Vor einigen Wochen habe ich einen Artikel für das österreichische Magazin „Profil Wissen“ geschrieben. Unter dem Titel „Duell der Teleskope“ ist der Text kürzlich in der aktuellen Ausgabe (4/2012) erschienen. Ich erzähle darin von den beiden Weltraumteleskopen Kepler und CoRoT und probiere die Frage zu klären, warum man in den Medien oft von Kepler aber selten von CoRoT hört. Der Artikel endet mit den Worten:

‚Sowohl die Kepler- als auch die CoRoT-Mission wurden über ihre eigentliche Dauer hinaus verlängert. Beide werden den Himmel weiter beobachten und beide werden mit Sicherheit noch große Entdeckungen machen. „Es ist ein freundlicher Wettbewerb, in dem sich beide Missionen ergänzen und aufeinander aufbauen“, befindet Ludmila Carone. „Beide werden in die Geschichte eingehen.“‚

So wie es aussieht, könnte CoRoT nun aber schneller Geschichte sein, als den meisten Astronomen lieb ist. Denn das Teleskop funktioniert nicht mehr richtig.

Am 2. November gab es einen Computerfehler. Das Teleskop funktioniert noch. Es kann beobachten und gesteuert werden. Aber es ist nicht mehr möglich, auf die Beobachtungsdaten des Teleskops zuzugreifen. Fabienne Casoli, Direktorin für Weltraumwissenschaft und -erforschung bei der französischen Weltraumagentur CNES hält das Problem für ernst. Im Dezember wird man probieren, den Computer neu zu starten. Aber mehr kann man nicht mehr tun, meint Casoli. Wenn das nicht klappt, dann ist das Teleskop tot.

Das wäre natürlich sehr schade. CoRoT, ein Projekt der französischen Raumfahrtbehörde CNES in Kooperation mit einigen anderen europäischen Ländern, wurde am 27. Dezember 2006 ins All geschossen. CoRoT steht für „COnvection, ROtation and planetary Transits“ und erklärt, was CoRoT macht. Es beobachtet die Helligkeitsschwankungen von Sternen. Einerseits um Asteroseismologie zu betreiben und mehr über das Innenleben der Sterne herauszufinden. Und andererseits um extrasolare Planeten zu finden. Eigentlich war erstmal nur eine Missionsdauer von knapp 3 Jahren geplant. Im Jahr 2009 hat man dann beschlossen, die Mission noch einmal zu verlängern, bis zum März 2013. CoRoT hat die Erwartungen also eigentlich schon mehr als erfüllt. Auch was die wissenschaftlichen Ergebnisse angeht.

Das Teleskop hat bis jetzt 31 extrasolare Planeten entdeckt und dazu über 200 Kandidaten, die erst noch überprüft werden müssen. Besonders toll war die Entdeckung des Planeten CoRoT-7b. Das war der erste Planet echte terrestrische Planet, also der erste Planet, von dem man wusste, das er definitiv eine feste Oberfläche hat und kein Gasplanet ist (Sciencebloggerin Ludmila war an der Entdeckung beteiligt und hat darüber geschrieben). Aber auch die asteroseismologische Forschung von CoRoT war sehr erfolgreich. Man hat die Schwingung von Sternen genauer vermessen können als je zuvor und dabei ganz neue Erkenntnisse über rote Riesen und sonnenähnliche Sterne gefunden.

Der französische Maler „Jean-Baptiste Camille Corot

Dass CoRoT in den Medien nicht so präsent wie sein modernerer Kollege Kepler war, lag also hauptsächlich an den unterschiedlichen Zugängen zu PR und Öffentlichkeitsarbeit in Europa bzw. den USA und nicht an der Wissenschaft (ich hab das in meinem Profil-Artikel genauer ausgeführt – und gerade wieder gemerkt, als ich – erfolglos – auf der Suche nach einem schönen und frei verfügbaren Bild des Teleskops war). Und auch wenn sich herausstellt, dass CoRoT tatsächlich tot ist, wird es noch weitere wissenschaftliche Entdeckungen liefern. Denn auf den Computern der Wissenschaftler liegen noch jede Menge Daten, die ausgewertet werden müssen. Schade wäre es aber trotzdem, wenn so ein tolles Instrument den Geist aufgibt. Aber selbst wenn es so kommen wird, sollten wir dankbar sein, dass das Teleskop so lange durchgehalten und uns so viel über das Universum verraten hat! Malcom Fridlund, einer der führenden Projektwissenschafler bei CoRoT hat die passenden Schlussworte zum bevorstehenden Ende von CoRoT:

„It has done what it was designed for and you can’t ask more from a spacecraft.“

Ich werd mir jetzt ein kleines CoRoT-Modell basteln (ich brauch sowieso noch was für die Spitze vom Weihnachtsbaum…) Oder vielleicht bau ich mir ein CoRoT aus Lego:


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16 Gedanken zu „CoRoT: Der Planetenjäger kann nicht mehr“
  1. Da ich selbst als Softwareentwickler für die ISS arbeite, weiß ich wie anstrengend und frustrierend schon kleinste Probleme mit Computern auf Raumschiffen sein können. Wir haben zwar den Vorteil, dass im schlimmsten Fall ein Astronaut zum Computer hinfliegen und da noch ein paar Handgriffe erledigen kann, aber selbst das ist meistens schon ein echtes Problem, weil die Crewzeit stark begrenzt ist (vor allem für relativ unbedeutende europäische Experiment-Racks) und selten mit weniger als ein paar Monaten Vorlaufzeit zu schaffen ist.

