützen hast.

    Eben. Und wir haben auch Vorwissen über die Häufigkeit Roter Zwerge, das macht ja gerade den Widerspruch. Wenn die Entstehung von Leben wie das zufällige Werfen eines Pfeils auf eine Zielscheibe mit Sterntypen verschiedener Häufigkeiten wäre, dann würde man mit 93% Wahrscheinlichkeit keinen G-Stern treffen und mit 75% einen roten Zwerg. Wenn wir also ein zufälliger Wurf wären, dann würden wir wahrscheinlicher auf einem Roten Zwerg landen.

    Anderswo habe ich auch mal so argumentiert: um die Hypothese zu zeigen, dass eine bestimmte Würfelseite häufiger fällt als andere, wirft man den Würfel oft genug, bis man genug Signifikanz erreicht hat. Im Grunde genommen kann man eine Folge von Würfen aber auch zu einem Wurf-Tupel zusammenfassen, man könnte die Würfe mit n gleichartigen Würfeln in einem einzigen Wurf machen. Das einzige, was diese Methode macht ist, die Wahrscheinlichkeit des signifikanten Tupels für eine als Antithese angenommene Gleichverteilung möglichst klein zu halten: eine 6 fällt in 1/6 der Fälle, 2 Sechsen in 1/36 etc., so dass der Fall, n mal die gleiche Zahl zu schmeißen, mit steigendem n immer kleiner wird. Irgendwann sagt man dann, die Zahl der tatsächlich gefallenen 6en weicht so stark von der bei einer Gelichverteilung erwarten ab, das offenbar keine Gleichverteilung vorliegt.

    Ein Einzelwurf ist ein Grenzfall davon mit sehr geringer Signifikanz. Das Würfelbeispiel mit Zahlen passt hier nicht, weil irgendeine Seite muss ja fallen und die Chance für jede einzelne ist jeweils klein (ähn lich bei Deinem Känguruh-Beispiel); nur wenn man weiß, dass eine Seite oder ein Ergebnis stark bevorzugt fällt, dann bestünde eine gewisse Chance, dass der Einzelwurf diese Seite zeigt.

    Wenn der Würfel z.B. 5 Seiten rot bemalt und nur eine gelbe hätte, man würfe nur einmal, man könnte aus anderen Gründen davon ausgehen, dass die (geometrischen) Würfelseiten nicht gleich wahrscheinlich fallen, sondern eine der Farben bevorzugt, und man würfe beim ersten und einzigen Mal gleich gelb, dann deutete der einzelne Wurf an, dass die gelbe Seite die bevorzugt sein dürfte. Diese ganzen Vorbedingungen müssen gegeben sein und bei den Roten Zwergen vs. G-Stern sehe ich sie erfüllt: viel mehr rote Seiten als gelbe, Argumente, warum rote Zwerge Nachteile haben könnten, und der einzelne Wurf war gelb.

    Nachvollziehbar?

  11. Ok, sinnlos. 🙁
    Leg das Ganze mal jemandem vor, der sich hauptberuflich mit Logik und Wahrscheinlichkeiten beschäftigt. Vielleicht schafft der es kraft Autorität. Ich gebe auf.
    Gruß,
    Michael

  12. @Kaktus du hast recht.
    2/3 -3/4 der Menschen leben in Asien. Wir dürften uns hier eigentlich gar nicht unterhalten, weil die meisten Menschen die lesen können, leben da und wer das seltsam findet muss akzeptieren… weil es in China wirklich mehr Evangelische Menschen gibt als Deutschland war Luther sicher Chinese…. grosse Tendenz!übrigens haben die in USA auch das Auto erfunden und nicht etwa Carl Benz in Mannheim.

    Es scheint, es gibt 7,5 Mrd Menschen und ebenso viele Arten von Logik.

    Die Haupttexte dieses langen Threads kann man mit einem einzigen Wort wegwischen:

    E X T R E M O P H I L E!

  13. Damit meine ich. Alderamin hat Recht.
    Klar gibt’s eine Wahrscheinlichkeit für den Irrtum, aber er vertritt die wahrscheinlichere Seite.

