Es geht weiter mit dem Astrodicticum-Simplex-Buchclub. Wir lesen gemeinsam ein Buch und zwar „Die Vermessung des Universums“ von Lisa Randall. Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung der wissenschaftlichen Methodik. Nachdem sie im ersten Kapitel dargelegt hat, wie Wissenschaft funktioniert folgt nun in den Kapiteln 2 bis 4 ein historischer Überblick und die Abgrenzung zu anderen Welterklärungssystemen wie Kunst und Religion.

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In Kapitel zwei („Unlocking Secrets“) spricht Randall von ihrem Besuch in Padua, bei dem sie sich mit der Arbeit von Galileo Galilei beschäftigt hat. Sie gibt einen kurzen Überblick über die sich damals neu entwickelnde Methodik, die durch Galilei vorangetrieben wurde. Er wollte die Natur selbst erforschen; machte Experimente und war der erste, der den Wert des gerade neu erfundenen Teleskops für die Wissenschaft erkannte (über seine Erkenntnisse habe ich hier schon mal ausführlich geschrieben). Randall schreibt über den Konflikt zwischen den grundlegenden Weltbildern – heliozentrisch vs. geozentrisch – und wie Galileis Beobachtungen eine Unterscheidung ermöglicht haben.

Wer sich schon länger mit solchen Themen beschäftigt hat, für den ist in diesem Kapitel wenig Neues zu finden (obwohl ich zum Beispiel noch nicht wusste, dass Galilei auch Mikroskope gebaut hat und auch das schöne Experiment mit den Glocken hab ich hier zum ersten Mal gesehen). In den Kontext des Buchs passt es aber meiner Meinung nach recht gut, weil es immer gut ist zu wissen, wie sich die Dinge entwickelt haben. Und der riesige Teilchenbeschleuniger LHC um den es im Rest des Buches gehen wird, ist in letzter Konsequenz eine Resultat der Entwicklung die begann, als Galileo Galilei 1609 sein erstes Teleskop zum Himmel richtete.

Wesentlich kontroverser als die eher konservative historische Betrachtung in Kapitel 2 ist das Thema in Kapitel 3: Wo grenzt sich Wissenschaft von Religion ab und wieso ist es so schwer, dass beide friedlich nebeneinander existieren? Zuerst aber spricht Randall noch von Kunst, die ja ebenso wie die Wissenschaft probiert die Welt zu erklären. Allerdings auf ganz andere Weise:

„Art allows us to explore the universe through a filter of human perception and emotions. (…) Science, on the other hand, seeks objective and verifiable truth about the world.“

Selbstverständlich kann man auch durch Kunst viel über die Welt lernen. Aber wenn es darum geht, objektives und verifizierbares Wissen über die reale Welt zu erlangen, dann ist man mit Wissenschaft besser dran. Das führt zu einer Diskussion des Materialismus, den Randall als fundamental für die wissenschaftliche Methode ansieht und als definierenden Unterschied zur Religion.

Aristoteles, Ptolemäus und Kopernikus diskutieren auf dem Titelblatt von Galileis berühmten Buch.
Aristoteles, Ptolemäus und Kopernikus diskutieren auf dem Titelblatt von Galileis berühmten Buch.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Welt tatsächlich da ist, dass alles was ist, aus Materie aufgebaut ist und alles was passiert durch eine konkrete Interaktion zwischen dieser Materie passiert. Bei der Religion sieht das anders aus, hier spielt der Einfluss eines „Gottes“ eine wichtige Rolle und dann stellt sich – aus Sicht der Wissenschaft – sofort die Frage: WO findet dieser Einfluss statt und WIE findet er statt? Wenn „Gott“ im Rahmen des wissenschaftlichen Weltbildes wirkt, dann muss er irgendwo konkret wirken. Er muss zum Beispiel Atome bewegen und dafür irgendeine konkrete physikalische Kraft benutzen. Wenn er in unser Leben eingreifen will um zum Beispiel eine Krankheit zu heilen, dann muss „Gott“ die Zellen in unserem Körper manipulieren; wenn „Gott“ unsere Gedanken verändert um uns zum Beispiel glücklich zu machen, muss er unsere Neutonen beeinflussen; wenn er unsere Gebete erhört, dann muss irgendwie eine reale Kommunikation stattgefunden haben, und so weiter.

Man merkt, dass man bei so einer wissenschaftlich-materialistischen Beschreibung von „Gott“ schnell in der Absurdität landet. Und deswegen – so Randall – muss man als Gläubiger zwangsläufig auch nicht-wissenschaftliche Überzeugungen verinnerlichen. Man muss daran glauben, dass „Gott“ eben nicht physisch mit der Welt wechselwirkt, sondern irgendwie anders. Aber das führt zu Konflikten:

„Even if science doesn’t necessarily tell us why things happen, we do know how things move and interact. If God has no physical influence, things won’t move.“

In letzter Konsequenz ist es daher auch nicht möglich, die beiden Einflussbereiche von Religion und Wissenschaft zu trennen („nonoverlapping magisteria“). Es ist zwar – und das sagt Randall auch ganz explizit – möglich ganz individuell religiöse UND wissenschaftliche Weltbilder zu vereinen und es gibt durchaus jede Menge religiöse Wissenschaftler. Aber die Widersprüche verschwinden deswegen nicht – man kann sie nur für sich selbst irgendwie rationalisieren bzw. ignorieren.

Ein materialistisch-wissenschaftliches Weltbild muss übrigens nicht heißen, dass man die Welt nur noch im Spiegel von Elementarteilchen und Fundamentalkräften sieht. „Aber was ist mit der Liebe! Das kann die Wissenschaft nicht erklären!“ lautet ja ein oft gehörter Einwand. Aber das geht am Thema vorbei und Randall erklärt das auch im Buch. Hier muss man wieder die emergenten Phänomene und effektiven Theorien aus Kapitel 1 berücksichtigen. Musik zum Beispiel ist, auf fundamentaler Ebene, ein Wechselspiel von Atomen in der Luft; von Luft die schwingt und unser Trommelfell zum schwingen bringt; von elektrischen Strömen und Neuronen im Gehirn, und so weiter. Aber so reden wir nur sehr selten über Musik; wenn wir es tun, dann meistens im Rahmen einer effektiven Theorie, wo wir über Harmonien sprechen, über Melodien und Gefühle. Genau so ist es bei vielen anderen Themen: Wir wissen zwar, dass tief unten alles mit Elementarteilchen, Kräften und Energien zu tun hat und wissen, dass sich deren Interaktion mit diversen physikalisch-mathematischen Theorien beschreiben lässt. Aber wir wissen auch, dass wir bestimmte Phänomene eben NICHT auf diese fundamentale Art beschreiben wollen, sondern dazu effektive Theorien benutzen, die unseren menschlichen Ansprüchen besser genügen.

In der Religion funktioniert das aber nicht mehr; hier muss man irgendwann zwangsläufig den Boden des wissenschaftlichen Weltbildes verlassen (siehe auch hier):

„The religious part of your brain cannot act the same time as the scientific one. They are simply incompatible.“

LOLcat - Jesus Cat

Im vierten Kapitel geht es dann schließlich noch um die Frage, wer überhaupt „berechtigt“ ist, sich über die fundamentalen Fragen dieser Welt Gedanken zu machen. Die Wissenschaft ist ja mittlerweile in der Lage, sich mit Fragen zu beschäftigen, die in das traditionelle Territorium der Religion eindringen: Wo kommt alles her? Wie ist alles entstanden? Warum ist da etwas und nicht nichts? Wie wird alles enden? Und so weiter. Und es ist nicht verwunderlich, dass das für die Kirchen manchmal problematisch ist, denn es geht ja bei der Frage auch um Autoritäten. Galilei, so Randall, wurde von der Kirche nicht nur verurteilt, weil seine Erkenntnisse der vorherrschenden Lehre widersprochen habe, sondern auch, weil er es überhaupt gewagt hat, selbst die Welt zu erklären und nicht auf das Urteil der Kirche zu vertrauen.

„For those in charge, God can always be invoked as the trump card that justifies their point of view. Independent inquiry of any kind is clearly a potential threat. Prying into God’s secrets might furthermore undermine the moral power of the church and the secular authority of the rulers on Earth.“

Es ist also nicht verwunderlich, wenn die religiösen Autoritäten ein Problem mit der Wissenschaft haben. Aber, und das ist eine sehr interessante Frage, warum ist das auch bei Individuen so? Randall fragt:

„But why do individuals align themselves with this point of view? The real question for me is not what the differences are between science and religion. Those can be reasonably well delineated as we argued in the previous chapter. The important question to answer are these: Why do people car so much? Why are so many people suspicious of scientists and scientific progress? And why does this conflict over authority erupt so often and even continue to this day?“

Randall spricht auf den letzten Seiten dieses Kapitels über den „anti-ego, anti-progress trend“ der zu der starken Ablehnung der Wissenschaft führt, aber eine wirklich befriedigende Antwort auf die aufgeworfenen Fragen hat sie meiner Meinung nach gegeben. Das ist vermutlich auch nicht so einfach und deswegen möchte ich diese Fragen einfach an die Leserschaft zur Diskussion weitergeben. Warum stehen so viele Menschen der Wissenschaft mit Skepsis gegenüber? Warum kümmert es so viele (religiöse) Menschen so sehr und wieso ist der Konflikt so heftig?

Damit ist der erste Teil des Buchs auch schon wieder vorbei und in Teil zwei geht es dann um die Grundlagen der Teilchenphysik. Ich würde vorschlagen, dass wir bis zum nächsten Mal die Kapitel 6 und 7 lesen und uns hier am 7. März 2014 wieder treffen. Dann geht es zwar nicht mehr um die kontroverse Frage zwischen Religion vs. Wissenschaft – aber um die nicht minder kontroverse Quantenmechanik…

P.S. Das letzte Mal haben viele sich über den sperrigen Stil des Buchs beschwert. Ich kann mich erinnern, dass es mir bei Randalls erstem Buch ebenso ging. Das habe ich damals aber in der deutschen Übersetzung gelesen; jetzt lese ich das Original und das kommt mir wesentlich besser vor. Vielleicht liegt das Problem hier nicht bei der Autorin sondern der Übersetzung?

128 Gedanken zu „Buchklub Teil 1.02: Wissenschaft vs. Religion“
  1. Naja, man könnte jetzt darüber diskutieren ob ihre Definition von Religion nicht etwas einseitig ist, es gibt durchaus Religionen ohne Gott, und auch atomistische Vorstellungen findet man bei einigen religiösen Richtungen. Wobei für mich eben die Frage nach der Existenz eines Gottes (im Sinne von Russells Teekanne) eine religiöse Frage ist, auch wenn die religiöse Antwort der Atheismus ist. Bei dem Typ mit Bart auf dem Olymp, der die Blitze schleudert, oder der Feuersäule ist das dann natürlich eher ein Fall für die Naturwissenschaft…

  2. Ich mus gestehen, dass ich zwischenzeitlich ziemlich genervt von dem Buch war. Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln formuliert Randall ein oder zwei interessante Gedanken und versteckt sie dann in ausufernden Anekdoten darüber, mit wem sie über was geredet hat und in für meinen Geschmack viel zu umfangreichen Einordnungen.

    Der für interessante Gedanke steckte in den angesprochenen emergenten Systemen und der Feststellung, dass Phänomene wie Musik zwar gemeinhin nicht auf der kleinsten Skala besprochen werden, insbesondere nicht wenn es um die emotionale Wirkung geht, dass sie aber trotzdem immer auf einem materiellen Fundament stehen. Um das Beispiel aufzugreifen: Auch wenn wir angeblich nicht erklären können, was Liebe ist, so ist nicht zu bestreiten, dass Gefühle wie Liebe eine messbare, materielle Grundlage in Form von hormoneller und elektrischer Reizübertragung haben.
    Das ist ein gutes Argument in der Diskussion mit Vertretern einer Weltsicht, die „Geist“ und Materie trennt.

    Zur Frage nach dem Widerstand religiöser Menschen gegen die Wissenschaft werfe ich mal eine provokante These in den Raum: Religion ist immer eine Form von Unterwerfung (das Wort Islam hat sogar diese Bedeutung). Es scheint ein menschliches Bedürfnis danach zu geben, sich einem größeren Ganzen unterzuordnen. Evolutionär kann das sicher über die Notwendigkeit zur Gruppenbildung erklärt werden. Wenn man nun so weit ist, sich einer letztlich totalitären Wahrheit zu unterwerfen und dafür die ultimative Legitimation über ein allmächtiges Wesen heranzieht, das unbegreiflich, unerklärlich, unverständlich ist, dann muss es als Anmaßung erscheinen (und womöglich auch als persönliche Kränkung), wenn jemand daherkommt und sagt: Es kann sehr wohl alles untersucht und irgendwann vielleicht erklärt werden. Es gibt keine göttliche Beschränkung, der man sich zu beugen hat.

  3. 1. Ich muss gestehen, so ganz verstehe ich den Sinn solcher Kapitel nicht. Ich brauche kein Sendungsbewusstsein, um Atheismus als logisch zu vertreten. Wenn ich mein Weltbild klarmache, wird denn Leute irgendwann schon klar, dass Gott darin sinnlos ist. Wer aber gläubig ist, wird von diesem Kapitel wohl eher abgeschreckt und verzichtet auf den Rest des Buches
    2. Immer wieder toll, mit wem sie alles zusammen speist, spricht, befreundet ist. Aber voran treibt dieses Wissen das Buch auch nicht. Aber das Kapitel war trotzdem schon deutliche spannender, als das vorhergehende. Ich habe Hoffnung.
    3. Ist es die Übersetzung oder die Physikerin. Aber dass der Mensch vom Menschenaffen abstimmt ist mindestens nicht ganz richtig. Gemeinsame Vorfahren trifft es doch eher.

    1. @JW: “ Ich brauche kein Sendungsbewusstsein“

      Das ist auch kein Sendungsbewusstsein. Aber wenn man ein allgemeinverständliches Buch schreibt über einen Teil der Physik der sich mit dem Ursprung von Universum und Materie beschäftigt dann ist es durchaus legitim (gerade für ein Buch das ursprünglich für den amerikanischen Markt gedacht ist) wenn man sich auch mit dem Spannungsfeld Religion vs. Wissenschaft auseinandersetzt.

      “ Immer wieder toll, mit wem sie alles zusammen speist, spricht, befreundet ist. Aber voran treibt dieses Wissen das Buch auch nicht. „

      Das ist halt Geschmackssache. Manche Leute wollen nur reine Physik, ohne irgendein Beiwerk – in dem Fall wären dann aber wohl echte Lehrbücher besser. Hier geht es um ein Buch für die breite Öffentlichkeit. Und was das angeht kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass man Wissen um so besser vermitteln kann, je persönlicher die Geschichten sind. Solche Anekdoten haben durchaus einen Zweck.

      “ Aber dass der Mensch vom Menschenaffen abstimmt ist mindestens nicht ganz richtig. Gemeinsame Vorfahren trifft es doch eher.“

      ? Bei mir steht „He went on to explain his belief that man descended from Adam as opposed to ascending from apes“. Randall beschreibt da offensichtlich, was der Kreationist erzählt hat, nicht was die Biologie zur Abstammung des Menschen zu sagen hat. Und „Der Mensch stammt (nicht) vom Affen ab!“ ist eine oft gehörte Aussage bei Kreationisten.

  4. Meine Meinung zum Thema:

    Das Problem ist die Komplexizität. Je einfacher eine „Kausalkette“ dargestellt ist, desto eher ist es für viele Menschen akzeptabel, auch wenn diese Kette falsch ist. So bietet eine Religion einen Halt mit einer ehernen „Wahrheit“. Denn diese bieten einfache Kausalketten: „Gott war es.“

    Der Mensch ist zudem ein soziale Tier. Religionen bieten Schutz und es gibt immer eine Gruppe, die genauso denkt. Alles andere ist gefährlich. Ich denke hier spielt die Evolution eine Rolle. Da eine Gruppe Schutz vor Feinden bietet und ein einfaches Erkennungsmuster für Feinde überlebenswichtig war.

    Bei der Wissenschaft ist es hingegen so, dass von einem Großteil der Menschen nicht verstanden wird, was dahinter steht. Viele denken: „Jetzt werfen die schon wieder was über den Haufen, bei denen hat eh nix Bestand. Heute so und morgen so, wie es ihnen passt.“ Das widerspricht den Geborgenheitsgefühl.

    Außerdem liegt vieles außehalb dessen, was an Alltagserfahrungen vorkommt.

    Wichtig ist, was man selbst erfährt oder für einen wichtig ist. Alles andere ist Humbug. Der Mensch vertraut eher sich selbst und seiner Erfahrung. Alles was nicht in das eigene Weltbild passt wird abgelehnt. Man selbst ist immer fehlerfrei und daher kann ja nur das andere falsch sein.

    So sind Verschwörungstheorien auch nicht auszumerzen, weil sie eigentlich schon religiöse Züge tragen.

