Zum Jahresbeginn habe ich angekündigt, dass ich die Aktivitäten in meinem Blog ein wenig reduzieren muss; dafür aber auch öfter mal über das schreiben werde, was mich von der Arbeit hier abhält. Das ist zur Zeit vor allem meine Mitarbeit bei den Science Busters. Damit bin ich seit 2015 eigentlich fast ständig beschäftigt und wenn die vielen Reisen und Auftritte auch ein wenig stressig sind, so macht die Arbeit doch jede Menge Spaß. Und vor allem: Ich habe sehr viel gelernt! Zum Beispiel, dass die üblichen Monologe bei populärwissenschaftlichen Vorträgen potentiell langweilig sind…
Die Science Busters sind ein Wissenschaftskabarett-Projekt. Soll heißen: Zwei Wissenschaftler und ein Kabarettist stehen auf einer Theaterbühne, erzählen – hoffentlich informativ, verständlich und humorvoll – über Forschung und machen Experimente. Dass das Konzept funktioniert erkennt man daran, dass die Science Busters damit seit 10 Jahren großen Erfolg in Österreich haben, der sich mittlerweile auch nach Deutschland und in die Schweiz ausbreitet. Leute, die nie auf die Idee kommen würden, einen populärwissenschaftlichen Vortrag zu halten, haben kein Problem damit ins Theater zu gehen um sich Kabarett (so heißt in Österreich das, was in Deutschland mit dem grauenhaften Wort „Comedy“ bezeichnet wird) anzusehen.
Dass die Science Busters mit ihrer Wissenschaftsvermittlung Leute erreichen, die durch andere Wege der Wissenschaftskommunikation nicht erreicht werden können, liegt aber nicht nur am Schlagwort „Kabarett“, sondern auch daran, wie es geschieht. Ich selbst habe ja bisher hauptsächlich allein gearbeitet. Ich schreibe mein Blog alleine, habe meine Bücher alleine verfasst und bisher auch immer alleine populärwissenschaftliche Vorträge gehalten. Ich musste mich daher schon ein wenig umstellen, als ich dann plötzlich mit zwei anderen Leuten auf der Bühne stand. Ich konnte bei den Science Busters nicht einfach so wie bisher meine Geschichten über die Wissenschaft erzählen sondern musste sie im Rahmen eines Gesprächs präsentieren.
Wie anders die Art der Präsentation wirklich ist, habe ich erst gemerkt, als ich im Dezember 2015 dann nach fast drei Monaten Arbeit mit den Science Busters auf einmal wieder einen „normalen“ Vortrag ganz alleine gehalten habe. Es war ein Vortrag zu einem Thema, über das ich schon viele Vorträge gehalten habe. Es war ein Vortrag, den ich – in Variationen – schon oft gehalten hatte. Bis dahin war ich mit meinen Vorträgen eigentlich ganz zufrieden – und da sich immer ausreichend Publikum gefunden hat und die Leute nie erbost aus dem Saal gestürmt oder gelangweilt eingeschlafen sind, waren sie vermutlich auch nicht völlig schlecht.
Aber es war trotzdem seltsam, als ich dann nach langer Zeit wieder einmal alleine vor Menschen stand und meine Geschichten erzählt habe. Ich hatte immer wieder das Gefühl, mich selbst zu langweilen (und das ist nie ein gutes Zeichen!). Ich habe gemerkt, dass ich mich auf einmal viel mehr anstrengen muss, um den Abend auch nur annähernd so lebendig zu gestalten, wie ich es von der Science Busters Bühne gewohnt war.
Natürlich ist das nicht überraschend. Und eigentlich logisch. Genau deswegen hat Heinz Oberhummer damals ja Martin Puntigam für das Projekt der Science Busters engagiert. Der Physiker hatte bemerkt, dass die öffentlichen Vorträge viel zu lang und langatmig waren und wollte einen Kabarettisten, der ein wenig Struktur und Abwechslung beisteuert. Und ich kann nur bestätigen, dass das ganze wunderbar funktioniert. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ich allein irgendetwas erzähle oder das gemeinsam mit Martin Puntigam tue. Wenn ich alleine zu sehr abschweife, muss ich das nicht nur selbst bemerken, sondern auch selbst den Weg zurück zum Thema finden. Im Gespräch kann Martin mich darauf hinweisen und mit einer passenden Frage wieder zurück führen. Wenn ich alleine bei einer Erklärung verwirrend oder unverständlich werde, muss mir das zuerst auffallen bevor ich etwas dagegen tun kann. Zu zweit kann mich Martin einfach unterbrechen und mir sagen, dass niemand versteht, was ich sage beziehungsweise einfach nachfragen. Und so weiter. Auf der Science-Busters-Bühne steht Martin stellvertretend für das Publikum und sorgt dafür, dass es interessiert bleibt. Bei Vorträgen die ich alleine halten, fehlt diese Verbindung und das macht die Sache viel schwieriger.