  14. Es gibt Fragen, die man so nicht formulieren sollte. Dazu gehören auch die hier gestellten:

    Warum ist die Sonne kein roter Zwerg?

    Antwort: Sie hat zuviel Masse.

    Warum leben wir dann nicht dort, wo es statistisch zu erwarten wäre sondern auf einem Planeten, der einen Minderheitenstern wie die Sonne umkreist?

    bzw.

    Warum leben WIR dann nicht auf einem Planeten der einen roten Zwergstern umkreist?

    Antwort: Wir leben, wo wir leben. Das ist keine Frage der Statistik. Wir leben ja auch nicht auf dem Saturn, obwohl der mehr Oberfläche hat und es bei einer Verteilung (des Lebens) auf die Gesamtoberflächen aller Planeten die Wahrscheinlichkeit dafür am höchsten wäre.

    Genauso könnte man auch fragen: „Warum bin ich keine Bakterie (der größte Anteil der lebenden Biomasse – das wäre ja statistisch zu erwarten)?“, etc.

    Wir wissen viel zuwenig über die hypothetischen Bewohner der Planeten von roten Zwergsternen – vielleicht sind sie ja tatsächlich in der Überzahl und spekuieren darüber, ob es auf den Planeten der grösseren, helleren Sterne Leben geben könnte. 🙂

    Da wir ja nicht wissen, wie die Randbedingungen für die Entststeheung von „Leben“ im Allgemeinen sind, können wir nur Aussagen dazu treffen, welche Voraussetzungen ein dem auf der Erde ähnliches Leben benötigt und dann vermuten, wieviele Planeten es gibt, die der Erde soweit ähnlich sind, dass sich auch dort ähnliches Leben entwickeln kann und so die Planeten der roten Zwergsterne bewerten.
    Eine genauere Aussage zur Verteilung von Leben in der Milchstraße können wir (noch) nicht treffen, da muss man erst mal nachsehen.
    —————————
    Leider lese ich, nun auch hier, immer wieder schlecht formulierte Vergleiche, wie

    … leuchtet 100 Mal schwächer als unsere Sonne

    bei denen quasi eine gedankliche Rückwärtsrolle gemacht wird. Wenn ich „leuchtet 100 Mal“ lese, dann erwarte ich, dass die 100-fache Helligkeit gemeint ist. Stattdessen wird mit dem „schwächer“ dann der reziproke Faktor also 1/100 gemeint. Warum wird dann nicht gleich: „leuchtet ein hundertstel so stark wie unsere Sonne“?

  15. Bin mein eigener Chef und antworte ersatzweise:

    kaktus führt aus…:

    „Das tust du aber nur, weil du bereits Vorwissen über die Verteilung von Pfützen hast.“

    Hierin liegt die Quintessenz des ‚Hohen n‘ von Nash’s equilibriumdelirium. Wenn schon ein Attraktor in einer formal unerfassbaren Menge (!) als Beweis gilt, zeugt das vom verirrten Ausmaß gegenwärtig wissenschaftlicher Datenfakultät. Aller irreal erwünschter Ordnung Gegner ist das real vorhandene Chaos. Gerade im Hirn mehrheitlicher Majorität sitzt der Glaube an ein ‚ewiges Gleichgewicht‘ so fest im Sattel wie Goethes Faust auf dem Weinfass vom Auerbachskeller.

  16. @Alderamin hat recht. (sagt jemand, der Statistik und Stochastik und Experimente machen mal Biologie und Chemie Studenten in deren Physik-Praktikum beigebracht hat.)

    Macht jetzt 3:2.

    @Einherjer:

    Falls dein letzter Post da oben bewusst lustig sein sollte um irgendwas zu beweisen:
    War er nicht, hat er nicht.

    Falls der ernst gemeint sein sollte:
    …. äh … lass es.

  17. Die Frage lautet ernsthaft WER im Zugzwang einer erwartenden Öffentlichkeit steht stetig etwas ‚wissenschaftlich-wahrscheinlich‘ zu beweisen.

