Weihnachten kommt! Und wer noch auf der Suche nach Geschenken ist, macht mit Büchern kaum etwas falsch. Darum gibt es heute meine traditionellen Weihnachtsbuchempfehlungen! Obwohl ich ja im Laufe des Jahres schon jede Menge gute Bücher empfohlen habe, haben sich noch ein paar nette Exemplare gefunden. Meine absoluten Favoriten sind aber immer noch die beiden Bücher (siehe hier und hier und auch noch hier) von Dave Goulson. Aber für die, die Lust auf andere Themen haben, habe ich noch drei ganz besondere Bücher herausgesucht.

Die Rumpelkammer des Kaisers

kaiser

Österreich ist ein kleines Land. Zumindest heute… Denn während des Großteils der Geschichte Europas war Österreich beziehungsweise das Reich der Habsburger eine der „Supermächte“ des Kontinents. Und die Geschichte dieser Supermacht ist das Thema von „Kaisers Rumpelkammer: Unterwegs in der Habsburger Geschichte“* (im Original: „Danubia: A Personal History of Habsburg Europe“*) von Simon Winder.

Winder hat sich zuvor schon mit der Geschichte Deutschlands beschäftigt (siehe hier), dabei die Habsburger aber nur am Rande behandelt. In „Kaisers Rumpelkammer“ erfährt man aber nun wirklich alles, was man über die Habsburger wissen möchte. Der flapsige Titel der deutschen Ausgabe sollte einen aber nicht täuschen: Es ist zwar ein durchaus interessantes Buch, aber jetzt nicht unbedingt explizit lustig. Und wenn es auch kein historisches Fachbuch ist und sich gut lesen lässt, muss man manchmal doch ein bisschen Disziplin aufbringen. Aber das ist weniger Winder geschuldet, als dem Thema. Die ganzen Josephs und Karls und Friedrichs können einen schon verwirren, wenn man nicht aufpasst. Und dann ist da auch noch das höchst verwirrende Konstrukt des „Heiligen Römischen Reichs“ (das ich bis heute noch nicht völlig verstanden habe), das zwar meistens von den Habsburgern geführt wurde, aber eben nicht immer.

Und dann die ständigen Gebietswechsel… Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie enorm instabil Europa in der Vergangenheit war. Große Imperien wie Frankreich oder Großbritannien hatten es da einfach. Das eine war durch Küste und Alpen relativ gut geschützt und das andere eine Insel am hinteren Ende des Kontinents. Die Habsburger hatten dagegen ein Riesenreich mit einer langen Grenze, die von keiner geografischen Barriere geschützt war und musste sich deswegen über Jahrhunderte hinweg mit dem Osmanischen Reich auseinandersetzen. Die Grenzregionen in Osteuropa wurden ständig mal von den einen und mal von den anderen erobert und die lokale Bevölkerung musste fliehen oder wurde ausgerottet. „Nationen“ so wie wir sie heute kennen gab es damals nicht und Winder bemüht sich auch immer darauf hinzuweisen, dass eine nationalistische Interpretation der Geschichte nicht zielführend ist. „Österreicher“, „Italiener“, „Tschechen“, „Rumänen“, „Ungarn“ und so weiter gab es damals nicht sondern nur jede Menge Bevölkerungsgruppen die von Imperium zu Imperium gewechselt wurden…

Winder reist durch ganz Europa und all die Länder (und es waren erstaunlich viele Länder!) die früher mal Teil des Habsburger Reichs waren. Anhand dessen, was man heute dort sehen kann, erzählt er die Geschichte der vergangenen Herrscher und der Völker, die dort gelebt haben. Das Buch ist keine chronologische und auch keine vollständige Abhandlung der Habsburger Geschichte (das wäre in einem einzigen Buch auch gar nicht möglich). Aber Winder findet überall in Europa die Gelegenheit für spannende Geschichten und macht das verwirrende Imperium der Habsburger ein klein wenig weniger verwirrend. Immer wieder spekuliert er auch darüber, wie die Geschichte des Kontinents verlaufen wäre, wenn die Dinge ein klein wenig anders verlaufen wären und wie man Europa aus heutiger Sicht „vernünftiger“ aufteilen hätte können, um all die vielen Konflikte und Kriege zwischen den Bevölkerungsgruppen zu vermeiden. Das führt ihn am Ende zu den fiktiven „Vereinigten Staaten von Österreich“ (und keine Sorge: vom heutigen Deutschland gehört nichts dazu 😉 ) – ein Land, das Europa heute dominieren würde. Aber leider (ok, „leider“ nur aus Sicht der Österreicher, die unter Minderwertigkeitskomplexen leiden) existieren die VSÖ nicht…

