Stellt euch den Wecker! Am 9. September 2016, um 01:05 MESZ Uhr morgens öffnet sich das zweistündige Startfenster für die Raumsonde OSIRIS-REx. Sie wird sich auf den Weg zum Asteroiden Bennu machen, wo sie hoffentlich im Jahr 2018 ankommt um dann von dort Proben zurück zur Erde bringen zu können. Es ist, zumindest meiner Meinung nach, eine der spannendsten Missionen die wir in den nächsten Jahren verfolgen können.
OSIRIS-REx steht für „Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security, Regolith Explorer“. Das ist ein wenig sehr bemüht für ein Akronym aber zumindest wird darin alles zusammengefasst was die Mission ausmacht.
Origins: Dass die Erforschung der Asteroiden nicht nur mehr Informationen über die Objekte selbst liefert, sondern auch über die ferne Vergangenheit unseres Sonnensystems habe ich mittlerweile in so vielen Artikeln erzählt, dass es die meisten regelmäßigen Leserinnen und Leser meines Blogs vermutlich schon wissen. Aber es lohnt sich trotzdem, noch einmal darauf hin zu weisen! Dass, was wir im Allgemeinen nur als schnöde „Felsbrocken“ im Weltall betrachten sind höchst spektakuläre Objekte! Es sind die Bausteine aus denen unser Planetensystem entstanden ist! Die Asteroiden (und Kometen) waren schon da, bevor es Planeten gab. Sie sind das, aus dem die Planeten erst entstanden sind. Sie sind der letzte Rest des ursprünglichen Materials aus der großen Wolke aus Gas und Staub die der Ursprung unserer Sonnen und des Sonnensystems war. Durch die vielen geologischen und geochemischen Vorgänge im Inneren von Planeten hat sich dieses Material überall sonst stark verändert. Nur in den Asteroiden liegt es noch in der ursprünglichen Form vor und nur dort können herausfinden, was vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren passiert ist, als alles um uns herum entstand! Eine Aufgabe von OSIRIS-REx ist daher auch der Blick in die tiefe Vergangenheit und die Erforschung der Entstehung unseres Sonnensystems.
Spectral Interpretation: Das ist relativ eindeutig und offensichtlich. Um genau herauszufinden, aus welchem Material der circa 500 Meter große Asteroid Bennu besteht, hat die Raumsonde ein Spektrometer an Bord, mit dem die genaue Zusammensetzung des von der Oberfläche des Himmelskörpers reflektierte Licht untersucht werden kann. So können die Wissenschaftler bestimmen, welche Gesteinsarten sich dort befinden. Aber nicht nur das: Die genaue Untersuchung von Bennu erlaubt es uns auch mehr über die verschiedenen Moleküle und chemischen Stoffe herauszufinden die Teil des Asteroiden sind. Das liefert uns Informationen über die mögliche Entstehung des Lebens auf der Erde, denn es ist immer noch sehr wahrscheinlich, dass die Felsbrocken aus dem All dabei eine relevante Rolle gespielt und die Bausteine für die chemische Entstehung des Lebens erst zu uns gebracht haben.
Resource Identification: Hätte man das „RI“ nicht gebraucht um das Wort „OSIRIS“ zu bilden, hätte man diesen Punkt vermutlich nicht extra aufgeführt. Eigentlich geht es auch hier wieder nur darum, mehr über die Zusammensetzung der Asteroiden herauszufinden. Das ist aber wichtiger, als man denken möchte. Wir kennen zwar schon weit mehr als eine halbe Million Asteroiden im Sonnensystem. Aber nur eine Handvoll davon haben wir aus der Nähe betrachtet; so gut wie alle kennen wir nur als kleinen Lichtpunkt auf teleskopischen Aufnahmen. Mit Licht können Astronomen zwar sehr viel anstellen; wenn wir aber wirklich rein aus dem Licht auf die Zusammensetzung der Asteroiden schließen wollen, brauchen wir ein wenig konkrete Vor-Ort-Informationen. Wenn wir einen Asteroid wirklich genau aus der Nähe untersucht haben, können wir diese Daten mit den Informationen aus seinem Licht kombinieren und so „geeicht“ auch andere Asteroiden besser verstehen, ohne sie direkt anfliegen zu müssen.
