Wissenschaft und Religion vertragen sich nicht. Zu diesem Thema habe ich vor Jahren einen langen Artikel geschrieben und meine Meinung dazu hat sich nicht wesentlich geändert. Religion und Wissenschaft betrachten die Welt auf völlig unterschiedliche Art und auf eine Weise, die sich nicht in Einklang bringen lassen. Daraus folgt allerdings nicht, dass es nicht Menschen geben kann, die in der Lage sind, die beiden konträren Sichtweisen für sich selbst in Einklang zu bringen. Gläubige Wissenschaftler gibt es heute genau so wie es sie früher gegeben hat.

Ohne konkrete Daten zu haben erscheint es mir aber trotzdem so, als würden heute weniger Wissenschaftler auch überzeugte Gläubige ihrer jeweiligen Religion seien als früher. Das ist auch nicht überraschend: Sowohl die Religion als auch die Wissenschaft basieren auf Unkenntnis. Sie beschäftigen sich mit Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Der Unterschied besteht in der Art der Antworten. Während zum Beispiel eine (fundamentale) Religion die Frage nach dem Ursprung der Erde mit „Sie wurde von Gott geschaffen!“ beantwortet, sucht die Wissenschaft nach konkreten Belegen für ein (nicht vorgegebenes) Entstehungszenario. Und je mehr Fragen von der Wissenschaft auf diese objektive und nachprüfbare Weise beantwortet werden, desto weniger bleibt für die subjektiven und zu glaubenden Antworten der Religion übrig.

Früher, als man noch nicht so viel über die Welt wusste und als eine Wissenschaft im modernen Sinn auch noch nicht existierte, war es wesentlich leichter, Religion und Wissenschaft in Einklang zu bringen. Der Journalist Eckart Roloff hat zu diesem Thema ein sehr interessantes Buch geschrieben (und ich bedanke mich sehr bei der Person, die es mir geschenkt hat!). Es heißt „Göttliche Geistesblitze: Pfarrer und Priester als Erfinder und Entdecker“* und erzählt von der wissenschaftlichen Forschung verschiedenster religiöser (in diesem Buch: christlicher) Würdenträger.

geisteblitze

Das Bild des Verhältnisses zwischen Religion und Wissenschaft in der Vergangenheit ist zwiespältig. Einerseits stellt man sich „Die Kirche“ immer gerne als Organisation vor, die jeglichen wissenschaftlichen Fortschritt gnadenlos unterdrückt und Forscher auf dem Scheiterhaufen verbrennt. Andererseits galten zum Beispiel gerade Klöster als Orte der Gelehrsamkeit in einer Zeit, in der kaum irgendwo anders geforscht wurde.

Aus meiner laienhaften historischen Perspektive erscheint dieser Widerspruch aber gar nicht so widersprüchlich. Lange Zeit waren Priester, Pfarrer und andere Theologen mehr oder weniger die einzigen, die überhaupt einen systematischen Zugang zu Bildung hatten. Sie konnten nicht nur lesen und schreiben sondern hatten im Allgemeinen auch Zugang zu Bibliotheken. Es ist also fast folgerichtig, dass es auch die Priester und Pfarrer waren, die sich mit der Erforschung ihrer Umwelt beschäftigten. Die Welt verstehen zu wollen ist ja erst Mal nichts, was dem Glauben an sich widerspricht. Wenn man die Welt als „Gottes Werk“ betrachtet, dann spricht für einen gläubigen Menschen nichts dagegen, dieses Werk auch verstehen zu wollen.

Und, das zeigt das Buch von Roloff sehr ausführlich, es gab genug davon, die genau das getan haben. „Göttliche Geistesblitze“ beginnt mit einer allgemeinen Einführung zum Themebereich Religion/Wissenschaft/Technik; erzählt von den Klöstern, ihren vielfältigen Aufgaben und ihrer Verbindung zur Wissenschaft (Kartografie, Medizin, Metallverarbeitung, etc) und gibt einen kurzen Überblick über die Entstehung der ersten Universitäten und dem Einfluss der Kirchen. Danach folgt eine lange Reihe von Biografien; beginnend mit Berthold Schwarz, dem vermutlich legendären Mönch, der im 14. Jahrhundert das Schwarzpulver entdeckt haben soll. Es folgen bekannte Namen wie der des Universalgelehrten Athanisius Kircher oder Gregor Mendel. Aber auch Namen, die man normalerweise nicht so oft hört. Zum Beispiel Christoph Scheiner, ein Zeitgenosse und Konkurrent von Galileo Galilei und (Mit)Entdecker der Sonnenflecken.

Christoph Scheiner, Jesuit und Astronom (Bild: gemeinfrei)
Christoph Scheiner, Jesuit und Astronom (Bild: gemeinfrei)

Oder Jacob Christian Schäffer, der sich nicht nur mit der Papierherstellung beschäftigte sondern auch eine Waschmaschine erfand. Viele der Einträge waren für mich überraschend und komplett neu; wie zum Beispiel die Geschichte von Roberto Landell de Moura und seiner Forschung zur drahtlosen Telegrafie oder die abenteuerlichen Reisen von Johann Adam Schall von Bell (was für ein Name!) und seine astronomische Arbeit am chinesischen Kaiserhof.

Die Thematik des Buches ist höchst faszinierend, die Umsetzung für meinen Geschmack nicht ganz optimal. Es wäre eigentlich wunderbarer Stoff für ein packendes populärwissenschaftliches Sachbuch aber Roloffs Werk ist eher als halbwegs leicht lesbare Quellen- und Materialsammlung zu verstehen. Die einzelnen Kapitel sind voll mit Zitaten aus diversen anderen Büchern und teilweise nimmt das fast schon überhand (ich muss nicht unbedingt jede Erwähnung irgendwo auf einer Homepage im Vollzitat vorgelegt bekommen). Schön fand ich dagegen den Punkt „Einladung zur eigenen Spurensuche“ am Ende jeder Biografie in der nicht nur die weiterführende Literatur aufgeführt wird, sondern auch Informationen zu Denkmälern, Geburts-, Wohn- oder Sterbehäusern, Museen und anderen Erinnerungsstätten gegeben werden.

Wer sich für Wissenschaftsgeschichte interessiert wird in „Göttliche Geistesblitze“ jede Menge Material finden. Wer am Spannungsfeld zwischen Religion und Wissenschaft interessiert ist, ebenfalls. Wenn das ganze noch ein klein wenig weniger akademisch und mit größerem Fokus auf ein allgemeines Publikum geschrieben wäre, wäre es ein rundum tolles Buch. Aber auch so bin ich froh, das Buch gelesen zu haben. Es passt auch gut zum (viel leichter lesbaren) Buch „Im Haus der Weisheit“* von Jim Al-Khalili, das ich vor einem Jahr vorgestellt habe und in dem es um die Wissenschaft im Islam geht.

