Wie sieht wohl ein Tag auf einem extrasolaren Planeten aus? Keine Ahnung. Aber wenigstens wissen wir nun wie lange so ein Tag dauert, zumindest auf dem Planeten Beta Pictoris b. Nur 8 Stunden!
Zu Beta Pictoris habe ich ja eine ganz besondere Beziehung. Es war der Stern (abgesehen von der Sonne), mit dem ich mich während meiner wissenschaftlichen Arbeit am intensivsten beschäftigt habe. Ich habe damals probiert aus der Verteilung des Staubs in der großen Staubscheibe die den Stern umgibt auf die Existenz von Planeten zu schließen. Die Rechnungen und Computersimulationen die ich gemacht habe, deuteten auf die Existenz von mindestens drei Planeten hin und 2008 hat man dort tatsächlich einen Planeten entdeckt. Und nicht nur das: Man hat diesen Planeten sogar direkt gesehen!
Bei den fast 2000 Planeten fremder Sterne die wir bisher gefunden haben, ist die Entdeckung ja so gut wie immer indirekt erfolgt. Das heißt, wir haben nicht die Planeten selbst beobachtet, sondern nur ihre Auswirkungen auf den Stern. Um das von den Planeten reflektierte Licht direkt zu sehen, sind unsere Teleskope nicht gut genug und nur in seltenen Ausnahmenfällen gelingt eine Beobachtung wie bei Beta Pictoris. Hier handelt es sich um einen noch sehr jungen und sehr heißen Stern der den vergleichsweise nahen und großen Planeten entsprechend aufheizt, so dass er im Infrarotlicht sichtbar wird. Blendet man dann noch das Licht des Sterns aus, so wie es auf der Aufnahme oben geschehen ist, dann bleibt das Licht des Planeten (und natürlich die ganze Wärmestrahlung des Staubs aus der Staubscheibe) übrig.
Und wenn man einmal das Licht des Planeten direkt sehen kann, dann kann man damit tolle Sachen anstellen. Man könnte zum Beispiel nach den Spuren von Leben, den sogenannten Biomarkern suchen. Die Zusammensetzung der Atmosphäre eines Planeten beeinflusst die Art und Weise wie das Licht reflektiert wird und die Anwesenheit von Leben auf einem Planeten beeinflusst die Zusammensetzung der Atmosphäre (zum Beispiel durch die Erzeugung von Sauerstoff oder Methan). Aber das hat beim Planeten von Beta Pictoris eher wenig Aussicht auf Erfolg. Es handelt sich nicht um einen kleinen, erdähnlichen Planeten mit fester Oberfläche sondern um einen gewaltigen Gasplaneten mit der siebenfache Masse des Jupiters! Leben wie wir es kennen und verstehen ist dort nicht zu finden (Und nach Leben das wir nicht kennen und verstehen können wir leider auch nicht suchen).
Aber es gibt ja noch viel mehr, was man über so einen Planeten herausfinden kann. Zum Beispiel seine Rotationsgeschwindigkeit und das macht man mit der gleichen Technik, die auch zur Entdeckung von Planeten eingesetzt wird. Da beobachtet man ja das Licht der Sterne und sucht nach sogenannten „Radialgeschwindigkeitsvariationen“. Da die Anwesenheit des Planeten den Stern ein wenig zum Wackeln bringt, wackelt er dabei auch periodisch auf uns zu und von uns weg. Zwar nur ein kleines bisschen, aber es reicht, um gemessen werden zu können. So wie sich die Tonhöhe der Sirene eines Polizeiautos verändert, wenn es auf uns zu kommt und von uns weg fährt (der „Dopplereffekt“), so ändert sich auch die Frequenz des Lichts einer Lichtquelle, die sich auf uns zu und von uns weg bewegt.
Natürlich bewegt sich auch der Planet von Beta Pictoris. Für eine Runde um den Stern braucht er aber über 20 Jahre und man müsste entsprechend lange beobachten, um diese Bewegung zu beobachten (abgesehen davon können wir diese Bewegung ja auch direkt sehen und müssen nicht den Umweg über den Dopplereffekt gehen). Der Planet dreht sich aber auch um seine eigene Achse und dabei dreht sich immer eine Hälfte des Planeten in unsere Richtung und die andere entfernt sich von uns. Im vom Planeten reflektierten Licht können wir also einen Dopplereffekt beobachten, der auf die Drehung des Himmelskörpers um seine eigene Achse zurück zu führen ist.
Und genau diese Beobachtung haben Wissenschaftler aus den Niederlanden nun mit den Teleskopen der Europäischen Südsternwarte durchgeführt. Sie haben heraus gefunden, dass der Planet am Äquator mit einer Geschwindigkeit von fast 100.000 Kilometer pro Stunde rotiert. Das ist verdammt schnell; die Erde zum Beispiel dreht sich nur mit einer Geschwindigkeit von 1700 km/h (am Äquator). Warum der Planet so schnell ist, ist unklar. Man weiß zwar, dass ein Zusammenhang zwischen der Masse eines Planeten und seiner Rotationsgeschwindigkeit besteht. In unserem Sonnensystem ist der deutlich zu sehen und auch Beta Pictoris b passt sich gut in dieses Bild ein. Aber wieso dieser Zusammenhang so ist, wie er ist, weiß man noch nicht.
