Anfang August habe ich vom Rendezvous der Raumsonde Rosetta mit ihrem Kometen berichtet und die ersten tollen Bilder gezeigt. Danach war ich zwei Wochen unterwegs und es wird langsam mal Zeit zu schauen, was sich in der Zwischenzeit im Weltall getan hat. Und das war jede Menge!

Das GAIDA-Experiment der Raumsonde hat zum Beispiel schon die ersten Staubkörner des Kometen analysiert. Untersuchungen dieser Art sind ja einer der Gründe, warum man den langen Weg zu 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (Ja, der Komet hat immer noch den gleichen, langen Namen wie zuvor…) auf sich genommen hat. Man wollte ihn weit draußen im All erreichen, bevor er in Sonnennähe dann wärmer wird und eine Hülle aus Gas und Staub entwickelt. Bei der Bildung dieser Koma will man live dabei sein und zusehen, wie und was da genau passiert. Das GAIDA-Instrument hat einen „Impact Sensor“; kann also registrieren, wenn kleinste Staubteilchen auf die Raumsonde treffen und genau solche Messungen hat man Anfang August gemacht. Aus der Wucht des Aufpralls können die Instrumente auch die Größe der Teilchen berechnen, die im Mikrometerbereich liegt.

Mehr wird man erfahren, wenn man sich dem Kometen weiter genähert hat. Rosetta ist ja noch nicht in ihrem endgültigen Orbit um den Kometen angekommen. Man nähert sich vorsichtig und bestimmt dabei erst Mal die genaue Masse des Himmelskörpers. Die hat man aus den ersten Daten auf knapp 10 Billionen Kilogramm berechnet, will es aber natürlich genauer wissen. Das geht zum Beispiel aus einer Auswertung der Flugdaten von Rosetta: In den letzten Wochen hat sich die Sonde dem Kometen genähert und ist dabei (aus Sicht des Kometen) in einer „dreieckigen“ Bahn vor ihm her geflogen. Das heißt, dass man die Flugrichtung immer wieder geändert und dabei darauf geachtet hat, ob die Sonde genau das macht, was sie machen soll. Aus den kleinen Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der vorherberechneten Bahn lässt sich dann der gravitative Einfluss des Kometen und damit seine Masse bestimmen.

Momentan befindet sich Rosetta noch knapp 70 Kilometer vom Kometen entfernt (hat sich ihm aber zwischenzeitlich schon auf knapp 50 Kilometer genähert). Von heute an wird man wieder näher an den Kometen heranfliegen, bis man etwa 30 Kilometer Abstand erreicht hat.

Und je näher Rosetta dem Kometen kommt, desto besser werden natürlich auch die Bilder! Hier ist ein Mosaik aus Bildern der Navigationskamera, die am 31. August 2014 gemacht worden sind:

Bild: ESA/Rosetta/NAVCAM
Bild: ESA/Rosetta/NAVCAM

Mit den neuen Bildern kann man nun auch den nächsten großen Schritt der Mission planen. Denn im November soll ja die Landeeinheit Philae direkt auf dem Kometen aufsetzen. Dazu muss man aber erst den richtigen Platz auswählen und das ist knifflig bei einem so unregelmäßigen Himmelskörper. Man hat die Möglichkeiten momentan auf 5 Stellen eingegrenzt:

Bild: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Bild: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Die Sache wird auch dadurch kompliziert, dass Philae nicht wie in einem Computerspiel mit dem Joystick auf die Oberfläche des Kometen gesteuert werden kann. Man kann dem Lander im wesentlichen nur sagen, dass er jetzt landen soll; der Rest geht automatisch. Das Landegebiet lässt sich nur auf einen elliptischen Bereich mit einer Fläche von etwa einem Quadratkilometer eingrenzen. Und da sollten dann nach Möglichkeit keine riesigen Felsen herum liegen, die die Landung behindern. Es sollte auch eine Gegend sein, in der Philae regelmäßigen Funkkontakt mit Rosetta haben kann und wo es ausreichend hell ist, damit die Instrumente Energie für ihre Arbeit haben. Wenn Philae also in einer tiefen, dunklen Spalte oder unter einem Felsüberhang landen sollte, wäre das nicht so optimal. Und dann will man natürlich auch irgendwo landen, wo es etwas zu entdecken gibt!