Falls ihr noch ähnliche Bücher zu ähnlichen Themen kennt, würde ich mich über Hinweise freuen! *Affiliate-Links

85 Gedanken zu „Göttliche Geistesblitze: Pfarrer und Priester als Erfinder und Entdecker“
  1. Über Athanasius Kircher kenne ich eine gute Biografie mit kleinen Schwächen: „Der letzte Mann der alles wusste“ von John Glassie: https://www.elementareslesen.de/john-glassie-der-letzte-mann-der-alles-wusste/ Der hat im 17. Jahrhundert alles Mögliche erforscht, aber sein Glaube hat ihn davon abgehalten, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

    Ein wirklich fantastisches Buch über die großen Fragen nach Gott, dem Universum und unserer Existenz habe ich von Jim Holt gelesen: „Gibt es Alles oder Nichts?“ Er hat mit Theologen, Physikern und Philosophen über diese Thematik diskutiert: https://www.elementareslesen.de/jim-holt-gibt-es-alles-oder-nichts/

    In beiden Büchern erfährt man auch einiges zur Wissenschaftsgeschichte der letzten Jahrhunderte. Etwas weiter zurück geht das Buch „Die Wende“ von Stephen Greenblatt. Er erzählt die spannende Geschichte eines antiken, aber erstaunlich modernen Textes von Lukrez, „De rerum natura“, der im 15. Jahrhundert wiederentdeckt wurde und das Weltbild jener Zeit ins Wanken brachte.

  2. Ohne konkrete Daten zu haben erscheint es mir aber trotzdem so, als würden heute weniger Wissenschaftler auch überzeugte Gläubige ihrer jeweiligen Religion seien als früher. […] Und je mehr Fragen von der Wissenschaft auf diese objektive und nachprüfbare Weise beantwortet werden, desto weniger bleibt für die subjektiven und zu glaubenden Antworten der Religion übrig.

    Es ist sicher richtig, dass die Wissenschaft der Religion die Deutungshoheit über unsere Welt streitig macht. Das ist ja auch der Grund warum z.B. Kreationisten so viel Angst vor wissenschaftlichen Erklärungen für wichtige Fragen unserer Existenz haben. Ich denke aber auch, dass aufgrund allgemein besserer Bildung und Zugang zu aktuellen Nachrichten, immer mehr Menschen bewusst wird, dass viele Religionen einen Nährboden für gefährlichen Unsinn bilden. Da da ist zum einen die katholische Kirche, die auch im Angesicht von AIDS und Überbevölkerung immer noch jegliche Form der Verhütung (incl Kondome) verbietet. Da sind fundamentale Islamisten, die ihre Religion missbrauchen um Menschen in den Tod zu schicken und dabei möglichst viele Mitmenschen mitzureißen. Da waren die Kreuzzüge, die millionen Menschenleben gekostet haben. Diese Liste ließe sich vermutlich endlos fortsetzen. Da sollte sich jeder überlegen, ob er das wirklich mit seiner Kirchensteuer unterstützen will.

    1. @Till: „Da sollte sich jeder überlegen, ob er das wirklich mit seiner Kirchensteuer unterstützen will.“

      Ja, jeder sollte sich überlegen ob, wie und warum man eine Religion unterstützt oder nicht. Aber mit dem Thema des Buchs hat das eigentlich nix zu tun…

  3. Dieser Artikel ist sehr interesannt. Man sollte zunächst mal folgendes trennen.
    1) Wissenschaft sollte sich auf Tatsächliches konzentrieren, das heißt man Beobachtet und stellt fest.
    2) Religion basiert auf Glauben, das heißt man weiß nicht aber man glaubt dass es so sein könnte.
    Dann trennt und vermischt sich alles. Da die Rligionen immer ihre Interessen vertraten waren sie es die an die vorhanden Informationn kamen und sich auch damit beschäftigten. Wahrheiten und Annahmen vermischten sich. Nicht nur Priester vermischten die beobachteten Wahrheiten mit Auslegungen sondern auch Physiker vermiischen ihre Feststellungen mit unbeweisbaren Theorien. Hier ein Beispiel:
    George Lemaitre, ein Belgischer Priester aus Löwen war der erste der an eine Erschaffung des Universums nicht nur glaubte sondern veröffentlichte, gefolgt von vielen anderen Wissenschaftlern wie Fred Hoyle, Edwin Hubble, Alexander Friedmann, George Gamow und andere bis hin zu Steven Weinberg Stephen Hawking und viele andere. 1949 sprach Fred Hoyle in einer BBC Radiosendung das erste Mal von einem Urknall (Big Bang). Bis dahin glaubten alle wie, um nur einige zu nennen, Nikolaus Kopernikus, Galilei, Isaak Newton an ein ewiges Universum.Jetzt glaubt fast keiner mehr an ein ewiges Universum ohne Anfang und Ende, obwohl es nach reiflicher Überlegung und Feststellung nur die einzig wahre Tatsache ist.
    Die Schlußfolgerung ist, weder Religion noch Wissenschaft (die Theoretische) vertreten die reine Wahrheit, sondern nur das Universum, mit allem Sein, und alles was es hervorbringt lehrt die unverfälschte Wahrheit. Man sollte hinzufügen, dass nichts dem Universum hinzugefügt oder weggenommen werden kann. Es findet immer nur eine Veränderung statt. Das Universum besteht ewig aber das Veränderte hat einen Anfang und ein Ende, nach dem Prinziep Ursache und Wirkung.

  4. @Peter Dillen

    Obiges enthält ein paar Fehler.

    – Hubble hat die gleichen Beobachtungen vor Lemaitre veröffentlicht (obwohl Lemaitre sie früher machte) und der hatte kein kirchliches Amt.

    – Der Urknall belegt keine Erschaffung, sondern nur einen Ursprung.

    – Hoyle war der prominenteste Gegner der Urknalltheorie und wollte sie mit dem von ihm geprägten Begriff „Big Bang“ verunglimpfen.

    – Heute ist die Standardannahme, dass das Universum ewig expandieren wird.

    – Die Idee, dass es andere Universen, eingebettet in einem ewig expandierenden Multiversum gibt, ist heute eine durchaus populäre Hypothese.

    – Wissenschaft vertritt keine absolute Wahrheit, sondern modelliert die Beobachtungen und Messungen mit den bestmöglichen Modellen. Modelle werden modifiziert oder durch neue Modelle abgelöst, wenn neue Beobachtungen dies erfordern (wobei aber auch alte Beobachtungen vom neuen Modell abgedeckt werden müssen).

    – Unterschiede der Wissenschaft zur Religion sind der pemanente Abgleich mit den Beobachtungen, die systematische Vorgehensweise und kritische Prüfung von Behauptungen, der auch eine Revision der Ansichten folgen kann, die Suche nach den einfachsten Erklärungen und die Beschränkung auf eine reine Beschreibung der Natur, ohne Beantwortung von Sinnfragen.

  5. “ Johann Adam Schall von Bell (was für ein Name!)“

    Oh ja! Eines Terry Pratchett Romans würdig!
    Und dann auch noch der Restsatz:

    “ und seine astronomische Arbeit am chinesischen Kaiserhof.“

    Passt! :-).

    Ich lese gerade mit wachsender Faszination den Wikipedia Artikel über Herrn Schall von Bell. Was für ein Leben!

  6. Bitte auf keinen Fall Sebastian Kneipp vergessen. Auch wenn manche seiner Erkenntnisse inzwischen überholt sind, so stellen die „Kneipp’schen Anwendungen“ doch bis heute in der Medizin (vor allem im Reha-Bereich) eine wichtige Ergänzung zu anderen physikalischen Therapien dar.

  7. @ Ruf nach einer Buchempfehlung:
    Ich habe 2009 mit großem Vergnügen „Die kosmische Hintertreppe“ von Ernst Peter Fischer gelesen und erinnere mich heute noch gerne daran.
    Habe das Buch auch mehrfach wegen seiner schönen Sprache (bzw. „Schreibe“) weiterempfohlen.
    Erschienen 2009
    F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München
    ISBN 978-3-485-01186-0
    http://www.nymphenburger-verlag.de

    Der Autor entwirft mit zahlreichen Kurzbiographien von Aristoteles bis Hawking eine Chronologie der (europäisch-westlichen) Himmelskunde. Ganz nebenbei erliest man sich Zusammenhänge, die man bisher übersehen hatte. Ein ungetrübtes Lesevergnügen!

