Sternenstaub! Klingt irgendwie mystisch und nach Märchen. Hat aber in diesem Fall mit Astronomie zu tun. Staub gibt es auch im Weltall und ein Teil davon wird tatsächlich von Sternen produziert. Wie das funktioniert, wie wir diesen Staub untersuchen können und was wir daraus lernen ist Thema der neuen Podcast-Folge. Und am Ende wird es dann noch ein klein wenig mystisch…
Und wie immer gibt es weiter unten eine Transkription des Podcasts.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 178: Sternenstaub
Sternenstaub! Klingt irgendwie schön mystisch und so gar nicht nach Wissenschaft. Hat aber natürlich jede Menge mit Wissenschaft zu tun! Staub gibt es nicht nur in den unaufgeräumten Ecken unseres Alltags. Sondern überall im Universum. Aber wo kommt der her? Wer macht das Universum schmutzig und wer räumt es wieder auf? Und was haben die Sterne damit zu tun?
Vereinfacht gesagt ist Sternenstaub all die Materie, die nicht in Form von Sternen, Planeten, Asteroiden oder anderen großen und „festen“ Objekten vorliegt. Wobei das mit dem „fest“ nicht allzu wörtlich zu nehmen ist. Stern oder Gasplaneten sind ja keine Festkörper – aber ich denke, es ist klar, was damit gemeint ist.
Noch einmal anders gesagt: Sternenstaub ist all das, was sich zwischen den Sternen befindet. In Folge 79 der Sternengeschichten habe ich schon einmal ausführlich über dieses sogenannte „Interstellare Medium“ gesprochen. Heute möchte ich mich noch ein wenig genauer damit beschäftigen.
Der Sternenstaub hat natürlich nicht viel mit dem Hausstaub zu tun, denn wir aus dem Alltag kennen. Das, was in den dunklen Ecken unserer Zimmer herumliegt, besteht aus Hautschuppen, Fasern von Kleidungsstücken, Haaren, Pflanzenpollen, Hausstaubmilben und Haustaubmilbenkot, diversen anderen toten Kleinstlebewesen, Gesteinskörnchen, Feinstaub – zum Beispiel aus den Tonern von Laserdrucken und jeder Menge anderem Zeug das man im Weltall eigentlich nicht findet.
Der kosmische Staub hat nichts mit Hausstaub zu tun – obwohl man neben all den toten Tieren und den anderen ekligen Sachen im Hausstaub tatsächlich auch kleinste Mengen Sternenstaub findet, der seinen Weg bis auf unsere Erde gefunden hat.
Sehen kann man ihn aber so gut wie gar nicht. Die Sternenstaubkörner sind nur wenige Nano- bis Mikrometer groß. Es handelt sich um Moleküle beziehungsweise winzige Festkörper, die aus den Elementen bestehen, die am häufigsten im Universum vorkommen. Wasserstoff und Helium natürlich, aber auch Sauerstoff, Stickstoff, Silizium, Eisen oder Magnesium. Die Atome verbinden sich auch oft zu winzigen Kristallen und man kann tatsächlich im Sternenstaub auch Diamanten und andere Edelsteine finden.
Aber wo kommt das alles her? Wie der Name schon sagt: Der Sternenstaub bildet sich in Sternen – allerdings nicht in allen und nicht immer. Damit Staub entstehen kann, müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein. Es darf nicht zu heiß sein. Bei den extremen Temperaturen die in den innersten Regionen eines Sterns herrschen, kann es nicht einmal vernünftige Atome geben, von Staub gar nicht zu reden. Die Temperaturen sind dort so hoch, dass die Elektronen aus der Atomhülle gerissen werden und nur die nackten Atomkerne übrig bleiben. Auch weiter außen in einem Stern sind die Temperaturen meistens noch viel zu hoch, als das sich einzelne Atome zu Molekülen oder gar Staubkörnern zusammen setzen können. Sie bewegen sich so schnell, dass sie sich nicht aneinander binden können. Staub kann nur dann entstehen, wenn es einerseits kühl genug ist, andererseits aber auch genug Atome konzentriert sind. Die Temperatur muss also niedrig, die Dichte des Gases aber hoch sein.
Diese Bedingungen findet man zum Beispiel in den äußeren Bereichen von roten Riesensternen. Diese Sterne haben sich gegen Ende ihres Lebens weit aufgebläht und abgekühlt. Zumindest in den weit vom Kern des Sterns entfernten Hüllen kann es richtig staubig werden. Der von innen nach außen dringende Druck der Strahlung kann die Staubteilchen quasi anschieben; dadurch können sie aufeinander treffen und noch größer werden. Und wenn der Sternwind des sterbenden Sternes irgendwann stark genug wird, wird der Staub so hinaus ins All geblasen.
