So. Nachdem ich heute Vormittag noch schnell mein eigenes neues Buch vorgestellt haben, geht es jetzt endlich los mit dem Astrodicticum-Simplex-Buchclub. Wir lesen gemeinsam ein Buch und zwar „Die Vermessung des Universums“ von Lisa Randall. Für heute standen die Einleitung und das erste Kapitel auf dem Plan. Ich bin schon gespannt, was die Leserinnen und Leser zu erzählen haben!
Die Einleitung des Buchs werde ich hier erstmal ignorieren. Ich bin sowieso kein großer Freund von Einleitungen bei Sachbüchern. Ein paar Seiten zur Motivation sind ok; damit man so in etwa weiß, was einen erwartet. Obwohl man das ja eigentlich auch schon aus dem Klappentext wissen sollte. Viel interessanter finde ich es zu erfahren, warum der Autor oder die Autorin das Bedürfnis hatte, das Buch zu schreiben und die Geschichten zu erzählen, die dort erzählt werden. In „Die Vermessung des Universums“ ist die Einleitung aber eher klassisch: Randall fasst die einzelnen Teile und Kapitel des Buchs zusammen und erklärt, was sie darin erzählen wird. Das halte ich meistens für überflüssig (ganz besonders bei wissenschaftlichen Vorträgen!) – denn was passieren wird, lese ich dann ja sowieso, wenn ich es lese. Das muss nicht unbedingt vorher angekündigt werden. Aber das ist nur meine persönliche Meinung; vielleicht geht es euch ja anders? Das wäre dann auch schon der erste Punkt, über den wir diskutieren können:
- 1) Haben solche ausführlichen Einleitungen in Sachbüchern eurer Meinung nach einen nützlichen Zweck? Man findet sie ja überall: Bei wissenschaftlichen Vorträgen, bei populärwissenschaftlichen Vorträgen, in Facharbeiten, usw. Mir persönlich geben diese Beschreibungen dessen, was im Buch geschrieben steht, nicht viel – und ich verzichte in meinen Büchern auch immer darauf. Aber vielleicht schätze ich die Lage ja auch falsch ein und solche Einleitungstexte sind für die Leserinnen und Leser nützlich?
Richtig interessant fand ich dagegen das erste Kapitel, das in meiner englischen Ausgabe des Buchs den Titel „What’s so small to you is so large to me“ trägt. Über konkrete Teilchenphysik ist darin noch nichts zu lesen; auch nicht über neue Forschungsergebnisse, etc. Aber wir sind ja auch erst am Anfang des Buches und ein Buch über Wissenschaft das sich an die breite Öffentlichkeit richtet tut gut darin, erst mal ein paar grundlegende Dinge zu erklären und ein paar grundlegende Missverständnisse aus der Welt zu schaffen.
Randall beschäftigt sich in diesem ersten Kapitel mit der Vorstellung der Wissenschaft als eine Tätigkeit, die „ewige Wahrheiten“ schafft. Bzw. mit der gegenteiligen Vorstellung, dass Wissenschaft andauernd ihre Meinung ändert; andauernd alte „Wahrheiten“ über den Haufen wirft und deswegen im Endeffekt überhaupt nichts allgemein gültiges aussagen kann.
Beide Vorstellungen sind Missverständnisse; aber beide sind auch nicht völlig falsch. In der Wissenschaft will man tatsächlich „fundamentale“ Erkenntnisse über die Welt erlangen und dieser Wunsch nach dauerhaften Wahrheiten war es auch, der Randall dazu gebracht hat, Wissenschaftlerin zu werden. Aber Wissenschaft ist auch ständig im Fluss und verändert sich immer. Dass die beiden Ansichten trotzdem nicht in Widerspruch zueinander stehen müssen, hat mit der Art und Weise zu tun, wie Wissenschaft die Welt betrachtet.
Es kommt immer auf die Skala an. Wenn ich herausfinden will, wie ein Biber seinen Damm baut, dann muss ich dafür den Biber, die Bäume und das Wasser im Fluss betrachten und kann das tun, ohne mir dabei Gedanken darüber machen zu müssen, dass Biber, Baum und Wasser aus Atomen bestehen, die wiederum aus Elementarteilchen bestehen und so weiter. Für das Verständnis der Biologie des Bibers sind die Wechselwirkungen zwischen den Elementarteilchen egal. Genauso muss sich ein Chemiker keine Gedanken darüber machen, dass die chemischen Elemente aus Quarks aufgebaut sind. Und für die Astronomen, die wissen wollen, wie sich der Jupiter um die Sonne bewegt, ist es ebenso egal, ob die Sonne nun aus einem Plasma aufgebaut ist, oder ein brennendes Stück Kohle oder eine riesige Glühbirne ist. Es kommt immer auf die Skala an, bei der man die Dinge betrachtet. Und es ist immer diese Skala auf der die physikalischen Gesetz gültig sind.
Und wenn man dann bei der Erforschung von einer Skala zu einer anderen wechselt, kann es vorkommen, dass Weltbilder gestürzt und Theorien über den Haufen geworfen werden. Aber auf der alten Skala behalten die alten Theorien weiterhin ihre Gültigkeit. Also Newton sich überlegte, wie die Gravitation funktioniert, kam er zu einem Ergebnis, das bei bestimmten Skalen sehr gut funktioniert. Als Albert Einstein dann andere Skalen betrachtete, höhere Geschwindigkeiten und größere Massen untersuchte als Newton, kam er zu einem anderen Ergebnis. Aber wenn man sich auf die Skalen beschränkt, die Newton erforscht hat, funktionieren Newtons Ergebnisse immer noch wunderbar und werden immer noch eingesetzt.
Randall schreibt
„Scientific theories grow and expand to absorb increased knowledge, while retaining the reliable parts of ideas that came before.“
und das ist ein sehr wichtiger Aspekt. Dazu auch mein Diskussionsvorschlag Nummer 2:
- 2) Wird bei der Kommunikation von Wissenschaft zu sehr auf die reinen Fakten und Ergebnisse geachtet? Ist das Wechselspiel zwischen den Skalen und gleichzeitige Beibehaltung alter Erkenntnisse und neuer Modifikationen in der breiten Bevölkerung ausreichend bekannt? Oder herrscht hier noch die „Wissenschaft ändert dauernd die Meinung und weiß deswegen nichts sicher“-Meinung vor? Und wenn ja, was kann man dagegen tun?
Randall spricht auch über ein weiteres weit verbreitetes Vorurteil: „Weil die Wissenschaft noch nicht alles weiß, kann sie auch nicht mit Sicherheit sagen, das manche Dinge unmöglich sind“. Diese Einstellung findet man ja in der Esoterik sehr oft. „Weil die Quantenmechanik komisch ist und weil die Wissenschaft sie noch nicht komplett verstanden hat, kann es seltsame Effekte geben, die dazu führen das Homöopathie wirkt!“, wird da oft behauptet. Aber verkennen die Leute dann die Auswirkung der Skalen. WENN Homöopathie wirkt, dann wirkt sie. D.h. sie hat relevante Auswirkungen auf den Gesundheitsszustand von Menschen und das sind Effekte, die wir heute relativ leicht messen können. Die Skalen um die es geht, sind menschliche Skalen und die haben wir in den letzten paar Jahrhunderten der Wissenschaft gut verstanden. Natürlich kann es sein, dass bei der Untersuchung sehr kleiner Skalen noch diverse seltsame und völlig neue Effekte auftauchen. Dinge, die wir noch nicht verstanden haben und die unser Weltbild komplett umwerfen werden. Aber WENN diese Effekte so stark sind, dass Auswirkungen auf die menschliche Skala haben, dann würden wir sie JETZT schon sehen und bemerken können. Aber da wir das nicht tun, können wir davon ausgehen, dass diese neuen, noch zu entdeckenden Effekte eben nur Auswirkungen auf entsprechend kleinen Skalen haben, aber nicht das beeinflussen, was wir jetzt schon wissen.
Die seltsame Welt der Quantenmechanik ist tatsächlich seltsam. Aber die seltsamen Effekte beschränken sich auf die Größenordnungen der Mikrowelt, der Atome und subatomaren Teilchen. Die Quantenmechanik ist nicht geeignet um Gespenster, Telepathie, Homöopathie oder diversen anderen esoterischen Kram zu erklären – obwohl die Vertreter der Pseudowissenschaft uns das gerne glauben machen wollen.
„‚Impossible‘ things can happen – but only in environments that we have not yet observed.“
schreibt Randall und meint damit, dass in der Physik noch jede Menge Überraschungen auf uns warten, wir diese Überraschungen aber nicht dort suchen dürfen, wo wir schon jahrzehntelang geforscht haben. Große Forschungsanlangen wie der LHC in CERN oder neue Weltraumteleskope müssen sich in den Augen der Öffentlichkeit ja oft rechtfertigen. „Wozu braucht man solche riesigen Maschinen, nur um ein paar Atome noch ein bisschen genauer anzusehen oder noch ein paar Galaxien mehr zu betrachten?“, fragt da die Öffentlichkeit oft. Und die Antwort lautet: Wenn wir neue „unmögliche“ Dinge sehen wollen, dann müssen wir dorthin schauen, wo wir bis jetzt noch nicht hin geschaut haben. Dann müssen wir weiter hinaus ins All blicken als je zuvor. Oder größere Energien in Teilchenbeschleunigern untersuchen. Wir müssen die Welt auf anderen Skalen betrachten! Vielleicht gibt es irgendwelche Zusatzdimensionen oder andere schräge Effekte. Aber in unserer Alltagswelt werden wir sie nicht finden…
Randall schreibt auch ausführlich über die „effektiven Theorien“ und hier habe ich meine dritte Diskussionsanregung:
- 3) Ich erinnere mich nicht daran, irgendwo in der Schule oder später an der Universität von „effektiven Theorien“ gehört zu haben. Natürlich war mir irgendwann klar, wie das mit den Skalen läuft und das neue Erkenntnisse nicht alles verschwinden lassen, was davor war. Ich habe mitbekommen, dass man nicht beliebig weit ins Detail gehen muss, um konkrete Aussagen über die Welt machen zu können. Aber offiziell war das nie ein Thema. War das bei euch vielleicht anders? Bzw. sind sich die Wissenschaftler eigentlich darüber im Klaren, dass sie eigentlich immer nur effektive Theorien entwickeln, unter denen aber prinzipiell immer noch eine fundamentalere Theorie stecken kann? Vor allem: Ist ihnen das bewusst, wenn sie mit der Öffentlichkeit über ihre Arbeit sprechen?