  8. @noch’n Flo:

    so stellen die “Kneipp’schen Anwendungen” doch bis heute in der Medizin (vor allem im Reha-Bereich) eine wichtige Ergänzung zu anderen physikalischen Therapien dar.

    Volle Zustimmung.

    Die Muskelrelaxierende Wirkung von 3 Bier nach der KG kann ich höchstpersönlich bestätigen.

  9. @Peter Dillen
    Wissenschaft lebt davon, sich zu verändern: wenn Wissenschaft etwa durch genauere Messungen, durch neue Beobachtungen, durch theoretische aber praktisch überprüfbare Erkenntnisse neue Einsichten gewinnt, wird neues Wissen, werden neue Erkenntnisse die Wissenschaft formen. Wissenschaft ist evidenzbasiert, so funktioniert sie. Daraus folgt, das Wissenschaft auch immer die Wissenschaft ihrer Zeit ist. Sie schreitet fort, so lange wir als Mensch uns Fragen stellen und nicht zu faul sind, diese überprüfbar zu beantworten…

  10. @noch’n Flo
    “Kneipp’schen Anwendungen” sind Teil des Eso-Paketes, dass einem bei manchem Veranstaltern geboten wird.
    @ PDP10
    Das eine Bier nach der physikalischen Therapie sollte ihnen ihr Arzt (,wenn sie ansonsten gesund sind,) zugestehen! Prost!

  11. Eine Wortmeldung gegen den vermeintlichen Religionskrieg der Naturwissenschaften:

    Ein ernsthaft religiöser Naturwissenschaftler (und deren gibt es viele) hat für sich Gott als den Urgrund des Kosmos akzeptiert. Er hat im Laufe seines Lebens sein Gottesbild oft und kritisch reflektiert, durchdacht und hinterfragt. Daher wird „sein Gott“ für ihn durch jede noch so fantastische Entdeckung neuer kosmischer, biologischer, physikalischer oder mathematischer Zusammenhänge nicht etwa kleiner mit Grenzwert Null, sondern nur großartiger, verehrungswürdiger weil im übertragenen Sinne noch tiefer verstehbar.
    Dieser Gedankengang sollte auch für einen Atheisten nachvollziehbar sein, der den Kosmos selbst als Seinsgrund ansieht. Für ihn ist es eben der Kosmos, der mit jeder neuen wissenschaftlichen Erkenntnis größer, schöner, spannender und verstehbarer und eben nicht mikriger geworden ist.

    Die hier geschilderte Art der persönlichen Religiosität darf nicht mit dem konkreten Bild der Religionen verwechselt werden – schon gar nicht mit ihrer historischen Entwicklung. Die Religionen (und dazu zähle ich auch die atheistischen Weltbilder) sind der seit Jahrtausenden andauernde und sichtlich erfolgreiche Versuch der denkenden Menschheit, mit den erfreulichen, unwägbaren aber auch mit den bedrohlichen Gegebenheiten der „Welt“ innerhalb der eigenen Kultur und der überschaubaren Lebensspanne zurecht zu kommen; und das mit Blick auf den je einzelnen Menschen.
    Die erarbeiteten (Glaubens)-Inhalte spiegeln natürlich das jeweilige Weltverständnis der Zeit ihrer (schriftlichen) Formulierung wider. Sie unterliegen jedoch im Idealfall wie alles im Kosmos einer Art Evolution. Das geht – wie auch bei Darwin – nicht ohne Sackgassen-Verluste und Artensterben vor sich und ist für konservative Religiöse jeder Couleur zugegebenermaßen ein sehr schmerzlicher Prozess.

    Die Naturwissenschaften zielen darauf ab, die „Welt“ materiell beherrschbar zu machen, während die Religionen diese „Welt“ psychisch lebbar gestalten wollen.

    Wer ehrlich nachdenkt, muss sehen, dass die beiden Ansätze ungestört nebeneinander bestehen, ja einander sogar unterstützen können. Aus dieser Sicht ist es ganz selbstverständlich, dass es für gewisse wünschenswerte Entwicklungen und Konsequenzen zu unterschiedlichen Lösungsansätzen und Akzeptanzproblemen kommt, die eben ausgetragen werden müssen. Papst Franziskus für seine Kirche nennt das „Dialog“.

    @ Till:
    Das bloße Gegeneinanderstellen von Naturwissenschaft und Religion ist nicht zielführend; vor allem nicht das meist unsachliche und etwas abschätzige Rumgehacke auf den Religionen und ihrer Geschichte: Beim Verweis auf die Opfer der mittelalterlichen Kreuzzüge sollte man nicht unterschlagen, dass noch Mitte des 20. Jahrhunderts ein Produkt der „Heiligen Naturwissenschaften“, abgeworfen auf Befehl des demokratisch gewählten Präsidenten eines per Verfassung areligiösen Staates, in zwei japanischen Städten ähnliche Opferzahlen innerhalb weniger Sekunden „erzielt“ hat.

  12. @Karl. H. Schmid

    weil im übertragenen Sinne noch tiefer verstehbar.

    Das ist ein Fehlschluss, der vermutlich ungefähr so aussieht: „Gott ist für mich der Erschaffer der Naturgesetze; ich habe diese durch meine Entdeckung ein bißchen besser durchdringen können, mithin verstehe ich Gott tiefer.“

    Blöderweise sagt diese Assoziationskette rein gar nichts darüber aus, ob die Prämisse „Gott ist der Erschaffer der Naturgesetze“ überhaupt wahr ist. Sie sagt nichts darüber aus, wie denn dieser Gott ins Dasein gekommen sein soll und wo er sich im Moment aufhält. Und sie sagt schon gar nichts darüber aus, warum der Wissenschaftler einer Religion anhängt, mit deren Gedankengut er in den meisten Fällen schon in zartem Kindesalter indoktriniert wurde (und ja, dieses Wort verwende ich bewusst), deren Mythen größtenteils vollkommener und jeden Naturgesetzen hohnsprechender Quatsch sind und zu der es zahllose Konkurrenzreligionen und -denominationen gibt, für die sich natürlich auch wieder Wissenschaftler finden, die daran glauben und meinen, mit jeder ihrer persönlichen Entdeckungen hätten sie ihren persönlichen Gott wieder ein Stück entschlüsselt.

    Die Religionen (und dazu zähle ich auch die atheistischen Weltbilder)

    Das wird von religiöser Seite gern wiederholt, bleibt aber trotzdem falsch. Atheismus ist genauso eine Religion, wie OFF ein Kanal auf meiner TV-Fernbedienung ist.

  13. Die Religionen (und dazu zähle ich auch die atheistischen Weltbilder)

    Das ist gedanklich aber reichlich unscharf: Religionen basieren auf dem Glauben an übernatürliche Entitäten, Behauptungen von Existenzen außerhalb des Lebens, spiritueller Existenz und insbesondere darauf, darüber Aussagen zu treffen und Regeln abzuleiten. Atheismus ist die Bezeichnung dafür, dass man daran nicht glaubt. So, wie der Nichtglaube an den Osterhasen, nur dass dieser keinen Begriff nötig macht.

