Vor kurzem erst habe ich darüber geschrieben, wie gut die Astronomie darin ist, Dinge zu „sehen“, die eigentlich nicht zu sehen sind. Zumindest nicht mit unseren Augen. Unsere Sinne zeigen uns nur einen winzigen Ausschnitt des gesamten Universums. Und je besser wir den Kosmos verstehen, desto mehr merken wir, wie wenig wir bis jetzt gesehen haben. Und wie viel wir verpassen. Die dunkle Materie zum Beispiel. Die Materie, die wir direkt sehen; das heißt, die Materie, die elektromagnetische Strahlung abgibt, die von den verschiedenen Meßinstrumenten der Wissenschaftler aufgefangen werden kann; die ganz „normale“ Materie also, die uns umgibt und aus der wir bestehen – diese Materie macht nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Materie aus. Denn vor einigen Jahrzehnten bemerkte man, dass da noch mehr sein muss.

Oft wird ja behauptet, die Astronomen hätten die dunkle Materie nur „erfunden“; hätten sich alles nur ausgedacht, um ihre „Theorien zu retten“ oder etwas in der Art. Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein. Die meisten Astronomen wären vermutlich froh, wenn sie die ganze dunkle Materie einfach ignorieren könnten. Sie macht alles so schrecklich kompliziert… Aber es gibt nun mal Beobachtungsdaten, die wir berücksichtigen müssen. Verschiedene Astronomen haben bei vielen verschiedenen Beobachtungen vieler verschiedener Himmelsobjekte immer wieder das gleiche Phänomen entdeckt: Die Objekte bewegen sich nicht so, wie sie es eigentlich tun sollten. Das kann zwei Gründe haben. 1) Die Formeln mit denen die Bewegung beschrieben wird ist falsch. Oder 2) Man hat nicht gesamte Materie berücksichtigt. Beide Ansätze wurden ausprobiert. Aber die neuen Bewegungsgesetze (die sogenannte modifizierte Newtonsche Dynamik) haben die Mehrheit der Wissenschaftler nie richtig überzeugt. Viel wahrscheinlicher ist es, dass da draußen wirklich noch mehr Materie ist und ihr Einfluss ist es, der die Bewegung der Himmelskörper stört. Es kann aber keine normale Materie sein, denn die hätten wir gesehen. Es muss „andere“ Materie sein; Materie, die nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirkt. Materie, die kein Licht abgibt und kein Licht reflektiert oder absorbiert. Materie, die für uns effektiv unsichtbar ist – aber nicht unspürbar, weil ja da immer noch der gravitative Einfluss ist.

Dunkle Materie, „sichtbar“ gemacht: Für Quelle und Details siehe hier.

Beobachtungen wie diese hier, zeigen immer wieder, dass irgendetwas im All gravitativen Einfluss ausübt, ansonsten aber nicht zu sehen ist. Messungen mit Satelliten und Experimente von Teilchenphysiker deuten ebenfalls darauf hin, dass da noch irgendwelche bis jetzt unbekannten Teilchen sein könnten, die genau die Eigenschaften dunkler Materie haben. Diese hypothetischen Teilchen nennt man WIMPs. Das steht für Weakly Interacting Massive Particles; also Teilchen, die so gut wie kaum mit anderer Materie wechselwirken. Die schonb bekannten Neutrinos sind WIMPs – aber leider gibt es von ihnen nicht genug, um die Beobachtungen zu erklären. Es muss also noch andere WIMPs geben. Und während die Teilchenphysiker weiter auf der Suche nach ihnen sind, probieren die Astronomen, mit Beobachtungsdaten auszuhelfen.

Mit ihren Teleskopen können sie zwar keine neuen Elementarteilchen entdecken. Aber man kann die Teilchenphysiker unterstützen und ihnen sagen, wo es sich zu suchen lohnt und wo nicht. Je genauer man die Eigenschaften der hypothetischen WIMPs kennt, desto leichter wird die Suche nach ihnen. Und die Astronomie kann helfen, die Möglichkeiten einzuschränken.

Dunkle Materie beeinflusst durch ihre Gravitationskraft nicht nur die Bewegung von Sternen, Galaxien und Galaxienhaufen. Sie könnte auch die Sterne selbst beeinflussen. Wenn die dunkle Materie sich so verhält, wie man bis jetzt annimmt, dann ist jede Galaxie in eine großen Wolke aus dunkler Materie eingebettet. Die dunkle Materie ist also überall, auch in der Nähe der Sterne. Und die WIMPs treten zwar so gut wie kaum mit normaler Materie in Wechselwirkung, aber eben nur „so gut wie“. Ein kleines bisschen Kontakt kann es geben. Wenn nun also haufenweise WIMPs durch einen Stern sausen, können ein paar davon mit Atomen im Sternplasma kollidieren und abgebremst werden. Dadurch kann der Stern die dunkle Materie einfangen und das verändert die Art und Weise, wie ein Stern funktioniert. Ein Stern könnte zum Beispiel einen Kern aus dunkler Materie haben. Für den Fall, dass die dunkle Materie aus einer speziellen Art von WIMPs besteht, könnte ein Stern mehr Strahlung erzeugen, als man erwarten würde. Dunkle Materie kann einen Stern auf verschiedene Art und Weise beeinflussen und die Astronomen Jordi Casanellas und Ilídio Lopes aus Portugal haben sich das mal im Detail angesehen („First asteroseismic limits on the nature of dark matter“).

Wie ein Stern erscheint, hängt von dem ab, was in seinem Kern passiert. Dort passiert die Kernfusion, dort wird die Energie erzeugt, die langsam nach draußen entweicht. Und dort setzt auch die Veränderung durch die dunkle Materie ein. Wenn ein Stern dunkle Materie einfängt, verliert er ein bisschen Energie und wie viel das genau ist, hängt davon ab, wie gerne die dunkle Materie mit normaler Materie kollidiert (dem Wirkungsquerschnitt) und der Masse, die ein WIMP hat. Da sind viele verschiedene Kombinationen möglich; zumindest theoretisch. In der Praxis kann die Astronomie helfen, die Möglichkeiten einzuschränken. Um das zu demonstrieren haben Casanellas und Lopes drei Sterne betrachtet: KIC 8006161, HD 52265 und Alpha Centauri B. Sie haben genau ausgerechnet, wie sich die Eigenschaften des Sterns unter dem Einfluss dunkler Materie verändern würden. Was die offensichtlichen Eigenschaften angeht – zum Beispiel Masse, Radius oder Oberflächentemperatur, ist kaum ein Unterschied zu sehen, und wenn, dann liegt er unterhalb der Meßgenauigkeit. Alpha Cen B wäre zum Beispiel mit dunkler Materie 15 Grad kühler als ohne. Seine Temperatur ist aber nur mit einer Genauigkeit von 50 Grad bekannt.