Ich fand das erste Kapitel des Buchs schon mal recht viel versprechend. Ok, es waren nur allgemeine Aussagen über Wissenschaft. Aber das ist wichtig, wenn man Wissenschaft vermitteln will.
Wie ist eure Meinung? Was fandet ihr interessant, diskussionswürdig oder vielleicht auch fragwürdig und schlecht? Die Diskussion ist eröffnet und meine drei Punkte sind natürlich nur Vorschläge, die aufgegriffen, ignoriert und erweitert werden können!
Wir können eine Woche lang in Ruhe diskutieren – am 28. Februar werde ich hier den nächsten Artikel veröffentlichen und die nächste Diskussionsrunde mit neuen Themen eröffnen. Schaffen wir bis dahin die Kapitel 2, 3 und 4? Bei mir im Buch sind das 40 Seiten, was in einer Woche durchaus zu machen ist (für mich auf jeden Fall). Dann hätten wir nämlich auch schon Teil 1 des Buchs komplett abgeschlossen…
kann das sein das du am anfang einen fehler gemacht hast du hast geschrieben die vermessung des himmel, schon zu vie ans eigene buch gedacht oder ?(freu mich schon):D
Danke!
wieso gibst du dir noch mühe,das mit den weltuntergängen zu erklären?
@Jouron: „wieso gibst du dir noch mühe,das mit den weltuntergängen zu erklären?“
Wieso nicht?
Zu 1 :
Ist mir egal, da ich die Einleitungen höchstens Überfliege. Meist bin ich viel zu neugierig auf den Inhalt um mich mit der Übersicht auufzuhalten.
Zu 2 :
Da ich kein Wissenschaftler bin, kann ich es nur von der ‚Laienseite‘ betrachten. Leider ist es wirklich so, das viele Menschen, exemplarisch möchte ich meine Arbeitskollegen nennen, bereits mit den einfachen Dingen überfordert sind. Das dabei dier Skalenfaktor eine Rolle spielt, konnten wir ja im Beitrag über den Weltuntergang heute, ( wieviel Uhr eigendlich ? Noch ist ja nichts davon zu spüren.) am Beispiel des Kometen in 3 Mio. Km Entfernung erkennen. Ein viel einfacheres Beispiel : Lass Dir mal von einem ‚Otto Normalbürger‘ erklären warum Ostern jedes Jahr an einem anderen Tag ist.
Und weil die Meisten damit überfordert sind, haben sie auch vor überflüssigen Dingen Angst, erkennen wirkliche Bedrohungen wie den Klimawandel nicht oder sind empfänglich für angebliche ‚aussersinnliche Phänomene‘. An religiöse Fragen will ich hier gar nicht erst erinnern ..
Zu 3 :
Ich fand die Idee der “effektiven Theorien” grandios. Habe natürlich im Buch auch zum ersten Mal davon gelesen. Aber es vereinfacht sicher viele Aussagen auf den Kerninhalt. Auch hier im Blog ist es ja oft ein Thema, ist etwas zu einfach bzw. zu kompliziert erklärt. Die effektive Theorie bietet nun einen Rahmen um Aussagen zu machen, die sich exakt nur auf den beschriebenen Sachverhalt beziehen. Alles was auf darauf ( im beschriebenen Maßstab) keine Auswirkungen hat, kann gefahrlos weggelassen/ ignoriert werden.
Zum Lesetempo :
Ich habe zwar jetzt ab Montag auch Dein neues Buch, aber für mich wäre es Okay.
Hallo Florian!
Danke für Deine Anregungen!
Ich lese das Buch als Deutsche e-Book-Ausgabe und ärgere mich gerade ein wenig, dass ich mir nicht doch das Orignial auf Englisch bestellt habe, denn ich finde die Übersetzung teilweise ein wenig „sperrig“ – aber das nur am Rande.
1.) Einführungen finde ich nicht unbedingt überflüssig, aber sie müssen nicht so lang sein wie in diesem Fall. Ein paar Sätze zur Motivation oder Intention…das reicht mir eigentlich.
Manchmal sind Einführungen interessant, z.B. wenn Bücher mehrfach verlegt werden und Jahrzehnte zwischen den Auflagen liegen – so z.B. bei der Jubiläums-Ausgabe zu „the selfish gene“ von Dawkins. Da macht für mich die lange Einführung durchaus Sinn, da der Autor selbst darüber sinniert, was er vor fast dreissig Jahren geschrieben hat und was sich in den Jahren seit der Erstveröffentlichung getan hat.
Bei Randall wurde ich irgendwann etwas zappelig, weil ich endlich in den konkreten Stoff wollte 😉
2.) Der Skalenwechsel wird, so schätze ich, nicht wirklich ausreichend berücksichtigt wenn es darum geht, wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln.
Ich habe das jedenfalls nicht in der Schule gelernt (das ist aber auch schon fast 20 Jahre her).
Ob es in der populärwissenschaftlichen Literatur ausreichend bedacht wird, kann ich nicht beurteilen, dafür habe ich definitiv zu wenig davon gelesen bis jetzt – aber das ändert sich ja gerade 😉
Eigentlich habe ich erst von diesen verschiedenen Skalen gehört, seit ich vor ein paar Jahren „wonders of the universe“ gesehen habe und mir dann so ziemlich alles von und mit B. Cox reingezogen habe.
Da taucht die Sache mit den Skalen und vor allen Dingen die nicht-Übertragbarkeit von Modellen und Theorien immer wieder auf, die auch Randall beschreibt. Das fand ich sehr erhellend und hilfreich, insofern schätze ich, dass es ein wichtiger Punkt für Lehrpläne sowohl für Schulen als auch für die Wissenschafts-Kommunikation sein sollte.
3.) Du schreibst:
„…Bzw. sind sich die Wissenschaftler eigentlich darüber im Klaren, dass sie eigentlich immer nur effektive Theorien entwickeln, unter denen aber prinzipiell immer noch eine fundamentalere Theorie stecken kann? Vor allem: Ist ihnen das bewusst, wenn sie mit der Öffentlichkeit über ihre Arbeit sprechen?“
Ich kann nur aus meiner Laien-Perspektive mutmaßen, dass es Wissenschaftler gibt, die sich dessen durchaus bewusst sind und andere, die es vielleicht nicht sind…? Da hast Du bestimmt einen anderen Einblick.
ad 1:
Ich sah die Einleitung als Teaser und hab sie gelesen, müßte nicht sein, stört aber auch nicht, sehe es halt als erweiterten Klappentext, und da die einzelnen Kapitelüberschriften zum Teil nicht viel über den jeweiligen Inhalt aussagen ist sie nützlich, wenn man später mal ein bestimmtes Kapitel nachlesen will und sich nicht mehr so genau erinnert worum es ging.
ad 2:
Wissenschaftlich interessierten Menschen wird das mit den Skalen hoffentlich klar sein, zum breiteren Allgemeinwissen gehört das aber wohl leider noch nicht. Mir wurde das klar, als wir im Physikunterricht die SRT durchgenommen haben, also in der ca. 10 Schulstufe. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass diese Sicht der Dinge bei Erwachsenen nur schwer vermittelbar ist, besonders wenn diese zu esoterischen Ansichten neigen. Das unsägliche what the bleep do we know hat da auch viel Schaden angerichtet, worauf Randall ja auch im ersten Kapitel hinweist. In jüngerer Vergangenheit kommen aber auch bessere Wissenschaftssendungen und Dokumentationen ins deutschsprachige (beinahe)Mainstream-TV, sprich arte und 3sat. Bei den Hauptsendern (ORF, ARD, ZDF) besteht aber meines Erachtens noch einiger Aufholbedarf, um tatsächlich auch die Mitte der Gesellschaft mehr für Wissenschaft zu begeistern. Für die jüngeren Generationen spielt das Fernsehen dabei wohl eher keine so große Rolle mehr, wobei das nicht unbedingt ein Vorteil sein muss (siehe den ganzen YTube-Nonsens). Medienkompetenz müsste eigentlich als neues Pflichtfach in den Grundschullehrplan.
ad 3:
Von der Bezeichnung „effektive Theorien“ habe ich in dieser Form auch zum ersten Mal gelesen, zu meiner Schul- und Studentenzeit war das noch kein gängiger Begriff (soweit ich mich erinnere), das Konzept ist aber einleuchtend.
Ich hab mir überlegt, noch ein anderes Buch nebenbei zu lesen, bin mit dem Vorschlag bis nächsten Freitag den ersten Teil fertig zu lesen aber durchaus einverstanden, hab eh das zweite Kapitel auch schon durch.
Ein paar kurze Anmerkungen zum Fragekomplex 3 („effektive Theorien“):
In der Wissenschaftstheorie wird das auf vielfältige Art und Weise behandelt.
Beispielsweise ist das Schlagwort der „empirischen Adäquatheit“ ein Klassiker (vgl. z.B. Bas van Fraasens „The Scientific Image“ aus dem Jahr 1980): empirische bzw. (natur-) wissenschaftliche Theorien können nie mehr als empirisch adäquat (und in diesem Sinn „effektiv“) sein – aber empirische Adäquatheit impliziert natürlich mitnichten eine wahre Beschreibung der Welt. Die Möglichkeit noch fundamentalerer Theorien hängt damit zusammen bzw. folgt daraus, ist aber nicht dasselbe.
Bei dem Streben nach fundamentaleren Theorien kommt man schnell zum Schlagwort der Reduktion – die fundamentaleren Theorien können die alten bzw. höherstufigen ablösen (eliminative Reduktion), oder aber parallel zu den alten bzw. höherstufigen Theorien existieren (retentive Reduktion). Dass man in der Praxis bewusst „ungenau“ arbeitet/rechnet (also nicht diejenigen Theorien verwendet, die die fundamentalen sind) ist ja durchaus üblich – und auch ausführlich debattiert (vgl. z.B. in einer sehr anschaulichen Form Hilary Putnams „Philosophy and Our Mental Life“ aus dem Jahr 1975).
Von daher würde ich all Deine Fragen („War das bei euch vielleicht anders? Bzw. sind sich die Wissenschaftler eigentlich darüber im Klaren, dass sie eigentlich immer nur effektive Theorien entwickeln, unter denen aber prinzipiell immer noch eine fundamentalere Theorie stecken kann? Vor allem: Ist ihnen das bewusst, wenn sie mit der Öffentlichkeit über ihre Arbeit sprechen?“) mit „Hoffentlich ja“ beantworten…
@T.H. „Von daher würde ich all Deine Fragen (…) mit „Hoffentlich ja“ beantworten…“
Mir ging es ja vor allem um die Frage, ob jemand während seiner/ihrer Ausbildung auch irgendwann mal „offiziell“ von diesen Themen erfahren hat. Ich hab das halt so nebenbei mitbekommen bzw. erst „privat“ in Büchern wie dem von Randall gelernt.