  14. Die erarbeiteten (Glaubens)-Inhalte spiegeln natürlich das jeweilige Weltverständnis der Zeit ihrer (schriftlichen) Formulierung wider. Sie unterliegen jedoch im Idealfall wie alles im Kosmos einer Art Evolution. Das geht – wie auch bei Darwin – nicht ohne Sackgassen-Verluste und Artensterben vor sich und ist für konservative Religiöse jeder Couleur zugegebenermaßen ein sehr schmerzlicher Prozess.

    Ein schöner Beleg dafür, dass alle Religionen menschengemacht sind und der Mode unterworfen.

  15. @ Florian:

    Vielleicht gefällt Dir auch Harro Heusers „Der Physiker Gottes“ über Newton. Newton sollte Geistlicher werden, wurde es zwar nicht, war aber tief gläubig. Heusers Buch erzählt, wie Newtons naturwissenschaftliches Denken von theologischen und alchimistischen Vorstellungen inspiriert wurde. Eine schöne Urlaubslektüre.

  16. Ja,- die ewige Diskusion „Wissenschaft vs. Religion“

    Ich kann diese Diskussion immer noch nicht nachvollziehen.
    Aus folgenden Gruenden:

    1)
    immer wieder wird behauptet, dass Religion einfach nur Wissensluecken durch Glauben fuellen wuerde.
    Das gilt vieleicht fuer alte Naturreligionen, und merkwuerdige fundamentalistische Auslegungen der jeweiligen regligioesen Myhen.
    Das gilt vielleicht auch fuer ein Religionsbild wie es im Mittelalter vorherrschte.
    Es gilt aber einfach nicht generell.
    Die Religion moechte nicht garnicht in Konkurrenz zur Naturwissenschaft stehen.
    Auch ein Pfarrer glaubt nicht, dass die Erde tatsaechlich innerhalb von 6 Tagen erschaffen worden ist. Das will der Mythos auch garnicht aussagen.
    Mir ist natuerlich durchaus bewusst, dass es leider trotzdem extreme Stroemungen gibt die eben doch solche Mythen woertlich nehmen und daraufhin mit merkwuerdigen Ansichten ihre Mitmenschen auf die Nerven gehen.

    2) Immer wieder der Fall Galileo vs Katholische Kirche.
    Das ist einfach zu lange her als das es heute noch von Relevanz waere. Sogar die Katholische Kirche hat sich mittlerweile weiterbewegt.

    3) Immer wieder die Vermischung der Begriffe „Glaube“ und „Hypothese“
    Wer sagt „Der Regen kommt vom lieben Gott, und der wohnt in einer Wolke“ der hat eine merkwuerdige Hypothese.
    Die kann man ueberpruefen indem man ein Flugzeug nimmt und mal in den Wolken nachschaut. Die Hypothese kann man schliesslich falsifizieren indem man sich die Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf anschaut und so schliesslich eine bessere Erklaerung fuer den Regen findet.
    Diese Hypotese hat aber nichts mit Glauben zu tun.
    Man kann Glauben, dass der Mensch ein Wert hat und es Menschenrechte gibt. Nachweisen oder Falsifizieren kann man das aber nicht.
    Trotzdem moechte ich lieber an den Wert des Menschen glauben, denn eine Welt ohne diesen Glauben waere furchtbar.

    Das sind einfach verschiedene Dinge.
    @Florian:
    Wieso sollten diese in Wiederspruch stehen?

  17. @ Ingo
    Ich kann die Diskussion auch nicht nachvollziehen. Das Thema ist erledigt.
    Wer glauben will darf das. Wer annimmt Religionen könnten einem Erkenntnisse vermitteln, darf das auch gerne glauben.
    Einen Anspruch darauf, mit der Position ernst genommen zu werden, lässt sich daraus allerdings nicht ableiten.
    Richtig : es gibt keinen Widerspruch. Die Religionen sind raus. Endgültig.

  18. Die Religionen (und dazu zähle ich auch die atheistischen Weltbilder)

    Bin kürzlich über eine erhellende Bibelstelle gestolpert welche in einem Satz zusammenfasst dass Glaube Wunschdenken ist und Atheismus nichts mit Glaube zu tun hat:
    Hebräer 11,1: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem was man nicht sieht“.

  19. @ Florian
    Danke für die Vorstellung dieses interessanten Buches.
    Ich weiß ja, dass du es mit der Philosophie nicht so hast, aber die Geschichte Spinozas, der sich von der Rabbinerausbildung recht schnell in Richtung Atheismus bewegt hat, und die Grundlagen einer ersten, fundierten Bibelkritik liefern konnte, ist bemerkenswert. Und diese Geschichte gibt zudem Einblick in die Wissenschaftsaffinität des klassischen Judentums.

  20. Kleiner Disclaimer zu # 22:
    Erkenntnisse zu menschlichem Verhalten vermitteln Religionen natürlich sehr wohl.
    Bei wissenschaftlichen Erkenntnissen die Physik, Chemie und Biologie betreffend kann man sich aber freilich mit sogenannten offenbarten Texten nur lächerlich machen.

  21. @Ingo:

    3) Immer wieder die Vermischung der Begriffe “Glaube” und “Hypothese”
    Wer sagt “Der Regen kommt vom lieben Gott, und der wohnt in einer Wolke” der hat eine merkwuerdige Hypothese.
    Die kann man ueberpruefen indem man ein Flugzeug nimmt und mal in den Wolken nachschaut. Die Hypothese kann man schliesslich falsifizieren

    Ich wüsste nicht wie man diese Hypothese falsifizieren kann. „Gott“ ist unsichtbar und allgegenwärtig. D.h. „er“ sorgt dafür dass sich die ganzen Wassermoleküle via Wasserstoffbrückenbindungen und v.d.Waals-Kräften in Wolken zu größeren Einheiten zusammenfinden bis sie schließlich als Regentropfen zu Boden fallen. Ähnlich wie Intelligent Falling. Das ist ja das Problem: Glaube ist eine nicht falsifizierbare Hypothese.

  22. @Ingo:

    2) Immer wieder der Fall Galileo vs Katholische Kirche.
    Das ist einfach zu lange her als das es heute noch von Relevanz waere.

    Ab wann sind denn historische Ereignisse relevant? Ist Plato heute irrelevant? Warum sollten behauptete Ereignisse im mittlerem Osten vor 2.000 Jahren relevant sein? Oder Regeln der gleichen Region aus der Bronzezeit?

  23. Feiner Text und interessante Buchempfehlung. Der Titel, „Göttliche Geistesblitze“, wird wohl ironisch gemeint gewesen sein …

    Interessant wäre zu erfahren, wie diese Pfarrer und Mönche ihr Leben in und aus den Forschungen reflektiert haben, fühlten sie sich in ihrem Wissensdrang eher eingesperrt in einem insgeheim störenden Glaubenskorsett oder konnten sie sich jederzeit in die Gewissheit eines unerschütterlichen Glaubens flüchten, wenn sie wieder mal von Zweifeln, Ahnungen, Antworten und noch mehr Fragen überwältigt wurden?

    Wenn man schon Religion und Wissenschaft gegeneinander ausspielen will: Beide haben spätestens bei der praktischen Anwendung ihrer Glaubensätze oder Erkenntnisse auch etwas mit Macht zu tun, mit Verführung und Ausbeutung, mit Verheissung und Fortschritt, mit Verdummung und Zerstörung, und ganz zu schweigen von Freiheit und Verantwortung.