  5. Ich muss ein wenig pöbeln 😉

    Ich finde es lustig, wie (einmal mehr) das Konzept der Emergenz benutzt wird, um – bei der Verteidigung des materialistischen Weltbildes (in dem Fall gegen das der Religion) – so etwas wie intellektuelle Redlichkeit vorzutäuschen… Die Wissenschaft tut sich absolut keinen Gefallen, wenn sie sich auf so ein Niveau herablässt!

    „Emergenz“ ist ein Voodoo-Begriff, der unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit verwendet wird, um letztlich magische Konzeptionen bei der Beschreibung der Wirklichkeit zu verschleiern.

    Nun ist oft unklar, was genau mit Emergenz gemeint ist – und genau da gehen die Probleme schon los, weil das vielfach nicht explizit gemacht wird (kein Wunder: so kann man leicht(er) über die Inkonsistenzen hinwegsehen…).

    Die Grundannahme bei der Emergenz ist, dass durch das Zusammenwirken von Elementen einer Ebene A auf einer Ebene B neuartige und nicht zu erwartende Eigenschaften auftauchen. Schwache Emergenz schließt nun eine Reduzierbarkeit von B auf A vorläufig aus, starke Emergenz grundsätzlich. Jetzt sind wir aber mitten in der Problematik um den Reduktionsbegriff: Was genau meint (man mit) Reduktion? Kandidaten wären z.B. ontologische Reduktion, explanatorische Reduktion, methodologische Reduktion usw. Schon hier wird in der Debatte um Emergenz gern geschlampt…

    Mit Emergenz wird für gewöhnlich gemeint, dass die B-Phänomene grundsätzlich (!) nicht aus der Kenntnis der A-Phänomene vorhersagbar sind, bzw. dass die B-Phänomene nicht aus den A-Phänomenen ableitbar sind. Warum ist dem so bzw. soll dem so ein? Weil zwischen B und A keine Supervenienz herrscht (also keine determinierten Prozesse ablaufen – bei der Supervenienz von B über A könnte man aus der A-Kenntnis B ableiten, aber wegen der Möglichkeit multipler Realisierbarkeit nicht zwingend aus B A; anders: es gibt nur dann Unterschiede zwischen B-Phänomenen, wenn zwischen A-Phänomenen Unterschiede bestehen) oder aber, weil zwar Supervenienz vorherrscht, aber die supervenierenden Eigenschaften von B über A nicht (!) theoretisch aus A bestimmbar, sondern nur empirisch feststellbar sind.

    Was soll Emergenz sonst noch leisten? Makrodetermination! Makrodetermination impliziert „downward causation“ – also Kausalität nach unten: vom Ganzen wird Kausalität auf die einzelnen Elemente ausgeübt (durch das Zusammenspiel der A-Phänomene entstehen neue B-Phänomene, die wiederum auf die A-Phänomene wirken – das emergentistisch hervorgebrachte Bewusstsein hat Einfluss auf Neuronen, die emergentistisch entstandene Kultur auf die Gene etc.). Nachdem schwache Emergenz für die Vertreter emergenztheoretischer Positionen uninteressant ist, muss (!) es ein ontologisches Faktum sein, dass die A-Phänomene vollständig für die B-Phänomene ausreichen (es hat also nichts mit einem Mangel unseres Wissens über die A-Phänomene zu tun, dass wir die B-Phänomene nicht ableiten können). Wenn dem aber so ist, ist es nicht nachvollziehbar, warum dann mit den B-Phänomenen ein neuer Kausalfaktor in der Welt Einzug erhält. Was nun?

    Dazu kommt ein grundsätzliches erkenntnistheoretisches bzw. wissenschaftstheoretisches Problem: Die Behauptung, es handele sich um grundsätzlich nicht ableitbare Phänomene auf der B-Ebene, lässt mehrere Entgegnungen zu:
    1. Sie sind noch (!) nicht ableitbar: Der Vertreter der starken Emergenz muss nun zeigen, dass es nicht der Fall sein kann, dass sie jemals ableitbar sind. Unmöglichkeitsbehauptungen sind schwierig, aber nicht ausgeschlossen…
    2. Wenn z.B. keine Brückengesetze zwischen A und B gefunden werden, ist es ein simples (metaphysisches) Postulat, dass B trotzdem aus A hervorgeht.
    3. Wenn die Unmöglichkeitsbehauptungen aus (1) geliefert werden können (weil z.B. die Brückengesetze aus (2) aus grundsätzlichen methodologischen Gründen nicht gefunden werden KÖNNEN) und man gleichzeitig am ontologischen Primat der A-Ebene festhalten will, MUSS man die Beschaffenheit bzw. Struktur der A-Ebene so ändern, dass man nicht in einen Dualismus verfällt: Dann hat man zwar einen Monismus, der ist aber dann nicht mehr derart, wie man ihn ursprünglich konzipiert hat: neutraler Monismus und Panpsychismus lassen grüßen…

    Kurz: Emergenz hat das Problem, dass sie ontologische Vielschichtigkeit im fundamentalen Sinn umgehen mag, aber schlussendlich doch entweder willkürliche Sprünge annehmen muss, oder aber eine Erweiterung des ontologischen Substrats verlangt – und zwar in eine Richtung, die den meisten naturalistischen Ermergenztheoretikern nicht passt. Emergenz und Materialismus (im klassischen Sinn) schließen sich aus!

    Der Materialismus hat (in weiten, aber nicht allen Teilen!) der Wissenschaft eine immense Berechtigung – aber als heuristisches Prinzip! Aus dieser Prämisse (!) ontologische Schlussfolgerungen zu ziehen bzw. sich in ontologische Auseinandersetzungen (z.B. mit der Religion) zu wagen, ist sehr verwegen. Da gibt es schon bessere Möglichkeiten…

    Ein passender Literaturtipp:
    Hoyningen-Huene, Paul (2009): Reduktion und Emergenz. In: Bartels, A.; Stöckler, M. (Hrsg.): Wissenschaftstheorie. Ein Studienbuch. 2. durchges. und korr. Aufl. Paderborn: Mentis; S. 177 – 198.

    1. @T.H. „Ich finde es lustig, wie (einmal mehr) das Konzept der Emergenz benutzt wird, um – bei der Verteidigung des materialistischen Weltbildes (in dem Fall gegen das der Religion) – so etwas wie intellektuelle Redlichkeit vorzutäuschen… Die Wissenschaft tut sich absolut keinen Gefallen, wenn sie sich auf so ein Niveau herablässt!“

      Liest du beim Buch eigentlich mit oder kommentierst du nur das, was ich hier schreibe? Normalerweise bemühe ich mich bei meinen Rezensionen ja immer, die Dinge über die ich schreibe nicht zu verkürzen, aber da es hier ja der Buchklub ist, gehe ich davon aus, dass alle anderen auch mitlesen und spare mir viele Details. Soll heißen: Bezieht sich deine Kritik konkret auf das, was Randall in ihrem Buch geschrieben hat? Wenn ja, dann könntest du vielleicht nochmal konkret die Stellen nennen, um die es geht – dann diskutiert es sich leichter.

  6. @FF
    Da muss ich natürlich ehrlich sein: Nein, ich lese das Buch nicht mit (bei mir steht immer noch „Verborgene Universen“ ungelesen im Schrank…). Aber mir schien der Einwand aus zwei Gründen dennoch angebracht:
    1. Die Debatte um das „materialistisch-wissenschaftliche Weltbild“ (FF) ist ja ein Allgemeinplatz bzw. Klassiker bei den Grundlagendiskussionen – und Du sprichst es an und verteidigst es mit Verweis auf „emergente Phänomene“.
    2. Ich habe (sehr) viel über Emergenz und die unterschiedlichen Konzepte gelesen und mir ist noch keines untergekommen, das die von mir (das ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen: Das ist eine Auswahl bekannter Kritikprunkte in der Wissenschaftstheorie) angeführten Einwände entkräften kann. Ich habe – wagemutig – induktiv geschlossen, dass auch Randall kein neues Konzept vorlegt, das davor unbekannt war. Wenn dem so wäre, hättest Du (und auch weite Teile der Scientific Community) sicher darüber berichtet.

    Zusammengefasst: Weil das Emergenzthema ein Grundlagenklassiker ist und über keine bahnbrechenden Neuerungen von Randall berichtet wurde, schien mir der Einwand (aus grundsätzlichen Überlegungen) angebracht.

    1. @T.H. „und Du sprichst es an und verteidigst es mit Verweis auf „emergente Phänomene“.“

      Ich verteidige gar nix; ich erzähle nur, was im Buch steht. Und da spricht Randall eben über Materialismus und Emergenz, usw. Ich kann jetzt nicht in so ner kurzen Besprechung ALLE Zusammenhänge komplett darstellen (bzw. kann schon, aber das ist nicht der Sinn dieser Übung). Diese Zusammenfassung soll nur als Diskussionsgrundlage dienen. Durchaus auch als Kritikgrundlage – ich hab das Buch nicht geschrieben; mit dem Verlag nix zu tun; verdiene an dessen Verkauf nichts und kenne auch die Autorin nicht. Wir können es also auch gerne verreißen, da hab ich kein Problem. Aber Kritik sollte sich dann halt auch tatsächlich auf das beziehen, was im Buch steht – sonst wird es verwirrend.

  7. #6 Das mit den Menschenaffen scheine ich dem Buch falsch entnommen zu haben. Aber als Biologe bin ich in dem Punkt doch etwas kleinlich.

    Das mit dem Sendungsbewusstsein bezieht sich eher darauf, dass ich befürchte, dass sich einige Leute die es besonders nötig hätten von diesem Kapitel und damit dem Buch abgeschreckt sehen. Persönlich finde ich so Gedankenketten ganz interessant.

    Der Anekdotenstil selber ist nicht so sehr mein Problem, mehr die „Ich-Fokussierung“ darin. Ich hab halt meine Probleme mit Leuten, die sich persönlich zu sehr in den Mittelpunkt stellen. Aber, ist halt Geschmackssache.

  8. @T. H.

    Also ich habe Emergenz immer so verstanden (und ich bin überzeugt dass viele Naturwissenschaftler das so meinen), dass B (nicht theoretisch, sondern in status quo praktisch) vorhersagbar ist, weil die zahlreichen As einfach zu viele Teile sind. Wenn man eine riesige Ansammlung von Kieseln hat, dann beschreibt man eben lieber die Höhe und Hangneigung des Kiesel-Berges, obwohl es klar ist, dass eben nur Kiesel (+ Erdgravitation) für die Gesamtstruktur verantwortlich sind.
    Es gibt auch Zwischenstufen, z.B. dass man das Schichtungsverhalten oder Abrutschverhalten einer mittelgroßen Ansammlung untersucht. Jedenfalls ist die Beschreibung des Berges über eine genaue Beschreibung aller Einzelkiesel so mühselig, dass man (emergente, im beschriebenen Sinn) Parameter der makroskopischen Struktur benutzen muss.

    Die Annahme, der Berg sei (nicht) durch die Kiesel beschreibbar, ist falsifizierbar und man kann dazu Modelle und alles mögliche betrachten. Aus meiner Sicht gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass große Systeme „wirklich“ neue Eigenschaften entwickeln, die nicht durch ihre Teile erklärbar sind. Dass es in diesem Sinn „emergenten“ Eigenschaften immer gibt, zeigt allein schon ein Parameter wie die „Gesamtlänge“ von einem Haufen von n Legosteinen, der durch die Einzellängen- und positionen zwar determiniert ist, aber einen anderen Charakter als bei einem einzelnen Legostein annimmt. Gleiches gilt für die Legostein-Packungsdichte, Durchschnittsfarbe etc.

  9. @Wizzy

    Das von Dir beschriebene Berg-Kiesel-Beispiel ist aber kein (in der entsprechenden Fachliteratur beschriebenes) Beispiel für Emergenz. Die Hauptcharakteristika der prinzipiellen Unvorhersehbarkeit und Makrodetermination fehlen hier. Das, was Du hier beschreibst, ist ein Beispiel für eine explanatorisch nicht notwendige (aber theoretisch mögliche) Reduktion.

    Die Frage, ob „große Systeme “wirklich” neue Eigenschaften entwickeln, die nicht durch ihre Teile erklärbar sind“, wird ja gerade dann virulent, wenn eine solche explanatorische Reduktion (auch theoretisch) NICHT möglich ist – z.B., weil es keine bikonditionalen Korrespondenzsätze gibt. Anders/einfacher: Wenn das gesamte Vokabular inkl. der verwendeten Gesetze etc. überhaupt keinen Platz bei der Beschreibung der A-Phänomene hat, aber bei der Beschreibung der B-Phänomene benötigt wird, dann hat man ein Problem – und das löst man gern mit Emergenz (vgl. z.B. die Frage, wie aus dem Zusammenspiel einzelner Neuronen Bewusstsein entstehen soll).

    1. @T.H. „Das von Dir beschriebene Berg-Kiesel-Beispiel ist aber kein (in der entsprechenden Fachliteratur beschriebenes) Beispiel für Emergenz.“

      Aber zumindest so in der Art wird „Emergenz“ im Buch verwendet…

  10. @JW,

    wir Menschen stammen nicht vom Menschenaffen und auch nicht einmal vom Affen ab: wir SIND Affen in der Unterordnung der Trockennasenaffen.

  11. @Günther Vennecke,

    Ich weiss, aber das wurde mir doch zu speziell. Aber deswegen stieß mir dieser übliche vom „Affen abstammen“ Satz unangenehm auf. Da sind wir wieder beim Thema vereinfachen.
    In einem Sachbuch von Terry Pratchett und Co-Autor war die Rede vom Vereinfachen als „Lügen für Kinder“. Wäre auch mal ein Thema, inwieweit grobe Vereinfachungen erlaubt sind…..

  12. Hier mal noch ein paar Punkte, die mir wichtig erschienen:
    Ich fand Kapitel 2 recht schön, weil es nicht nur einen historischen Abriss darstellt, sondern sehr viel über wissenschaftliche Methodik aussagt. Mit einigen interessanten Akzenten: Der Schwerpunkt auf dem „libro della natura“, dem Experiment, der Beobachtung, nicht auf Theoriegebäuden (der „mondo di carta“). Und das nicht nur aus der reinen Anschauung, sondern systematisch mit Hilfsmitteln – ja, vom Fernrohr zum LHC – dadurch auch intrasubjektiv. Und: Das Sparsamkeitsprinzip bzw. die Wahl des schlanksten Modells, schön gezeigt am Beispiel Kopernikanisches vs. Tychonisches Weltmodell.
    Kapitel 3 geht von dem Ausgangspunkt aus, dass Religion ja (wie die Kunst) prinzipiell ganz gut mit Naturwissenschaft koexistieren kann, weil beide verschiedene Zugänge zur Welt haben, ausgedrückt in den unterschiedlichen Fragen nach dem „Warum?“ (Religion) bzw. dem „Wie“ (Naturwissenschaft).
    Das gehe dann aber an dem Punkt schief, wo die Religion ein übernatürliches Wesen oder eine höhere Macht postuliert, die ja irgendwo eingreifen muss. An dem Punkt geht es mir wie Trottelreiner, da bezieht sich Randall auf eine sehr eng gefasste Definition von Religion. Auch dem möglichen Einwand à la „Na, aber vielleicht ist euer schönes materialistisches Weltbild eben nicht zutreffend oder zumindest unvollständig“ wird mir nicht explizit genug entgegengetreten. Ich denke, T.H.s Kommentar geht auch in die Richtung. Solche Diskussionen sind aber wohl auch nicht Kernthema des Buches.
    Und zu dem ganzen Komplex kommt ja noch die Frage, wie man denn eine heilige Schrift auslegt, die höchst unwissenschaftliche Dinge aussagt. Fand ich ganz amüsant, dass Augustinus (und Galilei) da schon weiter waren als bspw. die heutigen Evangelikalen im Sinne einer eleganten, nicht-wörtlichen Auslegung.
    Ja, die Frage in Kapitel 4, warum denn denkende Menschen (die nicht in Machtpositionen sind) sich gerne der Religion unterwerfen und die auch noch eifrig verteidigen, hätte man etwas mehr beleuchten können. Aber auch hier: Wohl nicht der Fokus des Buchs. Ich denke, es sind da eine Reihe pychologischer und gruppendynamischer Konzepte am Werk. Meine These: Der (erwachsene) Mensch ändert nur sehr ungern seine Meinung oder sein Weltbild. Und rationalen Argumenten ist er nur insofern zugänglich, solange sie sein Weltbild bestätigen (confirmation bias). Dazu kommt: Wir Menschen sind Sippentiere. Und sobald jemand ankommt und unsere Sippe angreift, versuchen wir, sie gegen die feindliche Sippe mit allen Mitteln zu verteidigen. Und wenn wir uns einer Sippe namnes Religion zugehörig fühlen, führt das eben zu Wissenschaftsfeindlichkeit im angegriffen-fühlen-Fall.

    Insgesamt gefielen mir die Kapitel schon besser, auch wenn ich das Gefühl nicht loswerde, dass alles recht ausgewalzt ist und kürzer und knackiger präsentiert werden könnte.

