Ich schreibe und spreche oft über kosmische Kollisionen. Und warum auch nicht: Das sind nicht nur sehr faszinierende sondern auch sehr wichtige und oft überraschende konstruktive Vorgänge. Ohne Kollision gäbe es weder unseren Planeten, noch all die Lebewesen die sich auf ihm befinden. Hier bei uns auf der Erde ist es oft schwer, Einschlagskrater zu identifizieren, denn Wind, Wetter und Plattentektonik machen sie (zumindest auf geologischen Zeitskalen) schnell wieder unkenntlich. Auf anderen Himmelskörpern wie dem Mond, dem Mars oder dem Merkur können wir aber Unmengen an Kratern beobachten. Und dort helfen sie uns zu verstehen, wie sich die Planeten und Monde im Laufe der Zeit entwickelt haben.
Aus der Beobachtung der Krater auf dem Mond wissen wir zum Beispiel, dass es vor knapp 4 Milliarden Jahren das sogenannte „Late Heavy Bombardement“ gab; eine Phase in der Geschichte unseres Sonnensystems, in der sehr viel mehr Asteroiden auf den Mond (und auch die Erde) eingeschlagen sind als davor und danach (das ganze war eine Folge der „planetaren Migration“ und ich habe hier mehr darüber geschrieben). Wenn man die Krater auf dem Mond zählt und nach sieht, wie viele von ihnen in einem bestimmten Zeitraum entstanden sind, dann kann man die Auswirkungen des Late Heavy Bombardements immer noch beobachten.
Wenn ich davon in Vorträgen erzähle, dann werde ich meistens immer gefragt, wie man denn eigentlich das Alter eines Kraters bestimmt, der sich auf einem anderen Himmelskörper befindet. Und auf den ersten Blick erscheint das ja auch nicht einfach. Aber es ist möglich. Da der Mond keine nennenswerte Atmosphäre besitzt, verschwinden die Krater dort nicht so schnell wie auf der Erde. Es gibt weder Wind noch Wetter, die für Erosion sorgen können und keine Plattentektonik oder Vulkanismus, die entstandene Krater wieder zerstören. Die fehlende Atmosphäre erlaubt außerdem den Einschlag von sehr kleinen Himmelskörpern, die in der dichten Lufthülle der Erde auseinanderbrechen und den Boden gar nicht erreichen würden. Der Mond hat also sehr viel mehr Krater, die auch noch sehr viel länger erhalten bleiben als auf der Erde.
Das führt dazu, dass man dort Krater finden kann, die sich in anderen Kratern befinden. Und logischerweise muss der eine Krater nach dem anderen entstanden sein. Aus der Art und Weise wie sich die Krater überlappen, kann man herausfinden, welche älter sind und welche jünger. Und ebenso logisch ist es, dass Gegenden mit mehr Kratern schon länger existieren als welche mit weniger Kratern. Da alte Krater nicht einfach verschwinden wie auf der Erde, sammeln sie sich im Laufe der Zeit einfach immer weiter an. Dort wo es viele Krater gibt, war die Oberfläche längere Zeit dem Bombardement aus dem All ausgesetzt als dort, wo wenig Krater zu finden sind.
Kombiniert man diese Beobachtungen, kann man das relative Alter der Oberflächen bestimmen. Wir haben aber Bodenproben, die wir direkt auf der Erde im Labor untersuchen können. Zumindest vom Mond haben wir Gestein geholt und auch auf dem Mars wurden durch die Rover entsprechende Untersuchungen angestellt. Bei diesen Gesteinen können wir also auch das absolute Alter bestimmen. Kombiniert man diese Daten mit den Kraterzählungen aus der Ferne, kann man sich eine vergleichsweise gute Geschichte der Geologie anderer Himmelskörper zusammenbasteln.
All das was ich gerade geschrieben habe, erklärt auch die Planetologin Meg Rosenburg in einem sehr schön gemachten Video:
Wenn zwei Himmelskörper zusammenstoßen, dann ist das kurzfristig auf jeden Fall eine Katastrophe und das trifft auf jeden Fall zu, wenn auf einem der Kollisionspartner Lebewesen existieren sollten. Aber langfristig gesehen können wir froh darüber sein, dass im Universum jede Menge los ist und immer wieder Zusammenstöße stattfinden. Nicht nur, dass es ohne die Kollisionen gar keine Planeten gäbe: Wir wüssten auch viel weniger über sie und das wäre doch sehr schade.