Es muss etwas mit der Entstehung der Planeten zu tun haben und damit, wie sie während dieser Entstehung langsam (oder schnell) an Masse zulegen und wachsen. Aber den genauen Mechanismus der dieser Beziehung zugrunde liegt, kennt man nicht. Aber genau darum macht man ja solche Beobachtungen: Weil man etwas neues lernen will! Der Planet von Beta Pictoris ist auch noch recht jung und so wie sein Stern erst 20 Millionen Jahren alt (verglichen mit den 4,5 Milliarden Jahre der Erde). Im Laufe der Zeit wird der große Gasriese noch unter seinem eigenen Gewicht ein wenig weiter zusammenfallen, kompakter werden und dann – so wie ein Eiskunstläufer der die Arme zu einer Pirouette anlegt – noch schneller werden. Andererseits könnte er auch Monde haben die – so wie es der Mond der Erde bei uns tut – die Rotation im Laufe der Zeit ein wenig bremst.
Ich bin auf jeden Fall gespannt, was man in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch herausfinden wird. Je besser unsere Technik wird, desto mehr Planeten können wir auch direkt sehen. Und desto mehr erfahren wir über das, was wirklich dort passiert. Bis jetzt sind die Exoplaneten nur Auffälligkeiten in diversen Datensätzen. Bald werden sie echte fremde Welten sein!
Ups. Da fehlt was. 🙂
Aber nebenbei: war das korrekt, daß der Einfall von Material auf den Planeten seine Rotationsgeschwindigkeit ebenfalls erhöht?
@Florian
Wissen geht ein klein wenig zu weit. Soviel ich gelesen habe, ist die Größe des Planeten nicht gemessen worden, da er nicht im Transit vor seinem Stern durchgeht, man kennt nur die Masse und eben die Rotationsgeschwindigkeit. Bei der angenommenen Größe ergäben sich dann 8h.
@Bullet
Bei einer Akkretion auf jeden Fall, die erfolgt ja üblicherweise im gleichen Drehsinn wie die Rotation des Objekts (z.B. Hochspinnen von Millisekundenpulsaren durch einen Begleitstern).
Bei zufälligen Kollisionen bin ich nicht sicher; könnte mir vorstellen, dass Objekte, die z.B. die Erde auf der Tagseite treffen, ein wenig mehr Impuls übertragen als solche, die das auf der Nachtseite tun, denn eine sonnennähere Umlaufbahn hat mehr Energie. Das würde die Erde bei Einschlägen vorwiegend in Umlaufrichtung ein wenig in der Rotation verzögern. Ist bei uns ein Dreckeffekt, aber in der Entstehungsphase eines Planetensystems vielleicht relevant. Ich spekuliere hier aber nur rum…
@ Alderamin
„Wissen geht ein klein wenig zu weit.“
Du bist ein echter Knaller – ich liebe deine profunden Kommentare. Konkreten Respekt, Mann:)
Wann kriegen wir denn mal ein Buch von dir zu lesen?!
…und an Florian natürlich auch vielen Dank für die vielen gut aufbereiteten Artikel… man gewöhnt sich da sehr schnell dran!
@Alderamin: Wissen geht ein klein wenig zu weit.
Soweit ich weiss, ist der Radius von schweren Gasplaneten immer ähnlich des Jupiterradius (sogar bei braunen Zwergen), da bei größeren Massen gleichzeitig auch die Dichte entsprechend zunimmt. Insofern wissen wir den Radius bzw. die länge des Tages nicht genau, aber wir können beides ziemlich genau abschätzen.
Ich habe mal eine Frage zur Rotationsgeschwindigkeit/Zeit: Die 8h stimmen ja ziemlich genau mit dem überein was ich irgendwo auch für die junge Erde gelesen habe (bevor die Gezeitenkräfte die Rotation gebremst haben). Insofern erscheint mir diese Geschwindigkeit (vorausgesetzt der geschätzte Radius stimmt) gar nicht so überraschend. Oder übersehe ich da etwas?
Wieso ist die Staubwolke nicht auch in der Mitte, also vor dem Stern zu sehen?
@Jens Frank: Der zentrale Bereich wurde ausgeblendet, um den Planeten besser sichtbar zu machen.
@Till
Ja, Theia. Ich habe gefunden, dass die Rotation nach dem Einschlag von Theia rund 5 h gedauert haben soll, davor 2-3 h, aber dieser letzte Wert dürfte ziemlich spekulativ sein.
Jedenfalls keine 8 h. Die obige Beziehung im Bild setzt auch nur die Rotationsgeschwindigkeit an der Oberfläche in km/s in Beziehung zur Planetenmasse, nicht die Winkelgeschwindigkeit. Die Erde würde ohne Theia mit den angenommenen 3 h Rotationsdauer etwa bei 3,5 km/s landen (6000 km Radius; den Wert bekomme ich, wenn ich vom heutigen Erdvolumen 13% abziehe, was in etwa Theias Volumen entsprechen sollte), was besser auf die Exponentialkurve passte als die derzeitige Position oben im Bild. Merkur rotiert mittlerweile gebunden in einer 2:3-Resonanz und die Venus rotiert sogar retrograd (sie wurde vermutlich ebenfalls von irgendeinem größeren Objekt getroffen), deswegen taugen die beiden nicht wirklich als Datenpunkte.