Security: Die „Sicherheit“ ist ein sehr wichtiger Punkt. Erst vor kurzem gab es ja wieder ein wenig Aufregung weil ein Asteroid knapp an der Erde vorbei flog ohne das wir zuvor etwas davon gemerkt hatten. Auch die Mission selbst war schon Grund für hysterische Schlagzeilen. Und Asteroideneinschläge sind ja tatsächlich eine seltene, aber reale Gefahr. Es wäre schön, wenn wir im Fall des Falles etwas dagegen tun könnten. Das können wir auch – ich habe in meiner Serie zur Asteroidenabwehr (Asteroidenabwehr: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5) mehr dazu geschrieben – aber je mehr Informationen, um so besser. Vor allem ist es gut zu wissen, wie sich so ein Asteroid ganz genau bewegt und da spielt dann nicht mehr nur die schon sehr gut verstandene Gravitation eine Rolle sondern auch nicht-gravitative Kräfte wie der Jarkowski-Effekt. So beschreibt man den Einfluss der Sonnenstrahlung auf die Bewegung eines kleinen Himmelskörpers und genau der soll durch die genau Beobachtung der Umlaufbahn von Bennu durch OSIRIS-REx ebenfalls erforscht werden.
Regolith-Explorer: Mit „Regolith“ wird die Staubschicht bezeichnet, die man auf allen felsigen Himmelskörpern ohne Atmosphäre finden kann. Das Gestein ist dort durch die unzähligen (Mikro)Meteoriteneinschläge und den Einfluss der kosmischen Strahlung pulverisiert worden. Dieses Material würden wir gerne in Ruhe in den gut ausgestatteten irdischen Labors untersuchen und genau das soll OSIRIS-REx möglich machen. Der spektakulärste Teil der Mission wird darin bestehen, dass sich die Sonde der Oberfläche des Asteroiden extrem annähert, dann eine Art „Schaufel-Arm“ ausklappt und im Vorbeiflug Regolith von dessen Oberfläche „abkratzt“. Sicher verwahrt wird dieses Material dann zurück zur Erde gebracht wo es hoffentlich wohlbehalten und nicht kontaminiert ankommt.
Wenn die Mission der NASA wirklich so gut funktioniert wie man sich das wünscht, werden wir am Ende sehr viel mehr über Asteroiden wissen als vorher. Aber auch sehr viel mehr über die Entstehung der Planeten, des Lebens auf der Erde und den Ursprung des gesamten Sonnensystems. Hoffen wir also, dass alles gut geht!
Mit dem Daumendrücken können wir am 9. September 2016 beginnen. Um 1:05 Uhr morgens unserer Zeit öffnet sich das Startfenster für die Atlas-Centaur-Rakete die OSIRIS-REx ins All bringen soll. Das ganze kann man sich live bei NASA-TV ansehen; eine Übersicht über das Programm und die verschiedenen Medien-Events und Briefings vor dem Start findet man hier.
Wie weit ist denn der Asteroid von der Erde weg und wie lange wird es bis zur Ankunft des Satelliten dauern?
@Tom: 2018 soll die Sonde am Asteroid sein
OSIRIS-REx wäre dann die dritte Raumsonde nach Hayabusa 1 und 2, die auf einem Asterroiden landen und Proben zurückbringen soll. Dann drücke ich mal ihr und auch Hayabusa 2 (die Mission läuft ja noch) die Daumen, dass alles erfolgreich verläuft.
@Tom Weber aus
aus https://www.nasa.gov/feature/osiris-rex-prepared-for-mapping-sampling-mission-to-asteroid-bennu
“The OSIRIS-REx mission is a seven-year journey from launch to Earth return,”
„The spacecraft will spend the first two years of the mission cruising to asteroid Bennu, arriving in August 2018.“
„In July 2020, the spacecraft will briefly touch the surface of the asteroid to collect loose rocks and dust using its Touch-and-Go Sample Acquisition Mechanism, or “TAGSAM,” and store the material in a sample return capsule. The spacecraft will depart the asteroid in March 2021, when the departure window opens, and travel for two-and-a-half years on a trajectory for Earth return in September 2023.“
oder auch hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2016/08/04/angst-asteroid-und-armageddon-kandidat-die-osiris-rex-mission-zum-asteroiden-bennu/
„Dieses (etwas bemühte) Akronym steht für “Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security, Regolith Explorer” und die Raumsonde soll im September 2016 ins Weltall starten. Zwei Jahre später, im September 2018 soll sie den Asteroid Bennu erreichen und wird ihn erstmal gründlich untersuchen. Die Oberfläche wird detailliert kartiert werden und man wird sich auch bemühen die Auswirkungen des Jarkowski-Effekts zu messen (also den Einfluss der Sonnenstrahlung auf die Bewegung des Asteroiden). Zu den wichtigsten Aufgaben von OSIRIS-REx gehört aber das Sammeln von Bodenproben. Das geschieht nicht durch eine Landung; die Sonde wird sich auf einer extrem engen Umlaufbahn der Oberfläche des Asteroiden sehr stark annähern, dann einen “Arm” ausklappen und mit ihm während des Vorbeiflugs ein wenig Material von Bennu “abkratzen” und sicher aufbewahren. Dann wird sie sich zurück auf den Weg zur Erde machen, wo sie 2023 ankommen soll.“
So sieht der Zeitplan aus.