Aber das war eigentlich zu erwarten. Wenn die Abweichungen dramatisch wären, dann hätte man das schon früher gemerkt. Deswegen haben sich Casanellas und Lopes auch genau angesehen, was im Inneren der Sterne passieren würde. Ich habe vorhin schon erwähnt, das die dunkle Materie die Sterne ein wenig kühler macht. Das funktioniert umso besser, je weniger Masse der Stern hat. Die Kühlung ist bei Sternen mit 70 Prozent der Sonnenmasse 9 Mal effizienter als bei Sternen mit 110 Prozent der Sonnenmasse, wie die beiden Astronomen ausgerechnet haben. Und das kann den Kern des Sterns beeinflussen. Sterne mit einer Masse von mehr als 110 Prozent der Sonnenmasse sollten eigentlich einen konvektiven Kern haben. „Konvektiv“ heißt, dass dort im Wesentlichen das passiert, was auch im Kochtopf auf dem Herd passiert. Plasma (im Kochtopf: Wasser) wird erhitzt und steigt auf. Weiter oben kühlt es ab und sinkt wieder ab. Ob und wie das funktioniert, hängt davon ab, wie sich die Temperatur ändert, wenn man sich vom Kern entfernt. Wenn das Plasma schnell genug abkühlt, bevor es zu weit nach oben gestiegen ist, dann kommt die Konvektion nicht in Schwung. Das passiert bei Sternen mit geringer Masse; hier findet die Konvektion nur in den äußeren Schichten statt. Die dunkle Materie kann das aber beeinflussen. Das zeigt sich gut am Modell von HD 52265, das Casanellas und Lopes in ihrer Arbeit berechnet haben:

Die x-Achse zeigt die Zeit in Einheiten von Millionen Jahren. Die y-Achse den Radius des konvektiven Kerns in Einheiten des Sternradius. In grau ist der Normalfall eingezeichnet. Eigentlich sollte der Stern die gesamte Zeit über einen etwa gleich großen konvektiven Kern haben. Blau dagegen zeigt den Einfluss der dunklen Materie. Hier verschwindet der konvektive Kern nach knapp 500 Millionen Jahren. HD 52265 ist ein sonnenähnlicher Stern (man kennt dort sogar einen Planeten) und hat ein Alter von knapp 5 Milliarden Jahren. Wenn das Modell mit der dunklen Materie richtig ist, dann sollte er heute keinen konvektiven Kern mehr haben. Aber leider kann man nicht so einfach in einen Stern hinein sehen um das herauszufinden.

Sternschwingung (stark übertrieben). Bild: TOPS, Universitätssternwarte Wien

Aber es geht indirekt. Es geht mit der „Asteroseismologie“. Darüber habe ich hier schon mal ausführlich geschrieben. Im Wesentlich geht es darum, die Schwingungen des Sterns zu beobachten. Ein Stern ist kein Festkörper, sondern eine Kugel aus Gas und die wird ständig von Schallwellen durchlaufen. Dadurch schwingt der Stern und die Bewegung wirkt sich – minimal – auf die Helligkeit aus. Astronomen können das beobachten und aus der Art der Schwingungen auf die Vorgänge im Inneren schließen (genau so wie die Geophysiker Erdbebenwellen nutzen, um Informationen über das Innere der Erde zu gewinnen). Die Schwingungen hängen ebenfalls davon ab, was im Kern passiert. Deshalb können sie einerseits dazu dienen, den inneren Aufbau eines Sterns zu bestimmen. Andererseits werden die Schwingungen aber auch direkt durch die Existenz der dunklen Materie beeinflusst. Casanellas und Lopes haben auch das genau berechnet und gezeigt, dass sich bestimmte Schwingungen auf charakteristische Art und Weise ändern, wenn eine bestimmte Art von dunkler Materie anwesend ist.

Leider reichen die bisherigen Beobachtungen noch nicht, um definitive Aussagen zu machen. Aber zumindest können Casanellas und Lopes schon einige mögliche Parameterkombinationen für die WIMPs ausschließen. Dazu haben sie berechnet, wie die Änderungen der Schwingungen bei Alpha Cen B aussehen müssten und das mit den Beobachtungen verglichen. Bestimmte Arten von WIMPs hätten so deutliche Änderungen verursacht, dass man sie sehen hätte müssen, wenn sie da wären. Sind sie aber nicht – also kann man diese WIMPs schon mal ausschließen und die Teilchenphysiker können sich ein wenig Arbeit sparen.

Die Instrumente der Astronomen werden immer besser und genauer. In Zukunft werden auch die Asteroseismologen die „Sternbeben“ immer besser und genauer vermessen können. Und vielleicht einen wichtigen Beitrag bei der Lösung des großen Rätsel leisten, das die dunkle Materie immer noch dar stellt!

68 Gedanken zu „Wie Sternbeben die Natur der dunklen Materie enträtseln können“
  1. ^^Weia, da hatte ich doch ‚Wie Sterbende die…‘ gelesen…

    Auf dem harten Weg des Ausschließens von Möglichkeiten ging es schon immer recht beschwerlich Richtung Ziel.
    Schöner Übersichtstext.

  2. Hochinteressant, danke. Mal wieder eine Laienfrage. Betr. Dunkler Materie. Sie wechselwirkt ja nicht mit anderen Teilchen (oder kaum) und reflektiert / strahlt keine elektromagnetischen Wellen ab. Daher können wir (und unsere heutigen Hightech-Systeme) sie nicht „sehen“. Aber sie ist trotzdem Masse. Könnte es nicht einfach sein, dass es sich um ein (oder mehrere) Elemente handelt, welche wir noch nicht kennen? Anders gefragt: Weshalb ist die Dunkle Materie nicht einfach ein noch unentdecktes Element (oder mehrere) im Periodensystem?

    1. @STephan: Weil jedes Element im Periodensystem aus normalen Protonen/Neutronen und Elektronen bestehen muss. Und diese Teilchen unterliegen der EM-Wechselwirkung und könnten daher gesehen werden. Abgesehen davon ist es äußerst unwahrscheinlich, dass es noch neue, schwere und stabile Elemente gibt.

  3. Danke. Könnte die DM nicht dennoch aus den üblichen atomaren Bausteinen aufgebaut sein, deren Photonen jedoch für uns (noch) nicht detektierbar? Oder deckt man mit den heutigen Systemen und Spektrallinienanalysen mit Sicherheit sämtliche möglichen Fälle ab (auch aus quantentheoretischer Sicht)? Oder so: Bei der Dunklen Materie handelt es sich um Teilchen, die Gravitation ausüben, jedoch keine (für uns sichtbaren) Photonen aussenden. Freischwebende Nukleonen? (du musst nicht darauf eingehen, wenn’s dir zu laienhaft ist, ich bin einfach ungebremst neugierig, da spannend :-). Ich bin etwas verwirrt ob der Tatsache, dass man die Quarks über Fermion, Boson, Baryon und Lepton theoretisch entschlüsselt hat, man jedoch offenbar keine spruchreife Theorie darüber hat WAS die DM eigentlich ist…

  4. Danke. Könnte die DM nicht dennoch aus den üblichen atomaren Bausteinen aufgebaut sein, deren Photonen jedoch für uns (noch) nicht detektierbar?