    Und zu Ostern passt ja auch ganz gut, über das Fasutische in der Wissenschaft nachzudenken …

  24. oh oh oh, und keine einzige weibliche Person wurde genannt im Eingangsartikel?
    Und das Buch spricht auch nur von Priestern und Pfarrern? Entdecker und Erfinder? Wo sind denn die -Innen?
    Das ist aber politisch gar nicht korrekt.
    Was ist mit der guten alten Hildegard von Bingen?

    1. @zimtspinne: Wenn es im Buch um Klöster geht werden durchaus auch Nonnen erwähnt. Die Kirche ist aber nun mal eben keine sonderlich feministische Organisation und darum tauchen bei dem Thema eben auch wenig Frauen auf…

  25. @Ingo

    Die Religion moechte nicht garnicht in Konkurrenz zur Naturwissenschaft stehen.

    Das stimmt nicht.

    2) Immer wieder der Fall Galileo vs Katholische Kirche.
    Das ist einfach zu lange her als das es heute noch von Relevanz waere. Sogar die Katholische Kirche hat sich mittlerweile weiterbewegt.

    Deswegen hat sich die katholische Kirche ja auch bis zum Jahr 1992 Zeit mit der Rehabilitierung Galileis gelassen. Und auch heute noch gibt es Menschen im Dunstkreis des Vatikans, die den Prozess gegen Galilei nach wie vor für richtig halten.

  26. @ zimtspinne
    Hildegard von Bingen hatte vermutlich migränebedingte Visionen, aber eine Entdeckerin oder Erfinderin war sie sicher nicht. Theologie ist keine Wissenschaft und ihre an der Säftelehre orientierte Heilkunde ist unwissenschaftlich und hat keinen Fortschritt bedeutet. Dass man sie heute noch kennt, verdankt sich allein dem mystischen Ganzheitsdenken, das Einzug in die Esoterik gefunden hat. Im medizinischen Sinne ist das trivial, darum leuchtet es auch so vielen ein. Man wird der Frau sicher auch nicht gerecht, wenn man sie als quasi-feministische Vorläuferin der Frauenbewegung in Anspruch nimmt. Die Mystiker des Mittelalters, ob Frauen oder Männer, sind fest im vormodernen Denken verwurzelt. Daher ist der noch sehr junge Hildegard-Kult oft nur der Ausdruck eines antimodernen Ressentiments, meist aber nichts weiter als Marketing für Pseudo-Medizin.

  27. @Ingo

    Mir ist natuerlich durchaus bewusst, dass es leider trotzdem extreme Stroemungen gibt die eben doch solche Mythen woertlich nehmen und daraufhin mit merkwuerdigen Ansichten ihre Mitmenschen auf die Nerven gehen.

    Wie zum Beispiel der nicht unerhebliche Teil der verschiedenen Strenggläubigen Richtungen in den USA, die die Evolutionstheorie ablehnen? Ich finde es etwas einfach den Konflikt Religion/Naturwissenschaft so abzubügeln, als ob wir heute so total richtig dolle aufgeklärt sind. Das mag für dein (und mein) Umfeld stimmen ist aber nur ein winziger Ausschnitt der Welt und insgesamt sieht es da meiner Meinung nach eher übel mit der Aufklärung aus.

  28. @Ingo

    Spritkopf

    @Ingo

    Die Religion moechte nicht garnicht in Konkurrenz zur Naturwissenschaft stehen

    Das stimmt nicht.

    Ganz zu schweigen vom in den USA so starken Kreationismus, der z.B. die Evolutionstheorie aus den Schulen verbannen will.

    @Karl H. Schmid

    Beim Verweis auf die Opfer der mittelalterlichen Kreuzzüge sollte man nicht unterschlagen, dass noch Mitte des 20. Jahrhunderts ein Produkt der “Heiligen Naturwissenschaften”, abgeworfen auf Befehl des demokratisch gewählten Präsidenten eines per Verfassung areligiösen Staates, in zwei japanischen Städten ähnliche Opferzahlen innerhalb weniger Sekunden “erzielt” hat.

    Vorsicht vor Simplifizierungen. In erster Linie sind es machtpolitische Entscheidungen, die zu Kriegen und Terror führen. Die Bombe wurde nicht von der Wissenschaft einfach so entwickelt, sondern die Politik wollte dies so, weil der Gegner sie möglicherweise auch entwickelte, und die Entscheidung, am Ende des Krieges, wo dieser eigentlich schon entschieden war, dennoch Atombomben auf Menschen zu werfen, war ganz und gar eine politische, die mit der Wissenschaft überhaupt nichts zu tun hat.

    Auch bei den scheinbar religiös motivierten Auseinandersetzungen spielt tatsächlich Machtpolitik die größte Rolle, so auch beim Nordirlandkonflikt, bei dem es mehr um die britische, protestantische Besatzung und Bevormundung der ansässigen katholischen Bevölkerung ging, als um Religionsfragen. Religion eignet sich aber als hervorragendes Medium, um dem eigenen Volk oder Anhängern gegenüber einen bösen Gegner aufzubauen, wie man beim IS-Konflikt sieht. Ob sich jemand als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen würde, wenn er nicht davon ausginge, dass ein besseres Leben im Paradies auf ihn wartet, darf bezweifelt werden. Politik hat sich schon immer gerne der Religion als Mittel zum Zweck bedient. Diesen ideologischen Sumpf müsste man trocken legen, aber dafür ist die Menschheit leider zu leichtgläubig, keine Chance.

  29. @ Zimtspinne # 35

    Nein, bloss Relikt einer alten Konditionierung, ansonsten regnerischer Nachmittag, deshalb später mit meinem Sohn ins Kino, Kung Fu Panda 3 …

  30. @ Florian

    ja, ich weiß, war auch eher als Späßchen am Rande gedacht…

    übrigens mischten Frauen umso mehr mit, wenn es um Giftmorde und dergleichen ging; sie hatten ein teilweise ganz erstaunliches Wissen und gingen eher unauffällig ans Werk…. während die Männer das ja eher mit großem Getöse zu tun pflegen 😉

    Die Kunst der Giftmischerei würde ich auch viel eher in die wissenschaftliche Ecke packen, immerhin etwas!

  31. @ Norbert Langer:

    “Kneipp’schen Anwendungen” sind Teil des Eso-Paketes, dass einem bei manchem Veranstaltern geboten wird.

    Auch wenn der Evidenzgrad nicht besonders hoch ist (was aber auch daran liegt, dass zu dem Thema wenig geforscht wird) ist ein positiver Effekt der Kneipp’schen Güsse unstrittig. Dass diese Therapie von manchen Esos missbraucht wird, kann man nun aber wirklich nicht dem Verfahren anlasten.

  32. Religion und Wissenschaft haben eines gemeinsam:

    Beide machen Aussagen über die Welt. Und da fangen dann auch schon die Unterschiede an, denn die Religion verlangt, dass diese Aussagen einfach geglaubt werden und erhebt den Zweifel daran zur Sünde, während Wissenschaft genau das Gegenteil erwartet und den Zweifel zur Methode erhoben hat.

    Das Problem für die Religion liegt nun darin, dass sich ihre Aussagen über die Welt auch überprüfen und damit falsifizieren lassen, was über die Jahrhunderte auch immer wieder geschehen ist („wenn die „liebe“ Gott böse ist, macht er Gewitter.“) und den der Religion zur Verfügung stehenden Spielraum immer mehr einengen.

    Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Aussagen der Religionen, die allein schon auf der sprachlichen Ebene durch bloßes logisches Denken widerlegt werden können.

