Es ist ein klein wenig ungerecht. Der Mars bekommt all die Publicity und die Aufmerksamkeit von Medien, Öffentlichkeit und Raumfahrtagenturen. Unser zweiter Nachbarplanet dagegen, die Venus, beschäftigt die Menschen lange nicht so intensiv. Das liegt warscheinlich daran, dass der Mars so gut wie keine Atmosphäre hat und wir seine Oberfläche deswegen sehen können. Außerdem ist es weder zu kalt noch zu heiß so dass wir tatsächlich mit unseren Raumsonden dort landen können. Wir können die Rover von Krater zu Krater fahren lassen, tolle Fotos von Steinen, Dünen und Marsbergen machen und uns immer noch der Hoffnung hingeben, dort irgendwo Spuren von Leben zu finden. Wohingegen die Venus sich hinter einer dicken Schicht aus Wolken versteckt (die noch dazu recht eintönig aussehen, ohne die ganzen bunten Muster wie sie zum Beispiel bei Jupiter zu finden sind) und wollte man die dichte Atmosphäre durchdringen und dort landen, müsste man irgendwie mit Temperaturen von über 400 Grad klar kommen. Außerdem ist die Venus viel größer und massereicher als der Mars und eine Raumsonde, die dort in einen Orbit einschwenken will, muss darum viel stärker abbremsen, was mehr Treibstoff erfordert und einen Flug teurer und aufwendiger macht als einen Besuch beim Mars. Kein Wunder also, dass wir den Mars bevorzugt behandeln… Momentan befindet sich nur eine einzige Raumsonde bei der Venus: die europäische Mission Venus Express. Und auch sie steht kurz vor dem Ende. Aber das wird noch einmal so richtig spektakulär ausfallen!
Venus Express flog am 9. November 2005 von der Erde los und erreichte den Nachbarplaneten im Frühjahr 2006. Seitdem umkreist die Sonde die Venus und hat seine Atmosphäre ausführlich erforscht. Das ist auf den ersten Blick vielleicht nicht so spektakulär wie mit einem Rover durch die Steinwüsten des Mars zu fahren und die Entstehung des Lebens zu erforschen. Aber nicht minder wichtig – denn dort wo uns der Mars etwas über die ersten Spuren des Lebens verraten kann, können wir bei der Venus vielleicht lernen, wie das Leben wieder verschwindet. Die Venus zeigt uns, wie ein Planet mit einem völlig außer Kontrolle geratenen Klima aussieht und was wir dort lernen, könnte in Zukunft durchaus auch für uns Menschen auf der Erde relevant werden. Denn eigentlich ist die Venus der Sonne nicht so nahe, um die enormen Temperaturen zu rechtfertigen. Eigentlich sollte es dort „nur“ 50 Grad Celsius haben und bevor der Planet von Raumsonden aus der Nähe untersucht worden ist, hielt man es durchaus für plausibel, dass es dort Leben gibt und stellte sich die Venus als eine Art „Dschungelplanet“ mit tropischen Klima vor. Tatsächlich beträgt die Temperatur auf der Venus aber 470 Grad und der Unterschied ist der dichten Atmosphäre voller Treibhausgasen zu verdanken (siehe hier für Details).
Es lohnt sich also, die Atmosphäre der Venus zu untersuchen um daraus dann mehr über die allgemeinen Mechanismen von Wetter und Klima zu lernen, mit denen sich auch die Vorgänge auf der Erde besser verstehen lassen. Venus Express sollte eigentlich nur bis 2007 aktiv sein, aber da die Sonde weiter funktionstüchtig blieb und es noch genug zu erforschen gab, wurde die Mission zuerst bis 2009, dann bis 2012 und schließlich bis 2015 verlängert. Langsam nähert sich Venus Express nun aber wirklich ihrem Ende und bevor die Raumsonde nicht mehr gesteuert werden kann, wollen die Wissenschaftler noch einen ganz speziellen Stunt durchführen. Sie wollen Venus Express von einer Umlaufbahn um die Planeten in die Atmosphäre hinein steuern. Schon seit einiger Zeit wird die Bahn so verändert, dass die Sonde am planetennächsten Punkt ihres Umlaufs immer näher an die Venus rückt und hat sich der Oberfläche mittlerweile schon auf weniger als 140 Kilometer genähert!