Der Abstand zwischen Bennu und Erde differiert. In meinem 2. Link siehst du, wie nahe Bennu der Erde in 2135 kommt: „Aber 2135 wird er sehr nahe an der Erde vorbeifliegen und die Gravitationskraft unseres Planeten könnte seine Bahn dann so abändern, dass er ein paar Jahrzehnte später mit ihr kollidiert.“ Nahe bedeutet in diesem Falle: Zwischen Erde und Mond.
@RPGNo1: Die Sonde soll eben NICHT landen, sondern beim Vorbeiflug die Oberflächenschicht „abkratzen“. Ich sehe schon die Schlagzeilen: „Sonde, beim Versuch die Oberfläche anzukratzen, hängengeblieben und abgestürzt“ 😉
Einen guten Start und präzisen Flug zum Asteroiden Bennu wünsche ich der NASA Mission OSIRIS-REx – mit Beteiligung der CSA . Hoffentlich werden wir in den verschiedenen Missionsphasen der nächsten Jahre viel spannendes erleben und neue wissenschaftliche Erkenntnisse erfahren. Meine vielen Freunde und ich werden als virtuelle Mitflieger bei dieser spektakulären Mission mit ganzem Herzen dabei sein !
@Werner
Danke für die Korrektur, da hatte ich etwas missverstanden. Der zweite Teil, dass die Proben wieder auf die Erde zurückgebracht werden sollen, bleibt.
Florian, ich denke, dass die Frage wahrscheinlich Quatsch ist, aber es interessiert mich trotzdem: kann so eine Sonde, wenn sie auf einem relativ kleinen Asteroiden landet (große Brocken dürften davon wahrscheinlich eher unbeeindruckt bleiben), dessen Bahn beeinflussen oder ablenken? Osiris wird ja nur vorbeifliegen, deshalb wird da wohl weniger passieren.
ääähm und nein, ich bin kein Wunderprophet, der ein Weltuntergangsdatum mittels Aluhut und Kaffeesatz von vorgestern ermittelt 🙂 Das is rein interessehalber.
@walter: „ann so eine Sonde, wenn sie auf einem relativ kleinen Asteroiden landet (große Brocken dürften davon wahrscheinlich eher unbeeindruckt bleiben), dessen Bahn beeinflussen oder ablenken? „
Das nennt sich „gravity tractor“ und ist eine der vielen Möglichkeiten, um die Bahnen von Asteroiden zu verändern. Nicht durch Landung, sondern in dem man sich in der Nähe des Asteroiden aufhält und die Gravitationskraft zwischen Asteroid und Sonde nutzt. Siehe dazu zB hier: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2015/04/24/konferenz-der-weltretter-ein-besuch-bei-der-planetary-defense-conference/ Da gehts um die ARM-Mission der NASA.
[…] Am Montag hat einer der Science Busters, Dr. Florian Freistetter, den Namen der NASA Raumsonde OSIRIS-REx erklärt! Am 9. September 2016, um 1:05 Uhr MESZ startet die NASA die Mission OSIRIS-REx zum Asteroiden […]
Hier im Artikel wird erwähnt, daß man auch eine Menge über unser Sonnensystem lernen kann so man die Staubschicht genau analysieren wird, aber genauso wie der Staub auf dem Erdenmond sich ansammelt, so ist es auch auf der Oberfläche des Asteroiden, es ist eigentlich nicht wirklich das ursprüngliche Kernmaterial des Asteroiden.
Der Asteroid Bennu könnte genauso vor sehr langer Zeit in unser Sonnensystem eingedrungen sein und von extrem weit außerhalb gekommen sein.
Gibt es dann nicht eine Fehleinschätzung über die tatsächliche chemisch-mineralogische Beschaffenheit des Asteroiden Bennu, so man nicht in tiefere Schichten vordringen kann um Proben zu gewinnen?
Es ist auch ungewiss ob dieses waghalsige Manöver genauso wie geplant funktionieren wird, da man es praktisch nie vorher ausprobiert hatte, und warum verzichtet man auf eine richtige Landung auf dem Asteroiden Bennu!?
Eine echte Bohrkernprobe die mehrere Meter für eine Analyse zur Verfügung stellt, dies wäre natürlich ein Wunschtraum aller Astronomen. 🙂
@Vortex
Der Regolith auf dem Mond ist zerkleinertes Mondmaterial. Zerkleinertes Asteroidenmaterial ist genau das, was man sucht. Durch Fernanalysen weiß man schon, dass Partikel bis zu 1 cm auf der Oberfläche liegen, das kommt sicher nicht aus kosmischem Staub oder Einschlägen (das Material würde dann verdampfen).