    Nein, das kann nicht sein. Sobald ein Atom im Kern aus Protonen/Neutronen aufgebaut ist und um den Kern Elektronen kreisen, interagiert diese Elektronenhülle mit Photonen. Wie diese Interaktionen aussehen, ist mitlerweile ganz gut verstanden. Und ja, es sind die Elektronen in der Hülle, die Photonen absorbieren, durch die zusätzliche Energie passiert etwas mit den Elektronen und nach einer gewissen Zeit fallen die Elektronen wieder in ihren Grundzustand zurück und geben die überschüssige Energie wieder in Form von Photonen ab. Da ist nichts geheimnisvolles mehr drann und der Prozess ist gut verstanden. Und soviel ich weiß, hat man auch bei experimentell erzeugter Antimaterie, in der Positronen anstelle von Elektronen rund um den Antikern kreisen, genau dieselben Photonenereignisse beobachtet.

  5. Oder so: Bei der Dunklen Materie handelt es sich um Teilchen, die Gravitation ausüben, jedoch keine (für uns sichtbaren) Photonen aussenden.

    Du hast da einen Irrtum. Atome senden von sich aus überhaupt keine Photonen aus. Das Photon existiert schon. Es wird von einem Elektron in der Elektronenhülle ‚geschluckt‘, woraufhin dieses Elektron in der Elektronenhülle einen ‚Sprung‘ macht und nach einer gewissen Zeit entledigt sich das Elektron wieder dieser überschüssigen Energie, in dem es wieder ein Photon abstrahlt oder aber, wenn dieses Entledigen in mehreren Stufen passiert, dann eben mehrere Photonen abstrahlt.

    1. Es gibt schon Theorien, was die WIMPs sein können. Z.B. könnte ein Neutralino die Rolle der DM spielen. Das ist ein hypothetisches Teilchen aus der Supersymmetrie-Erweiterung des Standardmodells. Ich hab mal nen Artikel über die Suche nach DM am LHC geschrieben – aber weil das Internet hier so mies ist, kann ich grad nicht suchen. Ich bin aber sicher, er lässt sich finden.

  6. Ich bin etwas verwirrt ob der Tatsache, dass man die Quarks über Fermion, Boson, Baryon und Lepton theoretisch entschlüsselt hat

    Das liegt daran, dass man all diese Teilchen hier auf der Erde leicht findet. Nimm eine dünne Goldfolie, bombardier sie mit Elektronen und sieh dir an, wie und in welche Richtungen die Elektronen durch die Goldfolie durchrauschen. Die meisten gehen ungehindert durch, lediglich ein paar werden in andere Richtungen abgelenkt. Daraus kann man eine Idee entwickeln, was das sein könnte und die mit weiteren Experimenten weiter abtesten und klären.

    , man jedoch offenbar keine spruchreife Theorie darüber hat WAS die DM eigentlich ist…

    Besorge Kilo dunkle Materie und du wirst sehen wie schnell man das entschlüsselt hat.

    Aber speziell aus deinem letzten Satz scheint etwas herauszuleuchten: Nämlich die Vorstellung, dass Naturwissenschaften so funktionieren, dass man heute etwas beobachtet, worauf man sich erst mal keinen Reim machen kann und morgen schon hat jemand eine Theorie dazu, die auch richtig ist. So hat Naturwissenschaft nie funktionieren, sie funktioniert sie nicht und so wird sie auch nie funktionieren. Durch die Masse der Forscher gehen heute viele Dinge etwas schneller, denn bei 50000 Personen ist es wahrscheinlicher, dass einer eine zündende Idee hat. Aber als in früherer Zeit es europaweit nur wenige Forscher gab, war es nicht ungewöhnlich, dass diese 10 Jahre an einem Problem gesessen sind, welches uns heute als banale Zink-Kohle Batterie in jedem Supermarkt entgegenblickt.

  7. Ich merke gerade, dass ich im letzten Posting beide Gedankengänge vorzeitig ‚abgewürgt‘ habe.
    Zum ersten Punkt:
    Genau dasselbe macht man heute auch mit Teilchenbeschleunigern. Man bombardiert ein Ziel und sieht sich an, welche Bruchstücke in welchen Richtungen davonstieben. Aber: Man hat die ‚Bomben‘ und man hat das ‚Ziel‘ als reales Objekt vorliegen, sperrt es in den Beschleuniger und macht Versuch um Versuch.

    Bei der DM hat man aber nichts ausser der Beobachtung, dass es sie da draussen wohl gibt und dass es sie hier auf der Erde nicht in nennenswerten Massen geben kann, denn sonst hätten wir sie schon bemerkt.

    Zum zweiten Punkt:
    Der springende Punkt ist: Das ist alles noch viel zu neu. Das dauert sicherlich noch eine Zeit lang, bis jemand eine Idee hat, bis man Ideen hat, wie man die Idee überprüfen kann und wie man abklären kann, welche der Ideen, wenn überhaupt, die richtige sein könnte. Die Tatsache, dass sich die DM nur da draussen im All auf unvorstellbar großen Skalen zeigt, macht die Sache dabei nicht leichter.

  8. Danke! Sehr interessant. Aber dass die DM Photonen auf eine Weise anregt (oder in einem Frequenzspektrum), welche/s wir noch nicht kennen (oder sehen können), kann nicht sein? Wenn DM Elektronen hätte, würden wir die entsprechenden Photonen in jedem Fall 100%ig leuchten (oder strahlen) sehen (bzw. messen können)? Bei Wikipedia steht: „Photonen haben eine unendliche natürliche Lebensdauer, können aber bei einer Vielzahl physikalischer Prozesse erzeugt oder vernichtet werden.“ Vielleicht kennen wir noch nicht alle Prozesse, welche die Photonen von der DM zu uns unterwegs vernichten. Ist mir schon klar, dass ich hier wahrscheinlich Hypothesen anreisse, welche die Wissenschaft längst widerlegt hat…

  9. Bei der DM hat man aber nichts ausser der Beobachtung, dass es sie da draussen wohl gibt und dass es sie hier auf der Erde nicht in nennenswerten Massen geben kann, denn sonst hätten wir sie schon bemerkt.

    Gibt es eigentlich schon Abschätzungen darüber, wieviel Dunkle Materie es auf der Erde geben könnte? Wenn ich es richtig verstanden habe, klumpt die sich ja irgendwie gravitativ zusammen. Oder kann man darüber bisher nur spekulieren?

