Was haben Mikroskope mit Astronomie zu tun? Sehr viel! Eines dieser Geräte findet man sogar am Himmel. Zu sehen gibt es dort aber überraschend wenig. Aber das was man dort beobachten kann ist das Thema der neuen Folge des Sternengeschichten-Podcasts!
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Transkription
Sternengeschichten Folge 199: Das Sternbild des Mikroskops
Mikroskope sind nichts, was man spontan mit Astronomie verbindet. Teleskope, die schon! Die sind das wichtigste Instrument um mehr über das Universum herauszufinden. Und darum habe ich darüber ja auch schon in Folge 107 der Sternengeschichten gesprochen. Aber auch die Mikroskope spielen eine Rolle. Ein Mikroskop kann man sogar am Himmel finden. Am Himmel der südlichen Hemisphäre, um genau zu sein beziehungsweise in der Lücke zwischen den Sternbildern Schütze und Kranich, um noch genauer zu sein.
Von den meisten Regionen Deutschlands aus ist es nur zur Hälfte zu sehen; erst wenn man sich in den Süden des Landes bzw. nach Österreich oder die Schweiz begibt, kann man ein bisschen mehr erkennen. Oder besser gesagt: Nicht erkennen. Denn die Sterne, die das Sternbild ausmachen sind nur schwer zu erkennen. So richtig hell davon ist keiner; die hellsten erreichen nur die 4. und 5. Größenklassen; sie sind also mit freiem Auge gerade noch so sichtbar – fallen aber nicht weiter auf.
Der Name „Mikroskop“ klingt auch nicht unbedingt nach dem, was wir von Sternbildern gewohnt sind. Da kennen wir eher die vielen Figuren aus der griechischen Mythologie: Herkules, Andromeda oder Cassiopeia. Oder die Bilder der Tierkreiszeichen wie Schütze, Steinbock oder Wassermann. Ein Mikroskop klingt viel zu technisch um sich in dieses klassische Umfeld einzufügen. Aber das liegt eben an der Lage. Die uns am nördlichen Himmel bekannten und vertrauten Sternbilder sind alt und stammen teilweise noch aus der Zeit der alten Babylonier. Als die Wissenschaftler aus Europa im 17. und 18. Jahrhundert begannen, auch die südliche Hemisphäre der Erde zu erforschen, beobachteten sie dabei natürlich auch die Sterne. Die meisten von ihnen waren noch in keinem Katalog verzeichnet und sie wurden auch noch nicht zu Sternbildern geordnet. Zumindest nicht von den Europäern, die jeweiligen Bewohner der südlichen Länder hatten natürlich ihre ganz eigenen Mythen, Bilder und Geschichten. Aber wie so oft wurde das von Europäern ignoriert und man setzte seine eigenen Definition durch. Dabei ließ man sich ganz vom Geist der wissenschaftlichen Aufklärung und der aufkommenden industriellen Revolution leiten. Anstatt mythischer Figuren verewigte man daher wissenschaftliche Instrumente am Himmel. Deswegen findet man dort Sternbilder wie den chemischen Ofen, die Luftpumpe, den Schiffskompass, das Winkelmaß, den Zirkel, den Sextant und einiges mehr aus dem Werkzeugkasten der Wissenschaft. Unter anderem eben auch das Mikroskop.
Es wurde vom französischen Astronom Nicolas Louis de Lacaille in der Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführt. Er war zwei Jahre lang in Südafrika, am Kap der guten Hoffnung und katalogisierte dort um die 10.000 Sterne des Südhimmels. Dabei definierte er auch 14 neue Sternbilder, unter anderem das Mikroskop. Aber nicht unbedingt, weil ihn die Sterne so sehr an ein Mikroskop erinnert hatten. Sondern weil da zwischen den viel auffälligeren Sternbildern Schütze und Kranich eine nervende Lücke war, die eben irgendwie benannt werden musste. Dieser Lückenfüller ist heute das Sternbild „Microscopium“, wie der offizielle lateinische Name lautet.
Mit freiem Auge sieht man – wie gesagt – nicht viel. Aber mit den Teleskopen haben die Astronomen im Mikroskop mittlerweile einige interessante Objekte entdeckt. Zum Beispiel den Stern AU Microscopii. Es handelt sich um einen etwa 32 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern. Er leuchtet nicht immer gleich hell, sondern verändert seine Helligkeit. Er hat nur ein Drittel der Masse unserer Sonne, ist ein wenig kleiner und leuchtet nur mit 9 Prozent der Leuchtkraft unseres Sterns. Außerdem ist AU Microscopii noch sehr jung: Sein Alter beträgt nur 12 Millionen Jahre; aus astronomischer Sicht wurde er also quasi gerade erst geboren und ist viel jünger als unsere Sonne mit ihren 4,5 Milliarden Jahren. Das, was AU Microscopii besonders interessant macht, ist die Trümmerscheibe die ihn umgibt.
Eine Trümmerscheibe ist genau das wonach es klingt: Eine Scheibe aus Trümmern die einen Stern umgibt. Man erkennt die Scheiben durch den vielen Staub der sich dort befindet. Nicht verwechseln darf man diesen Staub mit dem Staub, aus dem der Stern ursprünglich entstanden ist. Jeder Stern wird ja durch den Kollaps einer großen Wolke aus Gas und Staub gebildet und ein bisschen was davon bleibt immer übrig. Aus so einer protoplanetaren Scheibe entstehen dann die Planeten und Asteroiden; der restliche Staub verschwindet aber ziemlich schnell danach, da er durch die Strahlung des Sterns aus dem System getrieben wird. Der Staub der Trümmerscheibe bildet sich erst später. Wenn es in einem Planetensystem Asteroiden gibt, dann können die miteinander kollidieren und bei diesen Kollisionen entsteht auch immer wieder neuer Staub. Genau so etwas beobachtet man bei AU Microscopii.