Dieser echte Sternenstaub ist aber oft gar nicht so einfach zu finden. Innerhalb unseres Sonnensystems dominiert der interplanetare Staub. Der stammt hauptsächlich von Asteroiden, die mit einander kollidiert und zerbröselt sind und vor allem von Kometen, die sich langsam auflösen, wenn sie auf ihrer Bahn der heißen Sonne zu nahe kommen. Dieser Staub ist es auch, denn wir Nacht für Nacht in Form von Sternschnuppen am Himmel sehen können. Jedesmal wenn eines dieser kleinen Staubkörnchen auf die Atmosphäre der Erde trifft, beginnt sie kurz zu leuchten.
Den interplanetaren Staub kann man vergleichsweise leicht finden. Jeden Tag regnen ein paar hundert Tonnen davon in Form von Mikrometeoriten auf die Erde und wenn man weiß, wie man danach sucht, wird man schnell fündig. Wir haben auch schon Satelliten wie die Stardust-Sonde direkt ins All geschickt, um den Staub dort einzusammeln und zurück in die Labors der Erde zu bringen.
Um echten Sternenstaub von außerhalb zu finden, muss man sich mehr anstrengen. Aber es geht! Früher, als es noch keine Sonne und keine Planeten gab, gab es nur eine große Wolke aus Gas und Staub. Solche kosmischen Wolken findet man überall in unserer Milchstraße und sie bestehen aus Material das von Anfang an da war und nie zu Sternen wurde das sich mit all dem Sternenstaub vermischt hat, der im Laufe der Zeit von den anderen Sternen in die Gegend geschleudert wurde.
Diese Wolke kollabierte irgendwann und wurde zur Sonne. Aus dem Rest entstanden die Planeten und die Asteroiden, die den aktuellen interplanetaren Staub produzieren. Die allermeisten Asteroiden und anderen Kleinkörper im Sonnensystem haben sich seit dieser Entstehungszeit vor 4,5 Milliarden Jahren nicht mehr verändert. Wenn sie mit unserem Planeten kollidieren und auf die Erde fallen, dann handelt es sich um sogenannte „primitive Meteoriten“. Sie bestehen aus Gestein und Metall, die sich in der Anfangsphase der Planetenentstehung aus dem kosmischen Staub gebildet haben. Aber eingebettet in dieses Material findet man immer noch winzige Körnchen ursprünglichen Sternenstaubs, die sich nicht verändert haben, seit sie entstanden sind.
Diese präsolaren Körner sind älter als das gesamte Sonnensystem; sie sind das älteste Material überhaupt, das wir auf der Erde analysieren kann. Wissenschaftler haben verschiedenste Kristalle identifiziert; unter anderem auch Graphit und Diamant. Die präsolaren Körner bieten uns eine einmalige Gelegenheit, die Ursprünge unseres Sonnensystems zu erforschen. Aber nicht nur das! Wir erfahren so auch, was sich im Inneren von anderen Sternen abgespielt hat und nicht wie in der Astronomie sonst üblich nur durch indirekte Messungen des Lichts, das wir mit den Teleskopen sehen können. Der Sternenstaub der fremden Sterne lässt sich direkt im Labor untersuchen. Seine Zusammensetzung sagt uns etwas über die Bedingungen die bei seiner Entstehung geherrscht haben. Welche Temperaturen in den anderen Sternen geherrscht haben, wie groß sie wurden und wie sie das Ende ihres Lebens verbracht haben.
Der Sternenstaub; die winzige Kristalle die älter sind als unser gesamtes Sonnensystem tragen die Informationen über das Leben und Sterben von Sternen in sich, die schon seit Milliarden Jahren nicht mehr am Himmel zu sehen sind. So betrachtet erscheint der Sternenstaub tatsächlich ein wenig mystisch. Mystisch und wissenschaftlich!
Schöner Artikel wieder, danke! 🙂
In diesem Zusammenhang: Cassini hat eben Staubpartikel analysiert, die nicht aus unserem Sonnensystem stammen:
https://www.spektrum.de/news/cassini-analysiert-botschaften-aus-dem-interstellaren-raum/1407410
Mal wieder eine sehr schöne Podcast-Folge! Höre ich jetzt regelmäßig und werde mir auch die früheren Folgen anhören.
Zur aktuellen Folge passt doch folgender aktueller Artikel:
https://www.spektrum.de/news/es-regnet-noch-immer-sternenstaub/1408154?_ga=1.121095176.1224498117.1461567793