Momentan erreicht Venus Express den tiefsten Punkt ihrer Bahn auf der Tagseite der Venus; nächste Woche soll das auf der Nachtseite geschehen und da dir Atmosphäre dann ein wenig dünner werden soll, möchte man noch ein bisschen weiter runter gehen. Das ganze Manöver findet aus zwei hauptsächlichen Gründen statt: Zuerst einmal will man natürlich so viel wie möglich über die Atmosphäre lernen. Bis jetzt hatte man sie mit Venus Express immer nur vom Orbit aus betrachtet; nun steckt man mitten drin und erhofft sich jede Menge neue Erkenntnisse. Und dann nutzt man die Gelegenheit auch, um das „Aerobraking“ zu üben: So bezeichnet man die Technik, bei der man die Geschwindigkeit einer Raumsonde ändert, in dem man sie durch die Atmosphäre eines Planeten steuert. Das kann bei zukünftigen Mission zu anderen Himmelskörpern helfen und Treibstoff sparen. Aber natürlich muss man wissen was man tut, um sicherzustellen, dass man dabei die Raumsonden nicht zerstört und jede Möglichkeit, solche Manöver zu üben, sind willkommen.
Man wird mit Venus Express so tief gehen, wie es möglich ist. Irgendwann wird die Sonde dem Druck der Gase und der Reibungshitze nicht mehr standhalten, verglühen und ihre Mission endgültig abschließen. Aber davor wird sie uns hoffentlich noch eine große Show mit vielen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen liefern!
Es sind durchaus schon einige Sonden auf der Venus gelandet (waren allerdings alles russische Sonden, deshalb ist das vielleicht nicht so bekannt). Diese Sonden lebten auf der Oberfläche allerdings nicht sehr lange, vergleichbar mit der Huygens-Sonde auf Titan (da wusste man ja auch schon vorher dass sie nicht lange leben würde).
Hier der Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Venera-Mission
@Arnd: „Es sind durchaus schon einige Sonden auf der Venus gelandet (waren allerdings alles russische Sonden, deshalb ist das vielleicht nicht so bekannt)“
Venera ist mir durchaus bekannt; ich habe auch ein Foto im Artikel veröffentlicht das von Venera 13 auf der Venusoberfläche gemacht wurde.
Grad gefunden: Es gab wohl doch auch einen erfolgreichen Venus-Lander der USA:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pioneer-Venus
Um da noch eins drauf zu setzen:
https://www.bernd-leitenberger.de/raumsonden-venus.shtml
@Arnd
Pioneer-Venus war eine Orbitalsonde, kein Lander. In der Tat sind bisher nur russische Sonden auf der Venus gelandet.
Pioneer Venus 2 dann hatte 4 Landesonden dabei. Und widererwarten überlebte eine davon die (fallschirmlose!) Bruchlandung und sendete noch 67 min lang Daten zur Erde.
@LasurCyan, Arnd
Gut, wenn man die Atmosphärensonden, die eigentlich gar nicht dafür ausgelegt waren, eine Landung zu überleben, als Lander duchgehen lässt, weil eine es dann doch tat, dann habt Ihr natürlich Recht. Von den Sonden hatte ich mal gehört, aber nicht, dass eine davon nach dem Aufschlag noch überlebt hätte.
Hallo,
also ich selber fand die Venus (auch jetzt noch) interessanter als der Mars, gerade, weil es dort so schöön „höllisch“ ist 😉
Bin gespant, was so die neuen Daten aussagen, bitte berichte weiter darüber, Florian, wenn du willst/kannst.
Was mich noch interessiert: Es gibt ja so Thesen, dass zum. in den oberen Atmosphärenschichten Leben geben könnte (Luftplankton o.ä.), ist diese art von Untersuchung auch angedacht oder „nur“ ihre anorgan. Untersuchung? (Aufbau und chem. Zusammensetzung der Venusatmosphäre)
@Ex-Esoterik: Ich denke nicht, dass man mit den aktuellen Instrumenten von VEX in der Lage wäre, solche Lebewesen zu entdecken. Wenn, dann müsste man da schon eine eigens dafür ausgerüstete Mission hinschicken und das ist wohl eher zweifelhaft…
Warum muss eine Sonde stärker „bremsen“ um in einen Orbit um einen massereicheren Planeten zu kommen? Ich hätte vermutet, dass es einfacher ist, weil die Sonde stärker angezogen wird und sowieso eine höhere Orbit-Geschwindigkeit haben muss.
Nachtrag: Aerobraking müsste in einer dickeren Atmosphäre doch auch besser funktionieren, oder ist sie zu dick?
Welcher Art Messungen oder gar Experimente können denn noch in der letzten Phase des Eintauchens in die Atmosphäre vorgenommen werden?
Um mal die Schwierigkeit zu verdeutlichen da Elektronik am Laufen zu halten. Handlöten tut man mit ungefähr 350-400 Grad, und da wird das Lötzinn schon richtig flüssig. Sprich wenn man da ein Gerät, zum Beispiel in der heutigen SMD-Technik hin schickt, schmilzt das Lötzinn und hält die Bauteile nur noch durch Adhäsion. Sprich bei einer kleinen Erschütterung fallen unten die Bauteile ab. Man würde für so eine Mission wahrscheinlich die Bauteile verkrimpen oder gar verschweißen müssen, und selbst dann gibt es nur wenige Arten von Bauteilen die bei den Temperaturen überhaupt noch funktionieren.
