Gestern habe ich über die beeindruckende Entdeckung des doppelten Kerns von Rosettas Komet geschrieben. Es waren tolle Bilder, die während der Annäherung an den Kometen gemacht wurden und zeigen, dass er aus zwei großen Komponenten besteht und kein einzelner Brocken ist. Es waren allerdings auch Bilder, die ihr gar nicht sehen hättet sollen. Sie waren anscheinend aus Versehen von der französischen Raumfahrtagentur CNES publiziert worden. Schon kurz nach dem sie online waren, sind sie wieder verschwunden. Da aber waren sie schon über alle Medien verbreitet. Nun fordern Raumfahrt-Fans in einem offenen Brief, dass die ESA Daten der Raumsonde Rosetta in Echtzeit freigeben soll. Aber: Ist das wirklich eine gute Idee?
Im Brief wird verlangt:
„Wir fordern, dass auch nach der Ankunft niedrig aufgelöste Bilder ohne hohen wissenschaftlichen Wert in Echtzeit veröffentlicht werden, ähnlich der Webcam von Mars Express. Wir fordern, dass nicht die Konkurrenz zwischen einzelnen Kameras an Bord Rosettas (OSIRIS und NavCam) dazu führen, dass Bilder zurückgehalten werden, wie kürzlich von ESA-Missionsmanager Fred Jansen zugegeben.“
Das klingt ja eigentlich ganz vernünftig. Immerhin wird die Raumsonde Rosetta ja auch aus den Mitgliedsbeiträgen der ESA-Länder, also aus Steuergeldern, finanziert. Und da sollten die Steuerzahler dann auch sehen können, was mit ihrem Geld gemacht wird. Aber leider ist die Sache nicht so einfach. Die Europäische Raumfahrtagentur hat auf den offenen Brief reagiert und geantwortet:
„Data from the Hubble Space Telescope, the Chandra X-Ray observatory, the MESSENGER mission to Mercury, or for that matter, some NASA Mars orbiters, are all subject to a so-called „proprietary period“, as are the data from ESA’s Mars Express, XMM-Newton, and Rosetta, for example.
The aim of a proprietary period is to ensure that the academic teams who spent decades developing and running the sophisticated scientific instruments on-board the spacecraft are able to calibrate and verify the data, as well as reap the rewards of their efforts: their scientific careers depend on it. Otherwise, it would be very hard to engage people in this long and difficult process. Similarly, it’s reasonable that those who won observing time, typically against stiff competition with over-subscription factors of three to ten, have the first chance to exploit the data.“
Ich neige dazu, der ESA zuzustimmen. Es geht ja nicht darum, der Öffentlichkeit irgendetwas vorzuenthalten. Sondern nur darum, die Wissenschaftler zuerst ihre Arbeit machen zu lassen.
Ich habe mich in der Vergangenheit immer wieder für Open Access eingesetzt, also dafür, dass wissenschaftliche Forschungsartikel für alle Menschen frei verfügbar sein sollen. Ich habe vor einiger Zeit beschlossen hier im Blog nur mehr über freie Forschungsergebnisse zu schreiben. Und regelmäßig die Praxis vieler Pressestellen kritisiert, Pressemitteilungen zu veröffentliche ohne dabei auch den Volltext der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Arbeit zu inkludieren. Da mag es vielleicht seltsam erscheinen, wenn ich nun der ESA bei ihrer Entscheidung zustimme, ihre Daten nicht in Echtzeit zu veröffentlichen. Aber es geht hier um zwei ganz unterschiedliche Sachen.
Die ESA veröffentlicht die Daten und Bilder ja. Nur eben nicht sofort. Und das mit gutem Grund: Es ist viel Arbeit nötig, um die wissenschaftlichen Instrumente zu planen und zu bauen die auf Raumsonden ins All fliegen und viele Wissenschaftler müssen viel Zeit und Geld investieren. Sie tun das, weil sie am Ende mit Daten belohnt werden, die sie für ihre Forschung nutzen können. Damit sie das tun können, müssen sie aber auch die Gelegenheit erhalten, in Ruhe mit diesen Daten arbeiten zu können. Würden sie sofort und in Echtzeit veröffentlicht werden, dann könnte jeder damit arbeiten. Warum soll sich dann noch jemand die Arbeit machen, komplizierte Instrumente zu entwerfen und zu bauen, wenn man doch auch einfach warten kann, bis andere das tun. Die Daten sind dann ja sowieso sofort für alle verfügbar…
Eine andere Sache wäre es, wenn die Daten überhaupt nicht veröffentlicht würden. Das wäre zu Recht zu kritisieren. Aber das ist nicht der Fall. Es gibt nur eine gewisse Periode, in der außer den Projekt-Mitarbeitern niemand auf die Daten zugreifen darf. Danach werden sie dem Rest der Welt zur Verfügung gestellt und wer damit arbeiten möchte, kann das tun. Es ist auch schwierig, nur die Veröffentlichung von Daten „ohne hohen wissenschaftlichen Wert“ zu fordern, wie das im offenen Brief getan wurde. Wer kann schon spontan entscheiden, wo der wissenschaftliche Wert liegt? Dazu braucht es erst einmal Zeit, die Daten zu analysieren und die muss man den Wissenschaftlern zugestehen.
Ich verstehe vollkommen den Wunsch, möglichst schnell und möglichst umfassend über die Ergebnisse von faszinierenden Missionen wie Rosetta informiert zu werden! Ich verstehe, dass Wissenschaftsjournalisten so schnell wie möglich Zugriff auf die Daten haben wollen und Raumfahrt-Fans so schnell wie möglich tolle Bilder sehen wollen. Ich selbst bin genau so begeistert von dem, was die Raumsonde macht und genau so gespannt auf das was sie entdecken wird, wie alle anderen. Aber bei all der Faszination dürfen wir nicht vergessen, dass diese Daten eben nicht nur für die Faszination der Öffentlichkeit gesammelt werden, sondern um Wissenschaft zu betreiben. Und wenn man den Astronomen die Möglichkeit nimmt, von ihren eigenen Investitionen wissenschaftlich zu profitieren, werden sie irgendwann auch nichts mehr investieren. Welche Doktorandin setzt sich monate- oder jahrelang an den Schreibtisch um ein komplexes Programm zur Datenauswertung und Bildbearbeitung für eines der Rosetta-Instrumente zu schreiben, wenn sie danach damit rechnen muss, dass die Daten sofort öffentlich gemacht werden? Wenn dann eine andere Arbeitsgruppe damit die wissenschaftlichen Ergebnisse produziert, mit der sie eigentlich ihre Doktorarbeit abschließen wollte?
Es kann ja auch niemand einfach so in ein Labor auf der Erde spazieren und den Leuten dort in „Echtzeit“ bei der Arbeit und Datenproduktion über die Schulter schauen. Es wäre absurd, wenn Mitglieder der einen Arbeitsgruppe einfach in die Büros der anderen Arbeitsgruppe kommen dürften um sich dort deren aktuelle Messergebnisse zu besorgen und für die eigene wissenschaftliche Arbeit zu verwenden (ich habe über dieses Problem schon früher geschrieben). Natürlich sollte am Ende maximal mögliche Transparenz stehen. Ergebnisse und Daten müssen publiziert werden; Methoden müssen veröffentlicht oder zumindest ausreichend erklärt werden. Und die Veröffentlichungen sollen gefälligst für alle frei zugänglich und nicht nur in kostenpflichtigen Zeitschriften verfügbar sein! Aber es gibt meiner Meinung nach keinen Grund, warum wissenschaftliche Daten SOFORT und in ECHTZEIT veröffentlicht werden müssen.
Es wäre schön, wenn wir dauerhaft Live-Bilder von Rosetta sehen könnten. Bei manchen Missionen wie zum Beispiel dem Sonnenobservatorium SOHO ist das sogar möglich. Aber es geht eben nicht immer. Und gerade bei Rosetta gibt sich die ESA ja auch besonders viel Mühe was die Öffentlichkeitsarbeit angeht (siehe zum Beispiel die Aktion „Wake Up, Rosetta“ oder die aktuelle Aktion „Are we there yet?“). Man kann bei der Kommunikation mit der Öffentlichkeitsarbeit immer etwas kritisieren; die Zusammenarbeit der vielen europäischen Länder und Teams funktioniert nicht immer so, wie sie funktionieren sollte. Aber dass die Wissenschaftler zuerst ihre Daten analysieren wollen, bevor sie publiziert werden, ist meiner Meinung nach normal, verständlich und auch gut so.
Die Rosetta-Mission gehört zu den faszinierendsten Weltraumprojekten der letzten Jahrzehnte. Wir alle sind zu Recht begeistert von den tollen Bildern, die uns die Raumsonde liefert und wir werden noch viel begeisterter sein, wenn Rosetta am 6. August in eine Umlaufbahn um den Kometen schwenkt oder im November die Landeeinheit Philae dort absetzt. Und wir werden bei diesen spektakulären Ereignissen auch live zusehen können. Dass wir in der Zwischenzeit nicht alle von der Sonde aufgenommenen Bilder sofort sehen können, sondern den Wissenschaftlern den ersten Blick auf ihre Daten überlassen, sollte kein großer Skandal sein. Die Bilder werden ja veröffentlicht. Im Rosetta-Blog, auf Rosettas Twitter-Account, bei Facebook oder YouTube erhalten wir ständig Neuigkeiten über die Aktivitäten der ESA (und viele Forschungseinrichtungen könnten sich an diesem Engagement in Sachen Öffentlichkeitsarbeit ein Beispiel nehmen!). Man kann der Europäischen Weltraumagentur nicht vorwerfen, dass sie die an Raumfahrt und Wissenschaft interessierten Menschen vernachlässigt. Man darf ihr aber auch nicht vorwerfen, dass sie es ihren Wissenschaftlern ermöglicht, ihre wissenschaftliche Arbeit zu erledigen. Denn ohne sie würden wir überhaupt nichts zu sehen bekommen…
Nachtrag: Ludmila Carone, die selbst an ESA-Projekten (inklusive Rosetta) mitgearbeitet hat, hat gerade einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben, in dem sie erklärt, wie es hinter den Kulissen zu geht; warum die Forderung nach Datenfreigabe nicht so simpel ist wie man denken mag und die ESA eigentlich der falsche Ansprechpartner für den Frust ist. Lest den Artikel!
Conquistadoren-Logik in der Wissenschaft!! Grandiooos!
Nicht nur dass die betroffenen Forscher schon das Glück hatten überhaupt für dieses vom Steuerzahler-finanzierte Projekt arbeiten zu dürfen, neeein, jetzt verlangt man auch Exklusivrechte bei der Verwertung? Ja sicher!
Denn Anerkennung reicht schließlich heutzutage nicht mehr, es muss schließlich noch ein Benz mit drin sein. Minimum!
Und erzählen sie mir jetzt nichts von den Heerscharen an hungerleidenden Wissenschaftlern, so wie es die Zahnärzte alle zwei Jahre tun.
Wählen sie eigentlich die FDP?
Ich kann auch nachvollziehen, dass die ESA nicht alle Daten sofort frei verfügbar macht. Aber ein paar Teaser-Daten (vor allem Bilder) für die Öffentlichkeit sollte sie schon rausrücken. Z.B. wurden bei der Landung von Huygens auf Titan auch zügig Bilder veröffentlicht, aus denen begeisterte Amateuere schneller und bessere Panoramen bastelten als die ESA.
Gerade solche Bilder wie jetzt von Chury sind doch relativ „unsensibel“. Wenn man keine Maßstäbe, Zeitmarken, Werte über verwendete Filter und dergleichen angibt und die Bilder als JPGs veröffentlicht, dann sind sie doch relativ wertlos zur wissenschaftlichen Auswertung. Es hätte schon gereicht, oben in den Chury-Bildern den Maßstab wegzulassen (die Winkelangaben ohne exakte Zeiten sind schon mal wertlos, sonst hätte man halt auch diese retuschieren können).
In einem halben Jahr interessieren einen die Bilder nicht mehr so, wie jetzt, wo sie den aktuellen Stand repräsentieren.
@Hans Dampf
Hä? Wieso sollten die Wissenschaftler auch nur einen Cent mehr bekommen, wenn sie ihre Daten in Ruhe auswerten dürfen, ohne den Druck, dass sie jemand anders aus dem Web fischt und ein Paper draus macht? In der Wissenschaft geht es nun mal darum, wer zuerst etwas entdeckt.
Die werden nach BAT bezahlt. Ich verdiene in der Industrie heute ein Vielfaches dessen, was ich als Assi an der Uni hatte. Davon konnte man leben, aber keine Familie unterhalten.
Ich schreibe als einer der Unterzeichner dieses offenen Briefes, den du zitierst, Florian.
