Ich bin nun schon knapp 6 Jahre lang damit beschäftigt, Wissenschaft zu vermitteln und habe diese Aufgabe mittlerweile sogar zu meinem Beruf gemacht. Aber in der ganzen Zeit habe ich das hauptsächlich mit Worten getan. Ich schreibe Texte in mein Blog; ich schreibe Artikel für Zeitungen, ich schreibe Bücher und ich spreche Worte in ein Mikrofon die ihr euch dann als Podcast anhören könnt. Klar, in meinen Artikeln gibt es immer wieder auch schöne Bilder, aber die sind eher Beiwerk. Dabei läuft so viel Kommunikation heutzutage über Bilder. Wenn man sich Medien wie zum Beispiel Facebook näher betrachtet, dann funktionieren die mittlerweile fast ausschließlich visuell. Bilder verbreiten sich dort wesentlich schneller und einfacher als reine Texte (typischer haben Bilder, die ich auf meiner Facebook-Seite teile 10 bis 100 Mal mehr Aufmerksamkeit als reine Texte). Gleiches gilt für Videos: Für viele Menschen sind YouTube & Co die erste und oft einzige Informationsquelle und Online-Zeitungen bzw. Blogs spielen keine Rolle. Und dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Bei YouTube findet man zwar viel Unsinn aber auch sehr viele hervorragend gemachte Videos und Programme; genau so wie man bei den Blogs und Zeitungen jede Menge Schrott findet, aber eben auch viele gute Texte.

Die Versuchung ist zwar groß, dass man in die typische „Früher war alles besser“-Haltung verfällt und sich darüber aufregt, dass die „Jugend von heute“ keine Bücher mehr liest sondern sich lieber Videos im Internet ansieht. Aber genaugenommen geht es hier ja nur um die Frage des Mediums. Solange die Informationen selbst vernünftig sind, spielt es eigentlich keine Rolle, ob man sie nun liest oder sieht. Mediennutzung hat sich im Laufe der Zeit immer wieder geändert und wir scheinen uns nun eben zu einer Gesellschaft zu entwickeln, in der die visuellen Medien dominieren.

Nur die Zeichnung eines Flos? Nein, eines der wichtigsten Bilder der Wissenschaftsgeschichte!
Nur die Zeichnung eines Flohs? Nein, eines der wichtigsten Bilder der Wissenschaftsgeschichte!

Ich werde aber vorerst weiter bei meinen Texten bleiben (obwohl hier für die – hoffentlich nicht mehr allzu ferne – Zukunft durchaus Veränderungen geplant sind). Jeder soll das machen, was er am besten kann und ich kann eben momentan noch besser schreiben. Leute die gute Bilder und Videos machen gibt es ja zum Glück schon jede Menge. Zum Beispiel Joe Hansen und seine Serie It’s Okay To Be Smart. In der aktuellen Folge beschäftigt er sich mit auch mit der Frage nach der Rolle der Bilder in der Wissenschaft. In „The Most Important Science Images Ever“ zeigt er einige der wichtigsten und ikonischen Bilder der Wissenschaftsgeschichte und erklärt, wie sie die Forschung beeinflusst haben:

Ich schließe mich Hansons Frage an: Welche Bilder fehlen? Welche Diagramme, Aufnahmen oder Fotos haben die Welt und die Wissenschaft noch beeinflusst? Welche Bilder erkennt man sofort? Spontan fällt mir da zum Beispiel das hier ein:

Periodic_table_(German).svg

14 Gedanken zu „Die Bedeutung von Bildern bei der Vermittlung von Wissenschaft“
  1. Hmmm, spontan würden mir noch „Blue Marble“ und „Pale Blue Dot“ einfallen oder die anatomischen Studien von Leonardo da Vinci (z.B. „die Proportionsstudie nach Vitruv“)

  2. Text ist am Besten, weil ich die Informationsverarbeitung selbst bestimmen kann. Uninteressante Passage? Kein Problem überflieg ich. Nicht so relevant? Schnelllesen.

    Dieser riesen Vorteil geht bei Videos weitgehend verloren und bei Podcast sowieso.

    Mir ist der Trend zu Podcast und vor allem Videos auch aufgefallen, leider musste ich diese Quellen aus Zeitgründen dann alle deabonieren.

    Am Besten also nach wie vor: Text mit vereinzelt Bildern.