1. Wie schon FF fand ich bei Vorträgen die Inhaltsangabe als Einleitung komplett überflüssig. Dass das hier als Einleitung im Buch gemacht wurde, hat mich nicht unbedingt für dieses eingenommen. Und der Stil (der Übersetzung): Sperrig trifft es irgendwie.
2. Die Geschichte mit den Skalen. Sicher sehr wichtig, allerdings etwas redundant beschrieben. Bin allerdings auch Naturwissenschaftler (Biologe) und finde diese Erkenntniss jetzt nicht so überraschend. Ob das für Laien nicht etwas holprig beschrieben ist mögen andere beurteilen.
3. Effektive Theorie. Interessantes Konzept, nie gehört, aber gerade in der Physik sicher sehr sinnvoll
Ich denke, als Biologe ist mir das Skalendenken halt viel vertrauter, vom Ökosystem über das Individuum und die Zelle bis zur Biochemie. Von Quanten will ich gar nicht reden und auch nicht dran denken. Wohin sowas führt, sollte man die Esoteriker fragen (oder besser nicht)
Bin mal gespannt, wie es weiter geht.
@JW: „Bin allerdings auch Naturwissenschaftler (Biologe) und finde diese Erkenntniss jetzt nicht so überraschend. Ob das für Laien nicht etwas holprig beschrieben ist mögen andere beurteilen.“
Ich denke es ist gerade für Laien sehr wichtig und interessant, so etwas zu Beginn eines solchen Buchs zu erfahren. Es geht ja gerade darum sich bewusst zu sein, das neue Erkenntnisse nicht zwingen alles bestehende Wissen obsolet machen. Bzw. sich der Gültigkeit dessen bewusst zu sein, was man erfahren hat.
@Florian
Ich habe es in Wissenschaftstheorievorlesungen „offiziell“ mitbekommen – und hoffe (gleichwohl wissend, dass dem nicht so ist), dass das jedem so geht, der mit Wissenschaft zu tun hat… (daher auch mein „hoffentlich“)
Da wäre man aber wieder beim leidigen Thema, wie viel Wissenschafts- und Erkenntnistheorie in jedem wissenschaftlichen Studium zwingend stecken sollten…
@TH: „Da wäre man aber wieder beim leidigen Thema, wie viel Wissenschafts- und Erkenntnistheorie in jedem wissenschaftlichen Studium zwingend stecken sollten…“
Bei uns waren das 2 Semesterwochenstunden die wahlweise aus Wissenschaftsgeschichte bzw. Wissenschaftstheorie absolviert werden mussten. Ich hab Wissenschaftstheorie gehört; aber von effektiven Theorien dort auch nichts erfahren…
Ich werde hier mal versuchen, eine Lanze für die gelungene Einleitung zu brechen: Ich finde Einleitungen in Sachbüchern sehr sinnvoll, wenn sie die Argumentation vorstrukturieren. Nach dem Konzept: Ich habe folgende These(n) und werde auf folgende Weise versuchen, sie zu untermauern. Mein Philosophieprofessor sagte über Vorträge immer: „Sage erst, was Du sagen wirst, dann sag es, und dann sag, was Du gerade gesagt hast.“ Das ist sicher eine gute Idee, wenn man damit einige Kerngedanken betonen möchte.
Leider zählt die Autorin aber hauptsächlich die Inhalte ihres Buches auf, macht aus der Einleitung also eine Art ausgeschriebenes Inhaltsverzeichnis. Das finde ich wiederum eher störend für Leser, die vorhaben, das Buch komplett zu lesen. Auf der anderen Seite kann das aber zumindest für solche Leser nützlich sein, die gezielt nach speziellen Themen suchen und daher selektiv einzelne Kapitel lesen.
Zum den Skalen: Ich sehe in der Kommunikation von (und über) Wissenschaft tatsächlich die angesprochene Tendenz der Suche nach den absoluten Fakten und der einen reinen Wahrheit. Das führt dann schnell zu Enttäuschung und der Aussage, Wissenschaft würde sich ja ohnehin ständig widerlegen. Der Hinweis auf die Skalen und auch auf effektive Theorien kann das sehr hilfreich sein, um ein realistischeres und treffenderes Bild von Wissenschaft zu vermitteln.
Leider muss ich zustimmen, dass die deutsche Übersetzung des Kapitels ziemlich sperrig ist. Außerdem finde ich den Begriff der „Entfernungen“ hier etwas irritierend. Skala oder Maßstab passt meines Erachtens besser.
Abschließend: Dieser Blogpost fasst eigentlich alle zentralen Aussagen des ersten Kapitels zusammen. Er ist in fünf bis zehn Minuten gelesen. Allein das zeigt, dass das Buchkapitel deutlich zu lang geraten ist. Ich fand es teilweise redundant. Auch die Beispiele hätten durchaus knackiger seien können.
Ich bin aber weiterhin gespannt und werde bis nächste Woche die nächsten drei Kapitel lesen.
Die Einleitung war für meinen Geschmack etwas zu langatmig, hier wäre kürzer und knapper mehr gewesen.
Das Konzept der effektiven Theorien fand ich gut und anschaulich erklärt. Der Begriff kam bei mir im Studium nicht vor (oder ich habe das vergessen…).
Mir fällt dazu allerdings noch ein, dass eine Theorie ja eine Reichweite hat und es für Wissenschaftler eigentlich immer klar sein sollte, welche Reichweite die jeweils angewandte Theorie hat. Wäre das nicht so, müsste es eigentlich schwer sein, etwas Sinnvolles zu formulieren, oder?
#11 Es sollte nicht heissen, dass das Thema überflüssig war, im Gegenteil. Ich kann nur nicht beurteilen, ob das jemand bei diesem etwas sperrigen Stil ohne Vorkenntnisse versteht.
effektive Theorien könnte man vielleicht mit dem Begriff Geltungsbereich in Verbindung bringen. Beispiel: die Gravitationkraft wirkt natürlich universell, auch innerhalb von Atomen, aber das Verhältnis von Grav kraft zu Coulombkraft
ist 10 ^ -35 !!!
Es ist wohl immer eine Herausforderung, ein allgemeinverständliches Sachbuch zu schreiben, und ich finde die Mischung aus sperriger Schreibweise und vielen ähnlichen Beispielen im ersten Kapitel auch nicht so gelungen, wenn das Buch im 2. Kapitel dann sozusagen etwas Fahrt aufnimmt wird das aber besser, obwohl die persönlichen Anekdoten ruhig etwas knapper ausfallen dürften, das ist aber auch Geschmackssache.
nebenbei noch was interessantes für die Quantenphysiker:
das Verhältnis der Elektron-Wellenlänge zur Broglie-Wellenlänge von Schrödingers Katze ist 10^- 22
Nur ganz kurz …
Zur Einleitung
Die war so mies und durcheinander, dass ich das Buch nie gekauft hätte, hätte ich sie als Leseprobe gelesen. Sie gefiel mir absolut nicht, um es so zu sagen, aber spontan habe ich nicht nur eine sperrige Übersetzung angenommen, sondern eben eine miese Einleitung. Einige Sätze sind wirklich nicht gelungen. Ich mag Einleitungen eigentlich, doch mehr solche nach Asimovart oder Florians, welche die Spannung wecken.
Der Begriff effektive Theorie ist mir vorher auch nicht begegnet, Wissenschaftstheorie nur kurz, Geltungsbereiche schon. Ich halte es für grandios, einem Naturwissenschaftlern selbstverständlichen Sachverhalt einen griffigen Namen zu geben – den auch jeder Laie mühelos verstehen kann, aber war sie das oder gibt es diese „effektive Theorie“ als feststehenden Begriff?
Studium ist ja schon eine geraume Weile her bei mir ….
Zu Florians Diskussionvorschlag Nummer zwei:
Bei der Kommunikation wissenschaftlicher Ergebnisse werden Schlagzeilen und Vereinfachungen zuungunsten der Genauigkeit und der Gültigkeitsbereiche hervorgehoben. Fakten sind es nicht nur – jemand muss auch die Bedeutung derselben erklären. Das können Papers nur bedingt leisten, obwohl dort viel in der Methodendiskussion steckt, sollten Zeitungen oder eben Blogger aber tun.
Der Rahmen um neue Ergebnisse wird zu selten dargestellt, meine ich. Außerdem bekam man „früher“, wenn man nicht tiefer in einem Fach steckte, zuerst die Ergebnisse und danach nur Streitereien mit und nicht, worum es genau ging oder die Argumente wurden zu kurz und eher beiläufig vorgestellt. Das hinterließ einen falschen Eindruck. Meines Erachtens hat sich das gebessert, seit es Blogs gibt und ich meine auch, dass wenigstens ein paar Wissenschaftszeitschriften ihre Darstellung gebessert haben. Ich hoffe, das war nicht zu durcheinander …
Bis jetzt (bin im zweiten Kapitel) stört mich nur, dass die von Randall angeführten Beispiele nicht besser genutzt wurden. Ich finde, aus ihnen hätte man mehr herausholen können, als sie rein zur Unterhaltung und Untermalung erzählen.
Zuerst mal vorweg: für mich als absolute Laiin im Bereich Naturwissenschaft und mäßigem Schulunterricht bis zur Mittelstufe (z. B. damals durch Lehrermangel bedingt nur halbjährig Unterricht in Physik, Oberstufe nur noch etwas Bio) ist es ein spannender Versuch, hier gemeinsam ein solches Buch zu lesen und zu diskutieren.
Zu Florians Fragestellungen
1. Einleitungen finde ich schon interessant. Hier war sie mir etwas zu lang und genauso wie das folgende Kapitel hatte ich immer das Gefühl, dass sie sich wiederholt bzw. „Schleifen“ dreht. Es fällt mir schwer das besser zu beschreiben.
2. Das Thema Skalen und Größenverhältnisse ist wirklich ein Problem. Wenn ein Spezialist/Wissenschaftler einem Laien etwas erklären will, wird er oft mit Analogien arbeiten. Und die bergen das Risiko, dass die Ähnlichkeiten irgendwann Grenzen haben. Also wünsche ich mir, dass diese Grenzen auch erläutert werden. Im Buch fand ich das aber verständlich erklärt.
Bei mir ist angekommen: Wenn es Phänomene unterhalb des derzeitig messbaren Bereichs gibt, so können sie auch nur äußerst geringe Wirkungen haben, die in einem anderen (größeren, messbaren) Bereich der Skala gar keine Rolle spielen/keinen Einfluss haben können.
