Am 31. August gab es auf der Sonne eine Eruption. Daran ist erstmal nichts weiter außergewöhnlich. Die Sonne befindet sich in ihrer aktiven Phase (auch daran ist nichts besonderes, das passiert alle 11 Jahre) und da kommt es vermehrt zu Sonnenaktivität. Es gibt mehr Sonnenflecken, es gibt mehr Protuberanzen und mehr Sonnenstürme. Aber SO ein Bild sieht man selten:

Bild: NASA/GSFC/SDO CC-BY 2.0

Was für ein Bild! Es wurde vom Weltraumteleskop SDO (Solar Dynamics Observatory) im ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums aufgenommen, man kann die Sonne also so nicht mit eigenen Augen sehen. Aber das macht das Bild nicht weniger spektakulär. Damit man ein Gefühl für die Größenordnung bekommt, ist hier das gleiche Bild noch mal, diesmal mit einer maßstabsgetreuen Erde als Vergleich:

Bild: NASA/GSFC/SDO CC-BY 2.0

Man sieht an diesen Bildern wunderbar, wie die Sonnenaktivität funktioniert. Die Sonne besteht aus einem Plasma. Das ist ein Gas, das so stark erhitzt wurde, dass die Elektronen nicht mehr an die Atomkerne gebunden sind. Das Gas besteht also nicht mehr aus elektrisch neutralen Atomen, sondern aus positiv geladenen Atomkernen und negativ geladenen Elektronen, die sich alle bewegen. Und nun geht das Spiel von Elektrizität und Magnetismus los: Wenn sich geladenen Teilchen bewegen, dann entstehen Magnetfelder. Die Magnetfelder beeinflussen aber wiederum die Bewegung der geladenen Teilchen. Deswegen kann man sie in den Bilder auch tatsächlich „sehen“. Zum Beispiel beim hellen Fleck oben links im Bild. Das ist ein Sonnenfleck (im UV-Bereich ist er hell, nicht dunkel). Dort sind die Magnetfelder stärker als in der Umgebung und man sieht deutlich die vielen „Linien“, die aus dem Sonnenfleck austreten. Das sind die Magnetfeldlinien, entlang derer sich das heiße Plasma bewegt.

Der Aktivitätszyklus der Sonne wird von der Bewegung des Plasmas und der Ausrichtung der Magnetfelder bestimmt. Zu Beginn eines Zyklus sind die Linien alle schön „ordentlich“, so wie bei uns auf der Erde verlaufen sie von Nord nach Süd. Die Sonne aber dreht sich, und weil – im Gegensatz zur Erde – das bewegte Plasma die Magnetfelder mitzieht, werden die Feldlinien immer stärker aufgewickelt. So in etwa:

Die Feldlinien werden immer stärker aufgewickelt und kommen sich immer mehr in die Quere. Sie können sich kreuzen und es kommt, vereinfach gesagt, zu „Kurzschlüssen“. Da wird jede Menge Energie frei und die schleudert dann Sonnenplasma ins All, so wie in dem Bild. Dieses Video zeigt den „Kurzschluss“ noch einmal in bewegten Bildern:

Wirklich beeindruckend! Der Erde ist dabei übrigens nichts passiert. Man sieht ja schon im Bild, dass die Eruption nicht auf uns gerichtet ist, sondern zur Seite (damit die Erde frontal getroffen werden kann, muss die Eruption in der Mitte der Sonne stattfinden). Wir wurden am 3. September von der Eruption nur ein wenig gestreift und konnten schöne Nordlichter beobachten. Und auch bei einem direkten „Treffer“ wäre wohl nicht viel passiert. Das Magnetfeld und die Atmosphäre schützen uns und abgesehen davon sieht diese spezielle Eruption zwar höchst spektakulär aus, war aber nur mittelmäßig groß.

Die Sonne wird ihr Aktivitätsmaximum im Frühjahr 2013 erreichen. Es gibt also noch jede Menge Chancen auf weitere tolle Bilder!

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24 Gedanken zu „Eine phänomenale Sonneneruption“
  1. Immer wieder beeindruckend, im Blick auf das weite Umfeld (gegen Ende des Videos) fast noch mehr als die Detailansicht des CME – dort wird richtig bewusst, welch große Materiemassen mit großer Geschwindigkeit da in den Raum geschleudert werden!… Fantastisch. Und prima, dass wir von Magnetfeld und Atmosphäre davor geschützt werden.