Früher ist mir das nie aufgefallen – aber seit ich auch die andere Möglichkeit kenne habe ich gemerkt, dass man sich enorm anstrengend muss, um einen klassischen Vortragsmonolog über die ganze Länge hinweg spannend, informativ und unterhaltsam zu gestalten. Eine Anstrengung, die ich früher in dem Ausmaß nie unternommen habe und die vermutlich auch viele andere Vortragende nicht unternehmen.
Ich fordere nun natürlich nicht, dass ab sofort alle populärwissenschaftlichen Vorträge nur noch im Dialog mit Kabarettisten stattfinden sollen 😉 Aber wenn man einen Vortrag hält, dann lohnt es sich, ein wenig über das Format nachzudenken. Was kann man tun, um ein wenig mehr als den üblichen „Frontalunterricht“ mit Monolog zu produzieren? Gibt es eine Möglichkeit, während des Vortrags ein paar Abschnitte einzubauen, in denen man direkt mit dem Publikum interagieren kann? Wäre es vielleicht angebracht, statt des Vortrags eine Podiumsdiskussion abzuhalten? Und so weiter.
Seit ich mit den Science Busters auftrete, mache ich viel mehr Gedanken über die Dramaturgie der Auftritte. Bzw. ich mache mir überhaupt erst Gedanken; früher hat mich fast ausschließlich der Inhalt der beschäftigt. Aber mittlerweile habe ich gelernt, dass der beste Inhalt nichts nützt, wenn man sich nicht auch Gedanken über die Art der Präsentation macht. Und erfahren, dass die klassische Form des Einzelvortrags zwar in der wissenschaftsinternen Kommunikation auf Fachkonferenzen gut funktioniert aber als Format für die Öffentlichkeitsarbeit eigentlich mehr Planung erfordert als man sich (bzw. ich mir) normalerweise so denkt.
Wenn ich in den nächsten Monaten Vorträge halte, gelingt es mir hoffentlich, ein bisschen von dem umzusetzen, was ich bei den Science Busters gelernt habe. Diese Vorträge werden vermutlich weiterhin Monologe sein. Aber ich werde mir nun vorab auch Gedanken über die Dramaturgie haben und hoffe, dass das zu unterhaltsameren und interessanteren Vorträgen führt als die, die ich bisher gehalten habe.
Und ich werde weiterhin mit den Science Busters auftreten; zu lernen gibt es ja noch genug! Wer Lust hat, sich eine dieser Shows anzusehen, findet alle Termine hier. Am 14.2. treten wir im Unterhaus Mainz auf, da ist die Vorstellung aber schon ausverkauft. Für die Show am 24.2. im Wiener Stadtsaal (gemeinsam mit Gunkl gibt es aber noch Karten, ebenso für die Vorstellungen im Wiener Rabenhoftheater Anfang März.
Das Kabarett ist in Deutschland weitgehend von der Comedy zurückgedrängt worden.
@Gast: „Das Kabarett ist in Deutschland weitgehend von der Comedy zurückgedrängt worden.“
Wie gesagt: Das was man in Deutschland unter „Kabarett“ versteht ist nicht unbedingt identisch mit dem was in Österreich darunter verstanden wird. Gleiches gilt aber auch für das Wort „Comedy“, obwohl das dem österreichischen „Kabarett“ wohl ein wenig näher kommt. Aber diese Unterscheidung aufzudröseln war jetzt nicht unbedingt Ziel meines Artikels. Auf jeden Fall haben die Science Busters 2013 den Österreichischen Kabarettpreis und 2016 den deutschen Kleinkunstpreis gewonnen. Von einem „Comedypreis“ wüsste ich nichts 😉
@ Gast:
Im TV – und damit auch in der öffentlichen Wahrnehmung – vielleicht; aber abseits der grossen Medien und Bühnen gibt es in D immer noch eine grosse und sehr vielfältige Kabarett-Szene die tolle und intelligente Künstler hervorgebracht hat.
Und man muss feststellen, dass die Grenze zwischen Comedy und Kabarett mittlerweile stark verwischt wurde, da ist ein riesiger Graubereich entstanden. Nehmen wir als Beispiel die „heute show“ – ist das noch Kabarett oder doch schon Comedy? Und wenn ja, warum nicht? Ich würde mir da keine Antwort zutrauen…
Ich würde sagen, Hildebrandt und Pelzig waren eher Kabarett. Paul Panzer und Otto eher Comedy. Bei Nuhr weiß ich’s nicht so genau. Kabarett hat eine Botschaft, Comedy will nur unterhalten.