  13. Ganz allgemein muss ich sagen, dass das Buch mir ( ich lese das original) zu langatmig ist. Deshalb bin ich auch gerade erst mit Kapitel 2 fertig: ich schlafe regelmäßig nach wenigen Seiten ein (sic!). Das liegt definitiv nicht am Thema allgemein. Ich habe „Der Komet im Cocktailglas“ und auch „The hidden reality“ von Brian Greene in wenigen Abenden verschlungen. Mal sehen, ich werde versuchen mich weiter durchzukämpfen…

  14. Die Dichotomie Materialismus/Wissenschaft vs. Religion nimmt einem die Lust zu lesen. Jeder, der völlig areligiös ist, wie z.B. ich, soll dann gleichzeitig Materialist sein? Das ist nicht der Fall.

    Materialismus ist nicht das Gegenstück zur Religion, sondern zeigt in solchen Ausprägungen selbst ein gerüttelt Maß an unwissenschaftlichen Glaubensgrundsätzen.

    Gefühle wie Liebe als “emergentes Phänomen der Teilchenphysik” begreifen zu wollen, ist schlicht lächerlich – wissenschaftlich ist es auf keinen Fall.

    Übrigens gibt es zum leeren Terminus der Emergenz alternativ einen sinnvolleren Begriff: den der Supervenienz.

    Ein Motiv superveniert die Pinselstriche eines Bildes, weil man, wenn man ein anderes Motiv malen will, andere Pinselstriche setzen muss, man aber umgekehrt, wenn man andere Pinselstriche setzt, trotzdem noch dasselbe Motiv malen kann.

    1. @Volker Birk: “ Jeder, der völlig areligiös ist, wie z.B. ich, soll dann gleichzeitig Materialist sein? Das ist nicht der Fall.“

      Das steht so meiner Meinung nach nicht im Buch. Da wird zwar erklärt, dass die Wissenschaft materialistisch und deswegen im Gegensatz zur Religion steht, die das nicht ist. Aber daraus folgt ja nicht, dass es nur diese beiden Positionen gibt und das jeder, der nicht einer Religion angehört, Materialist sein muss.

      „Gefühle wie Liebe als “emergentes Phänomen der Teilchenphysik” begreifen zu wollen, ist schlicht lächerlich – wissenschaftlich ist es auf keinen Fall.“

      Der Satz mit der Liebe ist von mir, nicht aus dem Buch. Und es ging da nur darum, diesen üblichen Einwand zu erwähnen und festzustellen, dass er kein Einwand gegen irgendwas ist. Randall erwähnt im Buch (liest du mit oder diskutierst du jetzt über meine Zusammenfassung?) Musik oder Kochen als Beispiel dafür, dass wir im Alltag Dinge auf einer anderen, nicht zwingend materialistischen Ebene betrachten, obwohl sie definitiv von der fundamentalen Materie bestimmt werden. Und bei der Liebe ist das eben genau so. Oder bist du der Meinung, dass es sich hier um irgendwas mystisches handelt, das sich außerhalb der Realität befindet?

  15. @Florian: Wissenschaft ist nicht materialistisch.

    Das Wesen der Wissenschaft ist nicht der Glaube, alles wäre auf Materie (im philosophischen Sinne, also einschliesslich der Energie) zurück zu führen. Das Wesen der Wissenschaft ist die Skepsis. Wer auf die Art glaubt, hat die skeptische Position bereits verlassen.

    Das Wesen der Wissenschaft ist es, aus der skeptischen Position heraus prüfbare Theorien aufzustellen, und diese zu verfolgen und zu prüfen. Dabei ist es wissenschaftlich notwendig, vorsichtig zu agieren und ausschliesslich darüber auszusagen, worüber man weiss – darüber dann aber öffentlich (wie Du es hier vorbildlich in Deinem Blog machst) und lautstark. Aber nur darüber. Über alles andere spricht man lieber unter Hinweis davon, dass es sich um Annahmen, ungeprüfte Thesen, Theoreme handelt. Das erfordert die Seriösität.

    Es ist deshalb der Skeptizismus, der im Widerstreit mit der Religion steht – und im Widerstreit mit anderen Ideologien, gerne auch hin und wieder mit materialistischen solchen.

    Als Agnostiker liegt mir der Glaube an Mythen fern. Es läge mir näher, sie zu analysieren und zu hinterfragen. Mit der Realität ist es jedoch so eine Sache; als Positivist halte ich mich aus solchen metaphysischen Fragestellungen lieber heraus. Und wenn ich so umherblicke, scheint mir das immer noch die vernünftigste Position zu sein.

    Sobald es zu metaphysisch wird – wie beispielsweise im Materialismus – geht viel gut gemeinte Energie wieder in völlig falsche Kanäle.

    1. @Volker Birk: „Das Wesen der Wissenschaft ist nicht der Glaube, alles wäre auf Materie (im philosophischen Sinne, also einschliesslich der Energie) zurück zu führen. „

      Ich hab auch nicht vom „Wesen der Wissenschaft“ gesprochen; das ist mir zu philosophisch. Ich habe nur gesagt, dass die Wissenschaft zwingend materialistisch IST. Sonst wäre es keine Wissenschaft.

  16. @Florian: “zu philosophisch” bei einem wissenschaftstheoretischen Thema 😉 Aber gut:

    Kannst Du bitte erläutern, weshalb Du Wissenschaft zwingend als “materialistisch” ansiehst? Da würde mich auch interessieren, was Du dann letztlich konkret damit meinst.

    Die Wissenschaft, mit der ich mich beschäftige, ist die Informatik. Hier spielt Materie keinerlei Rolle, übrigens, in keiner der beiden Bedeutungen.

    1. @Volker Birk: „Kannst Du bitte erläutern, weshalb Du Wissenschaft zwingend als “materialistisch” ansiehst? Da würde mich auch interessieren, was Du dann letztlich konkret damit meinst.“

      Das wurde im Buch von Randall ja ausführlich erklärt. Wissenschaft beschäftigt sich mit der Realität. Und die Realität ist das, was tatsächlich da ist. Das, was aus Elementarteilchen aufgebaut ist; über Fundamentalkräfte wechselwirkt, usw.
      Und die Wissenschaft um die es geht ist natürlich das, was im englischen gemeint ist, wenn von „science“ die rede ist: Naturwissenschaft. Inwiefern Informatik da nun dazu gehört, ist eine andere Frage. Die fällt eher in die Kategorie der Formalwissenschaften, so wie Mathematik – und das ist wieder was ganz anderes.

  17. @FF
    „Randall erwähnt im Buch […] Musik oder Kochen als Beispiel dafür, dass wir im Alltag Dinge auf einer anderen, nicht zwingend materialistischen Ebene betrachten, obwohl sie definitiv von der fundamentalen Materie bestimmt werden. Und bei der Liebe ist das eben genau so. Oder bist du der Meinung, dass es sich hier um irgendwas mystisches handelt, das sich außerhalb der Realität befindet?“

    Ein schönes Beispiel für die Problematik…
    Randbemerkung: Es ist nicht intellektuell sonderlich redlich, einen derart eng gefassten (auf das Materielle reduzierten) Begriff der Realität zu verwenden und dann alles andere als Mystisch abzutun. Eine Alternative wäre z.B., dass diese Vorstellung von Realität einfach unhaltbar ist… Warum ist dem so?
    Nun (und wir lassen jetzt mal die feinen Unterscheidungen bzw. Realität, Wirklichkeit etc. außen vor und sagen, dass Realität einfach das ist, was es gibt): Welche Möglichkeiten gibt es (u.a.)? (Wir lassen auch mal außen vor, das das „bestimmt“ sehr vage ist – heißt das „notwendig“, heißt das „hinreichend“, heißt das „identisch“ etc.?)
    1. Liebe (als u.a. subjektives erfahrbares Gefühl) gibt es letztlich nicht. Das sagen z.B. die Eliminativen Materialisten. Dann handelt man sich aber eine Menge Probleme ein (man google mal danach…) – u.a., dass es den intentionalen Gehalt der Aussage selbst auch nicht gibt, also, dass die Behauptung selbst gar nicht wahr sein kann…
    2. Liebe (als u.a. subjektives erfahrbares Gefühl) gibt es zwar, aber das kann völlig auf Basis des/eines materialistischen Weltbildes erklärt werden.
    a. Wenn ich nun das Konzept der Emergenz bemühe, dann (!) bin ich Mystiker! Dann postuliere ich, dass aus dem Nichts heraus IRGENDWIE (?!) die phänomenalen Erlebnisgehalte des menschlichen Geistes aus der „fundamentalen Materie“ entstehen. Warum „aus dem Nichts“? Die Emergenz soll den qualitativen und kategorialen Sprung erklären, der von der Ebene der von phänomenalen Erlebnisgehalten völlig freien fundamentalen Bausteine der Natur (Elementarteilchen, Felder etc.), zu deren Erklärung und vollständiger Beschreibung (in Bezug auf deren beobachtbare Effekte) man ein Vokabular und Gesetze verwendet, die keinerlei Raum für das Gefühl der Liebe lassen, zu dem phänomenalen Erleben von Liebe führt, erklären. Nur sie ERKLÄRT aber halt gar nichts – sie postuliert einfach (Stichwort „prinzipielle (theoretische) Unvorhersehbarkeit“).
    b. Liebe kann zurückgeführt werden auf die aus der Physik bekannten fundamentalen Bausteine der Welt. Dann brauche ich aber (u.a.) die schon oben erwähnten bikonditionalen Brückengesetze, um das Schritt für Schritt zu explizieren. WENN man dieses Programm redlich durchführen will, DANN brauche ich bereits bei der Basis den (begrifflichen, ontologischen etc.) Raum für das, was folgt (das machen z.B. die Panpsychisten). DANN habe ich aber eine Materie als fundamentalen Baustein, die nur mehr sehr wenig mit der Materie zu tun hat, von der die Physik spricht.

    Ich wäre also vorsichtig mit der Verwendung des Begriffs „Mystik“ – denn die mystischen Konzepte finden sich im Herzen so mancher Materialisten…

    1. @T.H. „Ich wäre also vorsichtig mit der Verwendung des Begriffs „Mystik“ – denn die mystischen Konzepte finden sich im Herzen so mancher Materialisten…“

      Manchmal verwende ich tatsächlich Begriffe auch im ganz normalen umgangssprachlichen Sinn, ohne vorher philosophische Fachliteratur zu allen möglichen Definitionen zu wälzen. Was ich aussagen wollte, habe ich ja gesagt: „Randall erwähnt im Buch Musik oder Kochen als Beispiel dafür, dass wir im Alltag Dinge auf einer anderen, nicht zwingend materialistischen Ebene betrachten, obwohl sie definitiv von der fundamentalen Materie bestimmt werden.“
      Hier kann man jetzt natürlich jedes Wort („Ding“, „Ebene“, „definitiv“, „fundamental“, „Materie“, etc) philosophisch-akademisch zerpflücken und kann dabei mit Sicherheit jede Menge Widersprüche „aufdecken“ und ganze Weltanschauungssysteme gegeneinander antreten lassen. Aber darum geht es hier nicht. Es geht Randall darum, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Welt zu betrachten – Analyse von Luftschwingungen vs. wild tanzen auf einem Konzert zum Beispiel – aber diese Ebenen deswegen nicht völlig losgelöst voneinander existieren. Und mit „Mystik“ habe ich eben die Überzeugung gemeint, dass es bestimmte Ebenen nicht gibt, dass Musik also zB einfach „da“ ist, ohne irgendwelchen Schwingungen in der Luft.

      Ich weiß ja eh, dass meine Ausführungen für dich immer viel zu naiv und viel zu wenig fachphilosophisch sind. Aber meiner Meinung nach ist es eben hier auch nicht notwendig, die gesamte Ontologie der Realität aufzufahren, nur um das zu verstehen, was Randall sagen will. Es kann ja gut sein – und ist mit Sicherheit auch so – dass meine knappe Zusammenfassung nicht all das transportiert, was im Buch erklärt wurde (und nicht vergessen: Ich fasse zusammen, was im Buch steht und argumentiere hier nicht meinen eigenen Argumenten meine eigene Meinung) – deswegen ist die Diskussion vielleicht auch ein wenig unbefriedigend, weil nicht alle den gleichen Wissensstand haben, was das Thema der Diskussion angeht.

  18. Wenn das stimmen würde, wäre nur Metaphysik (Natur-)Wissenschaft. Da ich bereits erklärt habe, dass ich Positivist bin, wird Dich sicher nicht überraschen, dass ich anzweifle, ob man überhaupt Metaphysik wissenschaflich sinnvoll betreiben kann.

    Die Termini, die Du hier verwendest, deuten aber darauf hin, dass Du im Gegensatz dazu physikalisch argumentierst. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied zwischen der Physik und der Realität: die Physik beschreibt Modelle, um Phänomene zu erklären, und führt Experimente durch, um diese Modelle zu prüfen.

    Die Modelle, wohlgemerkt. Nicht die Realität wird geprüft, sondern das jeweilige Modell.

    Damit gewinnt die Physik als Naturwissenschaft Erkenntnis, letztlich Wissen darüber, wie die Dinge sind (im kritischen Rationalismus) bzw. wie die Dinge immer erscheinen (im Positivismus).

    Sorry, aber ganz ohne Wissenschaftstheorie geht es (besser) nicht ab. Das ist gerade der Irrtum des Materialismus, die Physik mit der Metaphysik zu verwechseln oder gar gleich zu setzen. Deshalb kommen da ja die bekannten Denkfehler raus.

    T.H. nennt Dir oben übrigens einen: nämlich das Problem, dass der Begriff der Emergenz in Wirklichkeit purer Mythos ist – oder nicht einmal das, schliesslich liefert ein Mythos eine vorwissenschaftliche Erklärung, währenddessen “Emergenz” leider gar nichts erklärt. Dieses Wort ist eine Art Platzhalter für “ich hab keine Ahnung, was hier los ist”.

    Es ziehmt sich jedoch für einen Wissenschaftler, deutlich zu sagen, worüber man (noch) nicht (wissenschaftlich) sprechen kann. Da ist doch nichts dabei. Da kommt doch die Verlässlichkeit der Wissenschaft her: wenn man über Dinge etwas wissenschaftlich sagt, so wird hier echtes Wissen verbreitet, und eben kein purer Glaube.

    1. @Volker Birk: „Es ziehmt sich jedoch für einen Wissenschaftler, deutlich zu sagen, worüber man (noch) nicht (wissenschaftlich) sprechen kann.“

      Sprichst du mit mir oder mit Lisa Randall? Ich probiere hier ja eigentlich nur die ganze Zeit zu erklären, was Randall im Buch mMn gesagt hat. Hast du das Buch gelesen? Das wäre gut zu wissen, wenn die Diskussion nicht ganz verwirrend werden soll.

  19. ja, es ist ihr eigener Stil, und zwar oft (zu oft ) an Hand von persönlichen Begegnungen und Gesprächen überzuleiten auf wissenschaftliche Themen, aber im Prinzip ist daran nichts auszusetzen. und das 2. Kapitel ist flüssiger natürlich sind die Arbeiten von Gallilei bei uns schon gut bekannt, aber vielleicht nicht so bei den amerikanischen Lesern
    und was das Verhalten des Klerus betrifft:
    zu der Zeit war die römische Kirche in einer bedrohlichen Zwangslage: der heftige Streit mit Luther, der die Bibel „reformierte“ , und nun auch noch die Naturwissenschaftler, diedas Weltbild umstürzten. Das war zuviel

  20. Wenn ich zuviel von @T.H. lese, kann ich es gleich aufgeben das Buch weiterzulesen. Dabei sehe ich mich durchaus im Rahmen der Zielgruppe (keine Wissenschaftlerin, einfach interessiert). Wenn ich „Emergenz“ in Wikipedia nachschlage, um mit meinem Verständnis nicht völlig daneben zu liegen, entspricht das dem, was ich bereit bin zu tun, um das Buch zu lesen und im Buchclub folgen zu können.
    Es gibt in meinem Umfeld auch zzt. niemanden mit dem ich das mündlich diskutieren könnte. So tief einsteigen geht für mich nicht…

    Aber bisher halte ich das auch nicht für nötig. Die drei Kapitel waren für mich gut verständlich und nachvollziehbar. Manches kann ich für mich auch erstmal so stehen lassen. Es gab interessante Details (Augustinus) und es wurde lesbarer.

    Randalls Beschreibungen wann sie wen getroffen hat finde ich etwas öde. Vor allem, wenn sie länger als die eigentliche Kernaussage sind. Trotzdem hat mir die „Padua-Geschichte“ gefallen.

    Manchmal hätte ich gern eine englische Originalausgabe zur Hand, um mal zu vergleichen. Was ist z. b. der Orginalbegriff für das „Erhabene“?

    Ich werde mal sehen, wie weit ich noch mitkomme. Aber die ein oder andere „dumme“ Frage wird dann wohl noch von mir folgen.

  21. @FF
    „Ich weiß ja eh, dass meine Ausführungen für dich immer viel zu naiv und viel zu wenig fachphilosophisch sind. Aber meiner Meinung nach ist es eben hier auch nicht notwendig, die gesamte Ontologie der Realität aufzufahren, nur um das zu verstehen, was Randall sagen will.“

    Darum geht es doch nicht. Ich mache ja nicht mehr (und nicht weniger), als an einigen Punkten etwas einzuwerfen, was mir wichtig scheint. Wie man damit umgeht (interessant, unwichtig, falsch, unpassend …), bleibt ja jedem selbst überlassen.