  18. Der Maschinenlerner sagt, Kaktus hat recht.

    Wir haben 2 beobachtungen:
    1. 7% aller Sonnen sind vom G-Typ.
    2. Die konkrete Beobachtung: wir haben Leben um einen G-Typ Stern gefunden (die Erde).

    Was wir nicht beobachtet haben:
    p(Leben|G-Typ) und p(Leben| nicht-G-Typ). Wir haben nur eine Beobachtung, dass p(Leben|G-Typ)>0. Wir wissen aber nicht, dass

    p(Leben|G-Typ) > p(Leben|nicht-G-Typ)

    und koennen schon gar keine Aussage ueber p(G-typ|Leben) treffen.

  19. Nachtrag:
    Das Argument wird normalerweise in umgebungen gebracht, wo die beobachteten wahrscheinlichkeiten noch viel ungleicher verteilt sind und in dem Fall kann das Argument logisch gelten.

    Nehmen wir mal folgende beobachtungen:
    1. 0.01% aller Sonnen sind vom G-Typ.
    2. Die konkrete Beobachtung: wir haben Leben um einen G-Typ Stern gefunden (die Erde).

    Nun kann man sich fragen ob
    p(Leben|G-Typ) = p(Leben|nicht-G-Typ)

    unter dieser Annahme sollten 0.01% aller beobachteten Planeten in denen leben gefunden wurde um einen G-Typ Stern kreisen. Unsere beobachtung ist damit ein extremer outlier unter dem Modell. Und damit kann man p(Leben|G-Typ) = p(Leben|nicht-G-Typ) mit einer gewissenen Konfidenz verwerfen. (was natuerlich nicht heisst, dass wir keinen fehler machen, wenn wir die hypothese verwerfen).

    nur bei 7% ist die Konfidenz nicht sehr hoch, weil so eine beobachtung nicht unerwartet ist.

  20. Um mal bei ulfis Bezeichnungen zu bleiben:

    Ich finde dass Aussagen über p(Leben|nicht-G-Typ) stark davon abhängen wie man die Daten interpretiert und auch wie man Leben definiert bzw. wonach man sucht.

    Wenn ich es richtig verstehe, so wird davon ausgegangen dass Leben in nicht-G-Typ Systemen unwahrscheinlich ist aufgrund einiger Faktoren die die Entwicklung von Leben „wie wir es kennen“ be/verhindern könnten (hat Florian ja auch geschrieben).

    Das sind Annahmen, beruhend darauf dass wir zum einen davon ausgehen, dass Leben „wie wir es kennen“ nur unter bestimmten Bedingungen gedeihen kann, wobei wir ja eben nur nach dieser Art von Leben Ausschau halten.

    Rein hypothetisch könnte es auch lebende Magmaballen geben die Eisen metabolisieren und Wolfram atmen – nur macht es wenig Sinn nach uns völlig unbekanntem Leben (sprich: Mechanismen) Ausschau zu halten, weil dann sucht man ja wirklich willkürlich nach Eigenschaften die irgendwie als Lebenszeichen interpretiert werden könnten. Somit muss der Fokus erstmal auf dem liegen was wir kennen. Und das was wir kennen ist in nicht-G-Typ Systemen vorerst nicht zu erwarten.

    Und damit kann man eigentlich nur zu zwei Schlüssen kommen:

    a) Leben kommt primär in G-Typ Systemen vor

    oder

    b) Leben kommt nur manchmal in G-Typ Systemen vor

    Und derzeit tendiert man zu b) denn wenn man sich die Liste der G-Typ Systeme anschaut, sieht es relativ mager aus was potientielle Planeten in der habitablen Zone angeht.

    Zu diesem Schluss kommt man anhand der derzeitigen Datenlage. Klar kann man sich jetzt drüber streiten was mehr wahrscheinlicher ist und was nicht – aber am Ende ist alles nur Spekulation, denn bevor wir nicht bessere Daten kriegen oder gar selbst hinfliegen, ist es zumindest mMn eher schwierig konkrete Aussagen zu treffen.

  21. UlFI hat recht. Signifikanzintervalle bei unwahrscheinlichen Ereignissen zu betrachten ( wie entstehen von leben) ist Schwachsinn und Pseudowissenschaft, weil es zu falschen angeblich wissenschaftlich abgesicherten Aussagen führt. Bald jede zweite Nachricht enthält deswegen einen statistisch getricksten Scheinzusammenhang.