Prinzipiell stimme ich mit dir überein – alle wissenschaftlichen Daten einer Mission sofort online zu stellen, ist eine radikale und unrealistische Forderung. Wie du schreibst, fordern wir ja deshalb Kompromisse. Uns geht es die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit zu erfüllen, die andere Missionen seit Jahrzehnten mit Echtzeit-Rohbildern erfüllen.
Beispiel Curiosity und Cassini: Beide sendeten hochgenaue Bilder aus Regionen, die bisher nicht (so exakt) abgebildet worden sind – wie bei Rosetta. Trotzdem gab es bei beiden in Echtzeit veröffentlichte Rohbilder, sogar der hochaufgelösten Kameras. Meine Frage: Gibt es einen dokumentierten Fall, dass aus solchen Rohbildern konkurrierende Wissenschaftler einen Vorteil in Form eigener wissenschaftlicher Publikationen ziehen konnten? Kennst du solche Fälle, Florian?
Ich frage aus Interesse. Bisher steht nur eine Behauptung der ESA-Wissenschaftler im Raum, dass so etwas vorkommt.
Dazu kommt, dass sich die ESA selbst zu Offenheit verpflichtet hat. In ihrem Strategieplan „Agenda 2015“ (verabschiedet schon 2011) steht:
„Examples of this revolutionary new way of people to interact with ESA’s space science, research, and technology development and of fostering public engagement are:
– increasing the amount of data being placed online for members of the public to use and developing online services allowing the public to access, process and interact with space data (environmental parameters, planetary missions results etc);“
Quelle: https://esamultimedia.esa.int/multimedia/publications/BR-303/pageflip.html Abschnitt 4.6
Offene Daten sind eine klare Strategie, die bereits bei den Erdbeobachtungs-Missionen aus dem Copernicus zum Einsatz kommt (Beispiel Sentinel-1). Warum nicht bei Rosetta?
@pikarl
Ich hab‘ von so einem Fall mal gelesen, kann mich aber nicht an Details erinnern (und ob es um Bilddaten oder Messungen ging). Ist mindestens 10 Jahre her. Ein Team ging mit einem Paper an die Öffentlichkeit das auf Daten beruhte, die ein anderes Team gesammelt hatte und die irgendwie nach draußen geleakt waren. Es gab danach einen heftigen Streit.
@ FF
Esa: „their scientific careers depend on it“
Nach den SuW News sollten die Bilder von der Esa wahrscheinlich heute veröffentlich werden. Zwischen Aufnahme und Veröffentlichung hätten 6 Tage gelegen, wohl kaum genug Zeit für eine Publikation, die die wissenschaftliche Karriere fördert. Es geht also um anderes, bleibt zu befürchten, nationaler oder wirtschaftlicher Hickhack.
Letzlich haben ja auch die Franzosen 4 Tage gewartet.
Wer die Musik bezahlt – der Steuerzahler – kann auch mitbestimmen, was gespielt wird.
Ich stimme Alderamin zu. Der Wunsch der Raumfahrer.net-Leute, niedrig aufgelöste Bilder sofort zu veröffentlichen, ist keine Gefahr für die Diplom- oder Doktorarbeiten.
Florian schreibt hingegen in seiner Überschrift missverständlich von „Datenveröffentlichung“. Ich sehe aber noch einen gewaltigen Unterschied zwischen den Mess-Daten oder Originalbilddaten (vllt. noch von differenzierten Wellenlängen) und aus solchen Daten extrahierten niedrig aufgelösten Bildern.
Ich arbeite nicht im Wissenschaftsbetrieb. Darum habe ich sicher nicht so den Einblick. Aber ich kann deine Meinung gut nachvollziehen. Den offenen Brief hatte ich gestern auch entdeckt. Da war ich nicht so sicher, ob ich zustimmen wollte. Die Forderungen scheinen zwar auf den ersten Blick verständlich, denn die Öffentlichkeit will ja an den Ergebnissen teilhaben. Aber man muss wohl zwischen „Ergebnissen“ und „Rohdaten“ unterscheiden.
Natürlich ist es wichtig, dass nicht nur Ergebnisse mitgeteilt werden, sondern auch die Rohdaten zur Überprüfung (wie auch von dir oft gefordert). Aber man darf das nicht verwechseln mit dem Zugriff auf noch nicht bewertete Daten allein.
Gerade wenn die Forschung sehr aufwändig ist, wie hier, sollte schon noch Gelegenheit zur Bewertung der Daten sein. Das gehört ja schließlich zur Forschung dazu, und nicht nur das Daten erzeugen. Es wäre schade, wenn erst wilde Gerüchte über die Interpretation von neuen Forschungsdaten im Netz kursieren, bevor sich die beteiligten Wissenschaftler überhaupt eine Meinung bilden können. Ich fürchte, das würde dann auch dazu führen, dass leichter Fehler passieren, dass voreilige Schlüsse gezogen werden und dass Ergebnisse noch hastiger veröffentlicht würden, als es teilweise jetzt schon geschieht (Beispiel BICEP2 vom März: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/07/11/anhoeren-bicep2-die-entdeckung-der-kosmologischen-inflation-und-staubige-zweifel-an-den-daten/ ).
In diesem Fall der Fotos vom doppelten Kometenkern haben wir irgendwie eine „Mischung“ aus Rohdate und Ergebnissen. Solche Fotos ist nun mal auch für Laien einfach zu verstehen. Man sollte also wohl diesem Fall nicht überbewerten. Vielleicht hätten die Nachricht und die Fotos schneller und ohne Panne veröffentlicht werden sollen – aber daraus gleich grundsätzlich die veröffentlichung der Daten zu verlangen?
Um es positiv zu sagen: Damit ist wieder einmal deutlich geworden, dass gute Öffentlichkeitsarbeit in der Wissenschaft sehr wichtig ist.
Ich habe diesen offenen geplanten Brief mit den Raumfahrern vor einigen Wochen in Berlin diskutieren dürfen und finde den Artikel hier etwas befremdlich und meiner Meinung nach sogar z.T. falsch dargestellt.
Zum einen fordern hier nicht Wissenschaftler andere Wissenschaftler auf DIE Daten zu veröffentlichen und zum anderen widerspricht sich hier einiges.
Die Raumfahrtfans fordern „nicht wissenschaftliche, niedrig aufgelöste Bilder“ um informiert zu werden und nicht Daten um Analysen und Auswertungen zu fahren. Du schreibst später das Du den Wunsch verstehst das man hier umfassend informiert werden will. Wer genau das gefordert hat wird hier nicht ersichtlich. Die Raumfahrtfans waren es nicht.
Zum anderen hat die ESA bisher sehr wenige Bilder veröffentlicht und damit m.M. eher schlechte Öffentlichkeitsarbeit geleistet. Die anderen Aktionen (Bastelbogen oder RosettaAreWeThereYet) fallen eher unter Marketing als unter Öffentlichkeitsarbeit.
Ich sehe es wie die Kommentatoren hier. Die Darstellung in diesem Artikel ist nicht richtig und wird etwas verbogen. Es geht hier nicht um das vorwegnehmen von Daten. Der Artikel nimmt aber genau dieses Thema auf und das unter dem Vorwand des offenen Briefes.
@pikarl
Ich hab’s gefunden, es ging um die Entdeckung von Eris:
https://www.nytimes.com/2005/09/13/science/space/13plan.html?pagewanted=print&_r=0
Was passieren kann, wenn Daten sofort zugänglich sind, zeigt recht deutlich dieses Beispiel: https://en.wikipedia.org/wiki/Controversy_over_the_discovery_of_Haumea
Hier auf deutsch: https://de.wikipedia.org/wiki/(136108)_Haumea#Kontroverse_um_die_Entdeckung
Ich denke, das ist, was pikarl meinte.
Im englischen Beitrag sind die Sichtweisen beider Beteiligten verlinkt.
Alderamin: Das Beispiel passt nicht ganz. Ich empfehle in diesem Zusammenhang das Buch „Wie ich Pluto zur Strecke brachte: und warum er es nicht anders verdient hat“ von Mike Brown.
Wenn ich es richtig im Kopf habe, verwendeten damals spanische Astronomen seine Daten des Zwergplaneten Eris, bevor Mike Brown den offiziell bekanntgemacht hatte. Damals lagen die Koordinaten des vermuteten Eris versehentlich frei online, die zuvor mit großen europäischen Teleskopen angefahren worden waren. Die spanischen Astronomen verwendeten diese Koordinaten für eigene Beobachtungen und „entdeckten“ dabei Eris – ohne auf die Vorarbeit von Mike Brown hinzuweisen.
Damals ging es aber nicht um offene Daten. Die Spanier arbeiteten im Geheimen, legten ihre Quelle für die Koordinaten nicht offen. Im Nachhinein wurden sie geächtet. Ich wage zu bezweifeln, dass diese Aktion karrierefördernd für sie war.
Es ist doch so in der Wissenschaft: unethisches Verhalten zahlt sich dauerhaft nicht aus. Wenn niedrig aufgelöste Rosetta-Bilder online stünden (ohne zusätzliche Infos wie aktuelle Telemetrie, keine Informationen über die verwendeten Wellenlängen usw.) – was kann schlimmstenfalls passieren? Es wäre höchstens ein drittklassiges Paper.
Davon abgesehen, ließen sich auch aus dem wöchentlich veröffentlichen Material (das soll es ja weiter geben) theoretisch Erkenntnisse ableiten. Ich sehe wirklich keine reale Gefahr für die Forscher.
Ich find den durch kurzes Lesen unmittelbar erfaßbaren Unterschied im Niveau zwischen Hans „Pöbel“ Dampf und Pikarl so bezeichnend …
@pikarl
Offene Rohdaten könnten aber zu ähnlichen Fällen führen. Und dann wäre es schwer, jemandem einen Vorwurf daraus zu machen, dass er/sie die Daten genutzt hat, wo sie doch frei verfügbar waren. Dann wäre es auch weniger karriereschädigend für eine solche Person.
Meine Rede, siehe #2. Es muss klar unterschieden werden zwischen PR-Infos und echten Rohdaten. Erstere sollten umgehend veröffentlicht werden (dafür hat der Steuerzahler schließlich bezahlt), letztere mit einer Schutzfrist versehen sein. So würde allen Interessen Rechnung getragen.
@Hans Dampf
ihre Argumentation stimmt so nicht ganz, sie stellen hier „die Wissenschaftler“ gegen „die arme Öffentlichkeit, die das ganze auch noch finanziert“. In wirklichkeit, wenn sie den Artikel sorgsam lesen, geht es hier im Kern um das Problem „die Wissenschaftler die die ganze Arbeit gemacht haben“ gegen „die Wissenschaftler die die Ernte wegschnappen“. Der Erfolg und die „Annerkennung“ bleiben in der Wissenschaftsgemeinschaft, so wie die Arbeit, sind aber ggf ungerecht verteilt, was übrigens eher zur FDP passt entgegen ihrer schlussfolgerung.
Zur Problematik an sich würde ich persönlich auch eher für ’schlechte‘ Live-Bilder stehen, um eben einen gewissen Öffentlichkeits-hype zu bekommen, vergleichbar vielleicht mit der Mondlandung, andereseits wird ja vielleicht genau das passieren? wenn denn die Landeeinheit aufsetzt, aber ein tägliches Staunen wie denn nun der Komet schon aussieht und man ihn langsam rotieren sieht ist auch unvergleichbar.. man hat eben das Gefühl dabei zu sein, wie der Unterschied von einem live-Spiel und einer Aufzeichnung, dieses Gefühl sollte man vielleicht nicht allzu schnellfertig ausschließen.
@Hans Dampf: „Denn Anerkennung reicht schließlich heutzutage nicht mehr, es muss schließlich noch ein Benz mit drin sein. Minimum!“
Sie haben anscheinend nicht verstanden, um was es geht. Sicher nicht um Reichtum. Aber vermutlich wollten sie es auch gar nicht verstehen…
@Alderamin: „Aber ein paar Teaser-Daten (vor allem Bilder) für die Öffentlichkeit sollte sie schon rausrücken.“
Macht die ESA ja doch.
@pikarl: „Offene Daten sind eine klare Strategie, die bereits bei den Erdbeobachtungs-Missionen aus dem Copernicus zum Einsatz kommt (Beispiel Sentinel-1). Warum nicht bei Rosetta?“
Ich habe absolut nichts gegen offene Daten. Ich bin sogar sehr dafür. Aber die Daten werden ja veröffentlicht. Ich verstehe nur die Forderung nach der Veröffentlichung in Echtzeit nicht.
@McPomm: „Florian schreibt hingegen in seiner Überschrift missverständlich von “Datenveröffentlichung”. „
Ich kann den Text des Artikels nicht schon in die Überschrift packen. Sorry. Und behaupte weiterhin, dass es nicht so einfach ist, in „Echtzeit“ (das wird ja gefordert) zu bestimmen, welche Daten keinen wissenschaftlichen Wert haben und welche schon.
