Sterne sind verdammt groß! Viel größer, als alles was wir uns normalerweise vorstellen können. Planeten sind ebenfalls groß, zumindest verglichen mit den Maßstäben, an die wir Menschen gewohnt sind. Vergleicht man sie mit einem Stern, sind sie aber ziemlich klein. Die Sonne hat dreihunderttausend mal mehr Masse als unsere Erde! Und selbst Jupiter, der größte Planet in unserem Sonnensystem, ist noch tausend Mal leichter als unser Stern. Es ist kein Wunder, dass die Sonne mitten im Sonnensystem sitzt und die Bewegung all der Planeten und anderen kleinen Himmelkörper dominiert. Sie ist die unumstrittene Herrscherin hier; ihre Gravitationskraft zwingt alle anderen Objekte auf Umlaufbahnen; der Einfluss ihrer Strahlung und ihres Magnetfelds reichen bis weit hinter die Bahn des äußersten Planeten. Und so gut wie nichts, was die kleinen Planeten machen, hat irgendeinen Einfluss auf die riesige Sonne. Aber das muss nicht so sein. Anderswo im Universum ist die Macht der Sterne nicht so absolut – der Planet WASP18b zum Beispiel hat den Stern, den er umkreist, auf beeindruckende Art und Weise verändert!

WASP-18b ist auf den ersten Blick ein ganz normaler extrasolarer Planet. Er umkreist den Stern WASP-18, der knapp 330 Lichtjahre von uns entfernt ist. Dieser Stern ist ein bisschen schwerer als unsere Sonne (1,24 Sonnemassen) und ein wenig größer (1,23 Sonnenradien) aber doch dafür deutlich jünger. WASP-18 ist zwischen 500 Millionen und 2 Milliarden Jahren alt (unsere Sonne dagegen schon 4,6 Milliarden Jahre). Der Planet gehört zu den sogenannten „heißen Jupitern“; ist also ein großer Gasriese, der seinen Stern auf einer sehr nahen Umlaufbahn umkreist. Der 2009 entdeckte Himmelskörper ist 10 Mal schwerer als Jupiter und von seinem Stern nur 0,02 Astronomische Einheiten entfernt. Das sind nur 3 Millionen Kilometer und das ist wirklich wenig. Unser sonnennächster Planet, der Merkur, ist immerhin noch 60 Millionen Kilometer weit weg. Merkur braucht 88 Tage für einen Umlauf um die Sonne; WASP-18b schafft das bei seinem Stern in knapp 23 Stunden!

Aber solche sternnahen Riesenplaneten sind an sich keine Überraschung. Schon der erste Exoplanet, den man im Jahr 1995 entdeckt hatte, war ein „heißer Jupiter“ und seit dem hat man noch viele andere gefunden. Interessant ist allerdings, wie WASP-18b mit seinem Stern in Wechselwirkung steht. Junge Sterne wie WASP-18 sind meistens noch ziemlich aktiv. Sie rotieren schneller als ältere Sterne und das heizt ihren inneren Motor ordentlich an. Sie haben im Allgemeinen starke Magnetfelder; viel Sternaktivität und geben dabei auch viel Röntgenstrahlung ins All ab. Als aber ein paar Astronomen das Weltraum-Röntgenteleskop Chandra auf den Stern gerichtet haben, sahen sie das hier:

Bild: X-ray: NASA/CXC/SAO/I.Pillitteri et al; Optical: DSS)
Bild: X-ray: NASA/CXC/SAO/I.Pillitteri et al; Optical: DSS)

Links im Bild sieht man eine Katalogaufnahme, die im normalen Licht gemacht wurde und der Stern ist in der Bildmitte mehr als deutlich zu erkennen. Rechts ist die gleiche Region im Raum im Röntgenlicht fotografiert worden. Man sieht ein paar der Hintergrundsterne – aber WASP-18 ist nicht da. Er ist zwischenzeitlich natürlich nicht verschwunden – aber offensichtlich leuchtet er im Röntgenlicht nicht beziehungsweise nur so schwach, dass es sich nicht detektieren lässt.