  2. Schönes Video. Es zeigt anschaulich, wie bei einem koronalen Massenauswurf die geladenen Teilchen ins All geschossen werden, die mit ca. 1000 km/s durch den Raum sausen und 2, 3 Tage später bei uns Polarlichter auslösen können.

    Bei uns hat’s diesmal leider wohl nur für ein schwaches, fotografisches Polarlicht gereicht. In Finnland und Schweden hatten sie mehr Glück.

  3. An der bizarren Bewegung von solchen Protuberanzen und Masseauswürfen kann man sich sehr schön klarmachen, dass man bei der Beobachtung von Himmelsphänomenen gewisse eingeübte Alltagsanschauungen und Erwartungen ablegen muss. Diese Bewegungen folgen eben nicht nur einem einmaligen Impuls und dem Rückkehrbefehl der Schwerkraft, es spielen vielmehr (magnetische) Effekte mit, die viele Größenordnungen über dem liegen, was uns im täglichen Leben so begegnet. Alleine dafür sind solche Videos ungemein lehrreich – wenn man sie aufmerksam betrachtet.

  4. Mit welcher Geschwindfigkeit muss ich mir den eigentlichen Auswurf vorstellen?
    Alderamin spricht ja von etwa 1000 km/s, was das Tempo durch den Raum angeht. Im mittleren Teil des Videos sieht es aber so aus, als ob die Eruption, nach einem leichten Innehalten, in gut einer Sekunde einen Sonnendurchmesser erreicht. Im letzten Teil wirkt es sogar noch schneller, im Verhältnis zum abgedeckten Stern.
    Oder täuscht die Perspektive so dermaßen, weil sie halb auf uns zuführt?

  5. @jj afx

    Das ist natürlich Zeitraffer. Wenn man die Sonne in H-Alpha beobachtet und die Protuberanzen im Teleskop sieht, da bewegt sich erst mal gar nichts. Man muss schon eine halbe Stunde warten, damit man die Veränderung mit bloßem Auge wahrnimmt (wobei ich so einen Massenauswurf noch nicht live gesehen habe, da verändert sich das Bild vermutlich im Minutentakt). Die Sonne hat einen Durchmesser von 1.4 Millionen km, es dauert also 23 Minuten, um bei 1000 km/s den Sonnendurchmesser zurück zu legen.

    Die 1000 km/s werden sicherlich die Endgeschwindigkeit sein, und es können auch mal knapp 2000 km/s werden, wenn man von den Daten des ACE-Satelliten bei einem geomagnetischen Sturm ausgeht.

  6. Gibt es auch eine Kamera, die die Sonne so zeigt, wie man sie aus dem Weltall von blossem Auge sehen würde? Wenn Ja welche ist das oder welche sind das?

    Gibt es auch andere Teleskope, die Bilder vom Weltall machen, wie man sie von Auge sehen würde?

    Eine Antwort wäre erfreulich…

  7. Das Video erinnert mich jedenfalls daran, wie kurz nach der Generalsanierung ein Mädel auf unseren schönen, neuen, kuscheligen Teppichboden gekotzt hat hier in der Bibliothek. Man glaubt gar nicht, was aus einem zierlichen 8-jährigen Mädchen alles rauskommen kann…

  8. @ Michael_Scholz:

    Man glaubt gar nicht, was aus einem zierlichen 8-jährigen Mädchen alles rauskommen kann…

    Och, bei Säuglingen finde ich das noch viel beeindruckender.

  9. Zitat: „Die aktuelle eruptive Zunahme der Sonnenaktivität wird zu einem exponentiellen Wachstum der Kapazität unseres Gehirns führen: Dies ist die erstaunliche Erkenntnis der jüngsten Forschungen von Dieter Broers.“

    Hört sich nach Tatsache an. Ob die Hirnforschung das wohl auch so sieht? Das sind schon ziemlich gewagte Aussagen. Wie er das wohl erforscht hat?

  10. Auch nach 2012 gibt es Menschen, die Angst vor Sonnenstürmen haben und angeblich auch körperlich unter diesen leiden – eine ganz neue Krankheit, die eventuell erst durch Broers ins Leben gerufen wurde?

    Für alle, die unter Kosmophobie leiden, hier der Nachfolger der Seite 2012hoax: https://www.cosmophobia.org/

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