    Von daher möchte ich das keineswegs als Fundamentalkritik verstanden wissen: An Deiner Arbeit bzw. Deinem Vorhaben hier im Blog habe ich nicht das Geringste auszusetzen (wie käme ich auch dazu?) – an einigen der debattierten Konzepte/Vorstellungen schon. Aber, wie gesagt: Wie man damit umgeht (interessant, unwichtig, falsch, unpassend …), bleibt ja jedem selbst überlassen…

    1. @T.H. „an einigen der debattierten Konzepte/Vorstellungen schon. Aber, wie gesagt: Wie man damit umgeht (interessant, unwichtig, falsch, unpassend …), bleibt ja jedem selbst überlasse“

      Das Problem ist halt nur, dass in diesem Fall die Diskussion mühsam ist, weil du den Text, den du kritisierst, nicht gelesen hast. Du kritisierst meine Zusammenfassung und es ist mühsam, das jetzt nachträglich aufzudröseln, ob ICH da was falsch/sinnverzerrend zusammengefasst habe und du das deswegen doof findest oder ob du Randalls Aussagen doof findest.

  22. @Volker Birk

    Die Wissenschaft, mit der ich mich beschäftige, ist die Informatik. Hier spielt Materie keinerlei Rolle, übrigens, in keiner der beiden Bedeutungen.

    Das ist ja interessant, sie verwenden also virtuelle Computer so ganz ohne Hardware und Strom? Oder wie überprüfen sie ihre vorher materialistisch (ich nehme mal an über eine Tastatur) eingegebenen Algorithmen oder Programme?

  23. Ich verstehe Randall so, dass sie sagt, dass jedes Phänomen, das die Wissenschaft unetrsucht, eine materielle Grundlage hat. Deswegen sei Wissenschaft immer materialistisch. Bisher habe ich aus der Diskussion heraus nicht verstanden, was an dieser Aussage falsch sein soll.

    Natürlich gibt es Begriffe, die nach alltäglichem Verständnis etwas Imaterielles beschreiben – wie z.B. subjektive Empfindungen. Aber auch die wissenschaftliche Untersuchung dieser Dinge setzt an etwas Materiellem an, z.B. an den Prozessen, die bei der Erzeugung solcher Gefühle im Gehirn ablaufen. Dass es bislang noch nicht möglich ist, Phänomene wie Bewusstsein vollständig auf der Grundlage materieller Prozesse zu erklären, ist kein Beleg dafür, dass dies nicht möglich ist oder dass das Phänomen auf etwas Über-Materiellem beruht.

    Wenn man Gottes Wirken untersuchen wollte, müsste er materiellen Einfluss auf die Welt nehmen, etwa über messbare Kräfte. Doch so funktioniert Religion nicht, und deswegen stehen Religion und Wissenschaft an diesem Punkt immer im Widerspruch.

  24. @Adent: Man braucht keine Comnputer, um Informatik zu betreiben. Trotzdem basiert auch diese „virtuelle“ Wissenschaft letztlich auf nachweisbar materiellen Denkprozessen.

    Technische Frage am Rande: Gibt es für diese Kommantarfunktion einen Zitierbefehl ([quote] oder so)?

  25. @Johannes
    Es war auch eher etwas provokativ gemeint, mir erschliesst sich aber nicht, wie man ohne Computer Informatik betreiben kann, das hätte ich gern etwas näher erklärt?
    Klar ist mir dabei, dass man sich Algorithmen auch ohne Computer ausdenken kann, aber um sie zu überprüfen, muss man sie doch irgendwo einspeisen oder nicht? Sonst würde ich es eher als Meta-Informatik bezeichnen.
    Achso, mit Computer meine ich nicht nur einen PC oder sowas, Produktionsroboter oder Waschmaschinen wären ebenso materiell 😉

  26. Vorweg: Ich war hier kurz davor das Buch zur Seite zu legen. Das Religionskapitel war (in der Übersetzung zumindest) in meinen Augen zu langatmig mit ewigen Schachtelsätzen…

    Aber zur Frage: Randalls Hauptthese scheint zu sein, dass die Wissenschaft als „arrogant“ empfunden wird und deswegen die Religion bevorzugt wird. Das greift imho viel zu kurz. Ich sehe drei (zusammenhängende) Gründe (und da schließe ich Esoterik mit ein)

    1. Der Mensch sieht gerne Muster und er lässt sich nicht gerne erklären, dass das was er „weiß“ falsch ist. Und die Wissenschaft sagt ihm das eben deutlich. Mehr noch: Zum Teil sagt sie ihm, dass er bestimmte Sachen gar nicht verstehen wird, da sie so komplex sind, dass er schon sehr, sehr viel studieren muss, um sie zu verstehen. Das wird sicherlich als „arrogant“ eingestuft, aber das Hauptproblem ist (denke ich) dieses „Nein, das ist falsch!“. Es ist sogar noch etwas schlimmer: Wir sagen dem Gläubigen z.B. dass Homöpathie nicht funktioniert und dass es der Placeboeffekt ist, der gesund macht. Aber wie der wirkt, weiß man (im Detail) (noch) nicht. Das sieht man sehr oft in Kommentaren unter Zeitungsartikeln: Selbst wenn der Kommentator offenkundig von der Materie keine Ahnung hat, hat er doch eine feste Meinung, die sich kaum erschüttern lässt. Schon gar nicht mit Fakten. Das kommt schlecht an… 😉

    2. Vielleicht noch wichtiger: Wissenschaft bietet keine Hoffnung. Rein wissenschaftlich orientiert kann ich nicht darauf hoffen, dass sich mein Leben von einer Sekunde auf die nächste plötzlich ändert; ich werde nicht plötzlich vom Krebs geheilt, plötzlich Superkräfte entwickeln oder schlank und sportlich sein und an den nächsten Sommerspielen teilnehmen. Eine Religion bietet da mehr Trost und Hoffnung: Das Leiden hat einen Grund (auch wenn wir ihn nicht kennen). Vielleicht zeigt Gott Gnade und beendet es plötzlich/Wirkt ein Wunder. Im nächsten Leben wird alles besser… Das kann (und will) Wissenschaft nicht leisten. Und schlimmer: Es zerstört sogar mit Erkenntnissen diese Hoffnung, etwa darauf, plötzlich telepathische Fähigkeiten zu entwickeln oder die Lottozahlen im Kaffeesatz zu sehen –> Siehe Punkt 1, ihr wissenschaftlichen Spielverderber!

    3. Ein kleiner Nebenaspekt: Es ist immer von „der Wissenschaft“ die Rede. Viele Menschen denken bewusst oder unbewusst, dass sich Wissensfatler hinsetzen und Regeln udn Erkenntnisse beschließen (Ein Schüler meinte in einer Prüfung einmal.: „Dann haben sich die Mathematiker zusammengsetzt und haben sich diese Formel ausgedacht“). Da ist der Unterschied zu einer dogmatischen Religion natürlich nicht so groß und wenn man sich schon für ein Dogma entscheiden muss, dann doch für eines, dass Hoffnug und Halkt gibt (siehe 2) und nicht so arrogant/besserwisserisch auftritt (Punkt 1).

    So, das war mein Senf dazu 🙂

  27. @Florian:

    „Es kann ja gut sein – und ist mit Sicherheit auch so – dass meine knappe Zusammenfassung nicht all das transportiert, was im Buch erklärt wurde (und nicht vergessen: Ich fasse zusammen, was im Buch steht und argumentiere hier nicht meinen eigenen Argumenten meine eigene Meinung) – deswegen ist die Diskussion vielleicht auch ein wenig unbefriedigend, weil nicht alle den gleichen Wissensstand haben, was das Thema der Diskussion angeht.“

    Also aus meiner Perspektive sind Deine Zusammenfassungen bisher sehr gut gelungen, gerade weil Du es, wie ich finde, gut hinkriegst, die Aussagen der Autorin noch einmal etwas zu bündeln.
    Für mich als wissenschaftliche Laiin (falls es diesen Begriff gibt) ist das hier eine sehr hilfreiche Angelegenheit – insofern: Cool und danke für die Mühe 😉

  28. „Warum stehen so viele Menschen der Wissenschaft mit Skepsis gegenüber? Warum kümmert es so viele (religiöse) Menschen so sehr und wieso ist der Konflikt so heftig?“

    Es kümmert ja auch viele Leute, die sich der naturwissenschaftlichen Denkart verbunden sehen, manche „kämpfen“ ja auch regelrecht und werden aktiv gegen Religionen und ihre teilweise noch vorhandenen Privilegien und Machtbereiche.
    Das lässt Randall in ihrem Buch aus, den Faktor, dass Religionen (nicht die religiösen Menschen) als Institutionen immer noch großen Einfluss haben, die die Gesellschaften betreffen. Oder ich hab`s vielleicht überlesen.

    „Warum“ man die Konflikte weiterhin oder teilweise auch wieder verschärft hat, ergibt sich, wie ich finde, aus den jeweiligen Argumenten für die jeweilige Denkart.

    Ein Grund für die Skepsis gegenüber den Naturwissenschaften kann vielleicht tatsächlich das Fehlen von „Lebens-Inhalten“ in Form von tröstenden Vorstellungen oder gar Versprechungen sein, welches Naturwissenschaften nicht in ähnlicher Form anbieten wie Religionen – und dass sie dafür auch gar nicht da sind, streicht Randall ja immer wieder deutlich hervor.
    Dazu kommt das missverständliche Vermitteln von Wissenschaft, dazu der Anschein rein dogmatischer und gleichzeitig immer wieder hinfälliger Ergebnisse, welches als verwirrend emfpunden wird.
    Ist mir jedenfalls selbst lange so gegangen, dass ich das nicht kapiert habe und dass es nicht an „den Wissenschaften“ liegt, sondern an nicht sorgfältiger Formulierung bei der Vermittlung.

    Allerdings finde ich, dass man sich, wenn man sich den Naturwissenschaften „anvertraut“ auch ein Gefühl von „Teil von etwas großen sein“ haben kann. Nicht mystisch-überhöht, sondern ganz greifbar.
    Das kann auch tröstlich sein.
    Natürlich hadern viele Menschen auch damit, dass die Naturwissenschaften den Menschen immer weiter vom Sockel der „Einzigartigkeit“ geschubst haben ohne irgendwie „Ersatz“ für diesen Verlust parat zu haben.
    Die ganzen tollen Errungenschaften werden zwar gerne genommen, aber da muss doch „mehr“ sein, Seele und sowas.

  29. Hier ist noch eine ganz famose Episode vom Omega-Tau-Podcast.
    Super zur Veranschaulichung von Musik und Physik, wie ich finde!
    https://omegataupodcast.net/2013/09/130-violin-physics/

    Ps. es ist ja so, dass viele Menschen so ein diffuses Gefühl von „lieber nicht zu viel wissen haben“ kultivieren, weil sie Angst haben, dass sie dann das Staunen und die Ehrfurcht vor den Naturphänomenen verlieren könnten.

    Es kann aber doch auch ganz anders herum sein:
    Je mehr man im Detail versteht, je größer wird das Staunen und auch die Ehrfurcht.
    Und wie es scheint, braucht man ja auch gar keine Angst zu haben, jemals „zu viel“ wissen zu können 😉

  30. @Wissenslücke ich glaube das “lieber nicht zu viel wissen haben“ ist mehr ein Selbstschutzargument. – Wer gibt schon gerne zu, dass er keine Ahnung hat? Nein, dann lieber: Ich möchte gar keine Ahnung haben…

  31. @Florian: ich habe schon zur Kenntnis genommen, dass Du Dir nicht alles, was im von Dir rezensierten Buch steht, zu eigen machst. Ich antworte entsprechend auf Deine Texte und nicht auf die Randalls.

    Deine Rezension hier habe ich gelesen um zu entscheiden, ob die Zeit lohnt, dieses Buch zu lesen. Wie es uns vermutlich allen so geht, so ist auch meine Literaturliste lang genug um zu priorisieren.

    Ich bin entsprechend auf Deinen Satz eingegangen: «Ich hab auch nicht vom “Wesen der Wissenschaft” gesprochen; das ist mir zu philosophisch. Ich habe nur gesagt, dass die Wissenschaft zwingend materialistisch IST. Sonst wäre es keine Wissenschaft.»

    Diese Deine Formulierung hat mich dahin geführt zu denken, das sei Deine Eigene Ansicht und nicht die Randalls.

    Der Grund, weshalb ich überhaupt kommentiere, ist der regelrechte Glaubenskrieg, der gerade in den USA vonstatten geht. Die (überwiegend) Naturwissenschaftler, die ihn führen, haben dafür einen sehr guten Grund: die Religiösität nimmt dort nämlich langsam überhand, und es bestehen etliche gegenaufklärerische Umtriebe um zu versuchen, die Deutungshoheit der Wissenschaft wieder abzunehmen, und religiösen Extremisten zu übergeben. Das darf auf keinen Fall passieren.

    In ihrem (verständlichen) Furor jedoch übersehen dort einige Diskussionsteilnehmer auf unserer Seite die Probleme der Dialektik der Aufklärung. Mit der Spielart des Materialismus, der sie in ihrer Argumentation auf den Leim gehen, bekämpfen sie den Teufel mit dem Beelzebub (wenn Du mir diese Metapher verzeihst 😉

    Hier in Europa können wir von Glück sagen, dass wir vor einem solchen Problem derzeit nicht stehen. Entsprechend wäre es schön, wir könnten entsprechend gemäßigte Positionen einnehmen in der Diskussion, mit mehr Reflektion.

    Das mal unabhängig von Randalls Buch; denn wie Du korrekt anspielst, müsste ich es erst einmal lesen, bevor ich es selbst kritisierte. Deine Rezension wird mich jedoch vermutlich davon abhalten.

    1. @Volker Birk: „Ich antworte entsprechend auf Deine Texte und nicht auf die Randalls.“

      Welche Texte meinst du da? Ich erkläre das, was Randall meiner Meinung nach im Buch ausdrücken will. Wenn du das kritisieren willst – was vollkommen in Ordnung ist! – dann solltest du das Buch auch lesen. Sonst wird es völlig verwirrend.

      „Deine Rezension hier habe ich gelesen um zu entscheiden, ob die Zeit lohnt, dieses Buch zu lesen. „

      Nur ist es halt keine Rezension. Die könnte ich schreiben, wenn ich das Buch komplett gelesen habe – ich habe aber nur das gelesen, was ich hier zusammenfasse (ohne dabei groß zu werten). Das hier ist das Buchklub-Projekt, das unter dem Motto „Wir lesen gemeinsam ein Buch“ steht. Ich hab keine Ahnung ob das Buch gut ist, was noch kommt oder ob ich es empfehlen kann. Und diese Zusammenfassungen die ich zwecks Diskussionsanregung schreibe sind ganz explizit KEINE vollständigen oder repräsentativen Wiedergaben des Inhalts, da ich davon ausgehe, dass alle die hier mitdiskutieren den Inhalt sowieso kennen.
      „Diese Deine Formulierung hat mich dahin geführt zu denken, das sei Deine Eigene Ansicht und nicht die Randalls.“

      Ja, in dem Fall ist das auch meine Ansicht. Aber die Diskussion läuft ja schon länger und ich haben das selbst so umformuliert um den Punkt klar zu machen um den es geht.

      „Mit der Spielart des Materialismus, der sie in ihrer Argumentation auf den Leim gehen, bekämpfen sie den Teufel mit dem Beelzebub“

      Wenn du wirklich wissen willst, wie Randall den Materialismus im Detail versteht, dann musst du das Buch wohl wirklich lesen (muss man auch nicht kaufen, gibts in vielen Büchereien).

      Aber ich verstehe deine Kritik immer noch nicht so ganz. Ich zitiere Johannes von weiter oben: „Ich verstehe Randall so, dass sie sagt, dass jedes Phänomen, das die Wissenschaft unetrsucht, eine materielle Grundlage hat. Deswegen sei Wissenschaft immer materialistisch. Bisher habe ich aus der Diskussion heraus nicht verstanden, was an dieser Aussage falsch sein soll.“ Da kann ich mich nur anschließen.

  32. @Adent: ich verstehe unter Informatik nicht “Computerscience”. Ich beschäftige mich forschend im Wesentlichen mit Sprachentheorie und Compilerbau. Aber Dein Hinweis bringt mich darauf zuerinnern, dass ausgerechnet die Computerscience eine Wissenschaft ist, die einen ausgeprägten Dualismus pflegt: nämlich den von Hard- und Software. 😉 Dort ist Materialismus wohl auch nicht angesagt, wohl eher gar kein Naturalismus.

  33. @Johannes: es gibt keine “materielle Denkprozesse”, das wäre ja ein Widerspruch in sich.

    Ich hänge ja der Softwarethese an, also der These, dass Denken über Software implementiert ist, die auf dem Computer läuft, den das zentrale Nervensystem darstellt. Aber Denken ist da dann trotzdem kein “materieller Prozess”.