„Kaisers Rumpelkammer“ ist ein tolles Buch für die Feiertage, bei dem man sich in der Beschreibung der vergangenen Reiche und Länder ganz verlieren kann. Wer sich nicht sonderlich für Geschichte interessiert, wird es wohl eher langweilig finden – aber für alle anderen ist es eine klare Leseempfehlung!

Die wissenschaftliche Scheibenwelt

quintessence

Ich bin ja ein großer Fan von Büchern, in denen nicht nur plausible fiktive Welten konstruiert werden, sondern auch plausible Weltsysteme. Und „Quintessence“* von David Walton ist genau so ein Buch. Die Geschichte dieses Romans spielt in einer Welt, die auf den ersten Blick unserer Welt des 17. oder 18. Jahrhunderts ähnelt. Das britische Imperium existiert auch hier; es erobert und erforscht die Welt und Katholiken und Protestanten streiten sich genau so wie sie es in der Realität getan haben. Nur: Die Welt von „Quintessence“ ist eine Scheibe. Das weiß man mit Sicherheit, weil die Schiffe der Forscher und Eroberer bis zum Ende dieser Welt gesegelt sind… Trotzdem ist die Welt keine mysteriöse Zauberwelt, sondern gehorcht konkreten Naturgesetzen, nur eben anderen als denen, die wir kennen.

Die Geschichte beginnt mit der Rückkehr eines Forschungsschiffes, dass eine Insel direkt am Ende der Welt besucht hat. Dort haben sie Schätze sondergleichen gefunden – aber diese Schätze haben sich alle in Sand verwandelt und die Besatzung starb qualvoll, nachdem sie in London angekommen war. Eine Gruppe von religiösen Flüchtlingen macht sich auf, um auf dieser fernen Insel Zuflucht zu suchen und unter ihnen ist auch ein Wissenschaftler der nicht ganz redliche Motive bei seiner Forschung zu hegen scheint.

Wie so oft bei Romanen will ich nicht zuviel über die Handlung verraten. Aber die Welt von Quintessence ist faszinierend, magisch und plausibel zugleich. Im Laufe der Geschichte verstehen die Kolonisten immer besser, warum die ferne Insel ihren Einwohner scheinbar Zauberkräfte verleiht; sie verstehen, wie die Welt tatsächlich funktioniert; wie die spezielle Geografie und Kosmologie dieser Welt die fundamentale Struktur der Materie beeinflusst und wie sie diese Materie kontrollieren können. Die Kolonialisierung der Insel am Rande der Welt und der Konflikt mit den dort lebenden „Mantikoren“ spiegelt ein wenig die reale Eroberung Amerikas und den Konflikt mit den dortigen Ureinwohnern; es sind aber keine allzu plumpen Parallelen. Die besondere Physik von „Quintessence“ erinnert ein wenig an Bücher wie „Celestial Matters“ oder „Mainspring“ (siehe hier) und es macht Spaß, immer wieder bekanntes aus unserer Wissenschaft mit der scheinbaren Magie der Buchwelt vermischt zu sehen. Und in der Fortsetzung „Quintessence Sky“* schafft Walton dann sogar das Kunststück die Astrologie so in die fiktive Wissenschaft von „Quintessence“ einzubauen, dass es plausibel klingt, interessant ist und man sich nicht darüber ärgern muss!

Ich habe die beiden Bücher sehr gerne gelesen; es sind gute Beispiel für Science-Fiction/Fantasy-Geschichte, bei denen nicht immer wieder die gleichen Tropes und Handlungsstränge auftauchen, sondern eine wirklich originelle Story erzählt wird!