Das obere Foto…
Das ist doch von deinem ersten Science Busters Auftritt, oder?
Da war ich dabei!
@Frantischek: Das erste Foto ist von der Science-Busters-Show in Erlangen (mein 9ter Auftritt, wenn ich mich nicht verzählt habe)
Monologe müssen nicht zwangsläufig langweilig sein. Feynman hat z.B. meistens eine ziemlich gute Ein-Mann-Show abgeliefert für seine Studenten, aber das erfordert schon ein paar schauspielerische Fähigkeiten. Die sind eher selten.
Die Idee, das ganze über ein Kabarett zu transportieren, ist eine ziemlich coole Sache. Mir ist nur manchmal ein bisschen multmig dabei: Ist den Zuschauern bewusst, dass es dabei wirklich um seriöse Wissenschaft geht? Es wäre schade, wenn Sie gut gelaunt nach Hause gehen, weil die Show gut war, aber ansonsten nichts hängen geblieben ist.
Btw, hat jemand am vergangen Sonntag den BBC-Spielfilm im Ersten (D) über die Mitwirkung Feynmans an der Aufklärung der Challenger-Katastrophe gesehen? Ich weiß nicht, wie nahe der Film an der Realität war, aber auf jeden Fall absolut sehenswert.
@schlappohr: „Monologe müssen nicht zwangsläufig langweilig sein“
Ja – das hab ich ja auch nicht behauptet. Aber wenn man sie interessant gestalten will, muss man sich AKTIV und richtig viel Mühe geben…
„Mir ist nur manchmal ein bisschen multmig dabei: Ist den Zuschauern bewusst, dass es dabei wirklich um seriöse Wissenschaft geht? „
Wieso sollen Humor und Seriosität ein Widerspruch sein? Dieses Phänomen – „Wenn gelacht wird, dann kanns nicht ernst gemeint sein“ – ist eines, dass ich so massiv eigentlich nur in der deutschsprachigen Akademiker/Bildungsbügerwelt bemerke. Anderswo hat man da einen wesentlich entspannteren Zugang.
Also ich weiss nicht ….
…. Beim Humor/Kabarett/Comedy geht es doch oft darum, dass ein Zusammenhang den der Zuschauer bereits kennt aus einer anderen Perspektive beleuchtet wird und dadurch ploetzlich Lustig wirkt/wird.
Bei einem klassischen Vortrag geht es oft darum einen (fuer den Zuschauer) neuen Zusammenhang zu erklaeren.
Wie passt das Zusammen ?
Ich musste grade an Harald Lesch und seine alten Sendungen auf AlphaCentauri denken,- wo Zusammenhaenge erklaert werden, die immer wieder durch Kommentare wie „OH GOTT – AUWEIA – Ist das eine grosse Zahl !!! Die ist so gross, dass kann man sich garnicht vorstellen?!“ (Dazu ein Blick in die Kamara mit wahnsinnig weit aufgerissenen Augen)
Kann man sich das so in etwa vorstellen?
Oder eine Vorlesung unterbrochen durch Witze?
Oder Witze unterbrochen durch eine Vorlesung?
(Jetzt bin ich neugierig geworden,- ich muss mir das mal anschauen)
@Ingo: „Beim Humor/Kabarett/Comedy geht es doch oft darum, dass ein Zusammenhang den der Zuschauer bereits kennt aus einer anderen Perspektive beleuchtet wird und dadurch ploetzlich Lustig wirkt/wird.“
Mag sein. Oder auch nicht. Bei den Science Busters wollen wir aber durchaus neue Dinge erklären (und passen die Shows deswegen auch oft sehr kurzfristig an wenn sich neue Dinge ergeben, so wie zB mit der Planet 9 Geschichte der letzten Wochen).
„Kann man sich das so in etwa vorstellen?“
Äh, nein. Gar nicht. Das was Lesch macht ist so ziemlich absolut das Gegenteil von dem was bei den Science Busters passiert. Aber es gibt DVDs und Clips im Netz…
Man kann vielleicht auch allein einen „Dialog“ führen.
Mit der richtigen Idee dahinter, vielleicht eine Puppe oder sonst ein imaginäres Gegenüber und mit einer guten Idee dieses zu umrahmen, kann man bestimmt auch ernsthaft lustiges pupulärwissenschaftliches Theater in Mono-dialogform führen.
Und man wäre bei der Dramaturgie nicht nur auf das wissenschaftliche Thema und dessen Aufrollen angewiesen, sondern kann den Spannungsbogen auch mit seinem imaginärem Freund ziehen…
@Kalony: „Mit der richtigen Idee dahinter, vielleicht eine Puppe oder sonst ein imaginäres Gegenüber und mit einer guten Idee dieses zu umrahmen, kann man bestimmt auch ernsthaft lustiges pupulärwissenschaftliches Theater in Mono-dialogform führen.“
Ja, Möglichkeiten gibts viele. Aber die muss man eben alle entsprechend planen und vorbereiten. Und das macht man normalerweise nicht, wenn man als Wissenschaftler nen „normalen“ Vortrag hält. Da stellt man sich hin, redet, und hört irgendwann wieder auf…
Der Unterschied zwischen Comedian und Kabarettist?