  34. @Adent: Algorithmen muss man nirgends “einspeisen”, ja man kann es gar nicht. Dazu muss man sie zunächst in einer Programmiersprache implementieren, und eine elektronische Darstellung dieses Textes dann “einspeisen”. In der Algorithmik geht es aber nicht um diese Implementierungen, sondern um die Algorithmen selbst.

    Übrigens verwenden auch Informatiker, die Sprachentheorie oder Algorithmik betreiben, gerne Computer – so wie Physiker oder Astronomen auch 😉 Ich selbst bin auf beiden Seiten unterwegs, weil ich ja nur nebenberuflich forsche, und hauptberuflich als Softwarearchitekt Softwarekunst betreibe. Da geht es dann schon ganz handfest um Implementierungen, und die Themen die man damit hat.

  35. @Florian: ich bin nun tatsächlich davon ausgegangen, dass Du das Buch gelesen hast 😉 Entsprechend ziehe ich meine Aussage zurück, dass ich aufgrund Deines Textes irgendeine Bewertung des genannten Buches vollziehe.

    Aber etwas anderes mal: nämlich ein Lob. Nette Idee mit dem Buchclub. Ist zwar nichts für mich, aber sicher für viele interessant.

  36. @Florian: getrennt nochmal zum Inhaltlichen: die Physik beschäftigt sich selbstverständlich mit der Physik, und das ist eben gerade das Materielle. Über anderes kann sie ja nichts sagen, hat keine Methodik dafür. Es wäre auch nicht ihre Aufgabe.

    Wie Du vorher dargestellt hast, meinst Du ja gar nicht jede Wissenschaft, sondern eben nur die Physik (im Sinne von Naturwissenschaft, einschliesslich der Chemie, der Biologie etc.).

    Ich meine mit “Wissenschaft” jedoch viel mehr, einschliesslich meiner eigenen.

  37. @Peer #41
    Ich habe das mit dem „“lieber nicht zu viel wissen wollen““ so wieder gegeben, wie es mir Leute in Gesprächen geschildert haben.
    Da gibt‘ sicher viele verschiedene Varianten…
    Manche vergleichen es auch mit dem making of von Filmen.
    Die einen schauen sie gerne und verlieren auch nicht ihr Staunen über die Illusion des Filmes, im Gegenteil steigert sich ihre Begeisterung sogar weil sie jetzt noch das Wissen über die Leistungen des Filmteams oben drauf kriegen.
    Andere schauen lieber kein making of, weil sie sich ihre Bilder nicht von *der Realität* kaputt machen lassen wollen.
    Zweiteres ist sicher keine besonders gute Analogie zur Religion vs. Wissenschaft, aber ich kann mir die Emotionen ähnlich gelagert vorstellen.
    Die Liebe z. B. möchten ja auch viele lieber gar nicht so gerne *real* in Form von Neuronen, Hormonen, Pheromonen usw. erklärt haben, weil ihnen das das gewisse mystische oder ungreifbare Element dabei fehlt. Mir geht’s da allerdings eher so, dass mich das so sehr fasziniert, dass es einfach durch die Forschung ein zusätzliches Staunen gibt, zusätzlich zum Staunen über die Liebe als Teil unserer Beziehungen die wir erleben.:-)

  38. Mir gefällt das Buch zum Glück nun besser als Anfangs.
    Bin gespannt auf die nächsten Kapitel. Sie schreibt; wenn es einen Gott gäbe, wie und wo greift dieser ein? Meine Gedanken beim lesen waren dann; Irgendwo müßte ja dann auch etwas zum steuern „bewegt“ und/oder angefasst werden. Er müsste doch zumindest ein paar Quarks oder sowas beeinflussen können. Und da kommt mir auch schon der Maßstab wieder in den Sinn. Verrückt, oder?..
    Sie fragt sich auch warum so viele Menschen den Naturwissenschaften und den Fortschritten darin so misstrauisch gegenüber stehen. Die beiden Punkte fand ich interessant.
    Ich finde es auch äußerst dumm, und ärgere mich auch darüber, wie viele „intelligente“ Menschen heute immer noch nicht an die Evolution glauben. Besonders wie Volker schon geschrieben hat in den USA.

  39. @Adent

    Es war auch eher etwas provokativ gemeint, mir erschliesst sich aber nicht, wie man ohne Computer Informatik betreiben kann, das hätte ich gern etwas näher erklärt?

    Informatik hat nicht so viel mit realen Computern zu tun, zumindest nicht die Grundlagen, sondern mit theoretischen Maschinen und mehr oder weniger gebräuchlichen Programmiersprachen, die auch nur mathematische Konstrukte sind. Man definiert sich z.B. eine hypothetische „Turing-Maschine“, die nichts anderes kann, als einen Schreib-Lese-Kopf auf einem unendlichen Band ein Feld nach links oder rechts zu verschieben und dort Zeichen eines Eingabealphabets zu schreiben oder wieder zu lesen und in Abhängigkeit vom gelesenen Zeichen einen bestimmten Folgezustand anzuspringen. Dann kann man zeigen, dass sich mit dieser primitiven Maschine alles, was intuitiv berechenbar ist, berechnen lässt, und sich die meisten Probleme auf sie zurück führen lassen.

    In der Informatik geht es dann um Fragen, wie groß der Aufwand zur Lösung bestimmter Probleme ist. Dabei interessiert nur die Ordnung (der höchste Exponent oder Term der Komplexität in Abhängigkeit von der Eingabegröße), und ob ein Problem mit polynomialem Aufwand lösbar ist oder mehr erfordert. Auch dies geschieht durch Rückführung auf Porbleme mit bekannter Komplexität. Usw. Ist mehr Mathematik als Ingenieurwissenschaft und es ist völlig Wurst, welchen Computer man am Ende verwendet, die wahre Rechenzeit unterscheidet sich dann bei relaen Maschinen nur um einen konstanten Faktor.

    Auf keinen Fall ist Informatik eine Naturwissenschaft, und um die geht es hier ja ausschließlich, deswegen hinkt jeglicher Vergleich der Informatik mit einer solchen gewaltig.

    Übrigens haben wir in der Computerei die selbe Emergenz wie beim Gehirn und der Liebe. Eine Maschine kann mit uns reden und uns verstehen (in gewissen Grenzen), wobei wir ganz genau wissen, wie der Prozess vor sich geht. Das sind Eigenschaften, die man einfachen elementaren Vorgängen im Prozessor nicht ansieht. Dennoch zeigt z.B. Die Turing-Maschine, dass man mit einem ganz einfachen Rechnermodell die kompliziertesten Gleichungen lösen kann und eben auch einen antwortenden Partner emulieren.

    Das Gehirn arbeitet ganz anders als ein sequenzieller Computer und ist noch lange nicht verstanden, aber das ist kein Grund, ihm die Fähigkeit abzusprechen, Intelligenz und Emotionen auf der Basis chemischer Prozesse hervorzubringen. Gefühle wie Liebe sind schließlich doch nur Halluzinationen, die ausschließlich in unserem Kopf existieren und uns zu bestimmten, evolutionär wichtigen (für die Existenzerhaltung und Reproduktion) Handlungen bringen sollen. Genau diese Gene sollen sich mit den eigenen vereinigen, weil das betreffende Subjekt Merkmale eines gesunden Genoms zeigt und dies einen hohen Reproduktionserfolg verspricht. Die Evolution brachte solche Verhaltensweisen hervor, weil sie einen hohen Reproduktionserfolg hatten und entsprechend oft propagiert wurden. Und sie wurden wohl schon in Gehirnen entwickelt, die zu bewusstem Handeln nicht in der Lage waren, deswegen musste es unangenehm sein, die Anweisung zu ignorieren. Daher dann der Liebeskummer.

  40. @Alderamin: schön wäre es, Du hättest recht. Leider ist das nicht der Fall: unsere Maschinen verstehen bisher rein gar nichts, sie arbeiten nur mechanisch Programme ab. Es ist das Problem der KI, hier einmal Abhilfe zu schaffen. Ein weites Feld, und eins voller ungelöster Probleme. Wie geschaffen für Forschung und Forscher 😉

    Das mit der Halluzination ist leider ein leicht zu widerlegende Argument: wenn Gefühle, letztlich das Selbst eine Halluzination wäre, wer wäre dann dieser Halluzination erlegen? Es ist ein Zirkelschlussargument, und somit nicht zielführend.

    Dass das Gehirn Intelligenz “hervorbringt”, möchte ich bezweifeln. Wäre das der Fall, wäre es kein Rechner. So wie’s aussieht, ist das zentrale Nervensystem (von dem das Gehirn ein wesentlicher Teil ist) jedoch ein Rechner. Der Trick scheint mir vielmehr in der Software zu liegen. Man kann auf Rechnern Software betreiben. Die Frage ist, wie kann man ein Bewusstsein in Software implementieren? Oder ist es etwa so, dass sich ein Bewusstsein zu Software verhält wie die zur Hardware? Vieles spricht dafür, dass auch ein Bewusstsein wiederum kategorial different zu Software ist – man denke an Bedeutung und Erkenntnis, was kein Softwaresystem haben kann.

    Falls dem so ist, dann liefe auf dem ZNS Software, und auf dem “liefe” ein (beim Menschen reflektierendes) Bewusstsein.

    1. @Volker: „Dass das Gehirn Intelligenz “hervorbringt”, möchte ich bezweifeln.“

      Die ganzen Bücher von Douglas Hofstadter zum Thema KI und Bewusstsein kennst du? Ich fand die immer sehr inspirierend und interessant.

  41. @ all :

    51 Kommentare, von denen gefühlte 49 nichts mit dem Buch zu tun haben. So macht das keinen Spaß und der Sinn des Buchclubs wird von ein paar Wenigen zerstört.

    Ich klinke mich an dieser Stelle aus und lese den Rest alleine. Den Anderen viel Spaß an der Diskussion. Evtl. mache ich bei einem anderen Buch wieder mit.

    1. @bikerdet: „So macht das keinen Spaß und der Sinn des Buchclubs wird von ein paar Wenigen zerstört.“

      Naja, „zerstört“ würde ich das nicht nennen. Wenn du über andere Themen diskutieren willst, musst du ja nur einen entsprechenden Diskussionsstartpunkt geben. Das waren halt offensichtlich die Sachen, die bei den letzten 3 Kapiteln die Leute diskussionswürdig gefunden haben. Sinn des Buchclubs ist es ja, dass sich möglichst viele Leute mit ihrer Meinung zum Buch zu Wort melden.

  42. Um mal wieder zum Buch zurückzukommen (diese philosophischen Diskussionen überlasse ich derzeit lieber anderen):
    Das Kapitel über Galileo fande ich sehr gelungen. Zu zeigen, an einem konkreten Beispiel, wie der Anfang der Naturwissenschaft aussah. Besonders schön auch die Erwähnung, dass schon damals publish-or-perish existierte:

    He hastily performed his research […] before someone else with a telescope might manage to publish first

    Ebenfalls kannte er bereits einen anderen Aspekt der modernen Naturwissenschaft:

    Galileo named Jupiter’s moons Medicean stars, in honor of Cosimo II de‘ Medici – further demonstrating his understanding of funding – another key aspect of modern science

    Solche Sätze sind es, die ein Buch vergnüglich zu lesen machen – und ich fand diese Kapitel wesentlich interessanter als das Erste und freue mich schon auf Kapitel fünf, in dem es mit der Physik losgeht.

    1. @Phero: „Besonders schön auch die Erwähnung, dass schon damals publish-or-perish existierte:“

      Ja, da gibts ja noch sehr viel mehr Geschichten… Wie Galilei den Herrschern in Venedig schon ein besseres Teleskop versprochen hat, obwohl er noch keine Ahnung hatte, wie er das hinkriegen soll. Über Galilei könnte man durchaus öfter mal was lesen – meistens sind es ja doch immer wieder die gleichen (und oft falschen) Geschichten; über Zeug das er vom schiefen Turm geworfen haben soll, usw.

      „further demonstrating his understanding of funding“

      Das ist auch ein Thema, das ich gerne mal in einem allgemeinverständlichen Buch ausgearbeitet sehen würde: Wie hat sich die Finanzierung der Forschung von der Antike bis zur Gegenwart verändert. Ich denke, da könnte man ziemlich viel draus lernen, wenn man das vernünftig darstellt.

  43. @Volker Birk

    unsere Maschinen verstehen bisher rein gar nichts, sie arbeiten nur mechanisch Programme ab.

    Wer weiß, ob das Gehirn nicht auch überwiegend festen Verhaltensmustern folgt? Katzen verhalten sich wie Katzen und Hunde wie Hunde. Und Menschen folgen auch bestimmten inneren Antrieben, oft unbewusst. Liebe zum anderen Geschlecht kommt in der Pubertät auf, als Folge bestimmter hormoneller Veränderungen.

    Schachcomputer spielen Partien, die ihre Programmierer nicht vorprogrammiert haben und niemals gewinnen könnten. Es kommt am Ende auf das Ergebnis an, nicht auf die Umsetzung der Lösung (ohne Zweifel arbeitet das Hirn völlig anders als eine sequenzielle Maschine). Eine Maschine, die von einem Menschen nicht unterscheidbare Antworten geben kann, würde man ohne weiteres als intelligent bezeichnen. Nur ist die Technik noch nicht so weit (deswegen sagte ich: „in gewissen Grenzen“). Immerhin kann man einem iPad mit gesprochenen Worten Anweisungen geben, die von diesem umgesetzt werden. Das ist eine Art von Kommunikation und Verständnisleistung, wenn auch noch lange kein Bewusstsein.

    Das mit der Halluzination ist leider ein leicht zu widerlegende Argument: wenn Gefühle, letztlich das Selbst eine Halluzination wäre, wer wäre dann dieser Halluzination erlegen?

    Das Hirn schafft sich ein Abbild der Umwelt über externe Wahrnehmungen, sowie ein Modell von sich selbst als Teil der Welt, das Ich. Dieses Ich, also ein Modell, nimmt die Botschaften älterer Hirnteile als Gefühle wahr. Schmerz, Freude oder Liebeskummer. So ähnlich wie Routinen eines Betriebssystems auf bestimmte Botschaften reagieren, die für andere Routinen keine Bedeutung haben oder für die Außenwelt nicht beobachtbar sind. So könnte ich mir das in etwa vorstellen.

  44. Inzwischen ärgere ich mich ein wenig, weil ich impulsiv die deutsche Ausgabe des Buchs gekauft habe, und wie schon ein paar Mal gesagt wurde, liest sich das Original wohl etwas besser, aber was soll’s, man gewöhnt sich dran. Der ganze erste Teil kommt mir vor wie eine ziemlich breit ausgewälzte Einleitung, und man hätte die wesentlichen Punkte sicher auch auf ein Kapitel eindampfen können, hoffentlich ist der Rest dann nicht so langatmig.
    Die Klarstellung der Abgrenzung der Wissenschaft von der Religion gehört aus den von @Volker Birk in #42 genannten Gründen wohl bei einem Buch wie diesem wohl dazu, fraglich bleibt ob diese Erklärung nun religiöse Leser eher zum Weiterlesen ermutigt oder nicht. Ich könnte mir schon vorstellen, dass das funktionieren könnte, sind doch religiöse Texte auch oft sehr wortreich und komplizierter formuliert als nötig, bei gleichzeitig eher wenig konkretem Inhalt, um es mal vorsichtig zu auszudrücken.

    Was mich bei dem Thema mal wirklich interessieren würde wäre eine Statistik, wie viele Menschen die Kerninhalte ihrer Religionen, sprich allmächtiger Gott/teilmächtige Götter, ewiges Nachleben in Paradies/Hölle oder ständiges Reinkarnieren, Einflüsterungen von höheren Mächten et cetera.

    Bestimmt gibt es tatsächlich einige sozusagen Strenggläubige, für die meisten Mitglieder religiöser Gemeinschaften geht es aber sicher eher um die soziale Komponente, da haben wir tatsächlich in großen Teilen Europas den entscheidenden Vorteil (noch) relativ guter staatlicher Sozialsysteme, die eine einseitige Abhängigkeit von religiös kontrollierten Institutionen größtenteils verhindern und zB Schullehrpläne standardisiert sind, und auch in Ordenskrankenhäusern wird normalerweise nicht exorziert, theologische Fakultäten bilden keine Mediziner aus. 😉

    Es hieß zwar landläufig immer, dass praktisch Alles aus den Staaten mit ein paar Jahren Verzögerung auch über den Atlantik zu uns schwappt, trotz neuem Papst mit Popstarallüren sehe ich in unseren Breiten jedoch keine großartige Rückkehr der Religiosität, es wird ja auch einerseits kaum ein Fettnäpfchen ausgelassen (zB Bischof von Limburg), andererseits hat man einige Leichen im Keller (Kindesmisshandlungen bzw. -missbrauch) und die Aufarbeitung der Vatikanbankmalversationen zieht sich auch ziemlich in die Länge. Dagegen ist die Arbeitsgeschwindigkeit der österreichischen Finanzverwaltung im Fall Hypo Alpe Adria direkt rekordverdächtig. Nachwuchsprobleme kommen dann auch noch hinzu, ich sehe eher geringe Chancen, dass man da noch Zeit findet, den Kreationismus in den staatlichen Lehrplänen unterzubringen, ich denke zumindest die katholische Kirche ist erst mal mit eigenen Angelegenheiten ausgelastet.