„Kernmaterial“ macht nur Sinn bei Objekten, die aufgeschmolzen waren. Bennu ist ein kohliger Chondrit, der nie differenzierte (also geschmolzenes Metall nach innen sinken ließ, während geschmolzenes Gestein die Kruste bildete). De Asteroid dürfte weitgehend homogen sein.
Es ist noch nie ein Asteroid gefunden worden, dessen Bahn auf einen extrasolaren Ursprung hinweist (Exzentrizität > 1). Die Chance, dass ein solches Objekt das Sonnensystem durchfliegt, ist außerordentlich klein, die Chance, dass es nicht gleich wieder hinausfliegt, noch erheblich kleiner. Dazu müsste es einem Planeten in der richtigen Geometrie begegnen, sonst verlässt es das Sonnensystem genau so, wie es kam, nur ein wenig seitlich abgelenkt.
Bennu gehört zu den Apollo-Asteroiden, von denen es eine Menge gibt; diese befinden sich auf Bahnen zwischen der Marsbahn und den inneren Planeten. Die werden kaum alle extrasolar sein. Und wenn sie es nicht sind, warum dann ausgerechnet Bennu?
Nein. Hat sich mit obigem erledigt.
Weil der eine so geringe Schwerkraft hat, dass man aller Wahrscheinlichkeit nach abprallen würde, wie bei Philae geschehen. So einfach ist das nicht, das wäre eher ein Andocken, wobei auf der anderen Seite kein Docking-Mechanismus vorhanden ist.
Die gewählte Methode ist nicht so unähnlich derjenigen von Hayabusa. Da hat der Greifmechanismus zwar versagt (wie so manches andere), aber grundsätzlich hat man so Bodenkontakt herstellen können und auch ein paar Körnchen Material zur Erde bringen können.
Wie bohrt man denn mehrere Meter in den Boden, wenn man nur eine Gewichtskraft von ein paar zehntel Newton aufbringt? Das wäre in der Tat waghalsig und nie erprobt (außer bei Philae, wo der MUPUS-Bohrhammerkopf brach, der nur ein paar Zentimeter in den Boden wollte).
@ Alderamin
Sehr schöne, verständliche Erläuterungen ! Waren zwar nicht meine Fragen ( so 40% waren mir bekannt ), aber für Fans, Außenstehende und Interessierte sind solche Beiträge nötig, wichtig und sehr interessant ! Dankeschön!!
@Alderamin / #12
Danke erstmal für die überraschend lange Antwort, gestern noch nach den Film: Gravity, (einer der Besten und realistischen SciFi-Filme, mSn.) hier nur kurz überflogen, aber schon zu müde um noch vernünftig darauf zu kontern, nur als interessierter Laie wohl auch kaum möglich ohne sich abgrundtief zu blamieren. 😉
Die mind. 7 Jahre Geduldsphase müßen trotzdem alle, wobei vmtl. erneut überraschende Ergebnisse/Erkenntnisse auftauchen werden, einfach mal abwarten,… nun ist zu hoffen, daß die irdische Landung problemos klappt und der wertvolle Asteroiden-Staub nicht durch die Erdatmosphäre kontaminiert wird.
Erfolgt die Staubanalyse eigentlich umter Vakuum?,
also hoffentlich ganz ohne Unterbrechung der ursprünglichen Vakuum-Bedingungen
durch eine perfekte gasdichte Versiegelung!
Eine Landung auf den Asteroiden Bennu, trotz extrem geringer Gravitation wäre zumindest theoretisch möglich, so man mit einen zeitlichen Vorsprung eine kleine Harpune mit Raketenantrieb möglichst tief in den Boden schießt und danach das Seil einrollt, wobei gleichzeitig die Steuerdüsen von Osiris-Rex für eine gefahrlose Annäherung und einer weichen Landung sorgen würden.
Jetzt noch mind. 3 gasdruckbetriebene Bolzen mit Widerhacken, in den Boden rammen und danach kann man eine ordentliche Kernbohrung vornehmen, alles von einer internen autonomen KI überwacht und gesteuert,… na ja, vielleicht schon vorstellbar bei der nächsten Asteroiden-Mission? (zumindest als Laie :))
[…] Bennu. Wer regelmäßig mein Blog liest, der weiß, dass dieser Asteroid das Ziel der coolen OSIRIS-REx-Mission ist, bei der die NASA von dort Proben zur Erde bringen will. Die Sonde ist 2016 gestartet und wird […]