@Stefan Gotthold: „Die Raumfahrtfans fordern “nicht wissenschaftliche, niedrig aufgelöste Bilder” um informiert zu werden „
Und ich erkläre ja auch, warum das nicht funktioniert. „Informiert werden“ die Leute ja trotzdem. Warum muss diese Information aber in „Echtzeit“ stattfinden?
„Die Darstellung in diesem Artikel ist nicht richtig „
Ok. Wenn es nicht mal reicht, explizit darauf einzugehen, warum auch die geforderte Freigabe „niedrig aufgelöster Bilder“ mMn nicht zielführend ist, dann weiß ich leider auch nicht, wie ich das noch „richtiger“ darstellen soll.
@pikarl: „Wenn niedrig aufgelöste Rosetta-Bilder online stünden (ohne zusätzliche Infos“
Und welchen großen Wert hätten diese niedrig aufgelösten Bilder ohne zusätzliche Infos? Ist es wirklich SO wichtig, dass man die sofort sieht. Wäre es so schlimm, ein bisschen zu warten und dann dafür gut aufbereitete Bilder MIT Informationen zu veröffentlichen?
nein bitte nicht veröffentlichen, viel cooler wäre wenn sie genauso herumgurken wie die wissenschaftlichen dienste des deutsches bundestages mit der komischen studie……
https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftliche_Dienste_des_Deutschen_Bundestages#Sonstiges
@asp: Was hat denn jetzt dieser UFO-Kram damit zu tun?
veröffentlichen vs nicht veröffenlichen & herumgurken;)
@asp: Es geht bei der Rosetta-Sache ja nicht um die Frage ob die Daten veröffentlicht werden. Das werden sie. Sondern um die Forderung, sie „in Echtzeit“ zu veröffentlichen.
Das Problem ist doch nicht nur die Veröffentlichung sondern das Verschwinden der Veröffentlichung nach kurzer Zeit. Das ist albern und unprofessionell. Das sind ja selbst die ehemaligen Geheimniskrämer Russland und China weiter. Die haben den Sinn von PR erkannt.
Die Wissenschaftler jammern, dass Deutschland aus dem SKA-Projekt aussteigt, zeigen aber bei einem spektakulären Projekt Kleingeistigkeit. Dann kann man ja immer noch auf die Politik schimpfen.
@eumenes: „Das Problem ist doch nicht nur die Veröffentlichung sondern das Verschwinden der Veröffentlichung nach kurzer Zeit. Das ist albern und unprofessionell.“
Du meinst jetzt das Bild mit dem Doppelkern? Ob man mit diesem Einzelfall jetzt gut oder schlecht umgegangen ist, kann man diskutieren. Aber es geht ja um die allgemeine Frage. Und ich habe immer noch nicht verstanden, warum es so essentiell wichtig sein soll, in „Echtzeit“ an die Daten zu gelangen. Mit Öffentlichkeitsarbeit hat das ja auch nichts zu tun. Damit die Öffentlichkeit was davon hat, müssen die Daten aufbereitet und erklärt werden; mit Zusatzinfos versehen, usw. Und wenn nur die Daten ohne „wissenschaftlichen Wert“ publiziert werden sollen, dann muss da immer vorher noch jemand sitzen und die Entscheidung treffen, was jetzt „wertlos“ ist und was nicht. Wie das konkret ablaufen soll, hab ich immer noch nicht verstanden.
„Die Wissenschaftler jammern, dass Deutschland aus dem SKA-Projekt aussteigt, zeigen aber bei einem spektakulären Projekt Kleingeistigkeit.“
Diese Kritik verstehe ich nicht. Die Daten WERDEN veröffentlicht. Du WIRST live dabei zusehen können, wie Rosetta in ne Umlaufbahn einschwenkt und wie Philae auf der Oberfläche landet. Du WIRST alle Ergebnisse, Bilder, Videos etc ansehen können. Ist es wirklich so schlimm, wenn die Wissenschaftler, die diese Daten sammeln und die Geräte gebaut haben, sie zuerst und in Ruhe analysieren wollen?
das fällt auch unter herumgurken,,, sorry imho.
Russland und China sind allenfalls Weltmeister in Propaganda und Steuern der öffentlichen Meinung – aber nicht im Sinne von seriöser Öffentlichkeitsarbeit. Das kennen die beiden Nationen überhaupt nicht (Tschernobyl lässt grüssen….)
Und Space Propeller – lern erstmal ganze Sätze zu schreiben. Deine Postings fallen auch unter „herumgurken“
@A_Steroid
https://de.wikipedia.org/wiki/All_your_base_are_belong_to_us
@A_Steroid 😉
@all:
wie lange ist die „proprietary period“ der esa?
6 monate? 12?
Moin,
ach der Hans Dampf meinte das sicher nicht ernst sondern wollte euch nur ärgern. 😉
Ehrlich ich würde mich auch ziemlich ärgern wenn andere die Daten, an denen Erstellung ich vorher die meiste Zeit verschwendet hab, vor mir zum Paper schreiben nutzen würden. (was eine Untertreibung, ich würd euch die Arme ausreissen und an den Ohren and die Kirchentür nageln, also so in etwa die Richtung)
Gegen das Veröffentlichen von Footerbildern um zu zeigen was man gerade macht habe ich nichts, im Gegenteil ich denke sowas hilft eher gegen das ewige Elfenbeinturmimage.
@ FF
Zwar hast Du Recht, dass „Daten“ wissenschaftlich aufgearbeit werden müssen, aber sich bei Bildern um Urheberrecht zu streiten, ist kleingeistig.
Parallel müssen Wissenschaftler zumindest zu Kenntnis nehmen, ob sie es begrüßen oder nicht ist zweitrangig, dass wir in einer „Event-Gesellschaft“ leben.
Und wenn ich etwas erreichen will, meint ja wohl Geld, muss ich mich gewissen gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber zumindest offen zeigen.
@eumenes: „aber sich bei Bildern um Urheberrecht zu streiten, ist kleingeistig.“
?? Wieso denn jetzt auf einmal „Urheberrecht“? Darum gehts doch gar nicht.
„Und wenn ich etwas erreichen will, meint ja wohl Geld, muss ich mich gewissen gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber zumindest offen zeigen.“
Du meinst, dass man dann zum Beispiel aus der Aktivierung der Rosetta-Sonde ein großes Multimedia-Event macht; mit Live-Übertragung von Daten? Oder von der Ankunft der Sonde beim KOmeten ein großes Event macht, mit Live-Übertragung von Daten? Oder von der Landung auf dem Kometen ein riesen Event macht mit Live-Übertragung von Daten?
Die von dir angesprochene „Event-Gesellschaft“ hat genug Events zur Verfügung. Mit einer unkommentierten Datenbank an Rosetta-Bilders kann diese „Event-Gesellschaft“ sicherlich nicht viel anfangen… Nochmal: Alle Daten werden veröffentlicht. Mit jeder Menge Events drum herum. Ich verstehe nur nicht, wieso das in „Echtzeit“ passieren muss? Wer profitiert davon so sehr, dass die negativen Folgen aufgewogen werden?
„Was passieren kann, wenn Daten sofort zugänglich sind, zeigt recht deutlich dieses Beispiel: “
Ganz falsch!
Das ganze Wirrwarr entstand ja erst dadurch, dass Brown und sein Team 2003 EL61 schon Ende 2004 gefunden hatten, die Entdeckung aber eben geheim hielten. Im Juli 2005 kam dann die Gruppe im Ortiz und veröffentliche den Fund auf ihren eigenen Archivaufnahmen von 2003. (Ob sie das Objekt nur durch das Datenleck bei Brown gefunden hatten, oder ob sie nur geprüft haben, ob Brown das gleich Objekt gefunden hatte, darauf will ich hier gar nicht eingehen.)
Hätte Brown seine Entdeckung Ende 2004 umgehend bekannt gemacht und nicht geheim gehalten (so wie das bei Kleinplaneten sonst auch üblich ist) wäre das ganze Schlamassel erst gar nicht entstanden…
Echtzeitdaten führen im Schlimmstfall eh nur zu Verschwörungstheorien: „He! Seht mal! Da startet nen Ufo von dem Kometen!“…
Sollen sie die Daten halt erstmal auswerten. Sie machen sich ja auch die ganze Arbeit damit.
Ich verstehe dass die leute interessiert sind und in dieser internet welt alles immer schneller haben mochten. Leider ist das nicht moglich, wie schon beschrieben.
In diesem fall mussen wir mal naher schauen. Die bilder sind vom 11 July, d.h. das am 12. July die leute bei CNES die daten verarbeitet haben, und sogar bearbeitet, weil die bilder interpoliert sind vom low-resolution. Das alles um ein schones bild herzeigen zu konnen, auch das kostet zeit,.
Dazu kommt dann noch einen wochenende und 14 Juli, franzosische nationalfeiertag. Ja, wissenschaftler arbeiten ab und zu auch nicht und feiern.
Ja damit wurde die veroffentlichung ein bisschen verschoben, nach 1 woch nachdem die bilder gemacht worden sind! Ich wurde sagen dass das onehin „bloody fast“ ist, fruher hat man nicht mal seine urlaubsbilder so schnell bekommen.
Ich bin ganz fur offentiche daten, aber um echtzeit veroffentlichung zu verlangen ist ein bisschen viel, da ist auch einen aufwand den mit dem alles kommt.
@Herbert
Nö, dann wäre es so gelaufen: Brown hätte veröffentlicht, dass sein Team ein Objekt gesichtet habe, das möglicherweise größer ist als Pluto, was allerdings noch nicht bestätigt werden könne. Dann hätten sich alle auf Eris gestürzt und irgendwer hätte dann vermutlich vor Brown anhand von Archivaufnahmen nachgewiesen, dass dies tatsächlich der Fall ist. Der hätte dann als Trittbrettfahrer profitiert.
Es ist aber nun gerade wichtig, bei so einem Objekt die Größe nachgewiesen zu haben, denn KBOs und Asteroiden werden am laufenden Band entdeckt, nur eben keine neuen (solaren) Planeten (dafür war Eris ja ein Kandidat). Der interessante Teil der Entdeckung erfordert also eine gewisse Vorarbeit. Es steht dem Entdecker doch wohl ein Vorrecht zu, diese nach bestem Wissen und Gewissen in Ruhe durchführen zu dürfen. In anderen Naturwissenschaften macht man einfach seine Labortüre zu. Am Himmel ist das nicht drin, der lässt sich bekanntlich nicht vertuschen.
@Alderamin
Es geht hier nicht um Eris, sondern um Haumea. Da stellte sich die Frage, ob das Objekt größer als Pluto sein könnte überhaupt nie.
Aber das war hier auch gar nicht die Frage.
Ich fand es bemerkenswert (und einer Korrektur notwendig), dass dieser Fall, an dessem Anfang die Geheimhaltung einer Entdeckung stand, als Beispiel angeführt wurde, was passiert, wenn man Daten umgehend veröffentlicht…
Heute sollte ja die eigentliche turnusmäßige Veröffentlichunbg anstehen, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Oder ist heute nicht Donnerstag?
Auf http://www.esa.int habe ich nicht gefunden, aber die FAZ hat eine beeindruckende hochgerechnete Animation vom sich drehenden „Qietscheentchen“: https://www.faz.net/aktuell/wissen/weltraum/kometen-mission-rosetta-ist-das-ziel-eine-ente-13050961.html 🙂
@McPomm: Schau mal auf den Rosetta-Blog der ESA, da sind die Info’s von heute. Außerdem hilft es in den sozialen Netzwerken unterwegs zu sein. Da verteilen sich sowohl die öffentlichen als auch die nicht-öffentlichen Infos schneller.
Hier der Link zum Rosetta-Blog https://blogs.esa.int/rosetta/
Viele Grüße
Stefan
Ich weiß nicht, ob wirklich ein Interesse daran besteht an die wissenschaftlichen Daten zu kommen. Nur die wenigsten Nachrichtenleser können oder wollen damit etwas anfangen. Worum es geht ist der Event-Charakter und dessen Bedeutung schätze ich schon anders ein als Florian. Der Flug von Rosetta zu Chury ist natürlich nicht mit der Mondlandung zu vergleichen, aber es ist dennoch ein „First“, ein einmaliges historisches Ereignis. Als wissenschaftlich interessierter Mensch will man da schon möglichst live dabei sein, die Spannung und Aufregung des Moments erleben. Die Mondlandung wurde genauso live übertragen, wie das Endspiel jeder WM. Das hat gute Gründe.
Wenn die eigentliche Wissenschaft beginnt, nimmt das Interesse der meisten Leute sowieso wieder ab. Man denke an Curiosity. Wir haben alle live mitgefiebert, ob die spektakuläre Landung per Skycrane gelingt. Was der Marsrover heute so macht, verfolgen nur die echten Marsfans.