    Beispiel: ein Gott kann nicht gleichzeitig allmächtig und allwissend sein. Wenn sie allwissend ist, kennt sie die Zukunft. Wenn sie aber die Zukunft kennt, ist diese nicht mehr veränderbar und damit kann sie (Gott) nicht allmächtig sein.

    Wie Bertrand Russell schon belegt hat, kann ein Gott auch nicht gut sein, denn dann wäre das Gute eine Kategorie, die über dem Gott stünde und dieser Gott wäre nicht mehr das höchste Wesen, was dann ihrer Definition widerspräche.

    Ein interessanter Aspekt besteht auch in der Tatsache, dass viele Priester – wahrscheinblich als Konsequenz ihres Studiums und ihrer ständigen Beschäftigung mit den Absurditäten der Religion – in Wirklichkeit Atheisten sind, die nur mangels beruflicher Alternative noch ihr Kirchenamt behalten. Nur wenige finden daraus den Absprung, weil sie natürlich auch ökonomischen Zwängen unterliegen. Eine – von mehreren Ausnahmen bildet der ehemalige Evangelikale Dan Barker (viele schöne Videos of youtube).

    Was ist Wissenschaft: Wenn jemand mit verbundenen Augen in einem dunklen Raum eine schwarze Katze sucht.

    Was ist Philosophie: Wenn jemand mit verbundenen Augen in einem dunklen Raum eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist.

    Was ist Religion: Wenn jemand mit verbundenen Augen in einem dunklen Raum eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist und plötzlich ruft: „Ich hab‘ sie gefunden!“

  33. @Adent #37
    @Alderamin #39

    Ja, – da mache ich es mir tatsaechlich leicht, und betrachte irgendwelche Kreationistenspinner als radikal-religioese. Leider ist mir bewusst welchen Einfluss diese Leute haben, und ich hoffe, dass man soetwas durch Aufklaerung stoppen kann.
    Ich bin auch besorgt um die Aufklaerung, um die es nicht gut steht zur Zeit. Nicht nur religioese Fanatiker, sondern auch Wunderheiler und sog. Seelenfaenger laufen gegen die Aufklaerung Sturm.

    Trotzdem einfach zu sagen „Religion ist Quatsch“ ist jedoch auch nicht richtig. Religion (wenn sie denn der Aufklaerung folgt) kann sehr wohl hilfreich sein, eine Richtung vorzuschlagen an der man sich orientieren kann.

    Auch wenn ich vermutlich Protest erzeugt, wuerde ich sogar den Glaube an den Menschenwert dem Glauben (und nicht der Wissenschaft) zuordnen. (Zumindestens solange mir keiner eine Menschenrechtseinheit in einem Microskop zeitgt).
    Insofern sehe ich solcherlei (wichtigen) Leeren naeher an der Religion als an der Wissenschaft, auch wenn hier noch niemand von ‚Gott‘ geredet hat.
    (Ich weiss,- das werden andere anders sehen)
    Ich wuerde sogar soweit gehen, dass Religion theoretisch ohne Gott auskommt, und als reine Leere ueber das Mensch-sein betrachtet werden kann. Der Budismus tendiert zum Beispiel in diese Richtung.

    @Florian:
    Der Artikel bezieht sich hauptsaechlich auf Religionsaufassungen wo pauschal gesagt wird „Wenn wir etwas nicht wissen, dann ist Gott im Spiel“
    So ein Gott, der einfach Unwissenheit ersetzen soll kann tatsaechlich nicht gemeinsam mit der Wissenschaft funktionieren.
    In sofern hast Du natuerlich Recht.
    Trotzdem denke (hoffe) ich, dass dies eben nicht das Bild von Gott ist, was unter modernen Religionen vorherscht.
    Loesst man sich von der Vorstellung, dass Gott dazu da ist Wissensluecken zu erklaeren, dann funktioniert das Nebeneinander eben doch.

  34. In dem Buch geht es aber um Entdecker und Erfinder, die im klösterlichen Rahmen oder religiösen Dunstkreis der Menschheit wertvolle Dienste erwiesen! (zB Mendel)

    Wieso das schon wieder auf das übliche religiöse Geschwurbel (dem kein Mensch, ich zumindest nicht) folgen kann, verstehe ich nicht.

    Religion ist einfach nur überflüssiger Tand, an sich höchstenfalls als individuelles Krisenmanagement tauglich (vorübergehend).

    Immerhin wurde in früheren Klöstern noch etwas sinnvolles getan, heute palavern die Vatikangurus ja nur noch dümmlich daher. Und scheffeln Geld.
    Oder was kommt von dort sinnvolles für die Menschheit?
    Wir sind bei Entdeckungen und Erfindungen und dergleichen…..

  35. @Ingo,

    Auch wenn ich vermutlich Protest erzeugt, wuerde ich sogar den Glaube an den Menschenwert dem Glauben (und nicht der Wissenschaft) zuordnen.

    Hier kommt dann auch der Protest: Menschen-Wert und insbesondere Menschrenrechte (die einander bedingen) sind klar Ergebnis der Philosophie der Aufklärung. Die (christliche) Religion hätte wweit über 1000 Jahre Zeit gehabt, diese beiden für uns unverzichtbar erscheinenden Dinge in das tägliche Leben einzuführen, aber erst das Aufkommen demokratisch regierter Staaten hat dies – und gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen – ermöglicht.

    Wie groß die Probleme des Christentums mit den Menschenwerten sind, zeigt sich sehr deutlich am Beispiel der USA, wo in den sich am christlichsten gebenden Staaten (Bible Belt) immer noch die Todesstrafe praktiziert wird.

    Gestern lief bei Phoenix eine Sendung mit dem Titel „Bibelrätsel“, in der sich Margot Käßmann (ehemalige Bischöfin der ev. Kirche) sich erdreistete, die Herausbildung der Menschenrechte mit den 10 Geboten in Verbindung zu bringen. Was für eine Geschichtsklitterung!

    Erinnert sei nur an die Tatsache, dass sich die Verfechter der Sklaverei in den USA zu Recht(!) auf die Bibel berufen konnte, die ja auch in den 10 Geboten („Du sollst nicht begehren deines Nächsten Knecht, Magd (also Sklave, Sklavin, wie es im Original heißt)“) durchaus gutgeheißen wird. Ebenso hat der so hochgepriesene Apostel Paulus keine Probleme, auch Verhaltensregeln für Sklaven aufzustellen und sie zu Wohlverhalten insbesondere gegenüber ihren christlichen Herren zu verpflichten.

    das Bild von Gott ist, was unter modernen Religionen vorherscht.

    Der Begriff „moderne Religion“ ist ein Widerspruch in sich. ALLE Religionen sind völlig veraltet und das ist auch nicht reparaturfähig. Zudem dürfte jedes Bild, das man sich von einem Gott macht, absolut aussageleer bleiben, da es nichts gibt, worauf man dieses Bild gründen könnte, außer der nachweislich völlig unnötigen Annahme, ein solcher Gott könnte tatsächlich exisiteren. Leite irgendeine Eigenschaft aus einem Gottesbild ab und ich zeige Dir, dass diese im Widerspruch zur Wirklichkeit steht.