Ignazio Pillitteri von der Universität in Palermo und seine Kollegen haben sich über dieses seltsame Verhalten Gedanken gemacht („No X-rays from WASP-18. Implications for its age, activity, and the influence of its massive hot Jupiter“ und sich überlegt, wieso dieser junge Stern im Gegensatz zu seinen Kollegen im Röntgenlicht so dunkel ist. Das ist eine durchaus relevante Frage, denn wenn Sterne so etwas öfter machen, könnte das unsere Methode der Altersbestimmung durcheinander bringen.

Das Alter eines Sterns herauszufinden ist ziemlich knifflig. Es geht ganz gut, wenn man einen ganzen Haufen Sterne auf einmal betrachten kann, aber bei einzelnen Sternen wie WASP-18 muss man es indirekt angehen und verschiedene Indikatoren verwenden. Zum Beispiel eben die Röntgenstrahlung, die ja mit zunehmendem Alter abnimmt. Würde man jetzt nur die Röntgenstrahlung betrachten, würde WASP-18 aber viel älter aussehen, als er eigentlich ist. Es ist also wichtig zu verstehen, was hier los ist und es war schnell klar, dass es der Planet sein muss, der hier eine Rolle spielt.

WASP-18b ist so schwer und so nah an seinem Stern, dass er nicht nur starke Gezeitenkräfte zu spüren bekommt, sondern selbst auch Gezeitenkräfte auf den Stern ausübt! Während er WASP-18 in einem irren Tempo umkreist sorgt seine Gravitationskraft dafür, dass das Plasma des Sterns ordentlich durchgewirbelt wird. Das stört aber die Konvektion im Inneren des Sterns. Konvektion ist einer der Mechanismen, über den ein Stern Energie transportieren kann: Heißes Material aus dem Inneren steigt nach oben und kaltes von außen sinkt wieder zurück. Verschiedene Arten von Sternen haben verschieden dicke Konvektionszonen und diese Bewegung des elektrisch geladenen Plasmas ist auch für die Aktivität und die Magnetfelder verantwortlich.

Künstlerische Darstellung von WASP-18 und seinem Planeten (Bild: NASA/CXC/M.Weiss))
Künstlerische Darstellung von WASP-18 und seinem Planeten (Bild: NASA/CXC/M.Weiss))

Der nahe Planet von WASP-18 bringt die Konvektionsströme im Inneren des Sterns durcheinander und schwächt so seine Aktivität und auch die Menge an abgestrahlter Röntgenstrahlung. Und erklärt auch noch gleich eine weiter Anomalie: WASP-18 hat viel mehr Lithium, als man erwartet hatte. Das chemische Element Lithium wird normalerweise durch die Konvektionsströme von den äußeren Schichten die wir beobachten können in den Kern des Sterns transportiert, wo es durch die Kernfusion die dort stattfindet, zerstört wird. Je älter ein Stern, desto weniger Lithium findet man also. Wenn aber die Konvektion so wie bei WASP-18 gestört wird, dann wird auch weniger Lithium in den Kern transportiert und vernichtet.

Man darf sich bei der Altersbestimmung also nicht immer auf die üblichen Indikatoren verlassen, sondern muss – so wie die Astronomen in diesem Fall – auch verschiedene Modelle zur Sternentwicklung bemühen, um einen vernünftigen Eindruck zu bekommen.

Der Fall von WASP-18 zeigt wieder einmal mehr als deutlich, dass unser Sonnensystem nur ein kleiner Bereich eines viel größeren Weltalls ist, in dem Dinge passieren, die bei uns nicht passieren. Dinge, von denen wir keine Ahnung hatten, bis wir fähig waren weit und genau genug in dieses fremde Universum hinaus zu blicken. Und ich bin mir sicher, dass wir noch viele weitere solcher Überraschungen erleben werden. Es gibt da draußen noch jede Menge zu entdecken!

17 Gedanken zu „WASP-18: Wie ein Planet seinen Stern älter machen kann, als er ist“
  1. “ Je älter ein Stern, desto weniger Lithium findet man also.“ schreibst Du und zwei Sätze später „Und wieder erscheint der Stern älter, als er es eigentlich ist!“.