Es geht also weniger um Wissenschaft, als um die aufregende Exploration und Pionierleistung, die eine Leistung der gesamten Menscheit ist. ESA & Co. sollten das Momentum mitnehmen und für ein paar Stunden die Raumfahrt zum wichtigsten Thema machen, über das alle reden. Dann hat auch es auch die Wissenschaft leichter Akzeptanz, vielleicht sogar Begeisterung zu entfachen.
@Spacedude: „Worum es geht ist der Event-Charakter und dessen Bedeutung schätze ich schon anders ein als Florian. Der Flug von Rosetta zu Chury ist natürlich nicht mit der Mondlandung zu vergleichen, aber es ist dennoch ein “First”, ein einmaliges historisches Ereignis. Als wissenschaftlich interessierter Mensch will man da schon möglichst live dabei sein, die Spannung und Aufregung des Moments erleben.“
Aber das bist du doch! Am 6. August können alle live zusehen, wie Rosetta in einem Umlaufbahn um den Kometen einschwenkt. Im November können alle live zusehen, wie gelandet wird. Diese „Events“ standen ja nie in Frage. Aber ich verstehe halt nicht, was ein riesiger Daten-Dump von nicht aufbereiteten, nicht kommentierten, nicht erklärten Rohbildern für die Öffentlichkeit SO großartig macht, dass man deswegen von den Wissenschaftlern verlangt darauf zu verzichten, ihre Arbeit ordentlich machen zu können. Das habe ich immer noch nicht kapiert.
„Wenn die eigentliche Wissenschaft beginnt, nimmt das Interesse der meisten Leute sowieso wieder ab.“
?? Aber genau das wird doch geordert! Die ESA hat ja nicht gesagt: „Leute, ihr dürft erst nächstes Jahr sehen, wie die Sonde am Kometen landet, bis dahin bleibt alles geheim.“ Das, was an dieser Mission „Event-Charakter“ hat wird auch ein Event werden und anders wars nicht geplant. Die Forderung nach Freigabe in „Echtzeit“ dreht sich ja gerade um die „echte Wissenschaft“. Mit dem Zeug was da veröffentlicht wird, hat man als Laie sowieso keine Freude.
Ich verstehe nicht, wo das Problem ist.
Das eigentliche Urheberrecht scheint hier nicht so schwierig zu sein; Urheber dürften die Besitzer der Kameras sein. Was aber oft vergessen oder verwechselt wird, ist das Verwertungsrecht, und das kann vertraglich z.B. auf Geldgeber übergehen. Es ist eigentlich immer so, dass die Finanzierer zuerst ihren Return-of-Investment haben wollen, und dazu können sie die Verwertung an bestimmte Personen delegieren, z.B. Öffentliche Geldgeber an bestimmte Wissenschaftler.
Das Problem in diesem Fall ist doch, dass man den Unbeteiligten, die gar kein Geld geben (also viele Privatpersonen, zumindest unbeteiligter Länder), Recht und Möglichkeit der Verwertung zunächst völlig entziehen möchte, damit die Rechteinhaber ihr Recht auch nutzen können. Veröffentlicht man aber heutzutage, dann hat potenziell weltweit jeder alles in den Händen — und das geht nicht.
Folglich muss einer der Mittelwege gefunden werden, z.B. die hier dikutierten.
Zitat:
„Es kann ja auch niemand einfach so in ein Labor auf der Erde spazieren und den Leuten dort in “Echtzeit” bei der Arbeit und Datenproduktion über die Schulter schauen. Es wäre absurd, wenn Mitglieder der einen Arbeitsgruppe einfach in die Büros der anderen Arbeitsgruppe kommen dürften um sich dort deren aktuelle Messergebnisse zu besorgen und für die eigene wissenschaftliche Arbeit zu verwenden“
Mein Einspruch:
Bis vor wenigen Jahren war es für interresierte jederfraumann
möglich in jeglich Forschungseinrichtung bsp. GSI (Gesellschaft für Schwerionenforschung) oder ähnlichen
Laboratorien uvm. einfach so reinzugehen und dort Lötende
Wurschtelbastler während ihrer fesselnden Tätigkeit von
sachkundig interresierten Besuchern freudig, das sich auch mal ein sogn. normales Menschendingens überhaupt für
unsere uu. nonstop nächtelanges rumgepfriemel überhaupt
interresiert, sehr dankbar und auskunftsfreudig.
Wenn geöffnet, wurde in die Cantina oder
Kafferunde vor der Bibliothek eingeladen.
Nach 11. Sep. Deppentag wurde alles schlagartig
ganz anders.
Weiterhin ist in Forschung eine Interdiszlipinäre
Kafferunde ein wichtiger Keim der mit teilweise
dadaistischen Ansätzen schon so manchen
Teilchendedektor oder Experimentelle
Vorrichtung überhaupt zum „Leben“ erweckt hat.
Und der Witz des ganzen,
Das alles funktioniert High Preciosi erstmal
bei Uns und beim Militär.
Nach ca. 12-16 ars.,
darf dann auch die sogn. Allgemeinbevölkerung
an unseren Erkentnissen im sogn.
Amüsierfunkbereich teilhaftig werden.
Ps.: Ich kaufe nichts an der Haustür.
@ FF
„Urheberrecht“, Du weißt genau was ich meine. Wer darf veröffentlichen ESA oder CNES? Hier geht es nur um Petitessen; denn heute veröffentlich die ESA. Selbstverständllich beide n i c h t unkommentiert und nicht in „Echtzeit“.
Und Dein Argument „Du WIRST“ erinnert mich fatal an gewissen geistliche Institutionen: das darfst Du nicht, aber später …
@eumenes: Was genau ist jetzt das Problem, das du kritisierst? Ich frage, weil es mir wirklich nicht klar ist. Die Daten werden veröffentlicht. Man kann bei der Landung und beim Anflug der Sonde live zusehen. Alle Forschungsergebnisse werden publiziert und freigegeben. Wenn du mir sagst, was genau du kritisierst, lässt es sich besser diskutieren.
es geht auch nicht nur um „proprietary periods“, auch akademische arbeiten die bis zu 5 jahre gesperrt werden, sperrfristen im archivrecht bis zu 110 Jahre (in worten hundertundzehn) sind nach wie vor realität.
eine moderne wissensgesellschaft mit solchen informations & veröffentlichungsbeschränkungen ist doch irgendwie ein anachronismus.
@asp: „eine moderne wissensgesellschaft mit solchen informations & veröffentlichungsbeschränkungen ist doch irgendwie ein anachronismus.“
Ok. Dann sollten wir mal darüber, wie das in der Praxis aussehen soll. Nach dem was du sagst, wäre es also wünschenswert gewesen, wenn die Leute vom Tevatron irgendwann 2011 oder 2012 ins LHC-Labor spaziert kommen und auf der Herausgabe aller Kollisionsdaten bestehen. Die nehmen sie dann mit nach Hause, werten sie aus, und verkünden die Entdeckung des Higgs-Teilchens. Und am LHC denkt man sich: Schön! Wie nett dass die Kollegen aus den USA das Ding gefunden haben. Lass uns doch gleich noch ein paar Milliarden mehr für einen neuen Beschleuniger ausgeben, damit wir die Kollegen mit noch mehr Daten versorgen können!
Ich versteh schon was du meinst. Idealismus. Freiheit. Transparenz. Usw. Ist alles schön und gut, wenn wir in einer entsprechend utopischen Gesellschaft leben würden. Das tun wir aber nicht. Wir leben in einer Gesellschaft, in der man als Wissenschaftler seinen Job machen muss. Und den kann man eben nicht machen, wenn man seine Daten verschenkt, ohne vorher selbst damit forschen zu können.
Und ich frage gerne nochmal: Was genau ist das Problem an der Rosetta-Mission? Wem wäre geholfen, wenn jetzt alle Rohdaten unkommentiert und ohne Aufbereitung ins Internet gekippt werden? Seid ihr echt solche Daten- und Raumfahrfreaks das euch das tatsächlich enorm fasziniert (will ich nicht ausschließen, ich wills nur wissen)? Oder reicht es vielleicht doch, wenn man ein paar Tage/Wochen auf entsprechend aufbereitete und erklärte Bilder wartet? Und bitte nicht wieder mit den „Events“ kommen, die so wichtig für die Begeisterungsfähigkeit der breiten Öffentlichkeit sind. Das ist richtig. Aber um diese Events ging es nie. Die finden statt.
in der Verfassung der Europäischen Union steht folgendes:
Artikel II-71: Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt
die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
(2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.
Artikel II-73: Freiheit der Kunst und der Wissenschaft
Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.
@asp: „Kunst und Forschung sind frei. Die akademische Freiheit wird geachtet.“
Ja. Kunst und Forschung sind ja auch frei. Mir ist bis jetzt jedenfalls noch kein Diktator aufgefallen, der Wissenschaftlern vorschreibt, was sie zu forschen haben. Mit dem Thema hat das alles allerdings nicht mehr viel zu tun.
@Florian
Darum geht’s in dem offenen Brief und Daniel Fischers Kommentar zum ESA-Statement doch gar nicht. Es wird doch nur der Wunsch ausgedrückt, wissenschaftlich weitgehend unbrauchbare Bilder zeitnah (z.B. täglich) zu veröffentlichen, um den Live-Character des Projekts zu erhalten. Die Bilder oben sind von der NAVCAM aufgenommen, mit der Rosetta sich orientiert. Die sind noch so unscharf, da wird keiner seine wissenschaftliche Karriere dran aufhängen, zumal ja sehr bald hochaufgelöste vorliegen werden, die selbstverständlich unter die Schutzfrist fallen, die niemand in Frage stellt.
Natürlich ist es das gute Recht der ESA, zu entscheiden, was sie rausgibt und was nicht. Es wird ja nur ein bisschen mehr Zeitnähe erbeten („Real Time“ muss nicht heißen, dass man die Bilder gleich von der Sonde ins Netz schickt). Eine verständliche Antwort darauf wäre vielleicht „wir haben die Kapazitäten nicht, um täglich zu veröffentlichen“. Es wird jedoch argumentiert, dass die Bilder der NAVCAM wissenschaftlich nutzbar seien. Dann sollen sie sie halt unscharf rechnen, den Bildausschnitt verändern und die Zeitmarken und Maßstäbe rausnehmen. Die Bilder oben wären ja ohnehin heute veröffentlicht worden, die waren also offenbar schon als unkritisch eingestuft.
Mir scheint, es wird zu viel mit Extrempositionen argumentiert, wo doch eigentlich ein Kompromiss gefordert wäre.
@Alderamin: “ Es wird jedoch argumentiert, dass die Bilder der NAVCAM wissenschaftlich nutzbar seien. Dann sollen sie sie halt unscharf rechnen, den Bildausschnitt verändern und die Zeitmarken und Maßstäbe rausnehmen.“
Das braucht aber auch wieder Zeit und Leute, die das tun. Und führt dazu, dass die Daten eben nicht in „Echtzeit“ publiziert werden können. Und ich bestreite immer noch, dass einen großen Data-Dump braucht, mit dem die Mehrheit der Menschen eh nichts anfangen kann, um die Begeisterung an dem Projekt aufrecht zu erhalten. Es werden ja mittlerweile eh fast tägliche neue Infos und Bilder veröffentlicht. Gibt es wirklich so großen Bedarf an pixeligen Pseudolive-Bildern?
Klar, die ESA hätte die ganze Kommunikation über das geleakte Bild und den offenen Brief besser machen können und sollen. Aber einen „Skandal“ kann ich da nicht erkennen. Die ESA geht mit den Daten genau so um, wie es auch alle anderen großen Forschungseinrichtungen machen. Verlangt ja auch keiner einen Livestream von den ESO-Teleskopen…
@FF
ich versuche mal, es Dir zu erklären. Du hast als Aufmacher die Rosetta-Bilder gewählt und verbindest dann die Begriffe Bilder und Daten.
Zuerst zu den Bilder- die selbstverständlich Daten sind -, die für uns aber primär visuelle Eindrücke vermitteln. Aufgenommen am 11., veröffentlich am 14.; wohl nicht mehr Echtzeit und genügend Zeit für eine Blitzmeldung: „Es gibt Doppelkometen, ich habe einen gefunden!“
Mit der Gefahr, dass die Rückantwort kommt: „das wissen wir seit 1986 (Halley). “
Also sicher keine Chance des großen wissenschaftlichen Paukenschlags.
Bleibt nur die Nickeligkeit zwischen CNES „ich weiß was“ und der ESA „ich veröffentliche nur am Donnerstag“; eine Albernheit, die nichts mit Wissenschaft zu tun hat.
Zu den Daten
Ich kann mich an meine Zeit der wissenschaftlichen Arbeit erinnern, im Wechsel trafen sich die Physiker der DPG, und wenn man sich in Münster traf, besuchte man sogar die entsprechenden Institute. In den Vorträgen wurden alle Daten präsentiert, in dem Bewußtsein, die „Konkurrenz“ kann nur wenig damit anfangen, den die Randbedingungen, Apparate, Meßaufbau u.a. kannte die „Konkurrenz“ nicht.