  10. Aber dass die DM Photonen auf eine Weise anregt (oder in einem Frequenzspektrum), welche/s wir noch nicht kennen (oder sehen können), kann nicht sein?

    Dem steht ein fundamentales Naturgesetz entgegen. Der Satz von der Erhaltung der Energie. Photonen sind sehr einfache Teilchen. Ihr ganzes Leben dreht sich um die Energie, die sie mit sich tragen (ja, ich ignoriere jetzt mal den ganzen Kram um Teilchen/Welle Dualismus. Der hat damit nix zu tun). Nimmt ein Elektron ein Photon auf, dann verleibt es sich seine Energie ein. Strahlt das Elektron wieder ein oder mehrere Photonen ab, so kann da in Summe nicht mehr oder weniger Energie rauskommen.

    können aber bei einer Vielzahl physikalischer Prozesse erzeugt oder vernichtet werden.

    Ja. Aber wir reden da von Materie, die einfach so im All rumlungert. Klar entstehen Photonen auch bei diversen Prozessen auf der Ebene der Einzelteilchen. Aber die Frage war ja, ob es sich bei DM um Elemente des Periodensystems handelt, die wir noch nicht kennen. Und da gibt es nur 2 Möglichkeiten. Entweder das Photon entsteht wenn ein Atomkern zerfällt, oder aber das Photon wurde von einem Elektron der Hülle aufgenommen und wieder abgestrahlt. Selbst wenn dort Atomsorten rumlungern, die wir nicht kennen, ihre Elektronenhüllen ‚arbeiten‘ nach gut verstandenen Prinzipien und würden andere Photonen nach genau diesen Prinzipien manipulieren. Und das würden wir sehen können. Daher können das keine Atome sein, die wir nur noch nicht im Periodensystem gefunden haben.

  11. Vielleicht kennen wir noch nicht alle Prozesse, welche die Photonen von der DM zu uns unterwegs vernichten.

    Ziemlich unwahrscheinlich, dass es in jeder Richtung von uns aus gesehen einen derartigen Prozess gibt, so dass wir von den Photonen nichts mitkriegen, dass es auch sonst keine wie auch immer gearteten Beobachtungen gibt, wir zwar die Photonen sehen können, die von noch weiter dahinter kommen und das ganze auch noch sich so darstellt, dass diese DM rund 80% der Masse des bekannten Universums ausmacht.

  12. Hochinterresantes Thema wie ich finde. Wäre es eigentlich denkbar, dass sich so viel dunkle Materie in einem Stern sammelt, dass nach dessen Ende ein schwarzes Loch aus dunkler Materie entsteht? Wie würde sich dieses dann im Vergleich mit den beobachtbaren „normalen“ schwarzen Löchern darstellen?
    Nehmen schwarze Löcher auch dunkle Materie auf und müsste dies nicht anhand von Strahlungsausbrüchen beobachtbar sein?

    1. @Detlef: „Wäre es eigentlich denkbar, dass sich so viel dunkle Materie in einem Stern sammelt, dass nach dessen Ende ein schwarzes Loch aus dunkler Materie entsteht?“

      Kann ich mir nicht vorstellen. Da bräuchte es schon ordentlich viel DM. Und die klumpt ja eher nicht zusammen und bleibt lieber verteilt.

  13. Wenn ich es richtig verstanden habe, klumpt die sich ja irgendwie gravitativ zusammen.

    Allerdings auf Größenskalen, dagegen ist das Sonnensystem ein Zniachtl. (bitte danach googen. Für diesen österr. Ausdruck gibt es m.W. keine hochdeutsche Entsprechung)

  14. keine hochdeutsche Entsprechung

    ..aber eine Hilfestellung, Kallewirsch.

    Schönen Dank für den Tipp, Homernichtschonwieder, ist bereits unterwegs. Für die Nichtsauger die nächsten Wiederholungstermine:

    Donnerstag, 27. Dezember 2012, 13:25
    Samstag, 5. Januar 2013, 11:25

  15. Zniachtl. (bitte danach googen. Für diesen österr. Ausdruck gibt es m.W. keine hochdeutsche Entsprechung)

    Moinsen, dat heff ik noch nicht hört!
    (Bitte bei Bedarf auch googeln 😉 )

  16. @Stephan

    Herzlichen Dank, für diese “einleuchtenden” Erklärungen

    Gerne. Für einen Chemiker sind das wichtige Dinge, denn genau das ist es, was Farbstoffe oder auch Fluoreszenz ausmacht: Die Interaktion von Photonen mit der Elektronenhülle eines Atoms bzw. der Elektronenverteilung rund um ein Atom. Genau das steckt letzten Endes hinter all den bunten Stoffen bzw. den Farben mit denen sie gefärbt wurden.

  17. @Florian

    Wenn nun also haufenweise WIMPs durch einen Stern sausen, können ein paar davon mit Atomen im Sternplasma kollidieren und abgebremst werden. Dadurch kann der Stern die dunkle Materie einfangen und das verändert die Art und Weise, wie ein Stern funktioniert. Ein Stern könnte zum Beispiel einen Kern aus dunkler Materie haben.

    Zu was für Teilchen sollen die WIMPS denn reagieren, wenn sie im Sternplasma auf ein Teilchen stoßen und warum sollte dieses neue Teilchen zum Kern des Sterns wandern?

    1. @Alderamin: „Zu was für Teilchen sollen die WIMPS denn reagieren, wenn sie im Sternplasma auf ein Teilchen stoßen und warum sollte dieses neue Teilchen zum Kern des Sterns wandern?“

      Ich hab nicht gesagt, dass die WIMPs sich umwandeln. Die bleiben WIMPs. Und ich nehm an, dass die bevorzugt im Kern sind, weil dort die Dichte und Chance auf Kollision am größten ist. Im verlinkten Artikel vom letzten Jahr zum Thema sollte mehr stehen; da ist auch ein Link zum paper.

  18. @Alderamin: Darf ich laienhaft laut denken: Da WIMPs offenkundig gravitative Kräfte enfalten, könnte es doch auch sein, dass sie auch auf Gravitation (eines Sterns) ansprechen?

  19. Darf ich laienhaft laut denken: Da WIMPs offenkundig gravitative Kräfte enfalten, könnte es doch auch sein, dass sie auch auf Gravitation (eines Sterns) ansprechen?

    Das gilt aber auch zb für Neutrinos. Und soweit wir wissen, hat die Sonne keinen Neutrino-Kern.

    Ich denke, man muss sich etwas vor Augen halten.
    Gravitation spielt auf großen Größenskalen eine Rolle. Bei einer Gasmenge in der Größe unserer Sonne, ist Gravitation eine wichtige Zutat. Bei 3 Liter Gas in einem Ballon, ist aber der gravitative Einfluss der einzelnen Gasmoleküle untereinander komplett zu vernachlässigen. Bei Teilchen-Teilchen Reaktion ist Gravitation ‚als Kraft‘ vollkommen uninteressant. In diesem Bereichen wirken die anderen Fundamentalkräfte und Gravitation ist völlig unter ‚ferner liefen‘. Unsere normale Materie hält nicht dadurch zusammen, dass sie gravitativ gebunden ist.