3. Ich bin erstmal froh, dass nicht nur ich die „effektiven Theorien“ nicht kannte, fand das Konzept aber sehr einleuchtend. Ich finde das sogar sehr alltagstauglich, wie Randall das ja auch an Hand der Reisevorbereitungen erläutert hat.
Beim Lesen und Schreiben habe ich gemerkt, dass es mir sehr schwer fällt mit Fremdwörtern und bestimmten Begriffen umzugehen. Im Buch habe ich mir bestimmt ein Dutzend Kreuzchen an Begriffe gemacht, die ich nochmal nachschlagen will. Ich habe eine Scheu mit Worten zu hantieren, die im Alltagsgebrauch so durchgehen und im wissenschaftlichen Zusammenhang aber eine ziemlich exakte Bedeutung haben (bin sogar mal durch eine Pädagogik-Prüfung gefallen, weil ich u.a. statt von „peer group“ von einer „Gruppe von Gleichaltrigen beim Horror-Videos gucken“ geredet habe). In einer mündlichen Diskussion kann man ja schnell noch mal eine Beschreibung hinterher schieben. Wenn ich poste, steht’s einfach da.
Vermutlich werde ich öfter mal darüber schreiben, wie es mir persönlich so beim Lesen geht und denke, dass das auch ein Aspekt des Buchclubs sein kann. Also mal sehen, wie’s mit dem Buch so weiter geht und ob ich mit dem Nachschlagen hinterherkomme 🙂
@Theres
Ich finde es grundsätzlich gut mit Beispielen zu arbeiten, aber mir geht es wie Dir: ich habe immer gedacht, da kommt noch was. So ein „Und?…Und?…Und?“-Gefühl. Meine Gedanken liefen dann beim Lesen in andere Richtungen weiter und ich musste sie erst wieder einholen, weil Randall beim nächsten Thema war.
Huch, ist das lang geworden…
@Mafl
Ja, 😉 Das wundert mich bei mir auch oft … und gerade den an mich gerichteten Absatz … das hast du viel schöner ausgedrückt als ich es konnte. Genau das ist es, man sucht einen Knackpunkt im Beispiel, etwas, das man verwenden kann.
Du schriebst auch „Das Thema Skalen und Größenverhältnisse ist wirklich ein Problem. Wenn ein Spezialist/Wissenschaftler einem Laien etwas erklären will, wird er oft mit Analogien arbeiten. Und die bergen das Risiko, dass die Ähnlichkeiten irgendwann Grenzen haben.“
Ich fürchte es viel mehr, wenn die Analogien als Fakt genommen werden und wie bei der Quantenphysik geschehen, jeder Maßstab einfach unter den Tisch fällt.
Und ich vermisse irgendwie einen Naturwissenschaftler, der mal den Bogen vom Teilchen zu … von mir aus zum All schafft, also ein allgemeines Bild. Ob Lisa Randall das so hinkriegt … ich habe Zweifel, obwohl sie die wunden Punkte wenn es um Wissenschaft geht ja gut beschreibt.
Ich teile meinen Kommentar mal auf, er ist so schrecklich lang geworden.
Erstmal generell zum Buch: Ich bereue die Entscheidung für dieses Buch nicht, finde die Thematik sehr interessant. Auch ich sehe allerdings (in der deutschen Übersetzung) eine Kombination aus einer gewissen Redundanz einerseits und sperrigen Sätzen, die ich oft mehrmals lesen musste, andererseits. Hoffentlich gewöhne ich mich noch daran. Ich bin aber vielleicht auch verwöhnt, weil ich gerade Simon Singhs „Big Bang“ gelesen habe und dieses Buch bzw. die Übersetzung wirklich extrem klar verständlich formuliert fand.
zu 1:
Einleitungen können ja dazu genutzt werden, einen spannenden Einstieg zu finden und dem Leser das Thema schmackhaft zu machen. Solche Einleitungen lese ich dementsprechend dann auch ganz gerne, weil sie mir „Lust auf mehr“ machen.
Im vorliegenden Buch ist es ja, wie bereits einige Vorschreiber sagten, eher eine lange Inhaltsangabe. Das brauche ich persönlich nicht, weil ich ja sowieso vorhabe, das ganze Buch zu lesen. Ich könnte sie daher auch überspringen, bin aber irgendwie zwanghaft veranlagt, alles lesen zu müssen (ich lese sogar die Danksagungen… vielleicht sollte ich mal in Therapie). Daher nerven mich solche sehr langen Inhaltsverzeichnisse dann eher.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass eine solche Einleitung Leuten etwas bringen kann, die noch nicht sicher sind, ob das Buch die gewünschten Inhalte auch enthält, und das dann durch das Lesen der Einleitung recht schnell klären können.
zu 2 und 3:
Ich erinnere mich nicht mehr genau, wann ich die naturwissenschaftlichen Prozesse beim Entwickeln und Überprüfen von Theorien, das Verwerfen bzw. Erneuern von Theorien und die Bedeutung der Skalen begriffen habe. Ich weiß jedenfalls noch, dass ich in der Schule teilweise sehr genervt war, weil wir z.B. in Chemie ein Atommodell lernten (Schalenmodell) und dann später gesagt wurde, dass das „in Wahrheit gar nicht stimmt“, und dann lernten wir das Orbitalmodell. Ich fragte dann mich (und zum Leidwesen derselben auch meine Lehrer), weshalb wir denn erst etwas „Falsches“ lernen müssen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass ich darauf eine befriedigende Antwort erhalten hätte.
Mittlerweile stehe ich auf der anderen Seite des Klassenraums und bin selbst Lehrer – und gehe genauso vor. Die Gründe liegen aus Lehrersicht auf der Hand: Einerseits folgt man gerne dem historischen Vorgehen, und andererseits kann aus Gründen der didaktischen Reduktion natürlich nicht bereits in niedrigen Jahrgangsstufen auf Relativitätstheorie, Quantenphysik etc. eingegangen werden, weil das ein Abstraktionsniveau und auch mathematische Fertigkeiten erfordert, die die Schüler in dieser Altersstufe noch nicht leisten können. Im ersten Jahr Physik macht man eben geometrische Optik, das Wellen- und Teilchenmodell folgt erst in der Oberstufe.
Ich versuche schon, den Schülern klar zu machen, wie physikalische Theorien entwickelt werden und dass sie (eher selten) entweder in Paradigmenwechseln völlig verworfen wurden (etwa das geozentrische Weltbild oder das Thomsonsche Atommodell) oder dass sie erweitert/durch eine weitere Theorie ergänzt werden, weil sie nur einen begrenzten Gültigkeitsbereich haben (etwa die Newtonsche Mechanik). Außerdem gehe ich immer wieder auf das Wesen physikalischer Modelle ein und versuche, ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass diese Modelle nicht als echtes Abbild der Wirklichkeit begriffen werden sollten, sondern als nützliche Hilfsmittel, um Phänomene beschreiben, erklären und vorhersagen zu können – aber eben nur in begrenzten Gültigkeitsbereichen. Das lässt sich besonders schön an den verschiedenen Atommodellen sehen (das Schalenmodell und auch das Kugelmodell haben ja durchaus ihre Berechtigung), aber natürlich auch ganz eklatant beim Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik.
Ob davon allerdings bei den Schülern auch wirklich irgendwas ankommt? Keine Ahnung…
Den Begriff der „effektiven Theorie“ habe ich aber im Buch zum ersten Mal gelesen. Wie einige Vorschreiber finde auch ich das einen treffenden Begriff und mich würde ebenfalls interessieren, ob Randall diesen Begriff geprägt hat oder ob es ihn, vielleicht im englischsprachigen Raum, schon länger gibt. Ich habe in dieser Formulierung jedenfalls weder an der Schule, noch in der Uni oder dem Referendariat etwas gehört und auch noch niemals zuvor gelesen.
Inwieweit den Wissenschaftlern diese effektiven Theorien bewusst sind, darüber kann ich leider nichts sagen, bin aber gespannt über deren Rückmeldung (hier lesen ja auch einige mit, glaub ich).
Anscheinend ja, Theres, denn beim Nachforschen der mir bnisher unbekannten, wenn auch sofort als treffend einleuchtenden Wortkombination ergab sofort einen bereits seit (passend zur Session) 11 Jahren sich entwickelnden wiki-Eintrag.
Zur Qualität der Übersetzung kann ich mangels Kenntnis des Originales nichts Direktes sagen, allerdings gibts viele dem Lektorat entronnene höchst verwirrliche Satzkonstruktionen. Und es sammeln sich <lost-in>born-out-of-translation-Perlen wie ‚Erderwärmung‘ aus ‚global warming‘. Dafür aber auch Humoresken á la „Jedes Ereignis, das nicht wenigstens einmal während der Lebensdauer geschieht, kann guten Gewissens ignoriert werden“.
ad 1) Generell nehme ich solche Schnelldurchläufe gerne mit, bin ich doch ein Freund des Überblicks, den ich in grob gerne vor Beschau der Details schon habe. Doch es erging mir ähnlich wie Theres, es war zu weitschweifig um richtig Spannung aufkommen zu lassen.
ad 2) Daß es mit der Kommunikation selbst grundlegendster Prinzipien und Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und deren nützlicher Verwendung im Alltag sehrst im Argen liegt, zeigt imho der ungebrochene Hang zu völlig surrealen Vorstellungen und magischen Erklärungen. Ein erfolgversprechendes Patentrezept habe ich allerdings leider nicht in petto…
ad 3) hat sich wohl schon erledigt.
1. Langweilig, ausgelassen.
2. Ich glaube ein grundsätzliches Problem besteht darin, einem breiten Publikum ohne Vorkenntnisse wissenschaftliche Inhalte möglichst anschaulich und ohne Formeln erklären zu wollen. Da werden oft soviel Halbwissen, hinkende Vergleiche oder schlecht recherchierte Zusammenfassungen verbreitet, dass bei der Masse dann nur noch hängenbleibt, dass alles mal so und mal so sein kann und es eh nicht mal Wissenschaftler richtig verstehen können. Insofern finde ich es gut, dass sich dieses Kapitel so ausführlich mit dem Vergleich unterschiedlicher Größenordnungen beschäftigt hat.
3. Ich hab mal vor einer halben Ewigkeit Physik studiert und da ist dieses „no na arbeitet man mit Näherungen, um sich das Leben leichter zu machen“ hängen geblieben. Das dann als „effektive Theorie“ zu benennen, ist mir auch neu. Gefällt mir nicht wirklich, da es impliziert dass es mehrere Theorien gäbe. Eine die gilt und eine die nicht gilt (zumindest war das mein erster Gedanke, als ich diesen Begriff gelesen habe). Aber das ist auch so ein üblicher Kniff, dass man sich neue Benennungen einfallen lässt. Aber wenns für die Leser hilfreich ist und zum allgemeinen Verständnis beiträgt, dann ist es ok.