Daten ohne Kenntnis des Weges zur Gewinnung der Daten sind nichts wert.
Ich behaupte sogar, Daten schützen sich selbst. Das beste Beispiel dafür ist die Stasi, die in ihrer Datensammelwut letztlich nicht mehr in der Lage war, bedeutsame und unsinnige Informationen zu trennen.
Fazit: niemand hat ein Interesse an einem riesigen Datenfluß, aber einfache Bilder gehören denen, die sie bezahlen, und das sind die Steuerzahler.
@eumenes: „Also sicher keine Chance des großen wissenschaftlichen Paukenschlags. Bleibt nur die Nickeligkeit zwischen CNES “ich weiß was” und der ESA “ich veröffentliche nur am Donnerstag”; eine Albernheit, die nichts mit Wissenschaft zu tun hat.“
Ok. Wie ich schon sagte. Über das Verhalten bei diesem Einzelfall kann man diskutieren. In Wahrheit ist die Sache komplizierter. Da stecken ja noch sehr, sehr viele Projektgruppen überall in Europa mit drin, die alle VOR der ESA das Recht haben, irgendwas zu sagen. Das ist nicht so einfach zu koordinieren, wie du dir das vorstellst. Das man da sagt: „Wir machen das jetzt so wie es geplant ist und gut isses“ ist verständlich – auch wenns vielleicht nicht die optimale Lösung war. Es ging aber im offenen Brief den ich aufgegriffen habe nicht um diesen Einzelfall sondern die allgemeine Forderung nach Bilderfreigabe in „Echtzeit“.
„niemand hat ein Interesse an einem riesigen Datenfluß, aber einfache Bilder gehören denen, die sie bezahlen, und das sind die Steuerzahler.“
Vollkommen richtig. Und wie ich schon sehr, sehr oft gesagt habe: Diese Bilder werden ja auch veröffentlicht. Mit allen Daten, Ergebnissen, usw. Aber der Steuerzahler ist vielleicht auch daran interessiert, dass mit seinen Daten und Bildern vernünftige Wissenschaft getrieben wird. Ich versteh halt nur die Forderung nach Echtzeit-Freigabe nicht.
Ich hab die Diskussion hier jetzt nicht komplett gelesen, stimme aber im wesentlichen der Ansicht zu, die Wissenschaftler erstmal ihre Arbeit machen zu lassen, bevor Daten publiziert werden.
Und wegen der Publikationsrechte möchte ich auch noch auf diesen Kommentar von Michael Khan von der ESA hinweisen. Der wesentliche Abschnitt ist dabei:
Aus dem gesamten Text geht dann hervor: Die ESA hat bei den Daten von Instrumenten, die sie nicht selbst gebaut bzw. finanziert hat, überhaupt nichts zu melden, ob oder was da veröffentlicht wird oder auch nicht. Das entscheiden einzig und allein die Institute, von denen die Instrumente stammen.
@Hans
Wem gehört denn die NAVCAM?
Öffentlich zugängliche Livestreams von unseren Sonden wäre schon eine tolle Sache.
Wenn das Nachteile für die Karriere der Forschungsteams bringt, so sollte man sich über das System Gedanken machen.
Informationen zurückzuhalten ist eigentlich nie eine gute Idee. Der Einwand ist berechtigt, das kann es aber nicht sein.
@Alderamin, #53
Gute Frage. Soweit ich das jetzt auf die Schnelle heraus gefunden habe, liegt die Hauptveratwortung für die Kameras beim Max Planck Institut für Sonnensystemforschung. Dort heisst es im einleitenden Artikel zur Raumsonde u.a.:
Demnach und so, wie ich den in #52 verlinkten Artikel von Herrn Khan verstehe, hat das MPI die oberste Verfügungsgewalt über die Bilder und sonstigen Daten der Kameras, und damit auch das letzte Wort darüber, wann was publiziert wird.
Die Aussage finde ich aber schon diskussionswürdig:
Warum soll sich dann noch jemand die Arbeit machen, komplizierte Instrumente zu entwerfen und zu bauen, wenn man doch auch einfach warten kann, bis andere das tun.
Weil sie dafür von uns allen bezahlt werden ? Die ESA hat ein Budget von 4 Milliarden Euro. Hier kann man schauen was jeder einzahlt:
https://www.esa.int/For_Media/Highlights/ESA_budget_2014
Ich würde die Argumentationslinie sogar umkehren, denn die Wissenschaftler die keine Chance haben bei solchen Projekten mitzuarbeiten, schließt man doppelt aus. Sie dürfen aus der Ferne zusehen aber brav mitzahlen und dann werden ihnen die Ergebnisse vorenthalten bis andere die Sahne abgeschöpft haben.
Wenn Politiker so agieren, z.B: in Geheimverhandlungen Vorteile aus ihrer bezahlten politischen Position ziehen, dann wird sofort Korruption gerufen und Transparenz gefordert.
@Franz: „Weil sie dafür von uns allen bezahlt werden ? „
Und warum werden sie bezahlt? Weil sie entsprechende Forschungsergebnisse liefern. Ich wünsch mir ja auch, das wir in einer Utopie leben, in der alle mit allen arbeiten und alles frei und schön und wunderbar ist. Aber das ist es halt nicht. Wir leben in einer Welt, in der man als Wissenschaftler publizieren muss, sonst kriegt man keinen neuen Job, kein neues Geld und keine neuen Projekte. Die ESA bezahlt die Wissenschaftler ja nicht aus Spaß an der Freude, sondern weil sie sich von ihrer Investition etwas erwartet. Das ist ja auch nicht verwerflich. Rosetta ist ja nicht nur deswegen ins All geflogen, damit ein paar Raumfahrtfans auf der Erde schöne Bilder zu sehen kriegen…
Kam das folgende Argument schon? Ich habe es vielleicht überlesen!
Jedenfalls stelle ich mir vor, irgendjemand (worst case ein crank) interpretiert al gusto irgendetwas in irgendwelche Daten – und schreit das raus. Hinterher, erst hinterher, kann aufgeräumt werden, dass das eine Fehlinterpretation ist und wie die Daten eigentlich zu verstehen sind. Der Schade aber wäre da und kaum wieder gut zu machen.
Nee, Kameras lieferen gelegentlich Artefakte und wenn gleichsam als Film übertragen würde steigt die Chance auf Artefakte. Und damit darauf, dass Cranks Prioritätsrechte an irgendwelchen spinnerten Ideen haben.
Außerdem: Beobachtungszeit (bzw. Messzeit an anderen wissenschaftlichen Großinstrumenten) kann jeder / jede wissenschaftliche Gruppe beantragen. Um sie zu erhalten, muss man plausibel machen können, dass man in der Lage ist die anfallenden Daten zu analysieren, dass man evtl. eine kreative Idee hat oder doch mindestens zum Erkenntnisfortschritt beitragen kann, etc. Ja, bei so einem Auswahlprozess kommt es zu Ungerechtigkeiten. Aber ähnlich wie im Verhältnis Demokratie zu anderen Regierungsformen: Da muss erst mal jemand mit einer überzeugend besseren Idee kommen, wie man Beobachtungs-/Messzeiten anders verteilt.
Also, Franz u.a., ich persönlich habe keine Lust zu beantragen, meine Kreativität und Fachkenntniss nachzuweisen, zu bauen, kalibrieren, Code zu schreiben, etc. etc. etc., um am Ende von einer Gruppe überholt zu werden, die nur einen Bruchteil der Arbeit leisten musste, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Wenn ich solcherlei Anträge stelle, habe ich schon Arbeit geleistet und der Antragskern wird auch irgendwann öffentlich (und sei es zu früh durch Tratsch) – jeder kann/könnte also wissen, welche Idee ich hatte. Da finde ich es nicht gut, wenn weniger kreative wissenschaftliche Nachbarn absahnen.
Und: Wieso werden Ergebnisse vorenthalten? Als Wissenschaftler ist es meine ureigenste Pflicht diese zu veröffentlichen. Und Daten sind zur Kontrolle aufzubewahren. Oftmals – im konkreten Fall weiß ich es nicht, aber es wurde ja schon angedeutet – werden sie auch veröffentlicht. Nicht selten zeitnah, nach Gewinnung. Jeder kann dann hingehen und Ideen testen, die Erstanalysierer nicht hatten oder deren Ergebnisse nachrechnen. Nicht selten mündet so etwas in Folgepublikationen deren wissenschaftlicher Wert nicht gering einzuschätzen ist.
Mein Fazit: Hier wird sich künstlich aufgeregt, teils in Unkenntnis der wissenschaftlichen Systems, teils mit idealistischen Vorstellungen mit geringer Praktikabilität. Ich kann die Ambivalenz Florians, die er im Artikel zum Ausdruck brachte gut verstehen und finde die Schlußfolgerungen plausibel.
@Hans
Die Frage war eigentlich rethorisch… die NAVCAM gehört zur Sonde, weil sie damit navigiert. OSIRIS mag dem MPI gehören, aber über die NAVCAM hat nur die ESA zu bestimmen. Die haben natürlich dem MPI zugesagt, dass sie keine Bilder unabgestimmt rausgeben, weil die Auflösung der NAVCAM wohl nicht viel schlechter als die von OSIRIS ist, und das ist genau das Problem. Das müsste sie aber nicht daran ändert, wesentlich schlechtere Aufnahmen rauszugeben, wenn man sich diesbezüglich einigt. Was man nicht ohne externen Druck tun wird.
Die Bilder schlecht zu rechnen und bestimmte Bereiche zu retuschieren oder Metadaten zu löschen ist eine Aufgabe für einen Hiwi und man kann das auch problemlos automatisieren (mit GIMP z.B., ich verarbeite damit gerade tausende Album-Cover, die mein Autoradio nicht anzeigen mag). So viel Aufwand wäre das also nicht.
Man müsste halt mal miteinander reden, was die anderen Teams zulassen. Natürlich sagen die erst mal „Nö, was haben wir denn davon außer Risiko?“. Ein wichtiges Argument wäre: Popularität. Denn bei der Wissenschaftsverdrossenheit in Deutschland sollte man um jeden Raumfahrt-Fan (Wähler!) froh sein, der sich an den Bildern miterfreut und die Ausgaben für die Raumfahrt unterstützt. Oder vielleicht mal Physik oder Luftfahrttechnik studiert und potenzieller Mitarbeiter werden könnte.
Und schließlich geht es ja, wie schon oft gesagt, aber wenig beachtet, überhaupt nicht darum, sämtliche Rohbilder rauszugeben. Die Amerikaner haben auch ihre Sperrfristen (sogar 1 Jahr), da sind auch Institute beteiligt, die mit den Daten arbeiten möchten, aber irgendwie bekommen die das mit den Veröffentlichungen besser hin.
Es mag ja sein, dass die ESA kein Geld hat, das Zeugs zeitnah online zu stellen. Aber dann sollen sie das eben zugeben. Und sich nicht hinter Statuten verstecken, die anderswo offenbar kein Problem sind.
@Alderamin: „Und sich nicht hinter Statuten verstecken, die anderswo offenbar kein Problem sind.“
Die gleiche Data-Policy die die ESA hat, findest du auch bei ESO, bei der NASA, usw. Das ist völlig normal im Wissenschaftsbetrieb. Warum sich jetzt alle gerade bei Rosetta so sehr darüber aufregen und so tun, als wäre die ESA irgendeine fiese Geheimorganisation der die Öffentlichkeit egal ist, verstehe ich eigentlich nicht…
@CM
Das passiert laufend bei den Sonnenobservatorien SOHO und STEREO. Auch werden dauernd UFOs in den HDEV-Aufnahmen von der ISS gesehen. Scheint aber niemanden ernsthaft zu stören.
Es wird nicht mehr erbeten, als anderswo schon realisiert ist oder war (Cassini, Mars-Rover, Sonnenobservatorien, die Einschläge der Shoemaker-Levy-Bruchstücke). Die mach(t)en z.T. noch viel mehr (tatsächlich jedes Bild online stellen – ist ja gar nicht gefordert). Kann also so unpraktikabel nicht sein.
@Florian
Sag‘ ich doch die ganze Zeit.
Warum sich jetzt alle gerade bei Rosetta so sehr darüber aufregen und so tun, als wäre die ESA irgendeine fiese Geheimorganisation der die Öffentlichkeit egal ist, verstehe ich eigentlich nicht
Weil die NASA es trotz der Regeln besser hinbekommt.