    „Wahrscheinlichkeit“ bei genau einem Ereignis (@limpi) auch nur zu denken, ist ebenso Blödsinn. Und die Diskussion erinnert mich entweder an so genannte Unternehmensberater – Experten… das ist man da für was schon, wenn man ein Wort richtig schreiben kann!

    Viel relevanter ist aber Homo Faber von Max Frisch: Da stirbt seine Tochter an einem Schlangenbiss in Griechenland. Er der Homo Faber (….beschrieben ist übrigens ein entweder Asperger Syndrom behafteter oder auf dem Autismus Sperktrum liegender Mensch wie es das auch in der big Bang Theorie gibt….) sagt, sie hätte einfach Pech gehabt und die Wahrscheinlichkeit war nur wenige Prozent.

    Darauf wird er von der Mutter in den Senkel gestellt, dass das ja wohl ziemlich sch.-Egal wäre.
    Er hätte ja nur eine Tochter (gehabt).

    In diesem Sinne YOLO!
    Das gilt auch für das ganze Leben;-)

  22. @ulfi

    Nun kann man sich fragen ob
    p(Leben|G-Typ) = p(Leben|nicht-G-Typ)

    Das ist genau der Punkt. Wobei ich nicht von „P(Leben)“, sondern „P(intelligentes Leben)“ spreche, denn Leben an sich stellt höchstwahrscheinlich viel geringere Ansprüche und könnte auch auf den oben verlinkten Ozeanwelten existieren, die gar nicht auf Sonnenlicht angewiesen sind; da reichte ein Abschirmung gegen die Strahlung durch einen Eispanzer und die Entfernung vom Stern wäre fast egal, solange es noch thermale Wärme gäbe, etwa durch Gezeiten verursacht durch einen Riesenplaneten oder Resonanzen mit anderen Planeten, ähnlich wie bei den Jupitermonden.

    Ich kürze „intelligentes Leben“ mal mit iL ab, den Fall eines M-Sterns mit M . Die bedingte Wahrscheinlichkeit für intelligentes Leben auf dem Sterntyp M ist wie folgt definiert:

    P(iL|M) = P(iL ∩ M) / P(M)

    Die Antithese sei, dass die Wahrscheinlichkeit von intelligentem Leben nicht davon abhinge, ob der Stern ein M-Stern sei oder nicht, dann gilt P(iL ∩ M) = P(iL)*P(M). Dann kürzt sich oben P(M) heraus und P(iL|M) = P(iL) =: p.

    Mit dem Satz von Bayes gilt

    P(M|iL) = P(iL|M)*P(M)/P(iL)

    Mit obigem wissen wir schon, dass P(iL|M) = P(iL) = p, also bleibt nur noch übrig

    P(M|iL) = P(M)

    d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass ein Planet mit intelligentem Leben ein M-Stern ist, sei genau so groß wie die, dass der Stern überhaupt ein M-Stern ist; der Sterntyp sei unabhängig davon, ob es dort intelligentes Leben, oder nicht. Das ist, wie gesagt, die Antithese.

    P(M) ist 76%. Mit 76%iger Wahrscheinlichkeit erwarten wir bei einem zufällig ausgewählten, aber mit intelligentem Leben ausgestatteten Planeten, dass er einen M-Stern umkreist. Die Erde ist ein solcher zufällig ausgewählter Planet mit intelligentem Leben und umkreist aber keinen M-Stern, sondern einen G-Stern; die Chance für diesen Fall ist knapp 8%.

    Es gibt neben G-Sternen auch noch K-Sterne (12%) und F-Sterne (3%), der Rest von ca. 1% lebt nicht sehr lange und kommt von daher für die Entstehung von intelligentem Leben eher weniger in Frage. Gegenüber M-Sternen mit 76% gibt es also noch anderen Sterntypen mit 23% relativer Häufigkeit, die für intelligentes Leben in Frage kommen könnten. 23% ist deutlich kleiner als 76%.