  20. @Stephan

    Na ja, normalerweise würde so ein WIMP ja einfach ungebremst durch die Sonne durchfliegen. Nur manchmal kollidiert eines mit einem Atomkern und dann entsteht irgend ein normales Teilchen, das in dem Sternenplasma stecken bleibt. Deswegen sollte es zunächst mal an dieser Stelle bleiben. Wenn es sich um schwere, langlebige Teilchen handeln würde, dann könnten diese mit der Zeit nach innen sinken, aber nur, wenn der Stern Konvektion bis zum Kern hat. Deswegen die Frage, was da eigentlich für Teilchen erwartet werden.

    Oder hat der Kern einfach eine höhere Wahrscheinlichkeit, DM-Teilchen einzufangen, weil der Druck dort höher ist?

  21. Irgendwie surreal wie angeblich die Dunkle Energie das Universum beschleunigt aufbläht, achja und den Unterschied zwischen Dunkler Materie und Dunkler Energie der entfällt mir immer… (darf man denn beides getrennt betrachten?, sind diese denn nicht die 2 Seiten einer Münze?… untrennbar verbunden)

    Zitat von Karl273: (langjähriger ORF – Wissenschaftsveteran, Denker und Privatforscher)

    Nach Einsteins Äquivalenz-Prinzip entsprechen die Gravitation und die Beschleunigung einander.
    Das ist kein Wunder, denn es gibt nur die Beschleunigung.
    Tatsächlich dehnt sich das Universum so schnell und so beschleunigt aus, dass sich die Erdoberfläche mit 9,81 m/s² vom Erdmittelpunkt entfernt.

    Quelle: Einsteins größte Eselei (Die Dunkle Energie bleibt ein Mysterium)

    hm, dann erreichen wir doch irgendwann auf der Erdoberfläche, mit der zunehmenden Expansionsgeschwindigkeit unweigerlich auch die Lichtgeschwindigkeit (vielleicht sogar ohne das wir dies merken, oder?)

    oh, überdies wäre es erheiternd wenn z.B. H. Moray mit seinem radioaktiven Germaniumdetektor bereits WIMPs detektiert hätte, und evtl. sogar synchronisiert mit der expansiven Dunklen Energie… naja nur mal so eine surreale Idee… 🙂

  22. @Rolf: keine Ahnung, wieso 🙂
    Der Äther sollte ja das Trägermedium der elektromagnetischen Strahlung sein. Dunkle Materie passt da genau gar nicht.

  23. Gibt es eigentlich noch einigermaßen plausible alternativ Erklärungen für das Phänomen?
    Also ich meine ich verstehe warum die DM die bevorzugte Erklärung ist, und das z.B. MOND irgendwo gewaltige Probleme hatte. Aber gibt es noch andere Ansätze die nicht völlig unwissenschafftlich sind?

  24. @Alderamin:

    „Oder hat der Kern einfach eine höhere Wahrscheinlichkeit, DM-Teilchen einzufangen, weil der Druck dort höher ist?“

    Jep. Stichwort Wirkungsquerschnitt (hatte Florian ja im Artikel schon erwähnt).
    Der Wirkungsquerschnitt ist eine virtuelle Grösse, quasi eine um ein Teilchen gedachte Kugel, die um so grösser ist, je wahrscheinlicher es ist, dass dieses Teilchen mit anderen Teilchen denen es nahe kommt wechselwirkt.
    Stell dir jetzt einfach WIMPs mit einem gegebenen WQ X vor. Wenn die irgendwo durchfliegen ist es umso wahrscheinlicher das sie wechselwirken je dichter die Teilchen gedrängt sind durch die sie durchfliegen. Höherer Druck -> höhere Dichte -> umso mehr Peng.

    Und ähem @Beobachter:
    „Das ist kein Wunder, denn es gibt nur die Beschleunigung.
    Tatsächlich dehnt sich das Universum so schnell und so beschleunigt aus, dass sich die Erdoberfläche mit 9,81 m/s² vom Erdmittelpunkt entfernt.“

    Wieviel Blödsinn man in einem Satz unterbringen kann finde ich immer wieder faszinierend …
    Einsteins Äquivalenzprinzip hat genau gar nichts mit der Ausdehnung des Universums zu tun. Und die Erdbeschleunigung kommt da auch nicht von …
    Da sich der _Raum_ selbst ausdehnt, kann da keine für uns wahrnehmbare Beschleunigung entstehen.
    Herr Karldingens hat da ein paar fundamentale Prinzipien nicht verstanden.

  25. PDP10: gut, aber nach Deiner Aussage müsste sich logischerweise auch der Raum innerhalb der Atome und Moleküle, ja sogar bis hinab zu den kleinsten Teilchen (den Quarks?) im gleichen Verhältnis ausbreiten… denn nur dann würde man nichts merken… (wir als biologische Entität wachsen dann in allen Raumrichtungen mit, oder?)… aber in welchen Dimensionen (kleiner od. grösser als die Quarks?) stehen da die Higgs – Teilchen und dann natürlich auch die Dunkle Materie selbst, wobei letzteres sich eher nicht so gleichmässig verteilt, trotz der treibenden Kraft der Dunklen Energie…

    äh und wann hören dann die Bindungskräfte zwischen den was auch immer auf?…

  26. # Stephan und #Tina: Kallewirsch hat ja schon sehr ausführlich geantwortet, aber vielleicht noch ein paar Sätze:
    Im Elektromagnetischen Spektrum gibt es keine unbekannten Lücken für Photonen von DM. Dunkle Materie MUSS daher elektromagnetisch inaktiv und darf nicht aus Protonen/ Elektronen bestehen, sonst hätte man sie „gesehen“. Daher auch der Arbeitsbegriff, der zusammenfasst, was man sicher weiß: WIMP Weakly Interacting Massive Particles. Schwach (also nicht elektromagnetisch) wechselwirkende massehaltige Teilchen. Und man ist inzwischen ziemlich sicher, dass es Teilchen sein müssen, weil das alternative Erklärungsmodell, bei der das Gravitationsgesetz geändert wird, verschiedene Beobachtungen nicht erklären kann. Aber endgültig ist das noch nicht entschieden. Es könnte auch herauskommen, dass der beobachtete Effekt der DM sowohl von Wimps als auch von einer modifizierten Gravitation herrührt.

  27. @Beobachter
    Der Raum zwischen den Atombausteinen mag sich ausdehnen – da aber die Elektronen und Atomkerne sich nachwie vor anziehen, ändern sie ihren Abstand zueinander nicht, sondern bwegen sich einfach durch den neu entstandenen Raum wieder aufeinander zu, bis sie ihren Gleichgewichtsabstand erreicht haben.