Zur Einleitung: Ich habe schon wesentlich spannendere Danksagungen gelesen als diese Einleitung (@wrdlbrmpft ja, ich lese die auch :D). Grundsätzlich finde ich es gut, die Kernbotschaft einzuhämmern. Dazu muss sie aber auch kommen.
Die Skalen nehme ich mit in die effektiven Theorien. Ohne dass ich den Begriff effektive Theorie kannte, das Konzept kam in der Schule kurz mit der kurz angeschnittenen ART. Ich gehe davon aus, dass Naturwissenschaftler_Innen wissen, auf welchen Skalen „ihre“ Theorien gelten. Die Gebiete sind schließlich in der Regel nach den Skalen benannt. Und wenn man dann an den kleinsten Skalen ankommt: Was denken denn die String- und Loop- und M-Theoretiker und so?
eigentlich ist es doch sehr sympathisch, dass sie sogar als Elementarteilchenphysikerin zu Anfang so pragmatisch vor geht, denn jedenfalls das 1. Kapitel handelt davon, dass man nur Theorien anwenden soll, die sich auf Kräfte und Teilchen beziehen, die für die zu untersuchenden Skalen (Geltungsbereiche) messbare Parameter liefern.
wörtlich:“ der Grund, warum effektive Theorien funktionieren, besteht darin, dass man das Unbekannte gefahrlos ignorieren kann, solange es keine meßbaren Auswirkungen hat.“
und sie liefert zahlreiche Beispiele hierfür
@luz
Eine Näherung und eine effektive Theorie sind nicht ganz dasselbe. Eine effektive Theorie schafft neue Begriffe, die nur in ihrem eigenen Kontext gültig sind und die irgendwie verdampfen, wenn man genauer hinblickt, also die darunterliegende Theorie betrachtet.
Historisch ist die Sache meist umgekeht gelaufen: Zuerst hat man irgendwie aus der Empirik die effektive Theorie entwickelt. Später erkannte man, daß das etwas darunterliegt, und implementiert die effektive Theorie neu, aber diesmal aus der fundamentaleren Theorie heraus.
Theoretisch lernt man das sogar in der Schule, und zwar anhand der Thermodynamik. Da kann man so Dinge wie Druck, Temperatur oder Entropie (die alle aus der Empirie kommen) mit statistischen Methoden aus der Bewegung von Teilchen ableiten, also im wesentlichen aus der Mechanik.
Die Thermodynamik ist aber keine Näherung zur Mechanik; sie gilt für bestimmte Systeme (Vielteilchensysteme) und schafft für diese neue Begriffe, mit denen es sich angenehm leben läßt. Dabei kann man sogar weitgehend vergessen, daß diese Systeme aus vielen Teilchen bestehen und sie als unstrukturiert ja sogar kontinuierlich annehmen. Dann kann man mit Maxwell-Relationen oder Legendre-Transformationen herumspielen, und Ausdrücke wie ∂H/∂N verwenden, ohne sich zu fragen, was ein differentielles Teilchen sein soll.
Ein Gas hat eine Temperatur und einen Druck. Ein Gas besteht aus Teilchen. Teilchen haben aber keine Temperatur und keinen Druck. Diese Begriffe sind Schöpfungen der statistischen Mechanik, die deshalb mehr ist als eine Näherung.
Ich will allerdings zugeben, daß der Unterschied zwischen Näherung und effektiver Theorie nicht immer scharf ist. Die berühmte Born–Oppenheimer-Näherung schafft einen in der Chemie essentiellen Begriff, nämlich den der Molekülstruktur. Die steht da irgendwie an der Grenze.
@Theres #23
„…Und ich vermisse irgendwie einen Naturwissenschaftler, der mal den Bogen vom Teilchen zu … von mir aus zum All schafft, also ein allgemeines Bild…“
Brian Cox kann das sehr gut, finde ich.
Ja, ich bin ein Fan, ich gebe es zu 😉
Er war eine Zeitlang in einem Forscher-Team des Atlas-Detektors am CERN (vielleicht ist er das auch noch, aber da bin ich nicht richtig drüber informiert).
Ich wurde (leider!) teilweise durchaus wissenschafts-fern erzogen und hatte z.B. so eine vage Vorstellung vom CERN als „Atomwaffen-Forschungsfabrik“ wo lauter gefährliche Sachen gemacht werden. Habe das lange einfach geglaubt und mich nicht sachlich damit auseinander gesetzt, was ich aber mittlerweile nachgeholt habe.
Es ist furchtbar, was einem entgehen kann, wenn man so voreingenommen ist! Leider sind das auch noch etliche aus meinem alten Umfeld…aber man kann ja immer noch dazu lernen, wenn man es nur will.
Vor ungefähr fünf Jahren, als ich richtig Lust auf Astronomie und Forschung bekommen habe, habe ich kapiert, was am CERN wirklich gemacht wird und was für eine unglaublich coole Kollaboration der Wissenschaftsgemeinde das ist.
Dass Randall am Anfang noch einmal ganz explizit auf das naturwissenschaftliche Denken eingeht, finde ich gut, auch wenn es vielen vielleicht schon ganz geläufig ist.
Ich habe es erst spät kennen gelernt und es macht seither dauernd „klick“ in meinem Kopf, das kann ich gar nicht beschreiben – als wäre ich der Realität ein Stückchen näher gekommen.
Sorry, das klingt vielleicht pathetisch…aber so sieht`s für mich aus.
Auch Florian mit seinen Texten trägt dazu bei, besser „sortieren“ zu lernen und ein besseres Verständnis für Forschung und insbesondere der Grundlagenforschung zu bekommen, denn um die geht es ja auch bei Randall.
@Wrdlbrmft #25
„Ich weiß jedenfalls noch, dass ich in der Schule teilweise sehr genervt war, weil wir z.B. in Chemie ein Atommodell lernten (Schalenmodell) und dann später gesagt wurde, dass das „in Wahrheit gar nicht stimmt“, und dann lernten wir das Orbitalmodell. Ich fragte dann mich (und zum Leidwesen derselben auch meine Lehrer), weshalb wir denn erst etwas „Falsches“ lernen müssen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass ich darauf eine befriedigende Antwort erhalten hätte.“
Ich habe das auch so ähnlich in Erinnerung, so nach dem Motto „tja, damals konnten die ja einfach noch nicht wissen, was wir heute wissen = ergo ist das alte Wissen veraltet und somit „falsch“.
Das ist ungerecht gegenüber den Vordenkern und Vordenkerinnen früherer Tage, finde ich. Sie haben ihrem Wissenstand und ihren technischen Mitteln gemäß geschlussfolgert, und sie haben ja auch funktionierende Berechnungen und Vorhersagen machen können, ohne die wir eben nicht dort wären, wo wir heute sind.
Das wird mit diesem „das ist ein altes und falsches Modell“ einfach weg gewischt.
Würde man vielleicht sagen „das Schalen-Modell war bis xxx das beste Modell zur Erklärung, neuere Forschung hat allerdings gezeigt, dass jetzt das Orbitalmodell besser zur Beschreibung geeignet ist…“
Dann würde man das alte Modell würdigen, denn es war ja einfach ein Schritt auf dem gesamten Weg.
Und man würde gleichzeitig klar machen, dass auch das Orbitalmodell möglicherweise eines Tages ergänzt, erweitert und angepasst werden wird.
Es ist mir überhaupt nicht erinnerlich, ob damals konkret von ‚falsch‘ die Rede war. Für mindestens genauso wahrscheinlich halte ich ein des öfteren aus ‚B löst A ab‘ automatisch geschlossenen ‚A war dann ja wohl falsch‘. Was ja an sich nicht komplett falsch ist, da außerhalb des bisherigen Gültigkeitsbereichs A falsch gewesen sein wird, nur eben innerhalb – da sind die beiden Modelle äquivalent in der Aussage, doch typischerweise signifikant unterschiedlich im Rechenaufwand.
Es wurde allerdings nicht explizit darauf hingewiesen, daß das ‚..dann falsch‘ ein satter Fehlschluß ist.
Ich lese auch meist alles, und fand die Einleitung zwar etwas lang, aber schon interessant. Der Absatz auf den Seiten 11/12 passt nicht zum Inhaltsverzeichnis, er scheint aus einer Zeit zu stammen, in der Teil I und II noch ein Teil waren.
Ich hatte auch öfter das Gefühl, dass ich vielleicht besser das englische Original lesen sollte. Und den Begriff der „effektiven Theorie“ kannte ich auch noch nicht.
Im ersten Kapitel bin ich mit dem Abschnitt „Es ist unmöglich“ ziemlich unzufrieden. „Newtons Gesetze sind hilfreich und korrekt, aber sie treffen bei oder nahe der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr zu, wo Einsteins Theorie gilt. Newtons Gesetze sind zugleich sowohl korrekt als auch unvollständig.“ Ich finde die überhaupt nicht korrekt, nur weil sie genau genug sind. Es wird ja noch mal um Wahrheit gehen, vielleicht wird es da klarer.
Ich denke, es gibt bessere Argumente gegen Zeitportale, als dass wir „die Gesetze der Physik bezogen auf menschliche Größenmaßstäbe äußerst gut kennen“. Die Argumentation in dem Abschnitt klingt so, als könnten neue physikalische Erkenntnisse nicht mehr zu alltagsrelevanten Erfindungen führen. Aber wenn man neue winzige Effekte versteht, kann man vielleicht auch lernen, sie gezielt und gesammelt hervorzurufen, so dass sie dann doch einen makroskopischen Effekt haben.
„Diese Zweifler trauen einfach den Behauptungen der Naturwissenschaft nicht, dass etwas ein für alle Mal unmöglich ist.“ Zählt mich vorläufig dazu. Absolute Unmöglichkeitsaussagen habe ich bisher auch nicht als Teil der Naturwissenschaft gesehen.
Ich lese leider recht langsam, aber ich sehe zu, dass ich es schaffe.
@Christian: es geht nicht um „Die Wahrheit“. Weder Einstein noch Newton beschreiben „Die Wahrheit“. Beide Theorien beschreiben die Realität. Nur halt in unterschiedlichen Gültigkeitsbereichen.
@rolak #33
„Es ist mir überhaupt nicht erinnerlich, ob damals konkret von ‘falsch’ die Rede war.“
Also wir haben das schon so vermittelt bekommen, jedenfalls kann ich mich in Sachen Atom-Modell noch gut dran erinnern, das ist so ziemlich das einzige, was mir aus dem Physikunterricht im Kopf geblieben ist 😉
Zum Buch allgemein:
Eigentlich furchtbar bis jetzt.