@Alderamin: „Weil die NASA es trotz der Regeln besser hinbekommt.“
Sicher? Oder hat man bei Rosetta jetzt einfach nur den CNES-Leak als Anlass genommen, sich über etwas aufzuregen, was einem bisher nicht gestört hat und bisher auch nicht aufgefallen ist? Das ist zumindest das Gefühl, das ich bei der Sache habe…
(Übrigens waren ja bei den Unterzeichnern des offenen Briefs auch Journalisten dabei: Da bin ich fast versucht, wie sie zu Meldungen mit Embargo-Frist stehen? Finden sie es gut, dass sie durch so ein Embargo die Möglichkeit bekommen, in Ruhe an ihrem Artikel zu arbeiten bevor er publiziert wird? Ich sage nicht, dass man die beiden Konzepte vergleichen kann; aber fände es interessant zu sehen, ob da die Meinungen einheitlich sind oder – wie bei mir – auseinander gehen. Ich halte Embargofristen wie sie von den großen Journals verhängt werden, ja für unsinnig. Aber da gehts ja auch um Ergebnisse die schon fertig sind und nicht um Work in Progress wie bei Satellitendaten)
Was die NASA zum Beispiel so anbietet:
https://saturn.jpl.nasa.gov/photos/raw/
(da gibt’s aktuell Bilder, die gestern empfangen wurden)
https://mars.jpl.nasa.gov/msl/multimedia/raw/
(da gibt’s Bilder von heute)
Wie gesagt – es muss ja gar nicht raw sein. Darf auch jemand vorauswählen. Nur halt ein bisschen mehr als ein Bild alle paar Tage, wie im Augenblick bei Rosetta.
So, genug von mir zu dem Thema.
Es wird nicht mehr erbeten, als anderswo schon realisiert ist oder war etc.
Na ja, die Forderung ist die nach Veröffentlichung (niedrig aufgelöster Bilder ohne hohen wissenschaftlichen Wert) in Echtzeit. Ich ging davon aus, dass nicht explizit erwähnen zu müssen. Abgesehen vom Echtzeitsaspekt kommt dazu eine Beurteilung: Was ist niedrig aufgelöst? Und was ist ohne hohen wissenschaftlichen Wert?
Das diese und andere Aspekte anderswo anders bewertet werden und zu anderen Konsequenzen führen ist unstrittig, aber wieso ein Argument? Das macht die Argumente der ESA doch nicht unplausibel?
@FF: „Warum sich jetzt alle gerade bei Rosetta so sehr darüber aufregen und so tun, als wäre die ESA irgendeine fiese Geheimorganisation der die Öffentlichkeit egal ist, verstehe ich eigentlich nicht…“
So wie ich es hier aus den Kommentaren herauslese, erscheint das für mich eher so, als sei der Grund für die Empörung mehr auf die allgemeine, antiwissenschaftliche Einstellung der ganzen Bevölkerung zurückzuführen. Ganz im Sinne von haters gonna hate.
Ich sage nicht, es ist so – nur daß ich den Eindruck habe.
Mich persönlich interessiert die Sache auch. Es ist mir aber völlig egal, ob die Daten erst ausgewertet werden oder nicht. Die irreführenden Artikel darüber kommen so oder so früher oder später in den Medien.
Mir fällt wirklich kein Grund ein, warum ich dagegen sein sollte – außer weil ich einfach dagegen sein WILL.
alles kein problem leute…
….wes Brot ich ess, des Lied ich sing…..
@asp: „….wes Brot ich ess, des Lied ich sing…..“
Du meinst, ich werde von der ESA bezahlt um hier einen Artikel zu schreiben??
@Alderamin: „Ja klar. Hier z.B. zwei der “Wissenschafts-Hasser”:“
Wissenschafthass kann ich als Motivation auch nirgends ausmachen. Allerdings vielleicht ein paar falsche Vorstellungen davon, wie es im Wissenschaftsbetrieb tatsächlich abläuft und was möglich/sinnvoll ist und was nicht.
Ludmila Carone, die selbst an ESA-Projekten (inklusive Rosetta) mitgearbeitet hat, hat gerade einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben, in dem sie erklärt, wie es hinter den Kulissen zu geht; warum die Forderung nach Datenfreigabe nicht so simpel ist wie man denken mag und die ESA eigentlich der falsche Ansprechpartner für den Frust ist. Lest den Artikel!
Ich wollt‘ ja nix mehr sagen, aber…
@Sonnenklar
Ja klar. Hier z.B. zwei der „Wissenschafts-Hasser“:
Daniel Fischer (Blogger und Wissenschaftsjournalist)
Jonathan McDowell (Astrophysiker, Chandra-Projekt)
– Kopfschüttel –
Solange die NASA um den Faktor 10 mehr Leute in der PR und Geld hat als die ESA, ist es gemein, der ESA vorzuwerfen, dass sie nicht so viel und so gute PR macht wie die NASA.
Wovon denn? Von Luft und Liebe? Und wenn die PIs nicht mitspielen? Da kann die ESA doch auch nur versuchen, die irgendwie zu überzeugen. Ohne die in’s Boot zu holen geht es auch nicht.
Und auch die tolle NASA hat bei den Kepler-Daten ihre eigenen Regeln gebrochen, damit die Forscher in Ruhe publizieren konnten. Also bitte.
Ihr müsst die Geldgeber davon überzeugen, dass die Eure Steuergelder entsprechend einsetzen und nicht auf die einprügeln, die im Grunde auf Eurer Seite sind.
Und sorry wenn mir einer mit einem „Mach gefälligst das, was ich will“-Anspruch daherkommt, denke ich mir: „Ich reiß mir schon alle Beine aus und opfere meine Freizeit und tu mein Möglichstes, aber Du weißt natürlich viel besser als ich, was hinter den Kulissen laueft und wie mensch das kommunizieren sollte. Dann mach es doch selbst! Grrr.“
Das ist doch beknackt, sich so zu verhalten, dass sogar die Leute, die Bock auf Öffentlichkeitsarbeit haben, die Lust daran verlieren mit einigen der Enthusiasten zusammenzuarbeiten. Was soll denn das?
@Ludmila: Was mich an den Kommentaren unter dem ESA-Statement auch ärgert ist, dass da so getan wird, als wollte die ESA GAR KEINE Daten rausrücken. Aber das stimmt ja nicht – die werden ja eh alle veröffentlicht. Und ich finde es auch seltsam, dass man sich jetzt gerade die ESA und Rosetta rausgepickt hat. Warum gibts keinen offenen Brief von Astronomie-Fans, die fordern, dass alle Bilder die zB auf den ESO-Teleskopen in Chile gemacht werden, per Live-Stream ins Internet gestellt werden?
Ouhauerha. Wenn das kommt, dann würde ich als ESO-Chef denen den Spaß gönnen und ein paar Rohbilder „streamen“. Dann können die Nörgler mal sehen, wie Astrofotografie ohne Nachbearbeitung aussieht. Ein paar Deep-Field-Aufnahmen nach der ersten Nacht? Nichts als Neger im Tunnel, wie der nicht ganz politisch korrekte Vergleich genannt wird. Rauschbereinigung gibts dann auch nicht, IRIS sollte man dann auch selber runterladen und beherrschen können und dann sollen sie mal versuchen. Meine Güte – das Licht der Sterne war hunderte Jahre, das Licht ferner Galaxien Millionen bis Milliarden Jahre unterwegs, bis es hier auf der Erde in einen Sensor einschlug. Da würden die „Fans“ auch noch eine Woche länger warten können.
Ich frag mich ja eher, wem diese Instant-Datenfreigabe eigentlich nützen würde. Wir hier im Astrodicticum wissen sehr gut, auf welche bescheuerten Ideen manche Leute kommen, die nicht einmal wissen, wie Bleeding-Artefakte auf einem CCD aussehen und deshalb auf SOHO-Bilder gigantische Raumschiffe zu sehen glauben (oder noch schlimmer: nur so tun, als würden sie). Da isses mir lieber, wenn die anfallenden Daten der Rosetta-Mission erst einmal gescheit in Form gebracht werden, damit das meist fachfremde Publikum nicht gleich wieder von Städten auf dem Kometen faselt.
Volle Zustimmung zu den Aussagen von Spacedude und Alderamin.
Wie es scheint ist aber für Rosetta vieles schon zu spät aufgrund der rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Aber hoffentlich nimmt sich die ESA die Kritik zu Herzen und gestaltet z.B. die Juice-Mission so, dass in der heißen Phase der Mission tagesaktuelle Bilder zur Verfügung gestellt werden können und kein PI alles verhindern kann. Vielleicht täuscht mich meine Erinnerung, aber ich meine mal gelesen zu haben dass Prof. N. aus B. da ein besonderer Problemfall ist.
@Florian:
Ganz einfach: Bei ESO-Teleskopen gibt es keinen „Event“-Charakter. Die Teleskope sind jahrzehntelang in Betrieb und machen Beobachtungen für die Astronomen welche Beobachtungszeit ergattern konnten. Es gibt keinen einzelnen Zeitpunkt auf den alle zufiebern weil nur an diesem Tag oder diesen Wochen das Teleskop atemberaubende Aufnahmen macht während es vorher 10 Jahre lang im Standby war. Auch Hubble-Bilder werden nicht tagesaktuell veröffentlicht, wozu auch? Wenn Hubble jedoch Aufnahmen eines seit Jahren erwarteten 1km großen NEOs machen würde der 500km an der Erdoberfläche vorbeirasen würde dann würde die Öffentlichkeit wohl zurecht erwarten dass diese Aufnahmen umgehend veröffentlicht würden.
Dein Gefühl trügt dich.
Wenn du auf raumfahrer.net in den Rosetta-Bereich gehst siehst du dass der Thread zum Thema Bild-Freigabe am 12. Juni 2014 begonnen wurde. Das CNES-Leak hat mit dem eigentlichen Thema sowieso gar nichts zu tun.
Und zum Thema „bisher nicht aufgefallen und gestört“: Im allerersten Beitrag des obigen Threads vom User pikarl liest man:“ ist die ESA wohl bemüht, die Bilder der Rosettamission nur vereinzelt herauszugeben…. Jedenfalls machte die ESA auch bei früheren Missionen so einen Eindruck – etwa als wir nach der Ankunft von Mars Express wochenlang auf neue Bilder warten mussten.“
Ich bin also gespannt was uns am 6. August präsentiert wird. Aber die Annäherung findet ja jetzt statt und nicht nur am 6.8.. Die Bilder werden JETZT von Tag zu Tag detailreicher und nicht nur am 6.8.
@stillerleser: „Ganz einfach: Bei ESO-Teleskopen gibt es keinen “Event”-Charakter. . Es gibt keinen einzelnen Zeitpunkt auf den alle zufiebern.“
Das haben wir doch jetzt schon mehr als einmal besprochen. Die „Events“ von Rosetta kannst du alle live mitverfolgen. War nie anders geplant und stand nie außer Frage. Gerade ist das Programm für die Annäherung am 6.8. veröffentlicht worden. Mit Live-Übertragung im Internet. Ein Data-Dump unkommentierter Satellitenrohbilder hat genau so viel „Event“-Charakter und Sexappeal wie es Rohbilder von ESO-Teleskopen haben. Niemand will den Leuten ihre Rosetta-Events nehmen. Stand nie außer Frage.
nein, nein, nein, die Wissenschaftler investieren kein Geld, im Gegentum, sie werden sogar mit Steuergeld dafür bezahlt, also her mit den Daten, in Echtzeit.
Wenn die Wissenschaftler wirklich so schlau sind dann kann ja Konkurrenz das Wissenschaftgeschäft nur beleben.
@sepiola: „also her mit den Daten, in Echtzeit.“
Lies bitte den Artikel von Ludmila, bevor du hier solche populistischen Forderung stellst: https://scienceblogs.de/planeten/2014/07/18/europaeische-oeffentlichkeitsarbeit-zwischen-ringen-um-glaubwuerdigkeit-purer-existenzangst-und-einem-unmenschlichen-publikationsdruck/
Doch, doch, das verlange ich !
BTW: Populus = Volk = Demokratie
Das Volk fordert die Daten (in Echtzeit) die mit ihrem Steuergeld (Echtzeit abgeliefert, z.b. die Mehrwertsteuer) gewonnen werden !
@Florian:
Ich zitiere den letzten Absatz meines letzten Postings:
Ich kann mich noch gut an Curys Landung vor 2 Jahren erinnern. Da habe ich die tagesaktuell! veröffentlichten (Roh)bilder fast täglich durchgeklickt. Heute werden sie immer noch tagesaktuell veröffentlicht, aber ich schaue nur noch ganz selten rein. Die Raumfahrt- und Astronomiefans benutzen solche Bilder und basteln daraus GIF-Animationen, 3D-Bilder, Panoramen (O.K., macht bei Rosetta momentan noch keinen Sinn) und was weiß ich noch alles. Das macht doch einen Teil der Spannung aus: Zu verfolgen wie es sich entwickelt, wie es dem Höhepunkt zustrebt. Man geht abends ins Bett und freut sich darauf am nächsten Tag neues darüber zu lesen UND zu sehen.