Bilder die 2003 am Mauna-Kea-Observatorium in Hawai’i aufgenommen wurden zeigen deutlich die vom Staub reflektierte Infrarotstrahlung. Der rote Zwerg ist von einer riesigen Scheibe umgeben. Ihr innerer Rand liegt 50 Astronomische Einheiten vom Stern entfernt; als 50 Mal weiter weg als die Erde von der Sonne und damit auch deutlich weiter entfernt als der sonnenfernste Planet Neptun von unserem Stern. Der äußere Rand der Scheibe reicht mehr als 200 astronomische Einheiten hinaus. Die genaue Beobachtung des Staubs hat gezeigt, dass er nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern in der Scheibe Klumpen und Lücken zu finden sind. Das bedeutet, dass irgendwelche anderen Objekte die Bewegung des Staubs stören müssen; es ist also wahrscheinlich, dass sich um AU Microscopii auch Planeten befinden. Entdeckt hat man dort bis jetzt noch nichts, was aber auch nicht überraschend ist da die vermuteten Planeten sich sehr weit entfernt vom Stern befinden müssen und sich daher auch nur sehr langsam bewegen.
AU Microscopii ist mit freiem Auge nicht zu sehen, dafür aber der hellste Stern des Sternbildes. Zumindest außerhalb der hell erleuchteten Städte sollte es möglich sein, den Stern Gamma Microscopii zu sehen. Heute ist er 229 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Man hat allerdings herausgefunden, dass er uns vor 3,8 Milliarden Jahren viel näher war: Damals war er nur 6 Lichtjahre entfernt und war eines der hellsten Objekte an unserem Himmel.
Mit AU Microscopii kann Gamma aber in Sachen astronomischer Relevanz nicht mithalten. Genau so wenig wie so gut wie alle anderen Sterne dort. Es gibt noch ein paar weitere Sterne mit veränderlicher Helligkeit. Es gibt ein paar Sterne, bei denen man schon Planeten entdeckt hat; zum Beispiel WASP-7, der von einem jupitergroßen Himmelskörper in sehr enger Umlaufbahn umkreist wird. Es gibt in dieser Region des Himmels eine Anhäufung von Galaxien, den „Microscopium Supercluster“ der aber ebenfalls bis jetzt kaum das Interesse der Astronomen erweckt hat. Ein schwach sichtbarer Sternschnuppenschauer, die Microscopiden, sausen im Juni und Juli ausgehend vom Sternbild über unseren Himmel. Im Jahr 2011 haben Astronomen im Mikroskop eine Supernova in einer fernen Galaxie beobachtet. Und seit 1997 kennt man dort auch einen Pulsar.
Ein klein wenig interessant ist allerdings noch der Stern DD Microscopii. Es handelt sich dabei eigentlich um ein Doppelsternsystem, das aus einem großen orange leuchtenden Riesenstern und einem weißen Zwerg besteht. Beide umkreisen einander in sehr engen Umlaufbahnen und kommen sich dabei so nahe, dass sie einander beeinflussen. Beide Sterne enthalten nur wenig schwere Elemente und sie stehen hoch über der Ebene der Milchstraße. Das ist ein Zeichen dafür, dass DD Microscopii seinen Urspung in den äußersten Regionen unserer Galaxie hat, in der sogenannten „Halo“ die die Scheibe der Milchstraße kugelförmig umgibt und hauptsächlich von alten Sternen bevölkert ist.
Und dann gibt es sogar noch einen Rekordhalter: Der Stern Lacaille 8760 der auch die Bezeichnung AX Microscopii trägt, ist der hellste rote Zwerg der von der Erde aus am Himmel sichtbar ist. Aber wie das mit roten Zwergsternen eben so ist, leuchten die alle nicht besonders hell. Und auch der hellste von ihnen ist nicht hell genug um mit freiem Auge sichtbar zu sein. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 6,7 Größenklassen liegt er zwar nur knapp unter der Sichtbarkeitsgrenzen aber eben knapp darunter.
Mehr hat das Mikroskop eigentlich nicht mehr zu bieten. Es ist dort kaum etwas zu sehen; egal ob mit freiem Auge oder mit dem Teleskop. Irgendwie ist das paradox: Denn eigentlich ist das Mikroskop ja ein Symbol für die Sichtbarmachung des Unsichtbaren…
Vielleicht sollte man dort einfach etwas länger hinschauen? Irgendetwas findet man dann doch immer. Na gut, das sind in der Regel extrem weit entfernte Galaxien.
Wie kann man denn unterscheiden ob es sich um eine protoplanetare Scheibe oder um eine Trümmerscheibe handelt?
@Florence: Einerseits wenn man die Eigenschaften des Staubs betrachtet; Staub in ner Trümmerscheibe hat ne andere Zusammensetzung und Größe und gibt andere IR-Strahlung ab. Und dann natürlich über das Alter. Protoplanetare Scheiben gibt es nur bei sehr jungen Sternen und die verschwinden schnell. Alles was älter ist muss ne Trümmerscheibe sein.
… als Bube hatte ich schon die STERNE in meinem – Kaleidoskop – zuhause. Die kleinen Trümmer Glasstücke schimmerten in allen Facetten des Sonnenlichtes.
Und Kristalle haben wir mit Zuckerlösung im Schrank gezüchtet – und in der Sonne blinzeln lassen wie Diamanten.
Astronomie ganz klein – biotec4u