(1) Sätze zu lang, zu verschachtelt:
Ich hab das bei gewissen pilosophischen Werken bereits verflucht und es trifft auch auf die ersten 40 Seiten dieses Buches zu. Um komplizierte Zusammenhänge aufzuzeigen sollte klares Vokabular und einfache Syntax verwendet werden!
(2) zu lang, zu redundant:
In der Kürze liegt die Würze. Die Dame braucht ewig um auf den Punkt zu kommen. Und dieser Punkt wird dann nicht klar herausgestrichen, sondern schwimmt mit dem Text so mit.
(3) Illustrationen:
Ich bin ein großer Freund von Illustrationen (etwas, das mir bei Florians Bücher übrigens abgeht;-), da sie komplexe Zusammenhänge kompakt darstellen können. Ist in diesem Fall nicht so: die Illustrationen sind teils ähnlich sperrig und überflüssig wie der Text selbst (Abb. 2,4,5).
Resumee:
Randall wird (mit der dt. Übersetzung) meiner Meinung ihr Zielpublikum nicht finden, da der Text durch seinen Schreibstil überhaupt nicht fesselt.
Das Buch ist bis jetzt langweilig.
Zu den Fragen:
(1) Einleitung:
Prinzipiell Ok meiner Meinung nach, man bekommt einen groben Überblick, was man vom Buch erwarten darf und es sollte einem Lust auf das Buch machen. Der Klappentext ist eigentlich zu kurz um sich einen Überblick zu verschaffen. Im konkreten Fall : zu lang und nicht fesselnd.
(2)Sind Skalenbedeutung und Rahmenbedingungen von Nawi bekannt?
Nein,meiner Meinung nach nicht. Haufenweise dumpfer Kommentare in Esoblogs zeigen das nur zu deutlich… Leider ein Versäumnis des Philosophie- und Nawi Unterrichts insgesamt: Wissenschaftstheorie ist total unterrepräsentiert in unserem Schulsystem. Man lernt Fakten und Zusammenhänge, methodische Überlegungen bleiben komplett aussen vor.
(3)effektive Theorie
Hm. Ist ein sehr praktisch orientierter Zugang, keine Frage.
Für technische Entwicklungen sicher ein vielversprechender Weg…
@ rolak:
Das kann auch gut sein, das weiß ich nicht mehr genau. Auf jeden Fall haben meine Lehrer es dann offensichtlich versäumt, dieses Missverständnis aufzuklären. Oder ich hab mich in pubertärer Manier nicht überzeugen lassen… 😉
@ Seniler Raubaffe:
Das ist nicht richtig. In den „einheitlichen Prüfungsanforderungen für Abiturprüfungen“ der Kultusministerkonferenz wird festgelegt, was (zumindest im Gymnasium, meiner Schulform) vermittelt werden muss. Das geht weit über reines Faktenwissen hinaus! Die Fachmethodik nimmt neben Fachwissen, Kommunikation und Reflexion sogar einen der vier Kompetenzbereiche für sich ein.
Vielleicht kannst du genauer erklären, was du mit „methodische Überlegungen“ konkret meintest, dann kann ich genauer darauf eingehen, inwieweit das im Schulunterricht abgedeckt wird.
Ich leugne allerdings nicht, dass es auch heute immer noch Kollegen geben mag, die es mit diesen Vorschriften vielleicht nicht so genau nehmen und wirklich nur Fakten pauken lassen.
@wrd
Im Lehrplan steht sowas sicher drinnen, keine Frage.
Papier ist allerdings geduldig und wenn ich mir beispielsweise die Notendefinitionen anschau kann ich nur sagen: Jedes einzelne „Sehr Gut“ in meiner Schulkarriere war nicht gerechtfertigt.;-)
Ich bin überzeugt, dass in den Schulen Zusammenhänge vermittelt werden und nicht nur reines Faktenwissen.
Dinge wie der Hinweis auf Skalenabhängigkeit waren bei mir allerdings nie Teil des Unterrichts.
Werden Begriffe wie Induktion, Deduktion, Paradigmenwechsel, Modellgrenzen und Wissenschaftstheorie, in der Schule erklärt?
Ich erinnere mich mit solchen Dingen erst im Laufe der Uni konfrontiert worden zu sein.
@wrd:
bist du im Kollegium die Regel oder die Ausnahme?
Alleine der Hinweis auf den Modellcharakter von Nawi Theorien ist schon Goldes Wert, erfreulich zu lesen, dass du das im Unterricht thematisierst!
@ Raubaffe:
Das ist richtig. Leider ist der Lehrplan auch nach wie vor sehr mit Faktenwissen überfrachtet, sodass es häufig gar nicht möglich ist, die wirklich interessanten wissenschaftstheoretischen Diskussionen mit den Schülern zu führen, weil man ja noch 50 Formeln herzuleiten hat.
Modellgrenzen in jedem Fall immer und immer wieder: Bei mir in der 7. Klasse zum Beispiel beim Modell des Lichtstrahls, in der 8. Klasse beim Teilchenmodell in der Wärmelehre, in der 9. Klasse bei diversen Modellen in der Elektrizitätslehre (z.B. Wasserstromkreis), in der 10. Klasse bei der Entwicklung der Atommodelle, in der 11. Klasse bei den Gültigkeitsbedingungen für jede zweite Formel (z.B. für die Induktivität einer „langen“ Spule), in der 12. Klasse natürlich beim Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik, um nur jeweils eine einzige Thematik pro Schuljahr herauszugreifen.
Auch bei der Mathematisierung (Formeln) gehe ich immer wieder darauf ein, dass es sich um Modellierungen handelt, die eben in einem bestimmten Bereich sehr nützlich sind, aber außerhalb dieses Bereiches keine sinnvollen Aussagen mehr machen. Diese Fragen kommen eigentlich auch ganz von selbst im Unterrichtsverlauf, etwa wenn den Schülern beim radioaktiven Zerfallsgesetz auffällt, dass sich die Exponentialfunktion asymptotisch an N=0 annähert, in Wirklichkeit aber natürlich irgendwann kein Kern mehr unzerfallen ist und daher die „wahre Kurve“ eigentlich die Zeitachse schneiden müsste (und auch nur ganzzahlige Werte für N sinnvoll sind).
Immer wieder geht es auch um Idealisierungen, etwa, wenn zur Vereinfachung bestimmte Effekte (z.B. Reibung) vernachlässigt werden. Auch das gehört meines Erachtens zum angesprochenen Themenkomplex, aber vielleicht werde ich jetzt auch langsam Offtopic.
Induktion und Deduktion wenden wir natürlich auch in der Schule ständig an. Hier muss ich aber zugeben, dass ich persönlich diese Begriffe den Schülern noch nicht explizit beigebracht habe. Ich bin lediglich darauf eingegangen, dass wir nun aus speziellen Beobachtungen allgemeine Zusammenhänge gefolgert haben oder dass wir eine Theorie nun im Experiment überprüfen werden – aber die Begriffe selbst habe ich bisher noch nicht genannt.
Paradigmenwechsel kam genau in dieser Wortwahl in einer meiner letzten Klausuren vor. Es ging dabei um die kopernikanische Wende und um den Rutherford-Versuch, der zum Kern-Hülle-Modell des Atoms führte.
Das wage ich wirklich nicht zu beurteilen.
Die in ihrer Massiertheit bereits die lokale Raumzeit beeinflussende Konsonantendichte ist eindeutig eine Ausnahme-Ausnahme, Seniler Raubaffe.
@wrd
Spannend! Hätte dich als Lehrer wahrscheinlich gemocht:-)
Wie beurteilst du die ersten 40 Seiten des Buches aus pädagogischer Sicht?
@ rolak
Das ist meine Befürchtung und gibt eine Antwort auf Diskussionspunkt 2…
@ Raubaffe:
Hmmm… Schwer zu sagen. Im Unterricht würde ich den Text eher nicht direkt verwenden, da meine Schüler ihn aufgrund der sperrigen Formulierungen wahrscheinlich nicht verstehen würden. Für mich selbst, sozusagen als „Fortbildung“, ist er in Ordnung bzw. gelten meine Kommentare dazu von weiter oben. Ich bin gespannt, wie sich das Buch weiter entwickelt.
@rolak:
😀
Gibt’s dazu etwa Statistiken? Ich hoffe doch, dass der Großteil meiner Kollegen ähnlich denkt – kenne aber, wie gesagt, dazu keinerlei Untersuchungen.
Nur über der äußerst schmalen Basis 1, wrdlbrmpft. Wärs entvokalisiert, könnte ‚Wer die Liebe rümpft‘ zutreffen, ohne aber irgendetwas Sinnvolles zu ergeben.
Der Stil der Übersezung ist zwar gewöhnungsbedürftig, doch das ist recht zügig erledigt, auch wenn hier und da noch einige Spelzen durchstechen. Mittlerweile bin ich bei 284/499 und es liest sich weiterhin angenehm, ohne allerdings besonders fesselnd zu sein.
@ rolak:
Ach so – ich dachte, deine Aussage bezöge sich darauf, dass ich eine Ausnahme wäre, was die Vorgehensweise im Unterricht betrifft, und nicht auf meinen Nick. 😉 Ich glaube, da hat dich der Raubaffe ebenfalls falsch verstanden.
„Wer die Liebe rümpft“ gefällt mir sehr gut als Interpretation. 😀 Tatsächlich handelt es sich aber sozusagen um ein Zitat. Kennt das niemand (mehr)? Oder ist das regional bedingt?
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Valentin
Herrjeh wrdlbrmpft, bei aller Tendenz zu ‚Ausnahme‘ ist mein letzter Schulkontakt schon viel zu lange her um darüber Aussagen zu machen – auch wenn ich Meister Valentin nicht mehr live erlebt habe 😉 Den Nickgeber kannte ich zwar, doch hätte ich bis eben nicht im Traum daran gedacht, daß es eine feststehende Transkription seines Namens geben könnte. So bliebs bei Gedanken an Akronym bis Akrostichon.
Kam das echt als Namensnennung rüber so wie ‚die Wanderniere von Zimmer 17‘?
Auch von mir vorab eine Einleitung:
Ich habe das Buch im Rahmen des Buchclubs wieder aus dem Regal genommen, nachdem der erste Leseversuch gescheitert war. Das Thema hat mich zwar interessiert, aber der in meinen Augen etwas umständliche Schreibstil und die oft redundanten Aussagen, haben dazugeführt, dass ich den ersten Leseversuch nach wenigen Kapiteln abgebrochen habe. Daher bin ich froh, jetzt die Gelegenheit zu haben, das Buch im Buchclub lesen zu „müüsen“.