  28. @schak
    Soweit ich weiß wirkt da dann die Gravitation entgegen. So richtig auffallen tut das erst zwischen den Galaxien, wo einfach keine Kraft groß genug ist, das ganze zusammen zu halten.

    BTW darf ich noch mal an meine Frage erinnern?

  29. Wahrscheinlich hab ich Blödsinn gerechnet, aber wenn ich die Hubble-Konstante, also die Ausdehnung des Weltalls, auf die Mondbahn anwende, dann komm ich auf eine Zunahme der Entfernung zum Mond von 2,95cm/Jahr. Messungen geben (lt. Wikipedia) 3,8cm/Jahr. Okay, erklärt wird das durch Drehimpuls. Aber könnte es nicht sein, dass die Raumdehnung einen Teil dieser Zunahme, eben diese 2,95cm/Jahr ausmacht?

  30. Aber könnte es nicht sein, dass die Raumdehnung einen Teil dieser Zunahme, eben diese 2,95cm/Jahr ausmacht?

    Hmm. Ich bin mal so frei und übernehme deine Daten auf eine andere Situation. Die Erde.
    Der Mond ist von uns grob 380000km entfernt. D.h. wenn wir dieselbe Raumausdehnung mal auf die Erdbahn umlege (150Mio km), dann komme ich drauf, dass wir uns aufgrund der Raumausdehnung jedes Jahr rund 11.6Meter von der Sonne entfernen. (150000 * 0.0295 / 380). Nun kreist die Erde aber schon eine ganze Zeit lang um die Sonne. 4-5Milliarden Jahre. Nehmen wir der Einfachheit halber mal an, dass die Erde an derselben Position wie die Sonne entstanden wäre. Wie weit hätte uns dann die Raumausdehnung in dieser Zeit von der Sonne entfernt? 4.5Mia Jahre * 11 Meter, macht 52 Milliarden Kilometer. Gut, ich hab jetzt nur überschlagsmässig gerechnet und die Entfernungszunahme basierend auf der heutigen Distanz in Metern ausgedrückt, näher an der Sonne wäre das selbstverständlich geringer. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Erde auch in grauer Vorzeit nicht sehr weit von ihrer heutigen Bahn entfernt entstanden sein kann, denn sonst wären wir aus dem Lebensgürtel draussen und es hätte nie flüssiges Wasser gegeben.
    Wenn also deine Rechnung so stimmen würde, bzw. die Raumausdehnung so anwendbar wäre, dann wären wir heute mit der Erde irgendwo (Moment: Jupiter hat 780Mio km Abstand, Uranus 2.8 Mia, Neptun 4.5Mia, ..) …. irgendwo im Kuiper Gürtel. Erspar mir das Umrechnen in AE, man sieht auch so, dass diese Rechnung nicht stimmen kann.

  31. 4.5Mia Jahre * 11 Meter, macht 52 Milliarden Kilometer

    Ach MIst. Jetzt hab ich alles 3 mal im Taschenrechner gerechnet und dann passiert mir so ein läppischer Meter-Kilometer Fehler. OK. Kommando retour. Es sind 52 Mia Meter, oder 52 Mio Kilometer. Das ist immerhin noch 1/3 der heutigen Sonnenentfernung und damit hast du ein Problem zu erklären, wie sich Leben entwickeln konnte auf einem Planeten der zu dicht an der Sonne ist, um in der habitablen Zone zu sein.

  32. @Kallewirsch, Wurgl: Ich möchte auf einen prinzipiellen Fehler in euren Rechnungen hinweisen. Wenn ich eure Argumentationen richtig verstanden habe geht ihr von einer konstanten Entfernungszunahme aus. Das ist aber falsch. Konstant wäre die „Beschleunigung“ (Ich weiß ist keine Beschleunigung aber das ausrechnen der Entfernung bleibt gleich). Einfacher Grund: Wenn ich größere Distanz habe entsteht durch die Ausdehnung auch mehr Raum zwischen den Körpern und dies resultiert in einer scheinbaren Beschleunigung. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Dunklen Energie die beschleunigt die Raumausdehnung selbst. Das heißt, auf der selben Strecke entsteht immer mehr Raum oder anders gesagt die Hubblekonstante wächst mit der Zeit. Da ich zu faul bin und zu wenig Zeit habe das selber zu rechnen verbleibe ich mit dieser Ausführung.

    @All: Ich hoffe ich habe jetzt nichts falsches erzählt bin leider nur Physiklaie und bitte gegebenenfalls um Berichtigung.

  33. @Kallewirsch

    Es gibt ja einen Skalenfaktor in der Kosmologie, der lautet a= H'(t)/H(t) = 1/(1+z). H(t) = Hubble-Parameter zur Zeit t, H'(t) = dH(t)/dt Ableitung des Hubble-Parameters nach der Zeit, z = Rotverschiebung.

    Der gibt an, um welchen Faktor eine gewisse Strecke zur Zeit t, gemessen an der heutigen Größe, vergrößert oder verkleinert sein sollte (beobachtbar in entsprechender Rotverschiebung z). Wenn man 4,5 Milliarden Jahre zurück zu Grunde legt und sich den Cosmological Distance Calculator hernimmt, dann kommt man mit ein bisschen Probieren auf ein z von 0,435 und somit einen Skalenfaktor von 1/1,435 = 0,697. Als das Sonnensystem entstanden war, sollte also eigentlich der Abstand der Erde zur Sonne nur knapp 70% des heutigen Werts betragen haben.

    Das wäre der Fall, wenn die Expansion des Weltalls die Erde von der Sonne wegtragen würde. Das tut sie aber offenbar nicht. Die einfache Erklärung ist, dass gravitativ gebundene Objekte an der Expansion nicht teilnehmen, genau so wenig wie die Elektronenbahnen um die Atome. Diese Erklärung ist aber nicht leicht nachvollziehbar, weil sich ja auch ferne Galaxien ein klein wenig anziehen. Wo soll dann die Grenze zwischen „gebunden“ und „nicht gebunden“ liegen?

    Florian hatte irgendwann mal zu dieser Frage ein Paper zur kosmischen Expansion des Sonnensystems verlinkt und da kam man unter gewissen Annahmen (die keineswegs bestätigt sind, wenn ich mich an Kommentare von Niels richtig erinnere) zu sehr kleinen Werten. Wir hatten damals darüber diskutiert. Man müsste mal googeln, wann das war, ist vielliecht ein Jahr her oder so.