  36. Mit moderner Religion ist wahrscheinlich diese in der Bevölkerung weit verbreitete Wischiwaschi- Alltagsgläubigkeit gemeint.
    Sonntage sind heilig und da wird keine Wäsche auf der Leine aufgehängt.
    Ganz verbreitet ist auch ein merkwürdiger Dankbarkeitsmantra, hinter dessen tieferen Sinn ich noch nicht gekommen bin. Auf jeden Fall solle man sehr sehr dankbar und demütig sein, immer und stets, auch wenn man todkrank darnieder liegt. Dankbarkeit ist alles!
    Ja, das wären so zwei Beispiele aus der modern praktizierten Religiösität 😀

  37. ufff, es gibt ja wirklich HildegardvonBingen-shops. Scheinbar gibt es nichts, was es nicht gibt.
    Ich nahm zuvor an, sie war einfach nur eine gute Naturheilkundlerin, die sich in der Pflanzenwelt hervorragend auskannte.

  38. @zimtspinne:

    Synchronität?, denn gerade beginnt auf 3sat ein Spielfilm über „Hildegard von Bingen“, während die Geistesblitze auf ServusTV über „Benjamin Franklin“ auch nicht zu kurz kommt. 😉

  39. @zimtspinne:

    Benjamin Franklin: Die Wahrheit ist offensichtlich schrieb er am Anfang der Unabhängigkeitserklärung, als ein vielseitiger Freimaurer wußte er auch wie man
    rechtzeitig Blitze ableitet.

    P.S. Während der Papst sich gerade als Fußfetischist, erneut outet. 😉

  40. @ Vortex:

    Jetzt erklär uns doch mal bitte, was die Freimaurerei damit zu tun hatte, dass Du das so herausstellen musst (sogar mit Fettschrift).

  41. Ein Buchtipp für Florian und alle, die sich ein bisschen für sekulare Philosophie interessieren:

    A. C. Grayling, The Good Book

    als kostenlosen Download.

    Grayling ist ein bekannter britischer Philosoph und erklärter Atheist, oft in einem Atemzug genannt mit Richard Dawkins, Dan Dennett, Sam Harris und dem leider viel zu früh verstorbenen Christopher Hitchens.

  42. @ zimtspinne:

    Ihn darauf hinweisen, dass die Schwingungen der Schalen zwar eine insgesamt angenehm empfundene Wirkung haben können, jedoch nichts von nachweislich dauerhaftem Effekt. Ist also quasi eine Wohlfühlanwendung und wird von mir als solche selbstverständlich nicht rezeptiert.

  43. nagut, aber in der Palliativversorgung wird das (hier bei uns!) ja sogar von den Kassen übernommen, also könntest du ja auch mal großzügig sein, geht ja dann eh nur noch ums Wohlfühlen, wenn man überhaupt davon reden kann.
    Ich wünsche mir auch einen Arzt, der endlich einmal das tut, was ich will.

  44. @noch’n Flo / #54:

    Na, schau dir doch die Doku an, dann weißt du es.
    Die Hervorhebung war durchaus positiv gemeint. 🙂

    |

    @zimtspinne:

    Ich wünsche mir auch einen Arzt, der endlich einmal das tut, was ich will.

    Das wäre dann kein Arzt, sondern eher ein Kasperl. 😉

  45. @ zimtspinne:

    Ich wünsche mir auch einen Arzt, der endlich einmal das tut, was ich will.

    Dann bist Du bei mir falsch. Ich tue das, was notwendig und sinnvoll ist. Schietegol, ob irgendein Schmonsens von den Kassen bezahlt wird.

  46. Das hast du völlig missverstanden, ich bekomme mal häufiger nicht die Anzahl oder Dosis, die ich mir vorstelle, da meine weltbeste Landärztin das Motto verfolgt: so wenig wie möglich, so viel wie nötig – in der Reihenfolge!

    dabei möchte der vorausschauende Patient sich ja nur wohl versorgt wissen und so selten wie möglich in Arztpraxen herumtollen.

  47. @Karl H. Schmid

    Die Naturwissenschaften zielen darauf ab, die “Welt” materiell beherrschbar zu machen, während die Religionen diese “Welt” psychisch lebbar gestalten wollen.

    Könntest Du mal 2, 3 Beispiele nennen, wie Religionen die Welt psychisch lebbar gestalten wollen?

    So vielleicht?

  48. @Vortex:

    P.S. Während der Papst sich gerade als Fußfetischist, erneut outet.

    Hahaha, voll lustig.
    Meine Güte, geht’s noch primitiver, und, was schlimmer ist: Älter?
    Was hast du noch auf Lager? Messdiener ist zu Diensten?

    @zimtspinne:

    ich bekomme mal häufiger nicht die Anzahl oder Dosis, die ich mir vorstelle

    Und deine „Vorstellung“ beruht auf welcher Expertise?
    Genau…

  49. @Karl H. Schmid,

    welchen positiven Einfluss die Religionen auf die Psyche haben, sieht man sehr schön an den Leuten, die ihre Religion noch ernst nehmen, nämlich die evangelikalen Fundamentalisten in den USA und den extremistischen Muslimen.

    Die Vernunft bewahre uns vor Menschen, die die Welt im Sinne ihrer Religion gestalten wollen!

    1. @Nemesis: „Sorry, ich habe Deine Integrität und geistige Freiheit offenbar masslos überschätzt.“

      1) wolltest du ja eigentlich auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
      2) neigst du immer noch zu extremen offtopic-Postereien.
      3) hab ich keine Lust auf die elendslangen sinnfreien Pseudodiskussionen, die du zu jedem Thema anzettelst und die doch nix mit dem Thema tun haben. Mach das, wenn es dir denn so ein enorm dringendes Bedürfnis ist, im Offtopic-Bereich.

  50. @jolietjake / #64:

    Solche Gesten passen einfach nicht mehr in ein modernes Zeitalter, schon gar nicht in aller Öffentlichkeit. Für mich ist dies eindeutig ein Fetisch, ganz egal was immer er darstellen mag.

    Die ganze Situation spricht Bände, zumindest für jene die genau sehen können, was da läuft.

  51. @Adent

    Was war das denn für eine Bemerkung?

    Was wird schon sein? Der Herr wird sich mal wieder als Linkschleuder betätigt haben, worauf sein Kommentar wie üblich in der Mod gelandet ist. Und dann wird FF die Unverschämtheit begangen haben, ihn nicht sofort freizuschalten, obwohl doch das, was der Herr N. der Welt mitzuteilen hat, so unfassbar wichtig ist.

  52. @ zimtspinne:

    da meine weltbeste Landärztin das Motto verfolgt: so wenig wie möglich, so viel wie nötig – in der Reihenfolge!

    Ist doch auch richtig so. Und wenn es dem Patienten nach 2-3 Tagen noch nicht besser geht, kommt er halt wieder und ich schaue, ob man die Medikation eventuell noch sinnvoll ergänzen kann. So funzt halt Medizin.

  53. @Vortex,

    Solche Gesten passen einfach nicht mehr in ein modernes Zeitalter

    Ich denke, die ganze Institution passt nicht in ein modernes Zeitalter. Dieser Papst ist zwar erheblich weniger anachronistisch als seine Vorgänger, ist aber qua Amt eine Person, die sich anmaßt, dem Rest der Welt ihre Lebensweise vorzuschreiben.

    Dabei hat er keine begründbare Grundlage für seine Ansichten, denn die Bibel ist in sich so widersprüchlich, dass man JEDE Position bis hin zum Massen- und Völkermord daraus ableiten kann.

    1. Dieser Papst ist zwar erheblich weniger anachronistisch als seine Vorgänger,

      In Sachen Prügelstrafe, zum Beispiel?

      Oder hat er die Empfängnisverhütung freigegeben?

      Frauen im Priesteramt?