    Sollte das in diesem Fall nicht genau andersrum sein? WASP-18 hat ja noch mehr Lithium als eigentlich da sein sollte.

    1. @Thomas, @Salzkorn: Ja, das hat nicht gepasst – vielen Dank. Der Satz mit dem Alter stammte noch aus einer anderen Version des Artikels und ich hab vergessen, ihn zu löschen. (da war früher noch ein Absatz mehr dazwischen…)

  2. Sehr interessant!!! Eines verstehe ich aber nicht: du schreibst, dass ältere Sterne weniger Lithium haben, weil es durch die Konvektion in den Kern transportiert und dort vernichtet wurde.

    Wenn aber nun wie in dem Artikel oben beschrieben durch starke Konvektion weniger Lithium in den Kern transportiert und vernichtet wird, dann hat dieser Sternen doch mehr Lithium. dieses kann dann von uns detektiert werden und lässt ihn doch dann jünger erscheinen. Oder mache ich jetzt einen Denkfehler?

  3. Wenn die Konvektionsströme gestört sind, dann müsste der Stern doch in seinem Innern auch viel heißer sein, als ein „ungestörter“ Stern, oder? Beschleunigt das nicht die Fusion?

  4. @schlappohr

    Die Energieerzeugung findet nur im Kern des Sterns statt. Die Fusionsrate hängt dabei im wesentlichen vom Druck ab (und dem Gemisch im Kern). Der Druck ändert sich durch die Konvektion nicht, die, wie whereatheist schon sagt, bei dieser Art von Sternen auch nicht bis zum Kern reicht, das Gasgemisch dort also nicht beeinflusst.

    Die Konvektion kann allenfalls den Wärmetransport nach außen beschleunigen, aber am Ende muss den Stern pro Zeiteinheit genau die Energie verlassen, die er in seinem Kern erzeugt. Möglicherweise bläht ein höherer Wärmefluss den Stern ein wenig auf, so dass er mehr Oberfläche hat; das würde ihn dann außen etwas kühler werden lassen, weil die gleiche Wärememenge von einer größeren Fläche abgestrahlt würde..

  5. wie wird das lithium denn zerstört? ich hab schon ein bisschen gegooglet, jedoch keinen hinweis auf die reaktion gefunden. selbst wikipedia sagt nur, dass es „zerstört“ wird, aber das ist bei elementen doch eigentlich nicht so ohne weiteres möglich..?

    1. @Böhsling: „aber das ist bei elementen doch eigentlich nicht so ohne weiteres möglich..?“

      Im Inneren von Sternen schon. Da wird zB ständig Wasserstoff zerstört (und in Helium umgewandelt). Und auch das Lithium kann sich an Kernfusionsreaktionen beteiligen.

  6. Die „künstlerische Darstellung“ ist aber auch nicht massstabsgetreu, oder? 🙂

    Drei Millionen Kilometer Abstand wäre ja mehr als doppelter Sonnendurchmesser.
    Die Größe könnte bei 10xJupitermasse schon eher hinkommen…

  7. Gibt es eigentlich schon Ideen dazu, wie so ein grosser Gasplanet so knapp neben dem Stern entstehen kann? Müsste der Stern nicht die Gashülle des Planete „wegblasen“? Auf jeden Fall spannend, was da abgeht.

  8. @Darth Ewok

    Ein Gasplanet kann nicht so nahe neben seinem Stern entstehen, da er aus flüchtigen Stoffen besteht, die sich nur in der Kälte zu einem Planeten zusammenfügen konnten. Er ist von weiter außen dort hin gewandert, während er die kleineren verbliebenen Objekte der Entstehung des Planetensystems abgeräumt hat.

  9. Eigentlich macht der Planet seinen Heimatstern nicht wirklich älter. Er lässt ihn nur so aussehen. Eine bessere Überschrift wäre dann gewesen: „Wenn ein Planet seinen Heimatstern alt aussehen lässt“, oder?

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