    So richtig klar ist mir der Sachverhalt nicht, aber gravitativ gebundene Objekte spüren anscheinend keinerlei auseinandertreibende Kraft sondern „gleiten“ gewissermaßen über die kosmologische Expansion des Raums hinweg. Bei Elektronen mit ihren Orbitalen verstehe ich das sofort, die können gar nicht anders, weil sie sich nicht überall aufhalten dürfen. Bei Massen ist die Sache schwieriger nachzuvollziehen.

  34. Nur kurz zum Thema „Leben entstanden“ und den 70% Abstand. Es gibt ja auch Leute, die fragen sich warum denn diese in jungen Jahren leuchtschwächere Sonne unsere Erde genügend erwärmt hat um Leben entstehen zu lassen.

    Aber was solls. Die Entfernung zum Mond kann jedenfalls dank Apollo und dem dort hinterlassenem Laserreflektor sehr genau gemessen werden. Und daher hab ich diesen Abstand genommen und nicht den zur Sonne. Dort wäre (falls es ihn gäbe) der Effekt zwar größer (ca. 385 mal), aber wo beginnt ein Gasball? Da ist möglicherweise der Messfehler größer als der Effekt.

    @Alderamin: Elektronen sind kein Thema. Da ist mir auch alles klar. Aber die andere Diskussion würde ich gerne nachlesen.

  35. [blockquote]Das ist kein Wunder, denn es gibt nur die Beschleunigung.
    Tatsächlich dehnt sich das Universum so schnell und so beschleunigt aus, dass sich die Erdoberfläche mit 9,81 m/s² vom Erdmittelpunkt entfernt.[/blockquote]

    Nehmen wir das mal als Hypothese. Was würde daraus folgen?

    – Auf der Erdoberfläche spüren wir eine Beschleunigung von 9.81 m/s^2 – passt.

    – Die Fallbeschleunigung ist überall auf der Erde gleich oder die Erde beult aus – passt nicht.

    3. Die Erdanziehung hängt nicht vom Abstand zur Erde ab. Passt nicht.

    Die Hypothese kann man also getrost verwerfen.

    [quote]Nach Einsteins Äquivalenz-Prinzip entsprechen die Gravitation und die Beschleunigung einander[/quote]
    Das stimmt so nicht ganz. Nach dem Äquivalenzprinzip ist eine Beschleunigung nicht von einem homogenen, d.h. überall gleichartigen, Gravitationsfeld zu unterscheiden. So etwas gibt es aber nicht, und gerade das macht die Gravitation „besonders“.

  36. @Wurgl

    Nee, die Entfernung des Mondes von der Erde ist ja schon durch die Drehimpulserhaltung erklärt. Die Erde dreht sich wegen der Gezeitenreibung von Ebbe und Flut langsamer (deshalb gibt es Schaltsekunden), also muss sich der Mond schneller bewegen. Schneller heißt, die Bahn wird höher, der Mond entfernt sich. Und so kommt man schon auf die gemessene Entfernugnszunahme.

    Den Thread habe ich gefunden, siehe hier:
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/01/03/die-rotverschiebung-und-die-vielen-entfernungen-der-kosmologie/

    Such mal nach meinem Post der anfängt mit „Was ist denn der Faden?“ und dann folgende.

  37. Für mich ist „Dunkle Materie“ einfach nur eine Bezeichnung für ein bislang unverstandenes Phänomen. Ich mag den Begriff eigentlich nicht besonders, weil es eben keine Materie im herkömmlichen Sinn sein kann.

    Andere Idee: seit Einstein wissen wir ja, daß „Gravitation“ einfach nur eine andere Betrachtungsweise für „Raumzeitkrümmung“ ist. Wir wissen daß Masse den Raum (zusätzlich) krümmt. Wir wissen aber nicht (sondern nehmen lediglich an) daß der Raum ansonsten flach ist. Man könnte statt „dunkler Materie“ genausogut annhemen, daß der Raum auch ohne Anwesenheit von Masse an manchen Stellen gekrümmt ist.

    Und dann würde sich auch die Frage nach der Kausalität stellen: verursacht die Anwesenheit von Materie die Raumkrümmung oder ist nicht vielleicht die Raumkrümmung die Ursache für die Ansammlung der Materie?

    Man merkt vielleicht, daß ich Brian Greene’s „Der Stoff aus dem der Kosmos ist“ lese. Die grundsätzliche Natur des Raums scheint durchaus noch einige Überraschungen bereitzuhalten…

  38. Nur kurz zum Thema “Leben entstanden” und den 70% Abstand. Es gibt ja auch Leute, die fragen sich warum denn diese in jungen Jahren leuchtschwächere Sonne unsere Erde genügend erwärmt hat um Leben entstehen zu lassen.

    ‚Früher‘ war aber auch nachweislich mehr CO2 in der Atmosphäre, so dass sich die Erde durch den Treibhauseffekt aufgeheizt hat. Die Atmosphäre die wir heute haben, den Sauerstoff den wir heute atmen, den haben ja erst die ersten Algen in den Meeren erzeugt bzw. freigesetzt.

    Aber was solls. Die Entfernung zum Mond kann jedenfalls dank Apollo und dem dort hinterlassenem Laserreflektor sehr genau gemessen werden. Und daher hab ich diesen Abstand genommen und nicht den zur Sonne. Dort wäre (falls es ihn gäbe) der Effekt zwar größer (ca. 385 mal), aber wo beginnt ein Gasball? Da ist möglicherweise der Messfehler größer als der Effekt.

    Mir gings ja auch nur um eine Abschätzung davon, wo die Erde wohl heute wäre, wenn die Erdbahn die Raumexpansion mitmachen würde. Eines dürfte klar sein: Die Erdbahn darf in der langen Zeit nie den Bereich verlassen, in dem die Distanz flüssiges Wasser zulässt. Damit ist eine innere Grenze gesteckt, so dass wir nicht näher an der Sonne sein dürfen. Damit ist aber auch eine äussere Grenze gesteckt, ob die wir nicht rausdürfen. Wenn sich dann rausstellt, dass die Expansion in diesem Zeitraum (zumindest in dem Zeitraum von dem wir wissen, dass es Leben gab, daher also flüssiges Wasser vorhanden gewesen sein muss) größer wäre lals es dieser Bereich zulässt, dann kann die Expansion des Raumes daher keinen Effekt auf die Erdbahn haben. Was aber für die Erde gilt, muss auch für den Mond gelten.

    Ich binn jetzt nicht 100% sicher, aber meines Wissens ist die Mondbahn bzw. die Umkehrung des Effekts auf die Erdrotation ziemlich gut verstanden und da gibt es keine offenen Punkte in dem Sinne, dass ein signifikanter Beitrag keine Erklärung innerhalb des Systems Erde-Mond-Sonne-restliche Planeten hätte.

  39. @XL
    Wie ist der Begriff Materie denn definiert?
    Materie (von lat. materia = Stoff) ist eine Sammelbezeichnung für alle Beobachtungsgegenstände der Naturwissenschaften, die Masse besitzen.