  3. Text ist super, ja nicht jetzt anfangen, auf Video oder sonst was „umzusteigen“! Wozu auch? Man kann das mal machen und es gibt tolle Podcasts, aber IMO gibts zu wenige gute und lesbare Blogs. Ist mir persönlich viel wichtiger.

    1. @Flat Eric: Von „umsteigen“ hab ich ja nix gesagt. Aber man kann das Angebot ja erweitern. Mein Podcast läuft seit einem Jahr ja ziemlich gut und da werde ich auch weiter machen. Und es spricht nichts dagegen, Astrodicticum Simplex auch anderweitig zu variieren.

  4. Für ein neues Thema ist Video ein sehr gutes Ansatz, da man schnell einen guten Überblick bekommt.

    Wenn man allerdings ein Thema genauer unter die Lupe nehmen will, dann passiert das oft über Suchfunktionen und da is ein Video eher nicht geeignet. Das wär mal eine interessante Anwendung, Search Funktion in Videos (Spracherkennung ?)

  5. Das Periodensystem ist ja eher ein Diagramm als ein Bild. Wenn also Diagramme auch gelten, dann würde ich das Hubble Diagram zu den wichtigetsen Bildern zählen, weil es unser Verständnis vom Kosmos grundlegend verändert hat.

    Bei Bildern im engeren Sinn fallen mit Galileios Zeichnungen des Mondesbzw. von Jupiter mit seinen Monden ein, welche die ersten teleskopischen Beobachtungen des Kosmos dokumentieren.

  6. Ich bin vielleicht einfach alt (und/oder -modisch), aber der Trend zu Videos und Fotostrecken nervt mich, auch und gerade auf Wissenschaftsseiten. Nichts gegen ein paar informative oder auch einfach schöne Bilder oder Videos à la „Oktopus klaut Taucher die Kamera und schießt ein paar Selfies“, aber generell halte ich mich an einen Tweet, dessen Urheberin und genauen Text ich schon wieder vergessen habe, aber sinngemäß lautetete:

    „Onlinemedien, laßt das mit den Videos auf euren Seiten. Ich lese schneller, als ihr sprecht.“

  7. @FF
    Mir fehlten in deinen Büchern (mehr noch im „Cocktailglas“ als im „Krawumm“) Bilder, Skizzen und Diagramme, die das Beschriebene grafisch darstellen.
    Du erklärst und beschreibst viele Mechanismen in deinen Büchern und da wäre eine grafische Darstellung oft hilfreich gewesen!

    1. @Seniler Raubaffe: „Du erklärst und beschreibst viele Mechanismen in deinen Büchern und da wäre eine grafische Darstellung oft hilfreich gewesen!“

      Klar, Bilder können immer helfen. Aber Bilder machen ein Buch auch teurer und deswegen sind Verlage da auch oft sparsam. Und oft schrecken sie die Leser auch einfach ab, die das Buch dann schon gar nicht erst kaufen, wenn sie darin beim Durchblättern Diagramme finden. Ich habe mich aber extra bemüht, alles so klar und bildlich wie möglich zu beschreiben. Im Cocktailglasbuch sind ja immerhin noch einige Diagramme in den Bildern inkludiert.

  8. Ich finde schon, das Text, Bilder und Videos ihre Berechtigung haben. Es kommt halt darauf an, was ich vermitteln möchte. So sind spektakuläre Animationen meist mit nur wenig Inhalt verbunden. Die Gefahr dabei ist, das der Text schnell vergessen ist und nur noch die gigantischen Explosionen / Impakte in Erinnerung bleiben. Texte kann ich bei Verständnisproblemen nochmal lesen, ein Video im TV aber nicht ‚zurückspulen‘.
    Zum Periodensystem : Hier ist ja im allgemeinen sehr viel mehr Text nötig als nur eine Bildunterschrift. Sam Keene hat z.B. ein ganzes Buch geschrieben um das Diagramm zu erklären. Bilder machen also auch nur dann Sinn, wenn sie Sachverhalte, die im Text ausführlich beschreben wurden, unterstützen. Bilder als reiner Selbstzweck, weil es halt schön aussieht und man nicht soviel schreiben muss, solten aber vermieden werden.

  9. @FF
    mir ist dir Problematik bewusst.
    Und ich muss dir ein Kompliment machen, deine Bemühen zur klaren Sprache, eindeutigen Formulierung und nachvollziehbaren Erklärungen zieht sich sichtbar durch deine Bücher.
    Und trägt Früchte.
    Deine Bücher sind auch für Nicht- NAWI vorbelastetes Publikum empfehlenswert!

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