    Eine Chance von 1/4 gegen 3/4 ist kaum mehr als 1 Sigma, dafür wird man die Antithese nicht über den Haufen werfen, aber ein wenig unerwartet ist es schon – in drei von vier zufällig ausgewählten Fällen sollte es eben anders sein.

    Und man kann ja auch Gründe dafür anführen, warum M-Zwerge nicht ideal für die Entstehung von höherem Leben sind. Ein weiterer Grund neben den Flares und der gebundenen Rotation ist, dass Sterne mit der Zeit heller werden (die Fusionszone verlagert sich nach außen, weil innen der Brennstoff ausgeht und damit vergrößert sich die fusionierende Fläche und das Volumen) und somit ihre habitable Zone nach außen wandert. Die habitable Zone bei heißeren Sternen ist generell breiter; sie wandert auch nach außen, aber wegen der größeren Breite ist die Chance, dass ein Planet die ganze Zeit in ihr bleibt, bei heißeren Sternen größer.

  23. @EchtSuperDasPodcast

    ist Schwachsinn und Pseudowissenschaft,

    Danke für die lieben Worte.

    weil es zu falschen angeblich wissenschaftlich abgesicherten Aussagen führt

    Als wenn das die Behauptung gewesen wäre…

    “Wahrscheinlichkeit” bei genau einem Ereignis (@limpi) auch nur zu denken, ist ebenso Blödsinn.

    Dann spiel‘ mal schön Lotto.

    Und raus bin ich.

  24. Wo haben nur die Planetenmaler überwintert 🙂

    Das Planetenmalergeschäft war ja nach den Voyager Fotos tot , dann war 20 Jahre Flaute bis zur Entdeckung der Exoplanen.

  25. Ein weiterer Grund neben den Flares und der gebundenen Rotation ist, dass Sterne mit der Zeit heller werden (die Fusionszone verlagert sich nach außen, weil innen der Brennstoff ausgeht und damit vergrößert sich die fusionierende Fläche und das Volumen) und somit ihre habitable Zone nach außen wandert.

    Das gilt aber nur, wenn der Stern eben nicht per Konvektion durchgemischt wird. Also insbesondere nicht für komplett konvektive Rote Zwerge…

  26. @ Alderamin

    „Man kennt bisher nur einen Fall für die Entstehung von Leben, mehrzelligem Leben und intelligentem Leben, und daraus folgert man“

    Es handelt sich bei diesem Folgern um abduktives Schließen, eine wissenschaftliche Hypothese wird gebildet. (Es handelt sich nicht etwa um deduktives Folgern, mit dem man aus Wahrem Wahres ableiten kann.)

    „warum ein einmaliger Versuch nicht bereits eine Tendenz anzeigen kann“

    Ja, ein einmaliger Versuch kann eine Tendenz anzeigen.

    „Die Erde ist ein solcher zufällig ausgewählter Planet mit intelligentem Leben“

    Nein, dieser Planet ist nicht zufällig ausgewählt. Für eine statistische Argumentation ist das hier zunächst verbrannte Erde (auch wegen p(iL|iL) =1). Dieses Sonnensystem selbst dient zunächst nicht als Untermauerung der Hypothese.

    Was ich nicht verstehe, ist, wieso darüber diskutiert wird, Florian Freistetter argumentiert so gar nicht. Er erklärt in dieser Sternengeschichte wie die Hypothese entstanden ist, wie sie überprüft werden kann: da draußen, im Universum, und was sich jetzt bereits darüber sagen lässt. Er deduziert, wenn die Hypothese wahr wäre, und sich das bisher empirisch Ermittelte bestätigen würde, dann lebten wir auf einer winzigen gelben Oase – aber eigentlich hätten wir (noch) keine Ahnung.

    Wenn man eine statistische Aussage im Text kritisieren möchte, dann vielleicht diese:

    „Wenn wir jetzt irgendeinen beliebigen Fisch aus all dem Wasser heraus greifen, ist es viel wahrscheinlicher, dass er aus dem Meer kommt und nicht aus einem Binnengewässer.“

    Das ist nur unter zusätzlichen, versteckten Annahmen richtig, z.B. der, dass die Fischdichte in Meer und Binnengewässer gleich ist (was im Gegensatz zum kopernikanischen Prinzip wohl als unwahrscheinlich angesehen werden kann).