    In diesem Sinne finde ich die bezeichnung dunkle Materie ziemlich passend.

    [quote]Andere Idee: seit Einstein wissen wir ja, daß “Gravitation” einfach nur eine andere Betrachtungsweise für “Raumzeitkrümmung” ist. Wir wissen daß Masse den Raum (zusätzlich) krümmt. Wir wissen aber nicht (sondern nehmen lediglich an) daß der Raum ansonsten flach ist. Man könnte statt “dunkler Materie” genausogut annhemen, daß der Raum auch ohne Anwesenheit von Masse an manchen Stellen gekrümmt ist.[/quote]

    Nein, in der ART gibt es eine Gleichung, welche die Raumkrümmung mit dem Energie-Impuls Tensor verknüpft. Also links steht ein Term der etwas mit der Krümmung des Raumes zu tun hat, und rechts ein Term wo drinsteht was im Raum ist. Wenn der leere Raum ebenfalls gekrümmt wäre, wäre das eine neue Theorie. Die müsste man dann aber erst mal formulieren, was imho nicht konsistent möglich wäre. Bin aber kein Experte in ART.

  40. Hmm – also würde sich die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons in einem Raumgebiet ändern, da sich die Position eines Raumgebietes selbst ja gegenüber seiner ursprünglichen Position ändert durch „neu eingebrachten“ Raum( der Begriff Raumdehnung/ Dehnung des Raumes trifft es ja nicht , da ja nicht der Raum gedehnt wird sondern sich der verfügbare Raum eher „vermehrt“ -oder?)? Würde da nicht u.U. das quantenmechanische „Zittern“ eines Atomkerns ( interessant auch bei H) dann nicht auch (teilweise) durch „Raum(und Zeit?) kam im Kern hinzu und die Kernbestandteile „schwingen “ zurück“ erklärt werden?
    Bezüglich den gravitativ gebundenen Massen: Wie verhält es sich denn mit den Tangentialgeschwindigkeiten? Permanentes Abbremsen vs. Entfernungszunahme gegenüber Rotationszentren? – ähnlich zu dem 70% Abstand der Erde zur Sonne – warum fliegt da nicht einfach alles auseinander, oder sind die Effekte unterhalb einer „Rauschgrenze“?
    Etwas Spekulatives: Gravitativ wirkende Massen „generieren“ eine „positive“ Raumkrümmung
    – die Geometrie des Universums erscheint flach und der Effekt der Raumexpansion ist (besonders) ersichtlich wo keine positiv-raumkrümmende Massen (feststellbar) sind(?)…
    …strebt „der Raum“ danach sich „negativ“ zu krümmen und die Raumexpansion(= „Effekt der Dunklen Energie“) ist der „Gegendruck“ des Multiversums/Brane gegen dieses „sich Krümmen“?
    Nun ja – halb(- verbunden über mGT -) OT diese Raumexpansion und DM … wie ist eigentlich der aktuelle Stand zu Dark energy as space-time curvature induced by quantum vacuum fluctuations ?

  41. NiklasKoppernigk
    Frauenburg
    18. Dezember 2012

    Bin neu hier. Sie haben mich gerufen. Womit kann ich dienen ?

    Oh! Niklas schaffe uns doch die ganzen spukhaften
    Theorien der Kosmologie vom Hals, wie du es mit deinem Kopernikanischem System geschafft hast.
    Dein Freund Bernhard

  42. Hängt die Zeit bis ein Stern genug davon eingesammelt hat um diese Effekte zu zeigen nicht auch davon ab wie dicht die Dunkle Materie in der Region ist in der sich der Stern bewegt?
    Das würde doch bei dem Diagram im Artikel zu zeimlichen Unegnauigkeiten führen. Oder versteh ich das Konzept falsch?

    Und warum eigentlich genau diese drei Sterne? Was macht die zu besonders interessanten Zielen für solche Messungen?

    1. @patec: „Und warum eigentlich genau diese drei Sterne? Was macht die zu besonders interessanten Zielen für solche Messungen?“

      Die sind nah genug, um sie untersuchen zu können. Und man hat sie als Modellsterne genommen, weil man schauen wollte, wie sich die Effekte bei unterschiedlichen Massen auswirken.

  43. Herr Freistetter,
    halten Sie auf Vorträge in Jena für den interessierten Bürger? Ich lese sehr gerne diese interessanten Artikel auf Ihrer Seite und würde gerne mal eine längere Zeit etwas darüber hören.

    1. @Kevin: „halten Sie auf Vorträge in Jena für den interessierten Bürger? „

      Ich halte immer wieder mal Vorträge. Die werden dann auch hier im Blog angekündigt. In Jena steht derzeit nichts auf dem Programm.

  44. vielen dank für diesen artikel, höchst interessant. freut mich sehr, dass schon wenige tage nachdem ich in einem kommentar zu einem anderen artikel zwei aspekte angesprochen habe ich diese beiden aspekte , wenn auch in ganz anderem zusammenhang, prompt in einem neuen artikel angesprochen finde. kann doch kein zufall sein, oder? 🙂

  45. @Wurzelgnom:

    Jaja, immer diese oberflächlichen Artikel!
    Das ist wirlklich eine schwere Pest mit der wir Auskenner uns rumschlagen müssen! Liegt alles nur am Internet!
    Da kann jeder einfach so schreiben was er will!

    Also hätte ich diesen Artikel nicht gelesen, wüsste ich nicht einmal was ich dazu gelernt gehabt hätte können!

    Da ich diesen Artikel jetzt aber gelesen habe, weiss ich, was ich nicht dazu gelernt haben hätte können wenn ich den Artikel nicht gelesen hätte.

    Also anders als Sie.

  46. Thanks again Florian for your **very nice** post.

    @Detlef
    In some scenarios, we may expect black hole formation inside stars due to the accumulation of dark matter! But only for particular dark matter candidates (non self-annihilating) and for very dense stars such as neutron stars. The outcome would be the destruction of the neutron star. If interested, check this article: https://arxiv.org/abs/0709.1485 , or it may be easier to understand it in these posts:
    https://arstechnica.com/science/2012/07/neutron-stars-and-black-holes-illuminate-dark-matter/
    https://edgeofphysics.com/blog/of-black-holes-neutron-stars-and-dark-matter

    @Bjoern
    It’s not a stupid question! It is indeed easier to investigate the dark matter accumulated on the Sun than in other stars. See for instance this short summary on the topic:
    https://www.spaceref.com/news/viewpr.html?pid=31621

  47. Darf man mal spinnen? Denn würde unsere dreidimensionale Welt wirklich nur die dünne, äussere Membran einer mehrdimensionalen Welt sein, könnte die Gravitation von dem, was sich quasi „innen“ befindet, auch auf das Äussere wirken, ohne dass wir es jemals sehen oder finden könnten – und doch wäre es die ganze Zeit über da!

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