    In ihrer teils tiefverwurzelten Religiosität sind die vereinigten Staaten etwas anders geprägt als Europa, wo wir schon seit Längerem viel mehr mit politischem als religiösem Fanatismus zu kämpfen hatten und haben.
    Die einschlägige Esoterikszene ist wohl eine nicht zu unterschätzende Mischung aus religiösem (Heilsversprechen) und politischem (Nähe zum r-extremen Gedankengut) Fanatismus, dank Aufsplitterung in kleinere Grüppchen mit logisch unvereinbaren Ansichten, und das ist wohl bei den diversen nationalistischen europäischen Parteien ein ähnlicher Effekt, entsteht, so schönfärbe ich mir jedenfalls die Welt, eine Art stabiles Gleichgewicht des Schreckens.

    Ich brauche jedenfalls weder politische noch religiöse Heilsversprechen zum Glücklichsein, ich bin vollauf damit zufrieden zu versuchen, soviel wie möglich über das Universum, in dem ich lebe, herauszufinden und wenn möglich auch zu verstehen. Dazu habe ich eine hervorragende Zeit erwischt, nicht auszumalen, in einer Zeit vorm WWW, geschweige denn vor dem Buchdruck, gelebt zu haben.

    Die Bewusstsein/KI-Debatte wäre natürlich auch eine Spannende, hat aber irgendwie (zumindest bisher) nicht wirklich etwas mit dem Buch zu tun und ich war selbst wohl auch schon ausschweifender als nötig, soviel also erst mal dazu.

  45. Oh, ich sehe grad dass ich über eine Stunde lang einen Kommentar getippt habe, und jetzt ist er in der Mod gelandet, okay ist tatsächlich eine etwas monströse Wall-of-Text geworden, hab sicherheitshalber zwischengespeichert, falls es wider Erwarten nicht mehr auftauchen sollte.

  46. Danke für einen interessanten Blog.
    Habe das Buch nicht gelesen u werde es aufgrund alleine des Titels nicht tun.
    Wissenschaft (ler) und Religiöse haben mir einfach zu viele Kriege auf der Welt ausgelöst.
    Ethik wäre mE angesagt, die Lehre vom Leben miteinander.
    Mir kam es in den vorangegangenen Kommentaren auch teilweise ein wenig kriegerisch vor.
    Frei nach dem Motto: Meine Meinung lass ich mir von niemand nehmen!
    Apropos Gott, fragt doch mal Harald Lesch, oder besser Steven Hawkins nach der Möglichkeit einer „göttlichen Kraft“.
    Ohne philosophisch werden zu wollen, wir sind alle ein Teil davon (Seele). Und darüber sogar miteinander verbunden.
    Den Wissenschaftlern möchte ich eine Idee mit geben:
    Nicht alles was noch nicht bewiesen werden kann ist unmöglich.
    Als Max Planck vor dem Entschluss stand was er studieren solle bekam er den Rat: Bloss nicht Physik, da ist alles schon erforscht.
    -Im Übrigen unterliegt jeder Mensch einer „Programmierung“,- jede Sprache beinhaltet einen Code.
    Und in diesem Sinne wünsche ich artig ein schönes Wochenende.

    1. @Amba Merlinson: „Habe das Buch nicht gelesen u werde es aufgrund alleine des Titels nicht tun.“

      Was ist denn an „Die Vermessung des Universums“ so schrecklich?

      „Apropos Gott, fragt doch mal Harald Lesch, oder besser Steven Hawkins nach der Möglichkeit einer “göttlichen Kraft”.“

      Lesch ist religiös; Hawking („g“ nicht „s“) ist es nicht. Und jetzt?

      Nicht alles was noch nicht bewiesen werden kann ist unmöglich.“

      Das ist den Wissenschaftlern durchaus sehr bewusst.

  47. @Phero:
    Genaugenommen gab es zumindest eine Zeit lang die Hypothese, daß Galilei bei dieser Gelegenheit sogar eine weitere, ähh, Gepflogenheit der modernen Forschung erfunden hatte, nämlich die Wissenschaft per Pressekonferenz

    https://en.wikipedia.org/wiki/Science_by_press_conference

    indem er eben nicht eine Bestätigung seiner Ergebnisse abwartete und nicht unbedingt durch Beobachtungen belegte Aussagen machte. 😉

    Was dann eventuell auch in den Prozeß hineingespielt hätte, so z.B. Feyerabend.

    Abgesehen davon, daß es noch ca. 100 Jahre bis zur Erfindung der peer review waren, wurde das AFAIR in letzter Zeit auch dadurch relativiert, das religiöse und politische Motive bei der Ablehnung des heliozentrischen Weltbildes als objektive Realität wohl doch eine größere Rolle spielten als von den Vertretern dieser These angenommen. Etwas nachdenklich stimmt es aber schon…

  48. @Amber:
    Witzig. Ein Tich aufgrund seines Titels nicht zu lesen.
    Welchen meinst Du denn?
    Den englischen oder den deutschen?
    Kleiner Tip:
    Das Lesen dieses Buches hätte Dir gezeigt, dass die Autorin sehr interessante und erhellende Aspekte über das Verhältnus vin Religion und Naturwissenschaften zur Diskussion stellt.
    Sie macht auf Schnittmengen aufmerksam, auf Fragestellungen die beide Richtungenhaben und wie sie jeweils angegangen werden.
    Sie stellt übrigens mehrfach heraus, dass es viele Menschen gibt, die naturwissenschaftlich forschen und dennoch einen Glauben haben.
    Harald Lesch wurde in diesem Blog und auch anderswo schon oft auf diesen Punkt hin diskutiert.
    Er ist ja gerade so ein Besipiel wie Randall sie auch im Buch bring. Der Vater einer Freundin von mir war Forscher am CERN, für ihn war jedes neue Ergebnis ein Zeichen oder Hinweis auf eine seiner Ansicht nach vorhandene göttliche, schöpferische Kraft. Klar hat er sich mit Kolleginnen und Kollegen darüber die Köpfe heiss diskutiert, ist doch klar.
    Randall stellt einfach alles mögliche vor bzw. gegenüber, und dass sie eben gerade keine Urteile fällt oder Menschen angreift, deren Weltsicht sie nicht versteht, finde ich bisher ganz gut gemacht.
    Es ist ja auch mehr ein historischer Abriss als ein Analysieren des Konflikts, der, wie sie auch schreibt, für viele Menschen gar nicht existiert.
    Im weiteren Verlauf des Buches wird aber wohl auch dieses leidige Thema in den Hintergrund treten, wenn es dann um die eigentliche Forschung geht.

  49. Sorry für die grässlichen Tippfehler!!!
    Meine Finger sind zu tapsig für den Handy-Screen 🙁
    Es soll natürlich *Buch* heissen am Anfang.

  50. @bikerdet
    Du gibst aber schnell auf. Davon lass ich mich nicht schrecken…eher von den nächsten Kapiteln…und da werde ich wahrscheinlich viele Fragen haben und dann braucht man hier auch Leute, die auf Fragen angemessen antworten.
    Auf meiner „Skala“ 🙂 eben!

    Mein Kommentar oben ist zwischen die Diskutanten geraten, deshalb hat mir auch keiner meine Frage beantwortet:
    Was ist im Buch der englische Begriff für das “Erhabene”?

  51. @Mafl: Naja, das lässt sich nicht gut beantworten, es sei denn jemand hat beide Ausgaben. Wenn du mir die genaue Stelle sagst kann ich nachschauen.

  52. @Phero
    Wie ich mitbekommen habe lesen hier ja einige das englische Original. Und da es nicht nur als Wort, sondern als Begriff, um den sich ein Teil des Textes dreht, dachte ich man findet es schnell…
    Der Begriff taucht im 3. Kapitel mehrfach auf. Z. B. im 2. Absatz auf Deutsch:
    „In ihrem Eröffnungsvortrag beschrieb …Linda Gregerson das Universum als „erhaben“.“

  53. @Mafl: „sublime“ ist das Wort. Danke der Nachfrage, das war mir nämlich nicht klar – ich habe aus dem Kontext irgendwie auf etwas anderes geschlossen.

  54. @Mafl:
    Hm, google findet über google books folgendes:

    In her opening talk, the literary critic and poet Linda Gregerson described the universe as „sublime“

  55. Es tut jetzt zwar nicht wirklich was zur Sache, aber mit dem Namen Hawkins assoziiere ich immer diesen Seefahrer… und ’ne Buddel voll Rum. 😉

    @Amba Merlinson:
    Der Buchtitel ist doch einwandfrei, es gibt ein tolles Buch mit ganz ähnlichem deutschen Titel, „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann. wenn der Titel so schrecklich ist, wie hätte dieser Roman denn dann bloß ein (IMHO verdienter) Bestseller werden können?

  56. wie bekannt ist Kohlenstoff das wchtigste Element unserer org.Chemie, Biologie, Lebewesen. Dass genügend C-Atome bei der Erzeugung im Sterninneren gebildet wurde, hängt von 3 „Zufällen“ ab. denn die Wahrscheinlichkeit vom gleichzeitigen Zusammentreffen von 3 He – Kernen ist sehr sehr gering.
    1. Salpeter prozess : 2 He-Kerne bilden 1 Be-Kern aber
    dieses Be zerfällt sofort in 2,6 10^ – 16 s und in dieser
    kurzen Zeit muß ein dritter He-Kern auftreffen
    2. Beryllium + Kohlenstoff ergeben einAnregungsniveau von 7,37 MeV. Hierfür war kein Partner bekannt
    FRED HOYLE berechnete ein Resonanzniveau für C von
    7,65 Mev für Kohlenstoff und beauftragte die Experimentalphysiker, danach zu suchen Es wurde gefunden und mit Zufuhr von thermiscger Enegie konnte Kohlenstoff -Nivevau erreicht werden
    3. Sauerstoff hat ein Niveau, welchen knapp unterhalb von C + He liegt sodaß Kohlenstoff nicht sofort wieder zerfallen konnte.
    Diese 3 „Zufälle“ mit der theoretischen Voraussage des passenden Resonanz-Niveaus und mit der Feinabstimmung der benutzten Naturkonstanten hat Fred Hoyl als Hinweis auf die EXISTENZ einer SCHÖPFENDEN KRAFT gedehen
    wörtlich: „ich glaube, dass der Naturwissenschaftler zu dem Schluss kommen kann, dass die Gesetze der Kernphysik ganz bewußt im Hinblick auf Konsequenzen ent worfen wurden, die Teil eines tieferen Plans sein können “ Ende des Zitat
    Es besteht sicherlich auch die Ansicht, dass dies ein GOTTESBEWEIS seín könnte

    1. @kalli: „Es besteht sicherlich auch die Ansicht, dass dies ein GOTTESBEWEIS seín könnte“

      Es besteht sicherlich auch die Ansicht, dass dies kein GOTTESBEWEIS seín könnte.

      1. @Kali: Das ist eine Abwandlung des „Uhrmacher-Argumentes“ von Parley (https://de.wikipedia.org/wiki/Uhrmacher-Analogie) . Das wurde in der Biologie durch die Evolution wiederlegt. Soweit sind wir noch nicht, was Naturkonstanten betrifft, aber das könnte sich ja ändern.
        Im Prinzip ist es ein „Argument aus Ignoranz“ – ich kann mir keinen anderen Grund (als Gott) vorstellen, also gibt es auch keinen.

  57. @kalli

    Da gibt’s noch eine Menge Naturkonstanten mehr, die fein abgestimmt sein müssen, damit überhaupt Materie stabil sein kann und Sterne leuchten können (z.B. die Größenordungungen der vier Grundkräfte zueinander). Als Alternative zu Gott (dessen Existenz und Herkunft dann ja noch rätselhafter wäre, wie fein abgestimmt muss das Proto-Universum erst gewesen sein, um IHN hervor zu bringen!) bietet sich auch das anthropische Prinzip verknüpft mit einem Multiversum an, in welchem es eine unzählige Zahl von Universen gibt, von denen sehr wenige zufällig die richtigen Naturkonstanten aufweisen. Nur in solchen kann Intelligenz entstehen, die sich über Gottesbeweise wundert.

    Multiversen ergeben sich zwanglos aus der kosmischen Inflation, auf die der Satellit PLANCK deutliche Hinweise gefunden hat.

  58. @Volker Birk schrieb:
    „es gibt keine “materielle Denkprozesse”, das wäre ja ein Widerspruch in sich.
    Ich hänge ja der Softwarethese an, also der These, dass Denken über Software implementiert ist, die auf dem Computer läuft, den das zentrale Nervensystem darstellt. Aber Denken ist da dann trotzdem kein “materieller Prozess”.

    Da schon Software etwas materielles ist (man kann ja Bits sehen) könnte auch Geist materiell sein (kommt uns natürlich nicht so vor, da wir ja diese Materialkonfiguration passiv „von innen“ erleben).
    „Software“ ist nur ein Wort zur praktischen Bezeichnung von Materialverhalten.

    1. @Wasserglas: „Der Beweis ist in der Bibel !“

      Das ist nicht das Thema hier. (Abgesehen davon ist die Bibel kein Argument für irgendwas)

  59. @Wasserglas:
    Das steht aber nur in der einen Variante, 1 Gen 1. 1 Gen 2 verzichtet ganz auf Zeitangaben. In 1 Gen 1 wird der Mensch nach den Pflanzen und Tieren erschaffen, in 1 Gen 2 vor beiden etc.

    Mithin das beste Argument, auch als Jude oder Christ die ganze Geschichte eher symbolisch zu deuten. Wer nicht darauf eingeht den kann man ja der Sünde wider den Heiligen Geist[1] zeihen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Sünde_wider_den_Heiligen_Geist

    [1] Was man nicht alles bei Aldous Huxley aufschnappen kann…

  60. ´@Alderamin
    meine persönliche Meinung ist, wenn unsere Naturgesetze gültig sind, sind damit auch die Naturkonstanten festgelegt, und damit kann es für uns keine anderen Welten geben.

  61. @PDP10:
    Habe ich. 😉
    Die beste Methode, mit Trollen fertig zu werden ist natürlich, sie zu ignorieren. Da aber erfahrungsmäßig immer jemand auf sie antwortet, ist die Langweiler-Variante aber IMHO auch nicht zu verachten.

  62. Zu den Kapiteln:

    *Stil bleibt weiter holprig, wobei es langsam etwas besser zu werden scheint – oder ich mich langsam an die sperrigen Formulierungen gewöhne.

    *Ihre Art Anekdoten einzubinden ist sicher Geschmackssache, mir persönlich gefällt er nicht.
    Offenbar will sie sich mit ihren persönlichen Einwürfen – die meist daraus bestehen, wer was zu welchem Anlass zu ihr, die ja da auch dort war, gesagt hat – ins Rampenlicht rücken.

    @Galileo Galilei: Ok geschrieben, interessant aber nicht fesselnd.
    Das macht der von Florian empfohlene Redner zum Thema Galilei schon viel besser, der ist fesselnd:
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/02/16/der-irrtum-von-galileo-galilei/

    @Religion:
    Interessantestes Kapitel bisher.
    Vor allem die Zitate von Augustinus zeigen, wie es möglich wäre Religion mit Wissenschaft zu versöhnen.

    Die letzten 2 Kapitel waren lesenswert imho, wobei mich das Buch nach wie vor nicht vom Hocker reißt.
    Sie schafft es nicht, obwohl die Themen hoch interessant sind, Faszination bei mir zu erzeugen.

    1. @Seniler Raubaffe: „Offenbar will sie sich mit ihren persönlichen Einwürfen – die meist daraus bestehen, wer was zu welchem Anlass zu ihr, die ja da auch dort war, gesagt hat – ins Rampenlicht rücken.“

      Denke ich nicht. Das ist einfach der übliche Stil bei vielen populärwissenschaftlichen Büchern. Liest man sehr oft auch anderswo und wird oft auch empfohlen. Und ich kann bestätigen, dass die meisten Leute den Geschichten umso aufmerksamer zuhören, je persönlicher sie sind. Wissenschaftler mögen zwar diesen trockenen und „Oh Mein Gott, man darf in einem paper auf gar keinen Fall ‚Ich‘ schreiben“-Stil vorziehen (obwohl ich persönlich den absolut nicht leiden kann) – aber Wissenschaftler sind ja auch nicht die Zielgruppe hier.

  63. @ trottelreiniger in #84 :
    Du hast die Muslime vergessen. Auch für diese Religion ist das gesamte alte Testament gültig. Im Islam ist Jesus allerdings ein Prophet, kein Sohn Gottes. So ist z.B. ein muslimischer Kollege Mitglied in einem Verein, der sich wörtlich übersetzt ‚Die auf den Pfaden Abrahams wandeln‘ nennt. Trotz des sperrigen Namens eine europaweit tätige Gruppe mit zehntausenden Mitgliedern.

