Zeitkapseln sind irgendwie faszinierend. Da hinterlegen Menschen in der Vergangenheit Informationen, Alltagsgegenstände oder andere interessante Dinge, damit wir sie dann in der Gegenwart betrachten und uns über damals wundern können. Oder anders herum: Wir in der Gegenwart probieren, ein Bild unserer Zeit in die Zukunft zu transportieren. Ich weiß noch gut, wie ich als Kind im Garten meiner Großeltern kleine Streichholzschachteln mit Botschaften und Krimskrams vergraben habe, um sie dann beim Besuch im nächsten Jahr wieder ausgraben zu können (ich hab die Dinger so gut wie nie wieder gefunden…). Hier auf der Erde sind Zeitkapseln vergleichsweise häufig. Bei Grundsteinlegungen zum Beispiel werden immer wieder Behältnisse mit zeitgenössischen Informationen eingemauert. Im Weltall sieht die Sache anders aus (obwohl ja eigentlich jeder Blick ins Universum ein Blick in die Vergangenheit und der Weltraum damit eine einzige Zeitkapsel ist). Die NASA plant aber nun im Rahmen einer ihrer Missionen eine Zeitkapsel anzulegen.
Es geht dabei um OSIRIS-REx. Dieses ambitionierte Akronym steht für „Origins Spectral Interpretation Resource Identification Security – Regolith Explorer“. Tatsächlich handelt es sich um eine Raumsonde, die zu einem Asteroiden fliegen soll. Dort werden Proben gesammelt und dann zurück zur Erde gebracht. Das ist eine ziemlich coole Sache, denn wie wichtig die Erforschung der Asteroiden ist, habe ich ja früher schon ausführlich erklärt.
Nur die Asteroiden (und Kometen) sind in der Lage, uns Informationen über das Baumaterial zu liefern, aus dem unser Sonnensystem entstanden ist und nur wenn wir zu ihnen hinfliegen, können wir es in seiner ursprünglichen Form untersuchen. Und abgesehen davon ist es generell keine schlechte Idee uns mehr mit Asteroiden zu beschäftigen, wenn wir auch in Zukunft vernünftige Raumfahrt betreiben wollen.
Die Reise von OSIRIS-REx soll zum Asteroid Bennu führen. Der kleine Felsbrocken ist knapp 247 Meter groß und nicht allzu weit entfernt. Er gehört zur Gruppe der erdnahen Asteroiden und wie der Name schon sagt, halten die sich immer in der Nähe der Erde auf. Im Gegensatz zu Rosettas Kometenmission steht OSIRIS-REx also keine jahrzehntelange Reise bevor. Laut Plan will man im September 2016 starten und den Asteroiden 2019 erreichen. Nach der Forschung vor Ort und dem Einsammeln der Bodenproben will man 2023 wieder zurück auf der Erde sein und knapp 60 Gramm Asteroidengestein mitbringen. Die Sonde ist also nur etwa 7 Jahre unterwegs – ein bisschen wenig für eine Zeitkapsel. Aber das Projekt der NASA ist auch keine klassische Zeitkapsel.
Natürlich ist die Geschichte mit der Zeitkapsel und dem Asteroiden vor allem erst mal eine PR-Aktion. Aber das ist ja nicht verwerflich und je mehr Leute auf so faszinierende Missionen wie OSIRIS-REx aufmerksam werden, desto besser. Die von der NASA geplante Zeitkapsel soll mit der Raumsonde zum Asteroiden fliegen und dann wieder zurück zur Erde. In dieser kurzen Zeit wird sich unsere Welt (vermutlich) nicht so sehr ändern und es macht keinen großen Sinn, irgendwelche Alltagsgegenstände einzupacken, über die wir uns dann wundern, wenn wir sie ein paar Jahre später wieder auspacken. Es geht um etwas ganz anderes: Die Öffentlichkeit ist aufgefordert, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir jetzt im Jahr 2014 das Sonnensystem erforschen und wie wir das im Jahr 2023 tun werden, wenn die Sonde zurück kommt. Was werden wir bis dahin alles Neues gelernt haben? Welche Himmelskörper werden wir besucht haben? Welche großen Entdeckungen werden wir in den nächsten Jahren machen? Die entsprechenden Ideen kann man per Twitter oder Instagram abschicken (mit dem Hashtag #AsteroidMission) und die besten 50 werden für die Zeitkapsel ausgewählt.
Wir haben also die Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen. Und im Jahr 2023 werden wir dann feststellen, was unsere Vorhersagen Wert waren. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Noch mehr aber auf die eigentliche OSIRIS-REx-Mission! Ich bin begeistert darüber, wie sehr sich die Raumfahrtbemühungen mittlerweile den Kleinkörpern zugewandt haben. Zuerst Rosetta, im Dezember dann der Start der japanischen Mission Hayabusa-2, die ebenfalls Material von einem Asteroiden zur Erde zurück bringen will; das geplante Projekt der NASA einen Asteroiden einzufangen: Es ist schön zu sehen, dass die Kleinkörper die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen! Asteroiden sind wichtig – wenn wir eine Zukunft haben wollen, dann müssen wir uns mit ihnen beschäftigen! (Und wer jetzt fragt: „Warum?“, der muss noch ein bisschen auf eine ausführliche Antwort warten…)
Von Hayabusa 2 gibt’s gerade ein paar Bilder bei Emily Lakdawalla und man findet dort auch ein sehr schönes Video darüber, was die Sonde beim Asteroiden 1999 JU3 alles anstellen soll.
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=2-NN2yHN9HY