Ja, wenn sich von einem auf den nächsten Tag nicht viel ändert muss es auch nicht jeden Tag sein. Aber einmal die Woche wie bei Rosetta momentan ist einfach indiskutabel.
@sepiola:
Den verlinkten Artikel immer noch nicht gelesen?
@sepiola
Lern deutsch.
Populus, Volk und Demokratie haben genau gar nichts miteinader zu tun.
@all
Ich tu mich momentan schwer den Argumentationslinien zu folgen. Zum Einen FF, der die für mich nachvollziehbare Position vertritt, Daten dann freizugeben wenn sie „verständlich“ und nachvollziehbar aufbereitet sind. Zum Anderen die Echtzeitanhänger, die, sorry Alderamin, lieber verfälschte Daten, in „Echtzeit“ (runterrechnen) haben wollen, als ein paar Tage auf zuverlässliche Daten (Werte und Bilder) zu warten.
Ich versteh das Problem nicht, und da gehts mir, glaube ich wie FF. Ich sehe keinerlei Vorteil darin, verfälschte Daten (runtergerechnete, künstlich verschlechterte, z.B. Bilder) in „Echtzeit“ anschauen zu können.
Ähm, naja, ich glaube, dass mein Unverständnis doch ein Anderes als das von FF ist. Er weiss schliesslich was die gelieferten Daten bedeuten, ich muss mirs , auch von ihm, erklären lasen 😉 .
Sie haben eine sehr konkrete Frage gestellt und als einer der Raumfahrtfans auf Raumfahrer.net möchte ich Sie ihnen gerne beantworten:
Zitat von Florian Freistetter
„Und ich habe immer noch nicht verstanden, warum es so essentiell wichtig sein soll, in “Echtzeit” an die Daten zu gelangen. Mit Öffentlichkeitsarbeit hat das ja auch nichts zu tun. Damit die Öffentlichkeit was davon hat, müssen die Daten aufbereitet und erklärt werden; mit Zusatzinfos versehen, usw. Und wenn nur die Daten ohne “wissenschaftlichen Wert” publiziert werden sollen, dann muss da immer vorher noch jemand sitzen und die Entscheidung treffen, was jetzt “wertlos” ist und was nicht. Wie das konkret ablaufen soll, hab ich immer noch nicht verstanden.“
Die Antwort ist erstaunlich einfach: Sehen Sie sich zum Beispiel einmal diese Website an:
https://mars.jpl.nasa.gov/msl/multimedia/raw/
Dort werden Bilder des Marsrovers Curiosity quasi in Echtzeit veröffentlicht – automatisch ganz ohne menschliches Eingreifen. Jedes mal, wenn ein als Datenrelais genutzter Orbiter (z.B. MRO) über Curiosity vorbeifliegt (geschieht 2x pro Sol) können sie nach der Signallaufzeit Erde-Mars quasi zuschauen, wie nach und nach neue Bilder eintreffen.
Die Antwort Frage, wie wir uns das vorstellen und es konkret ablaufen soll ist damit erstaunlich einfach: Im Idealfall genau so!
Auf die Anmerkung, dass dies mit Öffentlichkeitsarbeit nichts zu tun habe, entgegne ich einfach mal doch! Jedes mal, wenn auf den Bildern etwas interessantes zu sehen ist, entspannt sich bei uns eine Diskussion darüber. z.B. hier:
https://www.raumfahrer.net/forum/smf/index.php?topic=11246.msg294488#msg294488
Sehen sie sich z.B. die 3D-Bilder und Panoramen an, die von unseren Nutzern ganz ohne Hilfe von Wissenschaftlern erstellt werden. Sie haben keinen wissenschaftlichen Wert, sehr wohl aber Unterhaltungswert. In gewisser Weise verselbstständigt sich ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit, da wir von uns aus das Interesse an der Mission wach halten.
Die Aufnahmen haben keinen wissenschaftlichen Wert, weil es ohne die Information wie Beleuchtungsverhältnisse, verwendete Farbfilter e.t.c. kaum möglich ist daraus z.B. geologische Informationen über die Mineralien abzuleiten.
Sie scheinen der Meinung zu sein, dass die Öffentlichkeit ohne Zusatzinfos und Erklärungen nichts von den Aufnahmen hätte. Wir sind komplett gegenteiliger Überzeugung.
Disclaimer: Ich spreche hier allein als Raumfahrtfan, NICHT in offizieller Funktion von Raumfahrer Net e.V.
@wulf21: „Die Antwort ist erstaunlich einfach: Sehen Sie sich zum Beispiel einmal diese Website an“
Meine Frage war allerdings, wer davon profitiert in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Klar ist es nett, wenn man als Raumfahrtfan Zugriff auf so viele Daten hat. Aber Öffentlichkeitsarbeit muss sich um alle kümmern, nicht nur eine Minderheit an Fans. Und die meisten Leute können mit einer Datenbank voll unkommentierter Bilder halt nicht viel anfangen.
„Auf die Anmerkung, dass dies mit Öffentlichkeitsarbeit nichts zu tun habe, entgegne ich einfach mal doch! Jedes mal, wenn auf den Bildern etwas interessantes zu sehen ist, entspannt sich bei uns eine Diskussion darüber. z.B. hier:“
Wie gesagt. Ich verstehe vollkommen, dass die Raumfahrtfans von solchen Bildern begeistert sind. Aber das ist nicht „Öffentlichkeitsarbeit“ im eigentlichen Sinn.
„Sie scheinen der Meinung zu sein, dass die Öffentlichkeit ohne Zusatzinfos und Erklärungen nichts von den Aufnahmen hätte. Wir sind komplett gegenteiliger Überzeugung.“
Das liegt vermutlich daran, dass wir unterschiedlicher Auffassung sind, was „Öffentlichkeit“ heißt. Unkommentierte Bilder in schlechter Qualität sind dafür geeignet Raumfahrtfans zu begeistern. Und natürlich wollen Fans immer möglichst viele Informationen über das, was sie toll finden und sie wollen diese Informationen möglichst schnell. Aber ich bezweifle, ob das die gestellten Forderungen rechtfertigt. Ich nehme an, sie haben den Artikel von Ludmila Carone zu dem Thema schon gelesen? Sie erklärt sehr ausführlich, wo das Problem liegt: https://scienceblogs.de/planeten/2014/07/18/europaeische-oeffentlichkeitsarbeit-zwischen-ringen-um-glaubwuerdigkeit-purer-existenzangst-und-einem-unmenschlichen-publikationsdruck/
@Florian:
Ja genau, zum großen Teil geht es um diese Fans. Aber ich denke dabei nicht nur an 50jährige Fans die im Hauptberuf Bankangestellter sind sondern an Schüler die sich überlegen was sie nach dem Abitur machen sollen. Ich denke daran, dass sich vielleicht statt 50 nun 60 Abiturienten in Deutschland (und entsprechende Zahlen in anderen Ländern) entscheiden Physik zu studieren mit dem Ziel sich auf Astronomie zu spezialisieren. Statt 200 fangen 220 Abiturienten an Luft- und Raumfahrttechnik zu studieren. Und diese Jugendlichen sind nicht darauf angewiesen in der Tagesschau oder auf Spiegelonline kommentierte Hochglanzbilder und Berichte zu schauen und zu lesen. Die finden ihr Futter auf den erwähnten Internetseiten wo Fans aller Altersklassen die Rohbilder bearbeiten und diskutieren. Und ich weiß es nicht, kann mir aber vorstellen dass auch Wissenschaftsjournalisten von Massenmedien eher etwas über solche Missionen berichten wenn sie sehen dass solche Missionen im Internet entsprechende Aufmerksamkeit geniessen (und zwar nicht nur am 6. 8.).
@stillerleser: „ondern an Schüler die sich überlegen was sie nach dem Abitur machen sollen. „
Und du meinst, wenn da jetzt ein Haufen schlechter Bilder in ne Datenbank geschoben wird, motiviert das die Schüler, später Physik zu studieren? Das bezweifle ich sehr stark. WENN, dann werden diese Schüler durch echte Öffentlichkeitsarbeit motiviert. Durch gute Fernsehsendungen, durch gute populärwissenschaftliche Bücher, gute Zeitungsartikel, usw.
„Die finden ihr Futter auf den erwähnten Internetseiten wo Fans aller Altersklassen die Rohbilder bearbeiten und diskutieren.“
Wie gesagt: Ich bezweifle das. Das widerspricht allen Erfahrungen, die ich bis jetzt gemacht habe.
„dass solche Missionen im Internet entsprechende Aufmerksamkeit geniessen (und zwar nicht nur am 6. 8.).“
Genau. Weil ja davor auch niemand jemals nur ein Wort über Rosetta verloren hat. Und nirgendwo berichtet worden ist.
Ernsthaft: Hier wird so getan, als stünde der Untergang des Abendlands bevor und als wäre irgendeine riesiger Skandal passiert. Es wird so getan, als würde die ESA im geheimen forschen und man müsse die Massen mobilisieren, um auch etwas davon sehen zu dürfen. Dabei geht es – ich sags jetzt mal direkt – um eine Gruppe von Raumfahrtfans die halt gerne noch mehr und noch schneller an für sie interessante Informationen kommen will als es bisher der Fall ist. Das ist verständlich. Aber einerseits die Realität der wissenschaftlichen Forschung zu ignorieren (siehe Ludmilas Artikel) und andererseits so zu tun, als wäre jetzt eine sich in Echtzeit füllende Datenbank mit Bildern schlechter Qualität die außer Fans niemand versteht das Nonplusultra der Öffentlichkeitsarbeit ist auch ein wenig absurd.
Wenn ich zB nur in das Rosetta-Blog schaue, dann sehe ich dort 3-4 Artikel pro Woche, in denen über die Mission informiert wird und das sehr ausführlich. Es gibt jede Menge Material über die Mission. Und es werden ALLE Daten veröffentlicht. Es gibt jede Menge Live-Events. Dass das für manche immer noch zu wenig ist, verstehe ich. So ist das halt mit Fans – da will man immer möglichst alles über das erfahren, was man cool findet. Aber es gibt halt durchaus auch Gründe warum das nicht möglich ist und diese Gründe gehen über „Die ESA ist inkompetent/gemein“ hinaus.
@Florian Freistetter
„Wie gesagt: Ich bezweifle das. Das widerspricht allen Erfahrungen, die ich bis jetzt gemacht habe.“
Hoffentlich ohne Ihnen zu nahe zu treten: Das liegt vielleicht daran, dass Sie zu alt sind, um entsprechende Erfahrungen gemacht haben zu können. Wir unterliegen alle unserer persönlichen Wahrnehmungsverzerrung basierend auf den Erfahrungen, die wir nun einmal gemacht haben.
“ Aber einerseits die Realität der wissenschaftlichen Forschung zu ignorieren (siehe Ludmilas Artikel) und andererseits so zu tun, als wäre jetzt eine sich in Echtzeit füllende Datenbank mit Bildern schlechter Qualität die außer Fans niemand versteht das Nonplusultra der Öffentlichkeitsarbeit ist auch ein wenig absurd.“
Erstens einmal ignorieren wir die Realität der Forschung nicht. Curiosity und die Mars Exploration Rovers gehören zum Beispiel auch zur Realität der Forschung, oder nicht? Im offenen Brief wurde außerdem mehr als deutlich gemacht, dass wir die Intention hinter der „proprietären Periode“ sehr wohl verstehen.
Möglicherweise ignorieren wir die Realität der _europäischen_ Forschung. Das könnte daran liegen, dass man so selten Einblicke in diese erhält. Vor Ludmilas Artikel habe ich davon jedenfalls noch nichts von den internen Zuständen gehört.
Wir tun auch nicht so als sei eine sich automatisch füllende Datenbank das Nonplusultra der PR. Im Gegenteil, die PR der NASA zu Curiosity geht weit über das hinaus. Wir finden allerdings, dass es eine sinnvolle Ergänzung ist.
Wir sind auch nicht der Meinung, dass die Bilder außer uns keiner versteht. Dass z.B. der Komet während der Annäherung immer größer wird und immer mehr Details sichtbar werden, sollte jedem Laien einleuchten.
„Wenn ich zB nur in das Rosetta-Blog schaue, dann sehe ich dort 3-4 Artikel pro Woche, in denen über die Mission informiert wird und das sehr ausführlich.“
Schauen Sie genauer hin. Nur in einem Artikel pro Woche (dem vom Donnerstag) gibt es tatsächlich echte Bilder, die von Rosetta „geschossen“ wurden. Überdies waren die Bilder (zumindest vor dem offenen Brief) deutlich älter als eine Woche, ich weiß nicht, ob man vorhat, das zu ändern.
Um einen vielleicht etwas platt klingenden Vergleich zu bemühen: Das wäre in etwa so, als ob die Berichterstattung zur Fußball-WM nur in Text und Computeranimationen stattfinden würde. Ein paar Wochen später gibt es erst echte Bilder. Das Gefühl, live dabei zu sein, geht völlig verloren.