Um trotzdem noch irgendwas machen zu können muss man die Sonden stark herunter kühlen und nutzt dann die Phase in der sie noch halbwegs kühl ist um noch schnell was zu machen.
Mir wäre schon geholfen wenn ein mysterium der Venus mal geklärt wäre.
Nämlich ihre entgegengesetzte Drehung.
Wie konnte das passieren? Dass musste doch von einem riesen Einschlag ,oder von was ähnliuchem kommen.
Vielleicht kommt daher auch diese höllische Atmosphäre?
Fragen über Fragen…….
@Andreas
Die Sonde „fällt“ quasi in das Gravitationsfeld des Planeten rein und je massereicher der Planet ist, desto stärker wird die Sonde dabei beschleunigt. Wenn die Sonde in einen Orbit soll, muss sie daher stark abgebremst werden. Ein Massereicher Planet ist für eine Raumsonde aus Bahntechnischer Sicht nur gut, wenn sie beschleunigt werden soll.
Gibt es eigentlich Erkenntnisse, ob es einen Zeitraum gab der lang genug war für die Entstehung von Leben auf der Oberfläche, bevor die Venus zu der heißen Hölle wurde? Oder ging Planetenentstehung nahtlos in den heutigen Zustand über?
@AFX
Aus Wikipedia:
Ähnliches erzählte Neil deGrasse Tyson in „Cosmos“. „Ob“ ist mit „jJa“ zu beantworten (man kann z.B. anhand des Deuteriumanteils in der Atmosphäre abschätzen, wie viel Wasser die Venus durch Photolyse verlor), nur „wie lange“ ist ziemlich unsicher.
@alderamin
wikipedia hatte ich auch gelesen, dachte man wüsste mehr.
Die Vorstellung, man könnte dort Fossilien finden wie auf der Erde, finde ich faszinierend. Blöd nur, dass das in absehbarer Zukunft kein Rover wird machen können -.-
Man sollte also erst mal ein paar Tauchroboter für die Tiefsee weiter entwickeln, die in der Umgebung der Schwarzen Raucher, oder den Tiefseegräben in der Nähe der vulkanischen aktivitäten auf dem Meeresboden agieren, um dadurch Erfahrungen zu sammeln, wie autonome Roboter gebaut werden müssen, die den hohen Druck- und Temperaturverhältnissen gewachsen sind. Auf der Basis dieser Erkennnisse sollte es dann möglich sein, einen Lander für die Venus zu entwickeln, der dort länger als ein paar Stunden funktioniert. Evtl. ist es auch nützlich, wenn man erst mal nur „Schwebe-Rover“ entwickelt, also so eine Art Luftschiffe, die nur bis zu einer bestimmten Tiefe in die Venusatmosphäre eintauchen und von dort aus ihre Untersuchungen machen.
@Hans
Ballons gab es sogar schon auf der Venus. Das Provlem ist weniger der Druck (wenn man keine großen Hohlräume lässt), sondern die Temperatur und dass kaum eine Elektronik das lange aushält, siehe #13.
@Alderamin
Es gibt ja noch das Venera-D-Projekt. Weisst Du da Genaueres? Alles relevante dazu, was ich finden konnte, ist leider auf Russisch geschrieben und meine 7 Jahre Schulrussisch reichen leider nicht aus, das zu decodieren.
@Alderamin:
wegen der Temperaturen dachte ich ja an die Tiefseegräben, weil es da unten an den entsprechenden Orten ja auch so heiss ist. – Oder täusch ich mich da, dass zwar dass Wasser, das aus den Rauchern kommt, entsprechend heiss ist, es in der Umgebung aber sehr schnell abkühlt?
Und ja, die Elektronik ist natürlich eine weitere Herausforderung, das sehe ich auch. Da wird man auf konventionelle Technik wahrscheinlich verzichten und was spezielles entwickeln müssen. Sei es nun eine besondere Kühltechnik oder auch besondere Bauteile und Verbindungstechniken. Ich tippe mal, dass am Ende eine Kombination aus allen 3 Möglichkeiten heraus kommen wird.
@LasurCyan
Viel mehr als das hier habe ich nicht davon gehört.
@Hans
Ich glaube, 450°C schaffen die Schwarzen Raucher nicht, müsste ich aber googeln. Die Hitze bekommen wir hier oben an der Oberfläche aber auch hin.