Der Comedian macht es wegen dem Geld und der Kabarettist des Geldes wegen!
@Frank#11
☺
Das leuchtet mir ein.
Nö. Auch in Dland gibt es eine ganz klare Unterscheidung – und wer beides gleichsetzt disqualifiziert sich schon mal direkt. Früher (vor „Comedy“) hatten viele Leute Probleme „Kabarett“ und „Cabaret“ auseinanderzuhalten.
Schöne Definition:
(aus: https://www.stern.de/noch-fragen/unterschied-zwischen-cabaret-kabarett-und-comedy-wo-ist-die-grenze-1000737791.html)
@bruno: „Kabarett ist sowas wie Volker Pispers – in erster Linie in Richtung Politik und/oder Gesellschaftskritik – man lacht auch, aber nicht so viel und das Lachen bleibt im Halse stecken.“
Was aber – wie schon gesagt – nicht das ist, was man in Österreich unter dem Wort „Kabarett“ versteht. „Kabarettisten“ sind in Ö auch Leute, die in D definitiv in die „Comedy“-Sparte fallen würden.
Das bei Leuten die gut gelaunt und lachend nach hause gehen nichts hängen bleibt kann ich absolut nicht bestätigen. Ich bin schon des öfteren von Leuten zu Vorträgen angesprochen worden (teilweise Jahre später), in denen ich es geschafft habe die Leute zum Lachen zu bringen (absichtlich und unabsichtlich) dabei kamen dann meistens sehr gute Fragen zur Wissenschaft. Gleiches kann ich nicht von Vorträgen behaupten, die eher trocken und sachlich geraten sind.
Lachen ist oft ein Ausdruck von positiver Überraschung. Das wird in der Theorie des Lernens als „salient“ bezeichnet, ein Eindruck, der sich ohne häufige Wiederholung langfristig einprägt. Insofern ist es gerade auch bei wissenschaftlichen Vorträgen mein Ziel die Leute zum Lachen und/oder zum Staunen zu bringen. Dann weiß ich, dass ich sie mit meinem Vortrag erreicht und berührt habe und dann hat sich meine Mühe gelohnt.
Ich habe mir die DVD Geamtausgabe schon vor längerer Zeit zugelegt und bin begeistert. Interessante Themen auf eine unkonventionelle Art behandelt und vorgetragen, einfach genial. Mir gefällt es und hoffe auf baldigen Nachschub.
@Herr B „Mir gefällt es und hoffe auf baldigen Nachschub.“
Die neue Staffel läuft ab 12.4. auf ORF2; wann sie auf DVD rauskommt, kann ich allerdings noch nicht sagen. (Die erste Folge mit mir ist aber auf jeden Fall am 19.4 zu sehen 😉 )
Frontalvorträge lassen sich heute mit Technik auch richtig gut aufpeppen. Wenn man statt Powerpoint & Co. z.B. mal Prezi (Prezi.com) probiert, mit dem man eine Präsentation mit großartigen freien Zooms basteln kann, ohne dass es allzu kompliziert ist, flasht das Leute schon. Da lohnt sich meiner Erfahrung nach eine gewissen Zeitinvestition auf jeden Fall, insbesondere wenn man einen Vortrag häufiger hält.
„Die neue Staffel läuft ab 12.4. auf ORF2;“…
Und fuer die „Daheimgebliebenen“: Wenn 3sat so weitermacht wie bisher, dann wird diese Staffel ganz oder zum grossen Teil dort im Sommer wiederholt und damit auch den „Piefkes“ zugaenglich. So haben sie es jedenfalls in den letzten Jahren gehandhabt.
@ Florian, #4:
Du hättest ruhig nicht erst im Kommentar, sondern schon im Haupttext oder überhaupt schon mal vom Deutschen Kleinkunstpreis schreiben dürfen.
Keine falsche Bescheidenheit vorschützen! 😉
Die Mitteilung, dass die Sciencebusters diesen „Ritterschlag“ erhalten, das ist kein „Eigenlob“.
Die erwähnte ausverkaufte Vorstellung in Mainz ist ja die Generalprobe dafür . . .
Zumal Du ja auch noch nicht so lange dabei bist.
By the way:
Die haben es dort im Ankündigungstext (wohl noch die PM von Anfang November) noch nicht mal erwähnt, dass Heinz Oberhummer gestorben ist . . .
derdeet