Nun zu Florians Diskussionsvorschlägen:
zu 1: Ich fand die Einleitung zu lang und habe sie auch nur überflogen. Ich brauche, wie wohl die meisten hier im Forum, keine komplette Inhaltsbeschreibung des Buches in der Einleitung. Ein paar Sätze zur Intention der Autorin das Buch zu schreiben, hääte genügt.
zu 2 und 3: Die Skalenabhängigkeit von wissenschaftlichen Theorien wurde mir schon in der Schule von meinem sehr guten Chemielehrer vermittelt. Sicherlich spielte dabei auch eine Rolle, dass der Lehrer jahrelang in der Forschung gearbeitet hat, und dabei dieses Konzept auch verinnerlicht hatte. Aber auch im Chemistudium haben verschiedene Professoren immer wieder daraufhingewiesen, dass es wichtig ist, sich im Klaren zu sein, welchen Größenbereich man gerade betrachtet und welche Konzepte darauf anwendbar sind.
Der Begriff der effektiven Theorie fiel dabei aber nicht, dieses Konzept habe ich erst in diesem Buch kennengelernt.
Insgesamt denke ich, dass die Autorin in den bisherigen Kapiteln sehr gut beschrieben hat, wie wissenschaftliche Arbeit funktioniert und das die Theorien, die dabei entwickelt werden, nicht die Wahrheit abbilden sondern eine Beschreibung des entsprechenden Größenbereichs sind.
Ich sage direkt das dies das erste Fachbuch ist das ich wirklich lese. Sonst bin ich in ganz anderen Kategorien unterwegs. Aber bei einem Naturwissenschaftlichen Studium muss ich mich langsam mal an diese Klasse von Büchern heran wagen.
Gerade aus dieser Problematik heraus stelle ich fest das ich mit dem Schreibstil von Fr. Randall doch arg zu kämpfen habe. Also für Einleitung (die ich extrem lang empfand und wie ein feiern ihrer Leistungen) und das erste Kapitel habe ich doch sehr lange gebraucht. Ich hoffe das wird besser mit den nächsten Kapiteln. Ich versuche aber trotzdem in der Woche die drei Kapitel zu schaffen.
Von effektiven Theorien habe ich jetzt auch das erste mal gehört. Ebenso habe ich jetzt das erste mal so richtig diesen zusammenhang zwischen Skala und verwendeter Theorie ins Gedächtnis gerufen bekommen. Nicht das es nicht klar ist, aber man nimmt das sonst so hin wo man es jetzt nochmal genau erläutert bekommt. Das gefiel mir schon einmal. Ich bin gespannt wie ich mit dem Stoff klar komme wenn es dann doch etwas komplexer wird und ob ich den Schreibstil dann besser verarbeiten kann.
Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, zu eventuellen Übersetzungsstockungen kann ich also nichts sagen. Mir gefiel der Schreibstil auch nicht immer. Ich kann das zwar noch nicht genauer beschreiben, aber Randall liest sich nicht ganz so flüssig wie beispielsweise Dawkins oder Greene. Solide halt. Zu den Fragen
1) Ich habe nichts gegen längere Einleitungstexte – wenn es denn wirklich Einleitungen sind. Hier wurde allerdings öfter ein Thema so halb begonnen – und dann gleich wieder abgebrochen, das ist etwas frustrierend zu lesen. Generell gefällt mir aber eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel, gemischt mit persönlichen Motiven und Geschichten.
2) und 3):
Das erste Kapitel ist sicher wichtig für ein derartiges Wissenschaftsbuch und wurde auch gut erklärt. Besonders der englischen Titel „Whats so small to you is so large to me“ gefiel mir, besser als der Deutsche. Ich fand es allerdings ein wenig ermüdend, da sehr viele, auch redundante, Beispiele und Aussagen enthalten waren, aber ich bin mit dem Thema auch bereits vertraut.
In der Wissenschaftskommunikation wird tatsächlich wenig auf die Methodik geachtet. Es ist allerdings schwierig, das neu reinzubringen, da die meisten Leute wissenschaftlich nicht genügend vorgebildet sind, fürchte ich. Hier muss in den Schulen mehr daran gearbeitet werden. Solange es nicht möglich ist, den Lehrplan insgesamt wieder auszuweiten (und beispielsweise die achtjährige Oberstufe abzuschaffen) darf dafür auch gerne das eine oder andere Faktenwissen gestrichen werden. Das können sich interessierte und vorgebildete Kinder auch selber aneignen.
Das Wort „effektive Theorie“ ist mir zum ersten Mal vor einem Jahr in der Teilchenphysik begegnet. Dort ist klar, das die „wirkliche“ Theorie noch nicht gefunden ist, daher müssen derzeit die effektiven Theorien hergeleitet werden.
Randall interpretiert das allerdings weitaus umfassender, bei ihr ist ja jede Theorie eine effektive Theorie, da sie nur auf der jeweiligen Skala funktioniert.
Das ist sicher richtig und, wie ich denke, den meisten Wissenschaftlern auch bekannt. Ein wenig Bauchgrimmen habe ich dabei aber. Nehmen wir mal die zwei wahrscheinlich erfolgreichsten Theorien der Physik:
1.: Die allgemeine Relativitätstheorie: Sie beschreibt Gravitation, wo immer Gravitation die dominierende Wirkung hat, perfekt. Bisher wurde keine Abweichung entdeckt und jede Voraussage wurde, sofern technisch möglich, bestätigt. Es ist unklar, wo es in diesem Bereich überhaupt Abweichungen geben sollte.
2.: Das Standardmodell der Teilchenphysik. Auch das Standardmodell ist extrem erfolgreich – aber wir wissen, dass einige Voraussetzungen nicht stimmen. Beispielsweise werden Neutrinos als masselos angenommen – wir wissen aber, dass Neutrinos eine Masse haben. Es ist klar, dass auf höheren Energieskalen (=kleineren Abständen) eine bessere Theorie „wartet“.
Natürlich sind beides nur Modelle und es wird noch etwas zugrundeliegerendes geben – aber das gibt es vermutlich immer. Aber es gibt, meinem Eindruck nach, durchaus einen qualitativen Unterschied zwischen diesen beiden Theorien.
Fairerweise sollte man dazusagen, dass durch die Schwäche der Gravitation sich die ART lange nicht so gut testen lässt wie das Standardmodell.
Letzlich ist die Aussage aber natürlich nur: Zu jeder Theorie gehört ihr Gültigkeitsbereich.
@wrdlbrmpft: Das wäre übrigens genau das, was man Schülern sagen sollte. Und klarmachen sollte, das alles nur Modelle sind, die je nach Fragestellung gewählt werden müssen. Auch das Rosinenkuchenmodell des Atoms kann ein paar Sachen erklären. Die können aber auch alle vom Bohrschen Atommodell erklärt werden, das darüber hinaus noch mehr kann und auch mehr „in die richtige Richtung“ geht.
Noch etwas:
Du schreibst später:
Eine Theorie im Experiment überprüfen ist abe keine Deduktion. Allerdings wird letztere dafür benötigt. Deduktion bedeutet ja, Phänomene aus einer Theorie abzuleiten. Und nur diese Phänomene können natürlich experimentell überprüft werden.
@Chemiker: Eigentlich ist eine effektive Theorie durchaus eine Näherung – die Frage ist, von was. Natürlich ist die Thermodynamik keine Näherung der Klassischen Punktmechanik – aber eine der statistischen Mechanik.
@seniler Raubaffe:
Eben nicht nur, sondern auch für die Entwicklung von noch nicht bekannten, zugrunde liegenden Theorien.
@Phero:
Da habe ich nicht ausführlich genug formuliert. Ich meinte: Eine Theorie wird im Unterricht hergeleitet, mit deren Hilfe werden dann neue Versuchsergebnisse vorhergesagt, und dann überprüft man im Experiment, ob diese tatsächlich so eintreten. Können wir uns darauf einigen, dass das dann schon Deduktion ist, oder hab ich noch einen Verständnisfehler drin?
@wrdlbmpft:
Ja, das sollte so passen. Meinem Verständnisnach ist genau diese Vorhersage bereits die Deduktion. Randall beschreibt den Prozess ja im letzten Teil des ersten Kapitels – auch sehr ausschweifig.
Ich bin auch Lehrer, ich versuche auch, den Schülern (wenns geht) zu vermitteln, wie die Wissenschaft arbeitet. Gerade beim Thema Atombau gehe ich immer darauf ein, was ein Modell eigentlich ist und ausmacht.
Aber mir ist beim Buch etwas negativ aufgestossen und mich würde interessieren, was die Meinung hier ist:
Wie schon anklang, sind die Sätze z.T. etwas sperrig und das Niveau ist nicht unbedingt angepasst. Das ist an und für sich OK, aber das eigentliche Thema ist der Aufbau von Wissenschaft und ich werde das Gefühl nicht los, dass Stil und Inhalt unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Wer so ein Buch anpackt ist imho schon sehr an der Physik (oder der Naturwissenschaft) allgemein interessiert. Ist da nicht so ein bisschen „Preaching to the choir“ im Spiel? Ich als Natuwrissenschaftler, nicke mit dem Kopf, finde die eine oder andere Analgoie interessant und mag die Skalengeschichte. Aber die Leute, die Randall womöglich ansprechen will, die Leute nämlich, die eben diese ganzen Missverständnisse und Vorurteile gegenüber „der Wissenschaft“ haben, die werden doch schon beim Vorwort abgeschreckt, oder?
Bin ich da zu kritisch? Denke ich da zu sehr an Leute wie Bryson oder Roach, die mit ihrem Stil auch Nicht-Naturwissenschaftler mitreißen? Ist das vielleicht gar nicht die Intention des Buches?
@peer: Das Zielgruppenproblem ist mir ebenfalls aufgefallen. So fundamental wie Randall da herangeht, ist der Stil zu kompliziert, sind es der Beispiele zu viel. Aber mal schauen, wie sich das ändert.
1) Einleitung mit kurzer gut gemachter Zusammenfassung kann funktionieren, mache ich in Veröffentlichungen manchmal, in Vorträgen finde ich es überflüssig, da die ja nicht so lang sind. Im hiesigen Buch mir viel zu langatmig
2) Ich finde hier den Kommentar #42 vom wrdlbrmpft sehr interessant: seine Beispiele zu Grenzen von Theorien hatte ich auch alle in der Schule, wirklich Bewusst ist mir die Thematik mit den sich ablösenden Theorien aber nur beim Atommodell geworden. Damals hat die halbe Klasse genörgelt hat warum wir denn was „falsches“ lernen müssen. Es könnte sich also definitv lohnen dem Thema einen eigenen Uterrichtskomplex zu widmen.