Auf die fünf ausgewählten Plätze treffen diese Kriterien zu. Bei Landestelle „A“ sitzt man auf dem großen Teil des Kometen, hat aber noch einen guten Blick auf den kleineren Teil und vor allem den Bereich dazwischen. Dort erwartet man sich jede Menge Action, wenn der Komet langsam wärmer wird. Denn vermutlich hängen die beiden Hälften nur lose zusammen und wenn sich der Komet erwärmt, könnte dort sehr viel Gas austreten und genau das will man beobachten. Landestelle „B“ liegt auf dem kleineren Teil des Kometen in einer kraterartigen Struktur, die recht flach und gut für eine Landung geeignet erscheint. Aber ob das wirklich so ist, werden erst weitere Bilder zeigen. Landestelle „C“ ist schön hell beleuchtet und würde genug Energie für Philae liefern. Außerdem ist die Oberfläche dort sehr vielfältig, was eine Untersuchung sehr interessant macht. Aber gerade diese Vielfalt könnte auch Probleme bei einer sicheren Landung schaffen. Landeseite „I“ (Fragt nicht, warum man nicht einfach mit „D“ weiter gemacht hat. Astronomen sind halt so…) liegt in einer Gegend, in der das Oberflächenmaterial noch relativ frisch zu sein scheint; wäre also ideal für die geologischen Untersuchungen von Philae. Und bei Landestelle „J“ gibt es wieder eine große Vielfalt an Geländestrukturen.

Man wird jetzt noch weiter Aufnahmen machen, sich die Landestellen genau ansehen und Mitte Oktober dann auswählen, wo man Philae tatsächlich hin schicken möchte. Es wird auf jeden Fall weiter spannend bleiben! Rosetta ist zwar schon seit über 10 Jahren unterwegs und hat in den letzten Monaten für sehr viel Medienspektakel gesorgt. Aber genaugenommen hat die wissenschaftliche Mission ja immer noch nicht richtig begonnen! Die wirklich coolen Ereignissen stehen uns noch bevor!

24 Gedanken zu „Neues von Rosetta: Wo wird man landen?“
    1. @WolfInSheepskin: „Das einzige das mich mehr interessiert wie dieser langweilige Komet ist Gras beim wachsen zu zuschauen.“

      Na immerhin interessiert er dich so sehr, dass du dich veranlasst gefühlt hast, dein angebliches Desinteresse hier extra nochmal öffentlich bekannt zu geben. Wenn mich Dinge nicht interessieren, dann ignoriere ich sie schlicht und einfach…

  1. Kleine Frage am Rande:

    Sämtliche Bilder die ich sehe sind alle nur Grauschattiert. Gibt es da oben nichts mit Farbe oder sind die Bilder schwarz weiß, um die Datenmenge zu reduzieren, die an die Erde gefunkt wird?

  2. @jochen

    Das sind ja fast immer NAVCAM-Bilder, und die Navigationskamera wird kaum eine Farbkamera sein bzw. mit verschiedenfarbigen Filtern ausgestattet sein. Schwarzweiß-Kameras haben immer die bessere Auflösung und höhere Lichtempfindlichkeit, weil alle Pixel das ganze Nutzspektrum sehen.

    Die OSIRIS-Kamera, mit der die wissenschaftlichen Aufnahmen gemacht werden, ist deswegen auch eine Schwarzweiß-Kamera, die jedoch zahlreiche Farbfilter für alle möglichen interessanten Wellenlängen hat. Aus je drei solcher Aufnahmen durch verschiedene Filter könnte man Echt- oder Falschfarbenbilder machen, aber einerseits hält man die OSIRIS-Bilder zum Schutz der wissenschaftlichen Arbeit zurück und andererseits dürfte das Erstellen von Echtfarbenbildern gegenüber den Auswertungen in bestimmten Spektralbereichen untergeordnete Bedeutung haben. Der Komet dürfte in Farbe auch nicht besonders bunt sein (der Mond oder Asteroiden sind es ja beispielsweise auch nicht).

    Ich denke aber, irgendwann wird das eine oder andere Farbbild nachgeliefert werden. Nach einem halben Jahr werden ja alle Bilder veröffentlicht, und was die ESA nicht an Farbaufnahmen zeigt, werden engagierte Amateure nachliefern (ich erinnere mich an ein Amateur-Titan-Panorama von Huygens, das besser als die entsprechende Version der ESA war).