@LasurCyan
Hier ist noch was:
https://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/8294925.stm
So, jetzt Fußball…
#23 Alderamin
Dass wir die Hitze auch an der Oberfläche hinbekommen ist klar, aber wie ist das mit dem Druck? – AFAIK schon etwas schwieriger, wenn auch nicht unmöglich. Wikipedia vermerkt übrigens:
Nun ja, der Druck ist sogar 3 mal so hoch wie auf der Venus, und die Temperaturen passen auch. Dann stellt sich also die Frage, ob es günstiger ist, eine Testanlage zu bauen, wo man entsprechende Drücke und Temperaturen erzeugen kann, oder in den Ozean abzutauchen?
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[2] https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Das_heisseste_Wasser_auf_Erden1771015585186.html
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#24 Alderamin
30. Juni 2014
Ich tippe 3:0 für Algerien.
#25 Hans
Na das war dann wohl nix! – Egal, irgendwann fliegen sie auf jeden Fall noch raus…
@Hans
Hier steht auf Seite 8 zu „Venus&Mercury exploration“, das derzeit keine Halbleiter dafür verfügbar sind, aber Halbleiter mit großer Bandlücke da in Zukunft zum Einsatz kommen könnten.
Allerdings wird das anscheinend noch etwas dauern.
@ AFX in #18 :
Also, Fossilien wird man dort eher nicht finden. Dafür haben die Vulkane, von denen wohl auch noch ein paar aktiv sind (darüber hat Florian auch mal berichtet), gesorgt. Außerdem wird das Leben auf der Venus in der kurzen Zeit der ‚habitablen‘ Temperaturen kaum über die Einzeller hinausgekommen sein. Photosynthese scheint noch nicht erfunden worden sein, dadurch würde ja der CO2-Gehalt gesenkt.
Übrigens hatte mal Carl Sagan vorgeschlagen Cyanobakterien in die Venusatmosphäre zu bringen. Durch den hohen Luftdruck würden die Bakterien nicht zu tief sinken und könnten durch die Aufnahme von CO2 und Abgabe von O den Treibhauseffekt und damit die Temperaturen ‚bekämpfen‘. Letztendlich scheint es wohl an den Kosten und der langen Zeit bis zum ‚Nutzen‘ (min. 15.000 Jahre) gescheitert zu sein.
@ Hans in #25 :
Es ist sehr viel einfacher und kostengünstiger, etwas auf der Oberfläche aufwändig zu bauen, als Forschung in 3000m Wassertiefe durchzuführen.
@AFX, bikerdet
Hab‘ mal gelesen (JRO-Atlas der Astronomie?), dass die Venus mangels Plattentektonik zum Abkühlen stattdessen alle 500 Millionen Jahre ihre komplette Oberfläche aufschmölze und umkrempelte. Das wär’s dann auch für jeglicheFossilien gewesen. Aber auch für das potentielle Leben, das es dort anfangs vielleicht mal gegeben haben könnte. Und den Ozean.
Plattentektonik ist eben doch eine gute Sache.
@Hans
Was hat Dich denn so frustriert, dass Du den anderen Kindern ihre Sandburg plattmachen willst?
@Alderamin #24
Hab noch etwas aktuelleres zu Venera-D gefunden.
https://www.russianspaceweb.com/venera_d.html
Demnach wird es doch noch ne Weile dauern:
#29 bikerdet
Hm… wenn ich länger darübe nachdenke, komme ich zu dem Schluss, dass das stimmen könnte. Du hast nicht zufällig ein Beispiel für so einen Fall, oder?
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#31 Alderamin
Ach, was mich so hin und wieder mal frustriert, hat in diesm Forum nichts verloren. Nur wie ich an anderer Stelle schon schrieb, fände ich es auch mal ganz interessant, wenn die WM ohne deutsche Beteiligung weiter gehen würde. Das hat mMn nichts mit Sandburgen plattmachen zu tun (übrigens ein sehr schönes Bild), sondern entspricht meiner grundsätzlichen Einstellung zum Fussball und dem „Tuhowabohu“ rund rum.
Aber vielleicht war/ist es auch so, dass der Park, wo bei uns das Public Viewing stattfindet, während der Veranstaltung so abgesperrt ist, das man dort nichts anderes mehr machen kann. – Ansonsten kann man da auch mal ganz schön die Sterne begucken, und es gibt auch die eine oder andere Stelle, wo es sich lohnen würde, ein Teleskop aufzubauen, da man von dort zumindest in bestimmten Richtungen auch noch so bis etwa 5 Grad über dem Horizont was sehen kann. Und das bei relativ wenig Streulicht von Laternen.
[…] habe schon letztes Jahr im Sommer über das bevorstehende Ende von Venus Express berichtet. Nach mehreren Verlängerungen der […]