Gestern habe ich von meinem Besuch im „Erlebniszentrum Naturgewalten“ auf Sylt berichtet. Aber im Norden gibt es noch viel mehr zu sehen. Zum Beispiel in Flensburg:
Die Grenzstadt an der Ostsee hat nicht nur viel Wasser und Schiffe zu bieten. Sondern auch ein Science-Center: Die Phänomenta. Das musste ich mir natürlich ansehen.
Wie bei einem Science-Center zu erwarten, gibt es keine Schaukästen oder Infotafeln, sondern vor allem Experimente zum Selbermachen. Hier sollte man zum Beispiel beide Pendel im Gleichtakt schwingen lassen:
Alt, aber immer wieder beeindruckend finde ich das Fallbrett, mit dem die Trägheit der Massen demonstriert wird.
Und besonders cool war diese Riesenrohrpostanlange mit ihrem Blasebalg. Erstaunlich, wie schnell die Kapsel durch den Raum geflitzt ist!
Schön waren auch die Experimente zu den Klangfiguren von Chladni:
Den Bogen habe ich leider nicht komplett gebaut bekommen:
Beeindruckend war dieses Experiment, bei dem man die Kraft des Magnetismus sehen konnte. Dieses Podest schwebte, gehalten durch Magneten, in der Luft und tat das auch weiterhin, selbst wenn sich mehrere Personen darauf stellten:
Ein großes Welledings:
Ich mag ja das Chaos besonders gerne und fand daher das chaotische Pendel ziemlich cool:
Hier konnte man den Magnus-Effekt ausprobieren:
Statische Elektrizität:
Ein akustisches Memoryspiel:
Und immer wieder schön: Das schiefe Haus, mit einer ziemlich ungewöhnlichen Kugelbahn im Inneren:
Es gab dort noch viel mehr Experimente. Und sie waren wirklich gut umgesetzt und leicht zu bedienen. Allerdings fehlte mir ein bisschen weiterführende Information. Es wurde zwar erklärt, wie man die jeweiligen Phänomene erzeugt (Chladni-Figuren, statische Elektrizität, etc). Aber was man da eigentlich tut und warum die Dinge passieren, wird meistens nicht erklärt. Ob und was man aus diesen Experimenten lernen kann, hängt also davon ab, mit wem man die Ausstellung besucht. Als ich dort war, war zum Beispiel auch eine Schulklasse anwesend, die wild durch die Räume tobte und alle Knöpfe drückte, alle Hebel zog und alle Kurbeln drehte. Aber es war niemand dabei, der mit ihnen darüber sprach, was sie da eigentlich taten. In dem Fall ist das natürlich kein Fehler der Ausstellung, sondern des Lehrers. Die Phänomenta ist ein Ort mit coolen Experimenten an dem man viel lernen kann. Aber nur mit Anleitung. Wenn dort naturwissenschaftlich vorgebildete Eltern mit ihren Kindern unterwegs sind, können sie viel interessantes über Wissenschaft lernen. Ohne Ahnung von den physikalischen Grundlagen kann man auf jede Menge Knöpfe drücken und vermutlich auch viel Spaß haben. Aber abgesehen von „Wissenschaft ist, wenn man auf einen Knopf drückt und dann passiert etwas“ wird man nicht viel gelernt haben. Wenn die Phänomenta hier ein bisschen mehr Informationen zum Verständnis der Experimente zur Verfügung stellen würde, wäre das super.
Das merkt man besonders in der Abteilung für Mathematik. Dieses Teil hier war noch ziemlich einfach und cool. Man tippte eine Zahl ein und das Programm sagte einem, wie die Zahl heißt:
Aber dieser Tisch zur Kryptografie war selbst mir ein wenig zu hoch. Ohne Anleitung hätte man sich damit länger beschäftigen müssen, als man es in so einer Ausstellung tun will, um wirklich zu verstehen, worum es hier geht:
Der „Kuschelkubikmeter“ dagegen war wieder eine sehr nette und anschauliche Idee:
Mein Fazit: Eine super Ausstellung mit tollen und vor allem sehr vielen verschiedenen und originellen Experimenten. Aber um sie wirklich genießen zu können, sollte man Ahnung von Wissenschaft haben – oder entsprechende Anleitung.
In Flensburg kann man natürlich noch mehr Dinge machen. Zum Beispiel einen Spaziergang ins Königreich nebenan:
Ich hab mich dann aber doch wieder den Schiffen gewidmet. Immerhin hat Flensburg einen tollen Museumshafen.
Und ein eigenes Schifffahrtsmuseum:
Dort gab es – wenig überraschend – jede Menge Schiffe.
Ok – Modellschiffe und Schiffe allgemein haben mich noch nie so richtig interessiert. Die alten Seekarten waren da schon interessanter.
Sonderlich „interaktiv“ war das Museum nicht. Es gab vor allem haufenweise Dinge, die rumstanden und die man ansehen konnte. Wenn man sich für alte Technik interessiert, dann ist das sicher interessant. Mein Ding war es nicht so wirklich.