    Und doch noch etwas zum Buch : Ich fand das Bisherige als erweiterte Einführung auch langatmig. Bis auf wenige Dinge (u.A. das Mikroskop von Galileo) kannte selbst ich, als Nicht-Wissenschaftler, alles schon.
    Da ich den direkten Vergleich zu Sam Keen ‚Treffen sich zwei Elemente‘ (habe ich gerade beendet) ziehen kann : Er schreibt in einem ähnlichen Schema. Historien, Fakten, Anekdoten und persönliche Erfahrungen werden allerdings spannender gemischt. Ich hoffe mal, das Lisa Randall in der Folge mehr auf den eigendlichen Kern des Buches zu sprechen kommt.

  64. Zum Stil haben ja schon viele hier ihre Meinung geschrieben. Mir ging es nach einer gewissen Eingewöhnung so, dass ich es ganz angenehm finde, dass Randall auch bei einem potentiell sehr konfliktlastigen Thema (wie Wissenschaft vs. Religion) sehr sachlich bleibt. Da sie die Argumente nicht noch weiter emotional auflädt oder zusätzlich dramatisiert, kommt sie sehr sachlich und umso überzeugender rüber. Finde ich persönlich gut. Das ist vielleicht bei einer amerikanischen Leser-Zielgruppe auch nützlich.

    Bisher hatte ich jetzt noch nicht so den wahnsinnig großen Erkenntniszugewinn beim Lesen, aber das kommt sicher noch, wenn sie in den folgenden Kapiteln mehr auf ihr eigenes Fachgebiet zu sprechen kommt.

    Ich hatte vor längerer Zeit ihr Buch „Verborgene Universen“ gelesen und erinnere mich, dass ich mich damals auch erst an ihren Stil ein bißchen gewöhnen musste. Das Buch habe ich insgesamt in positiver Erinnerung, obwohl ich vieles von der komplizierten Physik nicht wirklich oder nur sehr oberflächlich verstanden habe.

    Ich finde den Buchclub prima, da man die Chance hat, Fragen zu stellen, wenn man etwas nicht verstanden hat und sich hier im Blog eigentlich immer jemand findet, der sie beantworten kann – ist zumindest nach meiner bisherigen Erfahrung so. Also weiterlesen :-).

  65. @FF
    Ja klar, Anekdoten können sicher förderlich sein, so sie auflockern.
    In diesem Fall erscheinen Sie mir als Selbstzweck, sie sind langatmig, ähnlich wie das gesamte Buch bisher.
    Wobei es GsD diesbezüglich im zweiten Teil bergauf ging.

  66. @bikerdet:
    Naja, für den Islam ist auch das Neue Testament gültig… Mehr oder weniger… Wobei wir uns auch noch über den Begriff „Altes Testament“ in Bezug auf das Judentum unterhalten müßten…

    Der Islam geht davon aus, daß die Torah, die Psalme, die ursprüngliche Lehre Jesu und einige weitere Texte göttliche Offenbahrungen ähnlich dem Koran sind. Allerdings sind diese im Laufe der Zeit durch die Überlieferung korrumpiert (im Sinne von https://de.wikipedia.org/wiki/Korruptele nicht umbedingt im Sinne von organisierter Kriminalität) worden, entsprechend wäre für Muslime eigentlich nur der Koran bindend. Und der enthält wohl keinen Schöpfungsbericht im eigentlichen Sinne. Nichtsdestotrotz hat sich in den letzten Jahren auch im Islam eine kreationistische Bewegung entwickelt, die oft recht deutlich amerikanische Quellen verwendet:

    https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/jugendkultur-islam-und-demokratie/65162/wider-den-materialismus

    IMHO wäre eine gute Taktik im Umgang mit islamischen Kreationisten also zunächst einmal, das sie da eine Neuerung einbringen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bidʿa

    Ansonsten würde ich dann das Augenmerk auf die theistischen Evolutionstheorien lenken; ausprobiert habe ich das aber noch nicht.

  67. Nachtrag:
    Bzw. ansatzweise ausprobiert hatte ich es schon, aber im Endergebnis lief es eher auf teilen und herrschen hinaus. Ein Teil der Gruppe folgte meiner Argumentation, das auch der Urknall die Frage nach der ersten Ursache nicht beantwortete

    https://de.wikipedia.org/wiki/Erste_Ursache

    (ob man eine „ersten Ursache“ braucht, wäre eine andere Frage, aber „one step at a time“)

    bei Einem war ich wohl nicht so erfolgreich…

  68. Da ich gerade ein paar Tage im Urlaub bin, kann ich leider in dieser Runde nicht so intensiv mitdiskutieren. Ich finde aber ebenfalls, dass der Schreibstil besser wird bzw. man sich dran gewöhnt, und ich finde auch das Tempo, in dem wir vorgehen, völlig in Ordnung (fühle mich weder gehetzt noch gelangweilt).

    Tina schrieb:[blockquote]dass ich es ganz angenehm finde, dass Randall auch bei einem potentiell sehr konfliktlastigen Thema (wie Wissenschaft vs. Religion) sehr sachlich bleibt.[/blockquote]
    Das ist mir auch positiv aufgefallen. Ich glaube nicht, dass man sich als religiöser Mensch durch ihren Text angegriffen fühlen muss. „Bekehrt“ wird man sicherlich auch nicht, in keine der beiden Richtungen, aber vielleicht zum Denken angeregt.

    Zu Hause habe ich noch ein Interview mit ihr zu dem Thema aus der „Zeit“ liegen, das ich auch interessant fand. Das gibt es auch online:
    https://www.zeit.de/2012/19/Lisa-Randall-Paralleluniversen

  69. Warum stehen so viele Menschen der Wissenschaft mit Skepsis gegenüber?

    Ich antworte in einem Beispiel:
    Wissenschaft: Du wirst sterben. Punkt.
    Mensch: WAS ? Du böser Wissenschaftler, da denke ich mir doch einen unsichtbaren Freund aus, der was dagegen macht.
    Wissenschaft: Da lügst du dir in den Sack
    Mensch: Egal, ich fühl mich besser und du bist ein böser Mensch wenn du mir mein Wohlgefühl zerstörst.

    Das Beispiel kann man auf viele Bereiche anwenden (Religion, Esoterik, Astrologie, Medizin usw.)

    Außerdem, wie schon Florian anmerkte, werden wissenschaftliche Arbeiten in einem Stil geschrieben, der jeden wissbegierigen Nichtwissenschaftler abstößt.

    Warum kümmert es so viele (religiöse) Menschen so sehr und wieso ist der Konflikt so heftig?

    Weil die Wissenschaft diesen Menschen sagt: Ihr seid Idioten, alles spricht dagegen und ihr glaubt das Ganze immer noch.
    Wer hat die mentale Stärke zuzugeben, dass sein Leben auf einer Lüge basiert. Fast niemand. Daher Frage: Wann wird man am Wütendsten ? Wenn man in die Ecke gedrängt wird und keinen Ausweg sieht.

    Schon oft erlebt, wenn man Gläubige mit Fragen und Argumenten sachlich in die Enge treibt, kommt unweigerlich der Wutausbruch.

  70. @Franz:
    Wissenschaft spricht nicht gegen den Glauben an sich.
    Naturwissenschaft spricht nur gegen Aussagen der Kirche, die durch naturwissenschaftliche Methoden besser beantwortet werden können.

    Kirche ist nicht gleich Religion ist nicht gleich Glaube ist nicht gleich Spiritualität.

    Und bitte nicht den Fehler begehen, Glaube mit Esoterikkrimskrams in einen Topf zu werfen.

  71. @wrdlbrmpft:
    Danke für den Interviewlink in #101, ich nehme an die Randall-Sundrum-Theorie wird noch im Buch vorkommen.

    Wurden bei den bisherigen LHC-Auswertungen schon Hinweise auf dieses R-S-Radion entdeckt? Ich hab jedenfalls noch nichts mitbekommen, kann mich nur erinnern, dass das 2-Branen Modell mal in einem bdw-Artikel vorkam. Bei Martin Bäker hab ich auch noch nichts darüber gefunden.

  72. @Seniler Raubaffe:
    Und bitte nicht den Fehler begehen, Glaube mit Esoterikkrimskrams in einen Topf zu werfen.

    Ich kann da keinen wesentlichen Unterschied erkennen. Im Prinzip geht es doch da wie dort darum, Behauptungen ungeprüft zu glauben, im einen Fall stammen die Behauptungen halt von einem Propheten oder Priester, im anderen von einem Guru oder Erleuchteten. Die Weltreligionen sind riesige althergebrachte Institutionen, aber es gibt auch da jede Menge sich gegenseitig widersprechende Untergruppen, genau wie bei den Esoterikern. Diese sind halt noch nicht so lange am Markt.

    Insofern bin ich durchaus der Meinung, dass man das in einen Topf werfen könnte, ich sehe zumindest kein wesentliches Unterscheidungskriterium.

  73. @Seniler Raubaffe

    Kirche ist nicht gleich Religion ist nicht gleich Glaube ist nicht gleich Spiritualität.
    Und bitte nicht den Fehler begehen, Glaube mit Esoterikkrimskrams in einen Topf zu werfen.

    Ja, doch, ich denke schon auch, daß es da zwischen diesen Dingen tatsächlich gewisse Unterschiede gibt.

    Allerdings erinnern mich diese feinen Unterscheidungen immer fatal an die Heavy-Metal-Musik-Fans.
    Die machen auch immer einen Unterschied zwischen Death-Metal, Speed-Metal, Gothic-Metal, Industrial-Metal, Hardcore-Death-Metal und Neo-Gothic-Victorian sowie Nu-Metal (Um nur mal ganz unvollständig die Gängigsten zu listen).
    Von außen betrachtet klingt der „Krach“ hingegen oft verblüffend gleich.
    ^_^

  74. @Basilius:
    Guter Vergleich.
    Wenn du dich mit dieser Art von Musik beschäftigst, wirst du über kurz oder lang die Unterschiede hören.
    Ähnlich ists beim Glauben: von aussen betrachtet ein Einheitsbrei, erst wenn du dich drauf einlässt, lernst du langsam Brauchbares von weniger Brauchbarem zu unterscheiden.

    Auch die Wissenschaft ist ja für Aussenstehende oft ein Buch mit 7 Siegeln;-)

    Und ganz ehrlich, die Unterscheidungen zwischen Esoterik und Glaube ist fundamental.
    Glaube wird aber oft genau dann zum Problem, wenn er institutionalisiert wird, da geb ich euch vollkommen recht.

    Ich bin übrigens bekennender Christ, Teil der r.k. Kirche, liberal, mir drehts den Magen um wenn ich mit Esofuzzis konfrontiert werde und bin in meinem Denken und meiner Ausbildung NAWI geprägt.

  75. @Basilius:
    Von außen betrachtet klingt der “Krach” hingegen oft verblüffend gleich.
    Also Entschuldigung dass ich hier kurz ins OT schreiben muss, aber das kann man nicht ganz unwidersprochen lassen. Das wäre vergleichbar damit zu sagen, dass alle Mangas von außen betrachtet verblüffend gleich aussehen.

    Allerdings ist dies sicher kein Grund zu streiten, jemanden zu verspotten, zu verhauen, zu behaupten ein imaginärer Freund findet die Aussage schlecht und sie verstößt gegen ein Gebot und ist somit „Sünde“ oder sonst wie zum Ausdruck zu bringen, dass man diese Aussage doof findet.
    Gerade noch so die Kurve BTT geschafft.

    ^_° , was eine Variante von 😉 darstellen soll.

  76. @stone1
    Du solltest differenzieren:
    *Aussagen von Gläubigen, Bibel und Vertretern der Kirche die die Beschaffenheit der Aussenwelt betreffen werden zwar oft getätigt, sind aber Blödsinn.
    Solche Aussagen kommen in der Bibel nicht so häufig vor, wie man vielleicht annehmen könnte.
    Die Bibel spricht in Gleichnissen, in Bildern, in Metaphern.
    Es ist nicht das Ziel des Glaubens zu erklären, wie die Aussenwelt funktioniert.
    Beim Glauben gehts um unsere subjektive Innenwelt, unsere Gedanken, Gefühle, Ängste, Sorgen, Hoffnungen.

  77. @stone:
    Glaube wird andauernd von Leuten missbraucht.
    Tagtäglich und durch die Jahrhunderte hindurch. Leider.

    Das trifft aber genau so auf die Naturwissenschaft zu. Auch diese wird missbraucht um anderen zu schaden und eigene Interessen durchzusetzen

    Jedes moderne Waffensystem, jede menschenfeindliche Technik ist eine praktische Umsetzung naturwissenschaftlicher Erkenntnis.

    Zu sagen „Naturwissenschaft“ sei per se deswegen abzulehnen ist aber meiner Meinung nach trotzdem falsch.
    Mit dem Glauben verhält es sich ähnlich.

  78. @Seniler Raubaffe:
    Ich lehne „Glauben“ auch nicht ab, ich kann mir schon vorstellen, dass man darin irgendeine Art von innerem Trost oder Bestätigung oder auch Glücksgefühle finden kann, wie ich sie zum Beispiel beim hören guter Musik empfinde.

    Das problematische an religiösem Glauben ist, so wie ich das sehe, dass er zu einem großen Teil auf Emotionen basiert, man kann ja nicht „wissen“, dass das was man glaubt auch stimmt, sondern man glaubt es, weil man das Gefühl hat, dass etwas richtig sein könnte, weil es in schönen Gleichnissen, Bildern oder Metaphern daherkommt.

    Und über die Gefühlsebene sind Menschen auch leicht zu manipulieren, was man an all den Kriegen, die von oder mit Hilfe von religiösen Eiferern geführt wurden und werden, leicht erkennen kann.

    Im Gegensatz dazu wurden über wissenschaftliche Erkenntnisse meines Wissens noch keine Kriege geführt, „Die haben das Elektron gefunden, auf sie mit Gebrüll!“ würde auch nicht wirklich als Schlachtruf taugen.

    Dass wissenschaftlicher Fortschritt auch zu effizienteren Möglichkeiten führt, sich gegenseitig das Licht auszuknipsen, ist natürlich die Kehrseite der Medaille, die Alternative wäre allerdings eine Art zurück in die Steinzeit.

    Man könnte vielleicht sagen, Religion kann Motivation für Auseinandersetzungen bieten, während Wissenschaft Mittel dazu hervorbringt. Dass diese Dinge von Menschen auch eingesetzt werden, dafür kann man letzten Endes ein übernatürliches Phänomen heranziehen oder die Ursache in uns selbst suchen, und da kommt wohl die Evolutionstheorie ins Spiel – ich hoffe dabei, dass die Konflikte in manchen Teilen der Vereinigten Staaten mit den Kreationisten friedlich gelöst werden können – womit wir wieder zurück bei der Wissenschaft wären.

    Ich freue mich schon auf Freitag, der zweite Teil des Buches entsprach schon eher meinen Erwartungen.

  79. Man könnte vielleicht sagen, Religion kann Motivation für Auseinandersetzungen bieten, während Wissenschaft Mittel dazu hervorbringt.

    Klasse auf den Punkt gebracht, werde ich mir merken.

  80. @JolietJake
    Wobei man ohne Motivation auch keine Mittel bräuchte 🙂

    @Raubaffe
    Endlich. Vielleicht kannst du mir erklären wo der Unterschied zwischen Religion und Esoterik ist ? Die Frage konnte mir noch keiner beantworten.

    Um es dir einfacher zu machen noch konkreter:
    Wodurch unterscheidet sich der Glaube an einen unsichtbaren Freund/Kraft (Gott, Religion) vom Glauben an eine unsichtbare Kraft/Freund (Chi, Akupunktur oder Feng Shui) ?

  81. Ich würde sagen, beim Glauben nimmt man als potentielle Ursache für unerklärliche Phänomene/Kraft ein höheres Wesen an.
    Bei Esoterik geht man davon aus, dass die entsprechenden Phänomene unerklärlich sind (bzw. dass man keinen Grund kennt und dass es ja mehr gibt, als man wissen kann oder ähnlich anders).

  82. @Franz:
    Ich kanns versuchen…
    Das Problem : Glaube ist für mich was extrem subjektives, was sehr persönliches.
    Ich kann dir also keine allgemein gültige Antwort geben, sondern eine rein subjektive.

    Glaube fußt bei mir auf eine innere Überzeugung, es ist ein Lebensgefühl. Diese Überzeugung ist gleich immanent wie ein Sinneseindruck und dementsprechend schwer hinterfragbar.

    Diese „Überzeugung“ kommt von innen und hat nichts mit Erkenntnissen über die objektive Welt draussen zu tun.
    Diese „Überzeugung“ legt mir auch keine Aussagen über die objektive Welt „draussen“ nahe!

    Sie gibt mit Orientierung in Fragen, die mein innerstes Ich betreffen. Und sie spendet oft Trost.

    Esoterik ist sehr auf die Aussenwelt fokusiert und arbeitet mit Begriffen der Naturwissenschaft und fordert auch selbst ein „wissenschaftlich“ zu sein.
    Esoteriker begeben sich mit ihren Theorien auf das Schlachtfeld der NAWI, halten aber dort die Spielregeln der Schlacht nicht ein, so ich diesen martialischen Vergleich ziehen darf.

    Und die Kirche fiel immer auf die Schnauze als sie dies tat, indem sie beispielsweise die Bibel wortwörtlich auslegte oder durch irrsinnige Dogmen in Konflikt mit der Nawi kam.