3) Die meisten Wissenschaftler mit denen ich zusammen arbeite sind sich der Grenzen ihrer Theorien und Hypothesen durchaus bewusst. Das Problem ist häufig, dass es um so schwieriger wird Ergebnisse zu veröffentlichen je genauer man auf die Grenzen der Erkenntnisse eingeht. Insbesondere Große Fachzeitschriften wie „Nature“ und „Science“ legen wert auf abgeschlossene Geschichten und geben bestenfalls in den Supporting online Informations noch genug Raum um auch Kontrollexperimente zu zeigen und die Grenzen der Erkenntnisse zu diskutieren. Dies ist meiner Meinung nach ein weiterer Grund, das wissenschaftliche Veröffentlichungswesen grundlegend zu reformieren. arxiv.org ist hier für mich schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
1.) Ich kann mich hier nur den vorigen Kommentaren anschliesssen, diese Einleitung ist langatmig und mir persönlich zu langweilig. Meiner Meinung nach sollten Einleitungen in einem populärwissenschaftlichen Buch den potentiellen Leser in das Thema hineinziehen und anreizen das Buch sofort zu lesen.
2.) Das Skalenproblem ist den Leuten meiner Ansicht nach nicht bewusst. Die Allgemeinheit erwartet von den Naturwissenschaften (Physik, Chemie, Astronomie) „ewige“ Wahrheiten. Wenn diese Erwartungshaltung entäuscht wird, kommt es zu dem beschriebenen Effekt, die Wissenschaften irren sich ja dauernd und widersprechen sich ständig. Dass die Kritik in der Wissenschaft und die Kontrollexperimente erst den eigentlichen Erkenntnisfortschritt bringen, ist dem „Normalbürger“ nicht bewusst.
3.) Dass es zwischen richtig und falsch in der Wiisenschaftstheorie noch Zwischenstadien wie „Effektive“ Theorien gibt, wurde in der Schule (AHS Österreich ca. 25 Jahre vor F. F.) nicht gelehrt. Im Philosophieunterricht war es irgendwo im 19 Jahrhundert zu Ende. Später auf der Universität konnte ich diese Lücke durch das Lesen von K. R. Popper gut schliessen. Ich möchte nur anmerken das K. R. Popper zu dieser Problematik (Theorien, Hypothesen, wann ist eine Hypothese besser als andere) viel beigetragen hat.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass mir die Idee mit der Buchbesprechung sehr gut gefällt und ich durch den Blogbeitrag und die Kommentare einiges gelernt habe.
Popper ist ein gutes Stichwort – und aus pragmatischer Sicht (in Bezug auf das Streben nach Falsifikation) einer der zentralen Hinweise. Wenn wir aber schon beim (sehr vagen, da unterschiedlich gebrauchten) Begriff der „effektiven Theorie“ sind, muss man in meinen Augen zwingend weiter zu Quine (oder zurück zu Duhem) gehen. Effektivität – oder eben, ich habe es oben geschrieben, auch empirische Adäquatheit – ist letztlich das Einzige, was empirische Wissenschaft zu leisten im Stande ist (und das ist ja etwas außerordentlich Wertvolles). Mit WAHRHEIT bzw. einer korrekten Beschreibung der Realität (im Sinne eines semantischen Realismus: Die Welt ist so beschaffen, wie es die in den Theorien vorkommenden Begriffe mit ihrer relationalen Struktur nahelegen) hat das erst einmal herzlich wenig zu tun. Wenn man sich mit Effektivität zufrieden gibt, also Naturwissenschaft als ein adäquates (bzw. genau genommen: das einzig verlässliche) Mittel zur Manipulation und Dienstbarmachung der Umwelt sieht, reicht das. Wenn man dagegen eine Beschreibung der Welt erwartet, kommt man wegen der empirischen Unterbestimmtheit theoretischer Begriffe (und der Theorien als solche) automatisch zur (im wahrsten Sinne des Wortes) Metaphysik. Und ab da wird es noch weitaus vager…
https://plato.stanford.edu/entries/scientific-underdetermination/
https://de.wikipedia.org/wiki/Duhem-Quine-These
Im aktuellen (3.2014) bdw steht ein Artikel über die Geschichte der Teilchenphysik von Rüdiger Vaas, aus dem ich ein Bonmot zitieren möchte, weil es zum Buchthema passt. Es geht um die Spezielle Unitäre Gruppe SU(3):
„Doch etwas Mysteriöses haftete ihr gleichwohl an – und es zeichnete sich ab, dass eine mathematische Repräsentation des Teilchenzoos, wie raffiniert auch immer, nicht das Ende der Bohrstange in die Fundamente der Materie sein konnte. (Hervorhebung von mir)
Ich fand den Satz zu schön, um auf ewig hinter einer Paywall sein Dasein fristen zu müssen.
Aua, da ging was schief. Es fehlt ein “ und das Linkende hab ich wohl versemmelt, aber er funktioniert. Sorry.
@Phero #52
„…aber Randall liest sich nicht ganz so flüssig wie beispielsweise Dawkins oder Greene.“
Das tröstet mich ein bisschen, ich dachte, es liegt tatsächlich an der Übersetzung.
@Peer #55
„…Aber die Leute, die Randall womöglich ansprechen will, die Leute nämlich, die eben diese ganzen Missverständnisse und Vorurteile gegenüber “der Wissenschaft” haben, die werden doch schon beim Vorwort abgeschreckt, oder?“
Tatsächlich wird man in Sachen Zielgruppe wohl immer nur Leute erreichen, die ein Grund-Interesse an der Sache besitzen, schätze ich.
Also werden vielleicht auch „Quanten-Esoteriker“ dieses Buch lesen und es mit ihrer schrägen Logik interpretieren 😉
Ob Leser/innen, wenn sie den Naturwissenschaften gegenüber voreingenommen sind, diese Voreingenommenheit ablegen können, hängt von der Bereitschaft ab, ihre Denkweisen und ihre gelernten „Wahrheiten“ auf den Prüfstand zu stellen.
Keine Ahnung ob das durch die Lektüre dieses Buches gelingt…und ich bin mir auch nicht sicher, ob das die Kernmotivation der Autorin war.
Aus meiner persönlichen Perspektive (Nicht-Wissenschaftlerin mit ursprünglich durchaus vorurteilsbehafteter Einstellung gegenüber „den Wissenschaften“ und esoterisch eingefärbter Erziehung) kann ich sagen:
Wäre dies mein erster Schritt in Richtung Naturwissenschaften/naturwissenschaftliches Denken, dann hätte das evtl. schief gehen können, allein weil Randall in ihrer Einleitung teilweise so langatmig schreibt, dass es mich rein stilistisch einfach nervt und ich nur weiter lese, weil mich mittlerweile diese Thematik fasziniert, nicht nur die Physik und der LHC, sondern eben auch das Denken und wie es sich ändern und anpassen kann. Ich erkenne mich selbst von früher machmal wieder, wenn sie die Missverständnisse beschreibt.
Und das macht sie eigentlich, wie ich finde, auch sehr gut und verständlich.
Sie erklärt, was man falsch verstehen kann, und was falsch oder „schludrig“ vermittel wird.
Und sie tut es in einer Art und Weise, die nicht brüskiert oder Leute, die dieses Denken (noch) nicht kennen, irgendwie bloß stellt. Da gehen andere schon härter zu Werke.
Aber wie gesagt, man muss, wenn man Vorbehalte hat, diese auch erstmal als solche erkennen, das ist sicher der schwerste Schritt. Danach geht es eigentlich ganz einfach.
@Wissenslücke
@Phero
Erstaunlich, dass so viele Leser der gleichen Meinung sind … und sperrig ist wirklich das treffendste Wort. Ich meine allerdings, dass es besser wird. Brian Greene ist dagegen überaus nervig und mir zu, wie sage ich das, amerikanisch, Dawkins desselben. Ich bin ganz froh, dass Randall gefälliger formuliert.
@stone1
Danke fürs Zitat – einfach genial 🙂
Ich hab jetzt von der deutschen zur englischen Version gewechselt, die ist grammatisch viel hübscher und nicht so verschachtelt. Außerdem ne gute Gelegenheit meinem hptsl. durch TV-Serien geprägten englischen Wortschatz viele neue Wörter hinzuzufügen 🙂
(Ein E-Book-Reader mit Antipp-Übersetzung ist da Gold wert).
@Wissenslücke: Ich denke dass es zwischen „reinen Naturwissenschaftlern“ und „fundamentalen Esoterikern“ ne Menge Grauzonen gibt (hast du auch nicht anders geschrieben) und ich glaube nicht, dass man die am Eso-Ende so ohne weiteres mit einem solchen Buch kriegt.
Ich glaube aber, dass viele Vorteile auch von Leuten kommen, die durchaus ein Wissensbuch lesen würden, wenn es sie anspricht – so eines wie die Drösser-Bücher z.B. Ältere Schüler oder Studenten z.B. Und da glaube ich, dass Randall die eher verliert, als dass diese sich auf di Erklärung einlassen (und Schüler sind durchaus interessiert – wir hatten gerade eine Diskussion bezüglich des Hummelfluges, der ja angeblich ach so unmöglich sein soll)
@Wissenslücke:
Das mit dem behutsamen Formulieren um niemand vor den Kopf zu stoßen sehe ich auch so, aber das ist wohl auch zumindest ein Mitgrund für die Sperrigkeit der Formulierungen.
Aber das werden wir ab Freitag wahrscheinlich eh noch besprechen, besonders im 4. Kapitel geht’s ja auch um Religion.
@Theres:
Ich bin mit dem ersten Teil durch und finde auch dass es besser wird, oder aber man gewöhnt sich an den Schreibstil. Eigentlich macht der ganze Abschnitt auf mich den Eindruck einer großen Einleitung, ich freu mich wenn’s dann im 2. Teil richtig losgeht.
[…] mitmacht, das Buch auch selbst gelesen hat und über den Inhalt Bescheid weiß). Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung […]
[…] mitmacht, das Buch auch selbst gelesen hat und über den Inhalt Bescheid weiß). Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung […]
[…] mitmacht, das Buch auch selbst gelesen hat und über den Inhalt Bescheid weiß). Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung […]
[…] mitmacht, das Buch auch selbst gelesen hat und über den Inhalt Bescheid weiß). Im ersten Teil haben wir über Sinn und Unsinn von langen Einleitungen diskutiert und über Randalls Erklärung […]