    Zu so einem Teleskop kann man (besonders ohne Shuttle) gar nicht hin um etwas zu reparieren. Ich kann mir vorstellen, wie die Ingenieure zusammen mit irgendwelchen leitenden Wissenschaftlern am Rotieren sind um sich eine Lösung einfallen zu lassen. Wäre schade um die letzten Monate Lebenszeit, die dann verloren gingen.

  2. wie würde es denn mit der Forschung weitergehen wenn das Teleskop ausfällt, schickt man dann ein neues Hoch ? oder sparen die dann und verweisen auf kepler ?

  3. Oh, das ist schade.

    @Naivi
    Sicher nicht, die Mission ist erstens schon in der dreijährigen Verlängerung und zweitens wäre diese ohnehin im März nächsten Jahres beendet worden (vielleicht hätte es eine weiter Verlängerung gegeben, wenn die Sonde noch funktioniert hätte). Wenn der Satellit sich nicht reparieren lässt, dann war’s das für diese Mission.

    Bis eine (komplett neue) Nachfolgemission von der ESA gestartet ist, werden viele Jahre vergehen. Die Amerikaner haben wohl mehrere Nachfolger für Kepler in der Pipeline. Bei der ESA finde ich derzeit gar keine vergleichbare Mission. DARWIN sollte mal Exoplaneten auf Lebensspuren untersuchen, ist aber gekippt worden. Da werden die Europäer wohl in Zukunft nur noch von der Erde aus nach Exoplaneten suchen.

  4. Sehr schade, wo doch die Planetenjagd gerade erst so richtig los geht. Aber ich wusste auch gar nicht, dass CoRoT schon oni der „Verlängerung“ war, das relativiert es wieder etwas.
    # FF: den Profil-Wissen-Artikel habe ich gelesen. Hätte mich mehr über eine gewisse Übersicht der Ergebnisse von CoRoT gefreut, so war er (ungewohnt) fad.

    1. @Alexander: “ Hätte mich mehr über eine gewisse Übersicht der Ergebnisse von CoRoT gefreut, so war er (ungewohnt) fad.“

      Ich wollte absichtlich nicht den x-ten Artikel über „Was wir über Exoplaneten herausgefunden haben“ schreiben (wenn du was lesen willst: Ich hab den aktuellen Stand der Dinge und die Ergebnisse von Kepler&CoRoT in nem Artikel für Interstellarum (AUsgabe 82) zusammengefasst). Sondern eben mal auf diese Medien&PR-Aspekt eingehen, der in Europa & USA ja komplett anders gehandhabt wird.

  5. @ Stefan: Zum Ausdrucken würde ich dazu Papier mit einem Gewicht von wenigstens 100 g/ m² nehmen oder am besten noch mehr, also das, was man mit „Karton“ bezeichnet (ggf. im Schreibwaren-/ Bürobedarfsladen fragen).
    Ich werde CoRoT wohl auch nachbasteln.

  6. Wäre mal interessant zu wissen, wie denn so ein Reset bei einem Satelliten funktioniert.

    So wie ich mir das vorstelle müsste dazu doch der Onboard-Computer noch soweit funktionieren, dass er den Reset überhaupt auslösen kann, wo sich der Hund ja irgendwie in den Schwanz beißt.

    Oder gibt es dazu irgendeinen Mechanismus der direkt in die Hardware implementiert ist, vom Funksignal einen Reset zu machen. Das stelle ich mir dann aber nicht so einfach vor. Schließlich muss man ja auch kryptographische Protokolle haben, damit nicht jeder Witzbold dem Satelliten ein Reset-Signal schicken kann.

  7. @Compuholic

    Normalerweise gehen Raumsonden, wenn sie nicht regelmäßig ein Signal von der Erde erhalten, in einen Safe-Modus, wo sie sich in eine sichere, stabile Lage bringen und per Low-Gain-Antenne (die nicht exakt auf die Erde gerichtet sein muss, dafür aber nur ein paar Bit pro Sekunde übertragen kann) auf Signale von der Erde horchen. Das veranlassen CPUs, die unabhängig vom Hauptrechner sind. Denen kann man dann auch einen Reset-Befehl für die Haupt-CPU zu senden. Bzw. können sie diesen auch selbst auslösen, wenn von der Erde nichts empfangen wird.

    Die größte Gefahr ist, dass mangels korrekter Ausrichtung der Sonnensegel die Batterien leer laufen, die Heizung ausfällt und der Treibstoff zur Lagekorrektur einfriert. Dann geht praktisch nichts mehr (wobei Corot sich wie Hubble mit Gyros statt Düsen ausrichten sollte, aber auch die brauchen Strom).

    Manche Sonden haben übrigens sogar redundante Haupt-CPUs. ich kann mich erinnern, dass man einmal, ich glaube beim Hubble-Teleskop, auf die jahrelang nie benutzte Ersatz-CPU umschalten musste, was den Technikern einiges Kopfzerbrechen bereitete.

  8. Ahh danke, das macht Sinn. Blöd ist dann halt nur, wenn gerade die Software für den Safe-Mode einen Reset braucht. Aber wahrscheinlich überwachen sich die Programme ja gegenseitig.

    Von manchen Mikrocontrollern kenne ich noch die Watchdog-Schaltung. Da gibt es einen hardwareseitigen Timer, der vom Programm immer wieder zurückgesetzt werden muss. Falls der Timer abläuft, wird von der Hardware dann der Reset ausgelöst. Nur hilft diese Schaltung halt nichts, wenn das Programm immer noch läuft aber die Daten korrupt sind.

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