    Esoterische Theorien sind durch Empirie prinzipiell falsifizierbar und damit im Hoheitsgebiet der Naturwissenschaft.
    Mein Glaube ist das eben nicht.

    Und wenn ein Gläubiger „Gott“ – was immer er damit auch meinen mag – als Lückenbüßer heranzieht um „Phänomene von draussen“ zu erklären, kann ich ihm bereits ein Scheitern prophezeien.

    Keine Ahnung ob diese kurze Erklärung weitergeholfen hat oder nur als Nonsens rüberkommt.
    Ich tu mir schwer über Glauben zu schreiben, weil ich mit meinen Worten immer an Grenzen stoße.
    Die NAWI hats da leichter, da gibts die Mathmatik…
    Ohne diese wäre es für die Physik auch nicht einfach ihre Erkenntnisse zu vermitteln und darzustellen.

  83. Die oder zumindest eine der Hauptaufgabe(n) von Religion war ja, eine grundlegende ethische Anleitung für menschliche Gesellschaften zu bieten.
    Man kann natürlich Ethik auch auf einer rationaleren und vor allem konsistenteren Ebene definieren, nämlich philosophisch. Ein Freund hat mal den Versuch unternommen, eine widerspruchsfreies rationales ethisches Grundgerüst zu definieren, das ich ziemlich überzeugend finde. Hier findet sich eine Gegenüberstellung dieser sogenannten Survival Based Ethics zu den zehn Geboten von Moses. Allerdings auf Englisch und keine leichte Kost für zwischendurch, vielleicht sollte man auch noch das eine oder andere zusätzliche Kapitel lesen, vor allem falls man in Philosophie nicht so bewandert ist.
    Es ist schon einige Jahre her, dass ich es selbst gelesen habe, jedenfalls wurde ich dadurch Atheist, während ich vorher noch in geringem Ausmaß agnostisch dachte.

    Wer sich also seinen Glauben bewahren will, sollte dem Link vielleicht besser nicht folgen, ich übernehme keine Verantwortung für eventuell entstehende Glaubenskrisen. 😉

  84. @stone1

    Also Entschuldigung dass ich hier kurz ins OT schreiben muss, aber das kann man nicht ganz unwidersprochen lassen. Das wäre vergleichbar damit zu sagen, dass alle Mangas von außen betrachtet verblüffend gleich aussehen.

    Wieso Entschuldigung, stone1?
    Von außen betrachtet sehen aber alle Mangas doch tatsächlich verblüffend gleich aus!
    Daran habe ich noch nie gezweifelt. Frag‘ irgendjemanden auf der Straße der wenigstens den Begriff kennt und er wird Dir bestätigen, daß das diese Comicbüchlein (für Kinder, logo!) sind, in denen alle so komische Haare und kaum Nasen, dafür aber viel zu große Augen haben.
    Du möchtest hier vermutlich widersprechen, weil die angesprochenen Musikstile Dir am Herzen liegen und Du deshalb eine differenziertere Betrachtung wünschen würdest, oder?
    Geht mir mit Musik wie auch mit Manga/Anime und was weiß ich nicht sonst noch alles gerade genauso. Allein, das Problem dürfte sein, daß wir beide das nur von ehrlich interessierten Mitmenschen erwarten dürfen. Der Rest schert sich einen Pfifferling um unsere Hobbies.
    Das habe ich für mich schon lange als gegeben akzeptiert und ich versuche nur noch die Menschen zu missionieren, die sich auch missionieren lassen wollen.
    Etwas, was so mancher Religion und auch der Esoterik für den Anfang schon mal ganz gut zu Gesicht stünde.
    (Har, har, am Ende doch noch die Kurve ins Topic geschlenkert…)
    ^_^

  85. @stone1:
    Naja, da würden einige Religiöse genau andersherum sehen, mein Augustinus ist etwas, äh, eingeschlafen (nicht das er jemals sehr wach war), aber in einigen Spielarten der katholischen Theologie wäre das eben eher ein Beleg dafür, daß dich schon die menschliche Vernunft, wenn auch von der Erbsünde verblendet halbwegs zur Wahrheit führen kann. Entsprechend ist ihre Ethik dann auch „natürlich“, für recht spezielle Werte von „natürlich“.

    Insgesamt denke ich, daß Religion ein extrem vielschichtiges Phänomen ist, ethik mag eine Rolle spiele, bei anderen ist es die Ästhetik etc. Vielleicht sollte man auch die „Quasireligionen“ betrachten, die uns der Transhumanismus beschert:

    https://rationalwiki.org/wiki/Simulation_argument

    und, immer wieder unterhaltsam

    https://rationalwiki.org/wiki/LessWrong#Roko.27s_Basilisk

    P.S. Zu sagen, ich wäre ungefähr genauso katholisch wie Noam Chomsky jüdisch wäre wohl etwas übertrieben, aber ich hoffe mal, wir verstehen uns. 😉

  86. @Basilius:
    und ich versuche nur noch die Menschen zu missionieren, die sich auch missionieren lassen wollen.
    Und deshalb verschieben wir besser die Metal, NG:EVA und sonstigen Hobbiegeschichten auf ein anderes Mal an geeigneterer Stelle.

    @Trottelreiner:
    Ich vermute dass es schon schwierig sein könnte, auch nur zwei religiöse Menschen zu finden, die sich in allen theologischen Fragen völlig einig sind, wenn man genauer nachfragt. Was ein gutes Argument dafür ist, Religion als Privatsache zu betrachten, womit leider einige nicht klarkommen und der Meinung sind, ihre Variante des Glaubens sei dem vom Nachbarn überlegen.

    Das simulation argument, eine etwas upgespactere superschlaue Spielart des Glaubens, ich verbrachte mal ein paar amüsante Leseabende mit einem Telepolis-Artikel zu dem Thema und gefühlten 1000en Kommentaren. So unterhaltsam und sinnlos wie Popcornkino, darum wurde es ja auch einmal verfilmt (es gibt keinen zweiten oder dritten Teil, das wird nur von manchen behauptet 😉 ).

    Auch recht abgefahren ist beispielsweise die Boltzmann-Gehirn Geschichte, keine Ahnung ob’s da inzwischen auch schon eine Glaubensgemeinschaft gibt.

    Roko’s Basilisk kannte ich noch nicht, hört sich nach einer Story an, die sich Douglas Adams ausgedacht haben könnte.

  87. @Seniler Raubaffe(toller Nick, btw):

    Diese “Überzeugung” kommt von innen und hat nichts mit Erkenntnissen über die objektive Welt draussen zu tun.
    Diese “Überzeugung” legt mir auch keine Aussagen über die objektive Welt “draussen” nahe!

    Sie gibt mit Orientierung in Fragen, die mein innerstes Ich betreffen. Und sie spendet oft Trost.

    Esoterik ist sehr auf die Aussenwelt fokusiert und arbeitet mit Begriffen der Naturwissenschaft und fordert auch selbst ein “wissenschaftlich” zu sein.

    Ich möchte da nicht direkt widersprechen weil es nur Anekdoten sind, aber bemerken, dass Esoteriker sehr wohl dieselben Empfindungen haben können wie du.
    Meine Ex-Schwiegermutter war schwer esoterisch. Sie ist Reiki-Meisterin, hatte jede Menge Heilsteine im Haus und alles war Schwingung.
    Eine wahnsinnig warmherzige und sympathische Frau, die wissenschaftliche Erkentnisse weder interessierten noch beeinflußten.
    Ihr gaben ihre Erlebnisse in Seminaren und ihre „Innenschau“ auch „Orientierung, die ihr Innerstes betrafen“.
    Für sie waren ihren Geister, Energien und Schwingungen ebenso real, hilfreich und jenseits wissenschaftlicher Erkenntnisse wie dein Gottesglauben.

    Ich sehe da keinen Unterschied. Esoterisches Gedankengut ist doch lediglich weit weniger auf Niedergeschriebenes gestützt.

    Bei einer Mitgliedszahl über 1Mrd und der entsprechenden Aufmerksamkeit (bzw. Widerspruch) bleibt z.B. der RKK nichts anderes übrig, als sich den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu fügen und ihre Gottheit anzupassen.

    Esoterik hat momentan noch die Freiheit, sich auf weitgehend Unverstandenes zurückziehen zu können, wie irgendein Quantendingens. Diese Leute sind uneinheitlich in ihren Aussagen und im Grunde interessiert es auch kaum, wenn sie irgendwelchen Unsinn verzapfen.

    Esoterik und Religiosität eint aber der Glauben, es gäbe etwas Großes, Unverstandenes und Heilsbringendes. Ohne jeglichen Nachweis, rein aus dem Gefühl.

  88. @Jake
    „Esoterik und Religiosität eint aber der Glauben, es gäbe etwas Großes, Unverstandenes und Heilsbringendes“

    Mag sein das dies eint bis zu einem gewissen Grad.
    Deswegen ist es aber nicht dasselbe.

    Fernöstliche Philosophien kommen religiösem Glauben nahe, keine Frage. Diese Philosophien möge auch von Esos als Basis herangezogen werden.
    Diese Philosophien werden aber ähnlich durch die Esos instrumentalisiert, wie auch Begriffe der NAWI von den Esos missbräuchlich verwendet werden.

    „ohne jeden Nachweis, rein aus dem Gefühl“
    Nenn es nicht Gefühl.
    Es ist mehr eine Art Sinneseindruck, eine Erkenntnis.
    Der Mensch ist ein spirituelles Wesen.

    Für den Glauben kann es auch keinen Nachweise geben, wie du ihn aus wissenschaftlicher Sicht gern hättest, er ist empirisch nicht belegbar sondern kommt aus dir.
    Unmittelbar und direkt.
    Und er ist oft überhaupt nicht logisch.

    Und man muss sich ihm öffnen.
    Klingt jetzt etwas seltsam….
    Geh mal für einige Tage in Klausur in ein Kloster, rede wenig, lass die Stille auf dich wirken.
    Mich verändert Stille.

  89. Ein Problem ist, dass der Begriff „Glaube“ im Deutschen doppeldeutig ist – das Englische kennt z.B. die Unterscheidung zwischen „belief“ und „faith“.

    Letztlich muss ein jeder intellektuell redlich denkender Mensch zugestehen, dass ALLES eine Frage des Glaubens (im Sinne des nicht abschließend beweisbaren Fürwahrhaltens) ist. Ein jeder (und eine jede wissenschaftliche Disziplin, wenn sie beansprucht, Aussagen über die Wirklichkeit zu treffen) muss von unbeweisbaren Prämissen ausgehen. Das einzige, was man machen kann, ist die metaphysischen und erkenntnistheoretischen Prämissen offenzulegen (und nicht implizit Voraussetzungen ins Spiel bringen, deren Verschleierung dazu dient, über Inkonsistenzen etc. hinwegzutäuschen) – dann, und nur dann, kann von einer rational begründbaren Weltdeutung gesprochen werden.

    Problematisch ist, das die notwendigen letzten Prinzipien ihrerseits nur bedingt rational ausgezeichnet werden können: Hier kann nur auf Aspekte wie logische Konsistenz und zu einem gewissen Grad Plausibilität (wobei hier wiederum die Frage ist: „Plausibilität in Bezug worauf?“ Hier drohen schnell Zirkel.) geachtet werden.

    Glaube (im Sinne des Fürwahrhaltens – im Falle der Naturwissenschaften v.a. in Bezug auf die Legitimation der methodologischen Mittel, die ihrerseits, da sie den empirischen Untersuchungen vorangehen, wegen der Gefahr eines Begründungszirkelns nicht durch den empirischen Erfolg gerechtfertigt werden können) ist also immer die Grundlage – problematisch wird es dann, wenn es zu (v.a. logischen) Konflikten zwischen unterschiedlichen Formen des Glaubens (nun auch im Sinne des religiösen Glaubens) kommt, die auf qualitativ unterschiedlichen Ebenen der Plausibilität stehen. Es wäre aber auch ein Irrglaube (haha), zu meinen, dass alle Formen der Weltdeutung gleichwertig (in Bezug auf logische Konsistent, pragmatische Wirkmächtigkeit etc.) sind.

  90. @stone1:
    Naja, Douglas Adams hat einen Grundgedanken vieler Religionen sehr schön zusammengefaßt;

    »Ach, wissen Sie«, sagte Arthur nachdenklich, »all das erklärt mir vieles. Mein ganzes Leben hatte ich das komische, unerklärliche Gefühl, irgendwas ginge vor in der Welt, irgendwas Gewaltiges, vielleicht sogar Böses, und niemand könne mir sagen, was das sei.«
    »Nein«, sagte der Alte, »das ist nur eine ganz normale Paranoia. Die hat jeder im Universum.«
    »Jeder?« fragte Arthur. »Na, wenn das jeder hat vielleicht bedeutet das irgendwas! Vielleicht daß irgendwo außerhalb des Universums …«
    »Vielleicht. Wen kümmert‘s?« sagte Slartibartfaß, ehe Arthur noch weiter in Fahrt kommen konnte. »Vielleicht bin ich zu alt und zu müde«, fuhr er fort, »aber ich glaube halt, daß die Chancen herauszufinden, was wirklich vor sich geht, so lächerlich klein sind, daß man sich bloß sagen kann: Schlag’s dir aus dem Sinn und sieh zu, daß du was Nützliches tust. Sieh dir mich an: ich entwerfe Küsten. Für Norwegen habe ich einen Preis gekriegt.«

  91. @Seniler Raubaffe:
    IMHO, kann man nicht nur fernöstliche Philosophien als Grundlage der „Esoterik“ anwenden, das funktioniert auch mit mehr oder weniger christlichen oder christlich inspirierten Religionen. Ich erinnere nur an die, äh, selbst schon paranormale Erscheinung Uriella…

    IMHO wäre ein mögliches, wenn auch oft etwas problematisches Unterscheidungsmerkmal ein ausgeprägtes magisches Denken:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Magisches_Denken

    Wobei dieses IMHO durchaus nicht „anormal“ (im Sinne von „auf in irgendeiner psychometrischen Skala mehr als eine Standardabweichung vom Durchschnitt entfernte Individuen beschränkt“) ist, auch ich beobachte hin und wieder Anflüge von magischen Denken, z.B. in Ekelgefühlen, und die haben durchaus naturwissenschaftlich meßbare Auswirkungen, Herpes simplex in Streßsituationen, irgendwer? OK, bei leichter Tendenz in richtung OCD schlechter Beweis für „nicht anormal“…

    Wobei man magisches Denken eben auch in vielen Religionen (und im täglichen Leben und eventuell auch im Laboralltag) findet, nur weniger stark als in der „Esoterik“.

  92. @Seniler Raubaffe
    Zur Esoterik und Religiösität:

    Mag sein das dies eint bis zu einem gewissen Grad.
    Deswegen ist es aber nicht dasselbe.

    Wir hatten die Frage irgendwie schon mal, aber so richtig den entscheidenden Unterschied zur Klärung, warum man die beiden voneinander trennen müsste habe ich noch nicht vernommen.
    Könntest Du Deine Meinung dazu bitte noch etwas klarer darlegen?

    Fernöstliche Philosophien kommen religiösem Glauben nahe, keine Frage.

    Ich würde sogar sagen: beliebig nahe.
    Bis zur Ununterscheidbarkeit. Siehe zum Beispiel der gelebte Buddhismus in Thailand.
    Oder hast Du konkret eine Philosophie im Sinne, bei der dies tatsächlich grundlegend anders wäre?

    Diese Philosophien werden aber ähnlich durch die Esos instrumentalisiert, wie auch Begriffe der NAWI von den Esos missbräuchlich verwendet werden.

    Da kann ich Dir nur zustimen. So sehe ich das auch.
    Allerdings wüsste ich nicht, warum das bei den Religionen anders sein sollte. Auch diese haben irgendwann mal angefangen und sich von früheren Religionen/Kulturen/Gebräuchen/etc. inspirieren lassen. Ich denke die Instrumentalisierung fällt nur nicht mehr so auf, weil diese schon seit so langer Zeit betrieben wird, so daß man im täglichen Leben die Ursprünge nicht mehr berücksichtigt.

    Stille verändert mich übrigens auch.
    Aber vermutlich anders als Dich.

  93. @Raubaffe
    Sie gibt mit Orientierung in Fragen, die mein innerstes Ich betreffen. Und sie spendet oft Trost.
    Ich verstehe Sie insofern, dass der Glaube für Sie ein Stütze ist. Aber wodurch unterscheiden sie sich jetzt von jemandem der ans Schicksal glaubt ? Oder an die Heilwirkung eines Steines ? oder eines Talismans ? Oder etwas provokant gefragt: Warum denken Sie dass der Glaube an einen Gott anders ist als an eine Hasenpfote oder unsichtbare Kräfte ?

    Stille und Nachdenken ist toll, aber die Erkenntnisse die ich dort sammle sind eher kontraproduktiv für meinen Glauben. Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich keinen Sinn an einen Gott zu glauben, da er mir keine Hilfe sondern eher ein Hindernis darstellt. Der Staat hat schon viel zu viele Gesetze, warum noch religiöse hinzufügen ?

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