@wulf21: „Das liegt vielleicht daran, dass Sie zu alt sind, um entsprechende Erfahrungen gemacht haben zu können.“
Ich bin 36. Und Raumfahrt war schon erfunden, als ich geboren wurde. Wie genau hängt mein Alter mit dem Thema zusammen? Das verstehe ich nicht.
@Florian:
Ich denke du täuschst dich gewaltig.
Gerade das hier gefunden:
https://www.raumfahrer.net/forum/smf/index.php?topic=12645.75
Jim Bell, an den Kameras der Mars Exploration Rover beteiligt, schreibt in seinem Buch über diese Missionen dass, nachdem sie sich entschlossen hatten die Bilder automatisiert nach jpeg-Konvertrierung ins Internet zu stellen, sie an guten Tagen MILLIONEN von Zugriffen auf diese Bilder hatten. Und er schreibt weiter: „…Kinder, Lehrer, Weltraumenthusiasten, Laien und sogar Kongressabgeordnete – in der Lage waren, fast in Echtzeit alles mitzubekommen und Teil unseres fantastischen Marsabenteuers zu sein.“ .
“
@wulf21: “Das liegt vielleicht daran, dass Sie zu alt sind, um entsprechende Erfahrungen gemacht haben zu können.”
Ich bin 36. Und Raumfahrt war schon erfunden, als ich geboren wurde. Wie genau hängt mein Alter mit dem Thema zusammen? Das verstehe ich nicht.“
Entschuldigen Sie bitte. Ich habe das Zitat zu sehr gekürzt, dadurch ging der Zusammenhang verloren. Stillerleser meinte, das durch Internet-Seiten Schüler für die Raumfahrt begeistert werden können, woraufhin Sie entgegneten, dass eher Fernsehsendungen/Zeitschriftenartikel e.t.c dazu geeignet sind. Dann fügten Sie an, dass dies Ihrer Erfahrung widerspricht (den Teil habe ich zitiert).
Sicher war die Raumfahrt bei Ihrer Geburt bereits erfunden, schnelles Internet, geschweige denn „social media“, aber noch nicht. Daher widerspricht die Möglichkeit, dass sich Menschen durch das Internet begeistern lassen und den Weg in die Raumfahrt einschlagen können, Ihrer persönlichen Erfahrung.
Sollten Sie sich dadurch persönlich angegriffen fühlen, so können Sie den Satz und das hier getrost löschen. Ist ohnehin nicht so wichtig.
@wulf21: „Sollten Sie sich dadurch persönlich angegriffen fühlen, so können Sie den Satz und das hier getrost löschen. Ist ohnehin nicht so wichtig.“
Ich fand es nur ein wenig seltsam, dass man mir vorwirft, ich wäre zu alt, um eine Aussage über wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit im Internet zu treffen. Immerhin ist wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit im Internet der Job mit dem ich mein Leben verdiene.
Ich sage ja auch nicht, dass es absolut keinen Effekt hätte, wenn man die Bilder veröffentlicht und @stillerleser hat das ja gerade auch zumindest mit einer Geschichte unterstützt. Ich sage nur, dass es 1) nicht so einfach ist, wie man sich das vorstellt, wenn man nicht Teil des wissenschaftlichen Betriebes ist. Und das man 2) durchaus noch etwas Arbeit investieren muss, damit mehr als nur ein paar Raumfahrtfans in Raumfahrtfanforen was davon haben und dafür in den meisten Fällen leider kein Geld und Personal da ist (im Gegensatz zu den USA). Das kann und soll man durchaus kritisieren und das gehört geändert. Aber dieser offene Brief hilft in der Hinsicht nicht weiter. Und 3) ist es halt doch eine Sache dessen, was man als „Öffentlichkeit“ bezeichnet. Mit meinen Büchern, bei meinen Vorträgen und Blogartikeln komme ich halt nicht nur mit Astronomie/Raumfahrtfans in Kontakt. Sehr sehr viele Menschen sind absolute Laien, die man über soziale Medien o.ä. im Zuge spezieller spektakulärer Events aufsammeln und zumindest kurzfristig für Wissenschaft faszinieren kann. Aber das geht sicher nicht mit „Hey, schaut mal! Pixelige Bilder von einem schwarz-weißen Fleck im Weltall!“. Das mag diejenigen begeistern, die sowieso schon interessiert sind. Aber das ist nicht die Öffentlichkeit die ich meine.
Der offene Brief geht halt an die falsche Adresse. Ich bin sicher, die ESA und die beteiligten Wissenschaftler würden nichts lieber tun, als so vielen Menschen wie möglich über ihre Arbeit zu erzählen; mit Bilder und allem drum und dran. Meiner Erfahrung nach (falls sie mir denn diesmal zugestanden wird; immerhin hab ich ja auch als Wissenschaftler gearbeitet) geht das den meisten Forschern so. Aber sie KÖNNEN nicht. Weil sie dann nämlich aus dem System rausfallen (und als jemand der tatsächlich probiert hat, gleichzeitig Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben kann ich das aus eigener Erfahrung bestätigen). Es bringt nichts zu sagen „Hey, ESA – rück die Daten raus!“. Man muss die zuständigen Politiker und Förderorganisationen dazu bringen, das System zu ändern, nach dem in Europa wissenschaftliche Karrieren bewertet werden. So lange du weiterhin ausschließlich nach deiner Publikationsliste und der Anzahl der dort aufscheinenden Nature/Science-papers beurteilst wirst, wenn du nen Job suchst oder Fördergelder (zB für Satellitenmissionen) beantragst, wirst du es dir weiterhin nicht leisten können, dich zu sehr in der Öffentlichkeitsarbeit zu engagieren. Und das gilt um so mehr, wenn es wie in diesem Fall um ein Engagement geht, das die Möglichkeit beinhaltet, dass andere eine wissenschaftliche Entdeckung machen, die man eigentlich selbst machen wollte.
So jetzt hab ich den Artikel gelesen. So eine Jammerei !
Sollen wir jetzt aus Mitleid auf die mit unsertem Steuergeld ermittelten (Echtzeit) Daten verzichten ?
In Zukunft werde ich an diese Jammerei denken, wenn wieder ein Forscher im Radio verkündet wie super Wissenschaft ist, weil er dort das machen kann was er will und auch noch dafür bezahlt wird.
@sepiola: „Sollen wir jetzt aus Mitleid auf die mit unsertem Steuergeld ermittelten (Echtzeit) Daten verzichten ?“
Du verzichtest nicht auf die Daten. Sie werden veröffentlicht.
„So eine Jammerei !“
Nein, nur eine Darstellung des Status Quo. Handelt ein Wissenschaftler so wie du es forderst, hat er danach im schlimmsten Fall keinen Job mehr. Wenn man das ändern will – und das wollen Wissenschaftler genau so wie die Verfasser von offenen Briefen – dann bringt es nichts, hier die Forscher anzupöbeln. Die können da nämlich auch nichts dafür. Dann muss man sich für eine Veränderung im wissenschaftspolitischen System einsetzen. Das passiert auch, aber halt nicht von heute auf morgen. Die EU zb (lass mich raten, die findest du auch doof?) hat zB durchgesetzt, dass alle Forschungsergebnisse die mit EU-Geldern gewonnen werden auch Open Source publiziert werden müssen. Aber bei der DFG – die in Deutschland für die Vergabe der meisten Gelder zuständig ist – ist das noch nicht der Fall. Und Wissenschaftler die Öffentlichkeitsarbeit machen, werden immer noch indirekt dafür bestraft, weil das System diese Arbeit nicht anerkennt. Mecker also über die Politiker und Wissenschaftsförderorganisationen – das kann am Ende sogar was verändern.
@80 Liebenswuerdiges Scheusal
„Ich versteh das Problem nicht, und da gehts mir, glaube ich wie FF. Ich sehe keinerlei Vorteil darin, verfälschte Daten (runtergerechnete, künstlich verschlechterte, z.B. Bilder) in “Echtzeit” anschauen zu können.“
Genauso geht es mir auch. Das ist auch der Grund, warum ich versucht habe über eine mögliche Ursache nachzudenken. Allgemeine, antiwissenschaftliche Haltung war das, was mir als Erstes in den Sinn kam. Aus welchem Grund sollte man sonst einfach nur „dagegen“ sein?
Verstehe ich nicht.
@69 FF; glaub ich nicht und selbst wenn, wär es auch ok.
🙂
als gelernter österreicher und aufmerksamer beobachter der aktuellen schweren geburt um eine verbesserte Informationsfreiheit in ö.
https://www.profil.at/articles/1427/980/376408/amtsgeheimnis-wie-politik-wissen-buerger
war es mir ein anliegen, gegen jegliche institutionelle informationsbeschränkung einzustehen. ein bissl mehr an transparenz waer überall gut, es fordert niemand die punktuelle offenlegung aller staatsgeheimnisse.
elegant wäre gewesen wenn die esa ein paar daten online gelassen hätte für die „cititzen-scientists“ ,interessierte,etc.
so erinnt mich die institution ein bissl an den golum;… m e i n schatzzzzzzzzz….. 😉
wie auch immer, i m out.
@asp: „war es mir ein anliegen, gegen jegliche institutionelle informationsbeschränkung einzustehen. ein bissl mehr an transparenz waer überall gut, es fordert niemand die punktuelle offenlegung aller staatsgeheimnisse.“
Und ein weiteres Mal: KEINE Daten werden zurück gehalten. Es wird alles veröffentlicht.
Ist das eigentlich soo schwierig zu kapieren??
@FF
Ich habe den Artikel von Ludmilla gelesen und verstehe ihre ‚Wut‘. Gleichzeitig sehe ich aber kaum einen Unterschied zu Mitarbeitern einer typischen Firma, denn die müssen um Aufträge kämpfen, diese nach Plan und wenn geht mit Gewinn größer 15% abarbeiten, müssen oft mittendrin abbrechen weil Geld fehlt wobei viel Enthusiasmus verloren geht, müssen parallel beim Kunden PR betreiben, dürfen keine Fehler machen, müssen immer Ergebnisse liefern, Weiterentwicklungen müssen erkämpft oder gleich privat erledigt werden, verlieren ihren Job wenn es nicht läuft, dürfen aus Geheimhaltung gar nichts publizieren (obwohl sie gerne würden, seufz) UND das Ganze OHNE den Vorteil einer Monopolstellung und in harter Konkurrenz zu anderen Firmen.
Andererseits, wir streiten hier um des Kaisers Bart, denn es interessiert geschätzen 0,01% aller Menschen was mit den Bildern passiert 🙂
[…] In mehreren Kommentaren und Blogeinträgen wird nämlich bezweifelt, dass die Weitergabe von Bildern in Echtzeit einen Mehrwert für die Öffentlichkeit bringe. Quasi-Livebilder gebe es ja in kritischen Phasen (zu Rosettas Ankunft am 6. August und zur Kometenlandung am 11. November). Der Astroblogger und Astronom Florian Freistetter schreibt: […]
[…] wegnehmen lassen wollen. Diese so genannte Data Policy stieß sogleich auf Kritik als auch auf Zustimmung. ESA-Mitarbeiter Michael Khan wies in seinem Blog darauf hin, dass die ESA gar nicht unbedingt die […]
Es geht primär darum, das es weder die Menschen noch die Medien interessiert was gestern war.
Es wird sich zeigen ob irgendeine Zeitung von der Landung Rosettas berichtet, wenn kein aktuelles Bildmaterial zur Verfügung steht.
Es geht auch darum das Thema Raumfahrt und Astronomie für die Öffentlichkeit schmackhaft zu machen. Siehe Curiosity. Ein Rover landet auf dem Mars – okay. Schon x mal passiert also eigentlich nichts neues. Aber „Live“ dabei zu sein ist halt dann doch etwas anderes.
Die Mission Rosetta wird in kürzester Zeit im Nirvana der Information verschwinden, weil nur Text in der heutigen Zeit keinen mehr interessiert – ausser man interessiert sich eh für das Thema. Ob da nach 7 Tagen irgendwelche Photos veröffentlich werden ist für die Medien irrelevant.
@ZeT: „Es wird sich zeigen ob irgendeine Zeitung von der Landung Rosettas berichtet, wenn kein aktuelles Bildmaterial zur Verfügung steht.“
Meinst du ERNSTHAFT, die ESA würde Philae auf nem Kometen landen lassen (ein Ereignis, auf das man Jahrzehnte hingearbeitet hat) und dann die Presse NICHT mit Informationen versorgen? Das Ereignis NICHT live übertragen? Natürlich passiert das; natürlich werden Livebilder vorhanden sein – und das wurde hier in der Diskussion auch schon deutlich mehr als einmal erklärt und kommentiert.
Na bitte, geht doch:
Wer reden kann, dem wird geholfen werden. Danke, ESA!