Da fand ich die Geschichte der Schifffahrt schon viel interessanter. Flensburg – das früher ja noch zu Dänemark gehörte – war ja immer ein wichtiger Hafen und am Handel mit Dänisch-Westindien beteiligt. Dort gab es vor allem Zuckerrohr, aus dem Rum gemacht wurde:
Wie damals auf den Inseln Saint Thomas, Saint John und Saint Croix Zuckerrohr gepflanzt, geerntet und verarbeitet wurde, konnte man in der Ausstellung gut nachvollziehen. Auch der Sklavenhandel wurde nicht ausgespart.
Besonders interessant fand ich die Bildergalerie, die zeigt, wie es heute auf den Inseln aussieht. Die gehören mittlerweile nicht mehr zu Dänemark sondern sind als Amerikanische Jungferninseln ein „nicht inkorporiertes Außengebiet der Vereinigten Staaten“.
Am besten hat mir die nachgebaute Fördefähre gefallen. Dort konnte man sich ein Hörspiel über die „Petuhtanten“ anhören. Das sind Damen der Flensburger Mittelschicht, die im 19. Jahrhundert ihre Freizeit damit verbrachten, mit einem Dauerticket („Partout-Ticket“) in den Passagierdampfern über die Flensburger Förde zu schippern, Kaffee zu trinken und zu plaudern. Nach ihnen ist der lokale Dialekt, das Flensburger Petuh benannt. Als halber Hamburger versteh ich zwar das Plattdeutsche so einigermaßen – aber Petuh war für mich dann doch meistens ziemlich unverständlich…
Das Schifffahrtsmuseum war durchaus interessant. Dafür, dass ich mich eigentlich nicht für Schiffe interessiere, war es doch sehr nett dort. Eben weil es nicht nur rein um Schiffe ging, sondern auch das, was man in Flensburg mit diesen Schiffen angestellt hat. Wenn man die Stadt besser verstehen will, dann sollte man das Museum auf jeden Fall besuchen!
Wie kann man sich nicht für Schiffe interessieren?… 😉
Nee, im Ernst, ich werde hier unten ganz neidisch ob Deiner Beschreibungen und mach mir auf jeden Fall zwei Notizen für „toVisits“, wenn ich mal wieder in den hohen Norden komme, hopefully mit den immer neugierigen Sprösslingen.
Danke – mal wieder!
Die Phänomenta kenn ich nicht, aber im Phaeno in Wolfsburg kann man das „wilde Knöpfedrücken“ auch beobachten. Zudem ist dort (fast) alles in einem großen Raum, so dass man alles gleichzeitig sieht und immer das Gefühl haben muss, dass das nächste Ausstellungsstück noch spannender ist. Als Erwachsener kann man dem vielleicht noch widerstehen, aber bei Kindern ist das anders.
Da ist mein Lieblings-Blogger in „meiner“ Stadt und ich weiß es nicht, schade, hätt‘ Dich gern auf Kaffee und Kuchen oder ’n Flens eingeladen(und den Eintritt in die Phäno hättest Du auch gespart). Aber Hauptsache Dir hat’s hier gefallen, Grüße aus Flensburg
@nordlicht: „Da ist mein Lieblings-Blogger in “meiner” Stadt und ich weiß es nicht, „
Naja, ich bin relativ spontan hingefahren. Aber ich komm sicher wieder. Vielleicht lädt mich ja auch mal ne Buchhandlung oder Bücherei aus der Region zur ner Lesung ein. Aber so oder so werde ich wieder kommen – ich mag den Norden (bin ja selbst ein halbes Nordlicht)
Slinky?
Klingt besser als Kolonie.
Ha, und beim nächsten Spontanbesuch kommst Du dann auch in Kiel vorbei, hier gibt`s zwar keine Phänomenta (da war ich auch schon, habe Familie in Flenseburg) aber viiiiiiiieeeel grössere Schiffe (HDW) – und ach ja, das RAD-Team (die haben ein Strahlungsmessgerät für Curiosity gebaut und wir waren beim live-Stream der Landung im Physikzentrum dabei)
Ok, in Sachen Sternwarte bist Du wahrscheinlich grösseres gewohnt, aber das Geomar ist auch nicht schlecht und hat oft spannende Ausstellungen 😉
Nein, im Ernst, Kiel ist ein Dorf, aber es ist toll!
Ahoi und danke für die schöne Fotostrecke!
Ps. in Sachen Knöpfchen-Drücken kann ich Dein Erlebnis auch voll bestätigen, auch mir hat damals in der Phänomenta weiterführende Info gefehlt, da ich auf dem ganzen Gebiet doch recht lückenhaftes Wissen habe.
So blieb es zwar „phänomenal“ aber etwas oberflächlich.
Aber dennoch – feine Einrichtung finde ich.
Kleine Korrektur: Petuh ist kein Dialekt sondern eine Sprache!
Soviel Zeit muss sein. 🙂
https://www.marinetraffic.com/ais/de/default.aspx
ais3.siitech.com/VTSLite/AView.aspx
Auf einem der Schiffe im Flensburger Hafen haben wir unter Segeln und auf See geheiratet, als es noch in Betrieb war (ist jetzt ein Schiffscafé und heißt »Störtebeker«, damals aber noch »Hordatrâl«). Und es musste Flensburg sein, weil meine Familie väterlicherseits von da stammt. 🙂