  27. @Alderamin der Satz von Bayes ist mir bewusst und am Ende drueckst du nochmal genau das aus, was ich geschrieben hab, nur mit einer umgeformten formel. Und nein, bei einer 3 in 4 chance auf der 4 zu landen halte ich nicht fuer irgendwie ungewoehnlich. Das ist wahrscheinlicher als eine 6 zu wuerfeln. Und waehren 6en selten, waehren viele Brettspiele eher langweilig.

    Wahrscheinlichkeiten sind unintuitiv. Wenn wir 75% sehen denken wir: „ich erwarte, dass das eintritt“. Nicht, „in jedem viertel fall tritt das nicht ein“. Nur sollte man eine fehlerhafte intuition nicht zum argument fuer eine These verwenden.

  28. Wie sieht es eigentlich mit Wasserplaneten um rote Zwerge aus? Kommen die häufig vor oder eher selten?
    Könnten die nicht intelligentes Leben hervor bringen?

  29. Gute Idee. Gefällt mir!

    Eine genügend dicke Wasserschicht würde das Leben dort ja auch vor den Flares, dem Wetter und den großen Temperaturunterschieden auf der Oberfläche schützen.

    Allerdings soll ein zu tiefer Ozean, also ein zu hoher Druck am Boden, tödlich sein weil er für eine permanente Isolationsschicht aus exotischem Eis zwischen Wasser und dem Gesteinskern bildet.
    Dadurch sollen diverse Kreisläufe, u.a. CO2, unterbunden werden was dem Leben dort wieder sehr ungelegen käme.

    Wenn ich mich richtig erinnere, weiß wer genaueres?

  30. @Daniel, Post vom 14.4:

    “… dieser Druck erzeugt hohe Temperaturen. Je höher die Temperaturen dort sind, desto schneller und effektiver kann die Fusion von Wasserstoffatomen stattfinden …” Ist in der Tat etwas salopp formuliert.
    Es werden da unbewust 2 Sachen vermischt.
    1.) Wenn eine Gaswolke am Komprimieren ist, dann wird das System immer heisser, bei zunehmenden Druck, wegen der Gasgleichung. Das bisschen was während dieser Phase abstrahlen kann, ist nicht ausschalggebend. Das führt dann dazu, dass bei genügende Masse, im Kern, dann schliesslich die Fusion beginnt. Ab dann kommt.
    2.) ins Spiel: Der Strahlungsdruck von der Fusion wirkt dem hydrostatischen Druck entgegen. Bei einem gegebenen Masse stellt sich dann bei einem bestimmten Druck das Gleichgewichtgewicht ein und der Stern ist stabil. Nimmt man jetzt viel Masse, dann ist dieser Druck höher als bei wenig Masse. Die Temperatur beim Gleichgewicht ist auch höher, ergo die Fusionsrate ist bei viel Masse viel, viel höher als bei wenig ca. zur 4. (wenn ich mich recht erinnere) Potenz von M (Da gibts feine Unterschiede ( ob jetzt H – H Prozess überwiegt oder CNO, falls es C gibt, etc.)
    Das wollte Florian wohl sagen. Dann wäre aber der Artikel noch länger geworden, und am eigentlichen Thema vorbei.

  31. Ich möchte hier einmal anfügen, das Silicium ab 500°C durchaus reaktiv ist und vielseitige Verbindungen eingeht, außerdem wurde bereits diskutiert, das um größere Gasriesen ebenfalls Erdähnliche Planeten denkbar sind.

    Ansonsten halte ich das statistische Argument auch nicht für Tragbar.

    Was die Protuberanzen angeht, wenn die Sonne tief steht ist ein Sonnenbrand doch sehr unwahrscheinlich. Das leben mutiert einfach etwas häufiger und es geht in der habitablen Zone etwas dynamischer zu, als bei uns. Mit starkem dauerhaften Wind und Gletscherbewegungen ist zu rechnen… Ich stelle mir das sehr interessant vor.

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