Alle Welt!

allewelt

Das sollte hier eigentlich die Buchempfehlung für die Kinder werden. Aber jeder „Alle Welt. Das Landkartenbuch“* von Aleksandra Mizielinska kauft wird sich danach wünschen, es selbst behalten zu können. Zumindest ging es mir so, nachdem ich es als Geschenk für ein Kind besorgt habe – und ich habe mir danach tatsächlich gleich noch ein zweites Exemplar gekauft; nur für mich alleine.

Eigentlich ist es nur ein Atlas. Aber was für ein Atlas! „Alle Welt“ ist genau die Art von Buch, über die Nobelpreisträger bei Interviews sprechen, wenn sie gefragt werden, was sie dazu gebracht hat, die Welt erforschen zu wollen! Der großformatige Band zeigt alle Kontinente und viele (aber nicht alle) Länder dieser Welt. Jedes Land bekommt seine eigene Doppelseite und hat man eine davon aufgeschlagen, weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll! Alle Länder sind wirklich liebevoll gezeichnet; man sieht natürlich die wichtigen geografischen Merkmale wie Grenzen, Städte, Flüsse und Berge und bekommt die wichtigsten Daten wie Einwohnerzahl, Hauptstadt, Sprachen, usw. Aber der ganze Rest der Seiten ist voll mit detailreichen Bildern und Zeichnungen die Sehenswürdigkeiten des Landes zeigen; Tiere und Pflanzen die dort leben; typische Lebensmittel oder Bodenschätze, und so weiter. Es ist wie ein Wimmelbuch – nur sehr viel unterhaltsamer, informativer und schöner!

Wer sich durch diesen Atlas blättert und dann keine Lust bekommt, die fremden Länder zu besuchen und zu erforschen, dem ist nicht mehr zu helfen! Dieses Buch sollte jedes Kind zu Weihnachten bekommen, egal wie alt. Wer noch nicht lesen kann, der hat bei all den vielen Bildern genug zu schauen. Und „Alle Welt“ ist auch kein Buch, dass man einmal liest und dann zur Seite liegt – man wird es immer und immer wieder aufschlagen wollen und es ist genau die Art von „Kinderbuch“, dass man als Jugendlicher und Erwachsener immer noch im Bücherregal behält. Schenkt es euren Kindern! Und macht damit auch euch selbst eine Freude… (das Buch gibt es übrigens auch als „Aktivtitätsblock“* und „Kalender“*)

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Das waren meine Empfehlungen für dieses Jahr. Aber natürlich bin ich auch an euren Lieblingsbüchern interessiert – was würdet ihr empfehlen? Man kann ja nie genug Bücher haben… Auch wenn das bei mir langsam erschreckende Ausmaße annimmt. Aber über all die Bücher, die ich dieses Jahr nicht lesen konnte, werde ich am Nachmittag noch einen eigenen Artikel veröffentlicht. *Affiliate-Links

8 Gedanken zu „Die Vereinigten Staaten von Österreich, eine wissenschaftliche Scheibenwelt und der beste Atlas aller Zeiten: Die Buchempfehlungen für Weihnachten“
  1. Juhuuuuuuuuuuuuu … Das Landkartenbuch habe ich meiner Tochter gleich mal bestellt; bei den Habsburgern bin i a bissal vorsichtig 😉 die mag ich nicht so, aber egal. Danke Florian … vorerst.

    Meine Tipps:
    – George Greenstein „Der gefrorene Stern“ und „Die zweite Sonne“ (keine Ahnung, ob die schon mal wer empfohlen hat).
    – Steven Gubser „Das kleine Buch der Stringtheorie“
    – Bernard Schutz „Gravity from the ground up“

  2. @Florian:
    Das habe ich Deiner Beschreibung schon entnommen; nur kommen beide von der Insel und Walton könnte ja durchaus von Pratchett inspiriert sein. Wenn es so wäre, finden sich in den Vor-/Nachworten und Widmungen sicherlich entsprechende Bezüge.

  3. @hasta la proxima

    Der gefrorene Stern ist aber schon älter, oder? Ich meine, dass ich das in den späten Achzigern gelesen hätte. Aber hat natürlich nichts von seiner Faszination verloren. Als ich die Erklärung für den Titel des Buches verstanden hatte, hats mir für einen Moment den Atem verschlagen. Ich kenne nur wenige populärwissenschaftliche Bücher, die so mitreißend geschrieben sind.

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