  3. Ich denke, dass könnte die Begründung sein, warum nach dem Buchstaben „C“ mit dem „I“ weiter geht.

    https://www.mpg.de/8377309/Auf-der-Suche-nach-dem-Landeplatz

    Fünf auf einen Blick: Diese Gebiete auf dem Kometen 67P kommen als Landestellen in Frage. Sie blieben von einer Vorauswahl aus zehn Landestellen übrig und sind mit den Buchstaben A, B, C, I und J bezeichnet, was jedoch keine Rangfolge bedeutet. Die Bilder wurden mit dem wissenschaftlichen Kamerasystems OSIRIS am 16. August 2014 aus einer Entfernung von etwa 100 Kilometern aufgenommen.
    [weniger]

    © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/

  4. Hält es eigentlich jemand bei Mission Control für möglich,daß der Komet bei Annäherung an die Sonne auseinanderfällt? Die „Nahtstelle“ zwischen den beiden Teilen des Kometen sieht ja nicht nur für mich so aus, als sei dort hauptsächlich eine Menge Staub gravitativ gefangen (siehe „ungewöhnlich glatte Oberfläche“).
    Okay, das wird nicht seine erste Reise ins Innere System sein, aber bisweilen steckt der Deibel ja bekanntlich in se Detail.

    1. @Bullet: „Hält es eigentlich jemand bei Mission Control für möglich,daß der Komet bei Annäherung an die Sonne auseinanderfällt? „

      Möglich ist viel; auch das. Genau deswegen fliegt man ja hin: Um zu sehen, was passiert 😉

  5. Eine Frage: ab welcher Entfernung (ungefähr) zur Sonne beginnt der Komet seinen Schweif zu bilden? Ist dieser Vorgang bei allen Kometen gleich, oder hängt es eventuell auch mit der Größe, Masse usw. zusammen?

  6. Bei Landestelle “A” sitzt man auf dem großen Teil des Kometen, hat aber noch einen guten Blick auf den kleineren Teil und vor allem den Bereich dazwischen.
    In der technischen Beschreibung der Philae-Sonde habe ich gelesen dass die Philae-Kamera nur nach unten schauen kann. Damals hat man wohl nicht an so eine unregelmäßige Form des Kometen gedacht. Dann wäre auch bei einer Landung auf der Landestelle „A“ kein Blick auf den kleineren Kometenteil möglich.

    https://nssdc.gsfc.nasa.gov/nmc/experimentDisplay.do?…PHILAE%20%20%20-02
    ROLIS is located on the balcony of the Philae lander oriented in a downward-looking direction.

  7. @Florian Freistetter:
    Wo kämen wir hin wenn jeder einfach ignorieren würde was ihm nicht gefällt? Dann wären wir glaub ich noch in der Steinzeit.

    1. @Wolf: „Wo kämen wir hin wenn jeder einfach ignorieren würde was ihm nicht gefällt? Dann wären wir glaub ich noch in der Steinzeit.“

      Ok. Also müssen wir jetzt gegen Rosetta demonstrieren, um den Fortschritt nicht zu gefährden? Am besten ist es, du gehst woanders trollen. Kannst ja eine Online-Petition gegen Kometenforschung starten…

    1. @WolfInSheepskin: Nur kann man halt darüber streiten, wie wichtig oder wertvoll eine „Meinung“ der Form „Rosetta ist doof!“ ist, wenn sie nicht zumindest irgendwie begründet wird…

  8. @Wolf

    Man soll auch seine Meinung äussern wenn einem etwas nicht gefällt oder man etwas scheisse findet.

    Bitte sehr, gern geschehen: Mir gefallen deine Postings nicht und ich finde sie durchwegs scheiße!

    1. Nicht rumstreiten jetzt. Dafür ist das Thema zu schade. Ich sag dazu auch nichts mehr. Was einen nicht interessiert, soll man eben ignorieren…

  9. WIe misst man eigentlich die tatsächliche Bahn eines Raumfahrzeuges? Schon die Abstandsmessung stelle ich mir nicht so leicht vor (Rosetta wird wohl keine Atomuhr an Bord haben) und die Winkelabweichungen noch schwieriger. Kann man das über einfaches Beobachten so genau feststellen oder trianguliert man das Signal auf der Erde?

  10. @Phero

    Ich tippe auf Messungen des Dopplershifts des Funksignals (so ermittelt man z.B. die Masse von Planeten, an denen Raumsonden vorbeifliegen) und möglicherweise Bedeckungen (wenn die Sonde hinter dem Objekt verschwindet und der Funk abreisst). Damit kann man sehr genau die Beschleunigung und Position bestimmen.

  11. Warum sieht man da keine Gasfontänen auf den Bildern ?
    Ist der Komet noch nicht nahe genug an der Sonne, oder ist die Kamera nicht nahe genug am Kometen um das Ausgasen zu sehen ?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.