      Das müssen ja spektakuläre Anachronismen sein, denen der Papst eine Absage erteilt hat.

  54. @Jonas Schimke:

    Die Wissenschaft müßte nur eindeutig den Beweis erbringen, daß alle Religionen, inkl. der praktizierten Zeremonien, für den modernen Menschen keinerlei Vorteile bringt, sie basiert anscheinend nur auf Massensuggestion.

    Es heißt ja sinngemäß, die Wahrheit so wie sie letztlich ist, befreit einem von allen Übel.

    Für damalige Zustände vmtl. optimal geeignet, aber nun haben wir ja bald was ähnliches. 😉

  55. Man kann die katholische Kirche sicherlich in vielen Dingen kritisieren,- und ich kritisiere gerne mit.
    – Einmischung in die private Familienplanung
    – Keine Frauen im kirchlichen Positionen
    – immer noch Steine im Weg bei interreligioesen Ehen
    – merkwuerdige Personalpolitik in Kindergaerten/Krankenhaeusern etc. die irgendwie mit der Kirche in Verbindung stehen
    und und und

    Aber warum wird ausgerechnet kritisiert das der Papst Fluechtlingen die Fuesse waescht.
    Das ist einfach nur ein Zeichen der Menschenliebe.
    Nun ist das natuerlich auch Show fuer die Kamaras,- aber so ist das nuneinmal in weit-beachteten Aemtern.
    Grade jetzt wo viele Leute in Europa Hass-Parteien waehlen, grade jetzt wo viele sich schon in einen Religionskrieg „Islam gegen Rest der Welt“ sehen, grade jetzt ist es einfach ein etwas mehr Menschenliebe noetig.
    Nun nehmen natuerlich nicht alle solche Gesten ernst,- aber dennoch sehr viele.

    Wie gesagt – man kann vieles an ‚dem Laden‘ kritisieren, aber diesen Punkt nun grade nicht.

  56. @Ingo
    „Das ist einfach nur ein Zeichen der Menschenliebe“ so gern ich jetzt angeifern würde, lass ich es.
    Das Zwielicht des Symbols spricht für sich.

  57. @griesl:
    Nein, tut es nicht. Jedenfalls nicht für mich.
    Was für ein Problem haben wir denn mit dieser Geste?
    @Vortex:

    Die ganze Situation spricht Bände, zumindest für jene die genau sehen können, was da läuft.

    Aha. Da du ja wohl zu den Sehenden gehörst, kannst du einem „Blindem“ sicherlich erklären, inwiefern „die ganze Situation“ Bände spricht.
    Und wenn du schon dabei bist, beantworte doch noch meine Frage, warum du mehr über Dosierungen weißt als dein Arzt.

    Ich verstehe, es fällt euch schwer. Aber könntet ihr vielleicht mal konkret benennen, was euch mißfällt anstatt lediglich Andeutungen zu äußern?

  58. @

    „Dabei hat er keine begründbare Grundlage für seine Ansichten, denn die Bibel ist in sich so widersprüchlich, dass man JEDE Position bis hin zum Massen- und Völkermord daraus ableiten kann.“

    Zustimmung, aber: Noch dazu verbreitet zumindest die rkK über ihre Kleriker die Kunde, Mensch wäre einem ominösen, wiederum durch die rkK alleine definiertem (und längst widerlegtem) sog. Naturrecht unterworfen, seit langem pure Behauptung. Und ein weiterer Trick, um die gesamte Menschheit ihrem Willen zu unterwerfen u/o Definitionshoheit zu erlangen.

    Aber: Es gibt kein „natürliches“ „Naturrecht“ – das ganze Unterfangen ist ein Versuch, durch die Hintertür den (unzulässigen => „naturalistische Fehlschluß) Schluß vom Sein auf das Sollen wieder zu etablieren – ist schon lange durchschaut, nur wollen die Kleriker das nicht akzeptieren.

    Es reicht einfach! Schleicht euch in Eure Löcher und unter unter Eure Steine, wo ihr herkamt und wo Ihr hingehört! Ihr habt ausgesch..en! Punkt!

    (Verzeihung, manchmal platzt mir dermaßen der Kragen …)

  59. Die Überwindung der Religion gehört zur Aufklärung. Dass Ziegenhirten in der Bronzezeit nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen hatten, ist eine notwendige Erkenntnis dabei.

    Es steht völlig zweifelsfrei, dass religiöse Menschen gute Wissenschaft machen können. Jedoch führt die dadurch gewonnene Erkenntnis sie zwingend von ihren orientalischen oder sonstwie verorteten Märchengeschichtchen weg. Das ist unvermeidlich.

  60. Die Unverträglichkeit zwischen Religion und Wissenschaft ist ja eigentlich nur eine vordergründige Angelegenheit.

    In Wirklichkeit wird von beiden Seiten jeweils die Gegenseite unter die eigene Sichtweise angepasst, subsumiert, usurpiert – oder einfach negiert.

    Und aus dieser gegenseitig stattfindenden „Einverleibung“ folgen als nächste Schritte der Machtanspruch, die ethisch-moralischen Handlungsanweisungen, letzeres vor allem von Seiten der Religion. Wäre es da nicht wünschenswert, wenn sich auch die Wissenschaft stärker in diese Richtung engagieren und Einfluss nehmen würde? Angesichts des globalen Artensterbens, oder der unheilvollen Vorboten des Klimawandels?

    Das Thema spielt letztlich auch auf den Zwiespalt an, welcher unsere Zeit, den modernen Mensch ganz allgemein betrifft, einerseits die Wissenschaft mit ihren rationalen Erkenntnissen und den daraus abgeleiteten technischen Errungenschaften, und andererseits die immer noch einem magischen Denken verhafteten Religionen mit den daraus abgeleiteten Ritualen, Geboten, Heilsversprechen und Verdammungsandrohungen.

    Die Wissenschaft als der zeitgemässe, erfolgreiche, aber nicht endende Versuch, Stück für Stück zu verstehen. Die Religion als der überholte, gescheiterte, aber beharrende Appell, zu glauben an Götter, Monster und Geister.

    Kurz:
    Wenn die „Wahrheit“ von gestern ganz gewiss der Irrtum von heute ist, dann wird zwar möglicherweise die Wahrheit von heute der Irrtum von morgen sein. Das heisst aber sicher nicht, dass die „Wahrheit“ von gestern wieder die „Wahrheit“ von morgen sein soll.

  61. Hallo Herr Freistetter,

    natürlich habe ich mich sehr gefreut, dass Sie mein Buch „Göttliche Geistesblitze“ (erscheinen bei Wiley) so ausführlich und weitgehend positiv, mit viel Verständnis und Kenntnis vorgestellt haben (es kostet als Softcover übrigens nur 14.90 Euro). Vielen herzlichen Dank dafür. Ihre Einwände zur Anlage des Buches habe ich indessen nicht ganz verstanden; vielleicht können Sie mir das – auch wenn es nun zu spät ist – ein wenig erläutern. Das eilt nicht.
    Beste Grüße
    Eckart Roloff

  62. Gerade im britischen Landesteil England war es so, dass Priester oft eine medizinische Ausbildung hatten. Ich meine gelesen zu haben, dass dies daher kam, da sie oft Pfarrbezirke ohne Arzt oder Bader hatten und daher der einzige „gebildete“ Ansprechpartner für ihre „Schäfchen“ waren. Meiner Erinnerung nach, wurden sie von der anglikanischen Kirche auch ermutigt, sich hier weiterzubilden.

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