Während meiner Auszeit erscheinen hier einige Gastbeiträge von anderen Bloggern. Wenn ihr auch Lust habt, euer Blog (euren Podcast, euer Videoblog, etc) hier vorzustellen oder einfach nur mal einen Artikel schreiben wollt, dann macht mit!

Heute gibt es einen Artikel von Celsus, Betreiber von Skeptator, des Meta-Blogs für Wissenschaft und kritisches Denken.


Die Unterscheidung zwischen „echter“ und „falscher“ Wissenschaft fällt nicht immer leicht. Oft wirkt etwas auf den ersten Blick völlig plausibel, stellt sich dann aber als Humbug heraus. Gibt es Kriterien, welche die richtige Einordnung erleichtern? Ein Aufatz von Barry L. Beyerstein aus dem Jahr 1995 hilft, Realität und Wunschdenken besser auseinander zu halten.

Eindeutige Kriterien zur Abgrenzung zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft kann es nicht geben, da es Grauzonen und Überschneidungen gibt, in denen die Unterschiede verschwimmen oder nicht klar erkennbar sind. Also brauchen wir zunächst ein paar Definitionen zur Orientierung:

Wissenschaft:

Die wesentlichen Eigenschaften von (Natur-) Wissenschaften sind die Erweiterung des Wissens durch Forschung, also die methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung. Dieses systematisierte Wissen und dessen Grundlagen werden durch Lehre weitergegeben. Wissenschaft ist also systematisiertes Wissen, welches durch Beobachtung, Experiment und Überprüfung gewonnen wird, wobei die beobachteten Phänomene empirisch untersuchbar sein müssen. Wissenschaft stellt Fragen und prüft die möglichen Antworten auf ihre Richtigkeit. Das Ziel ist, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu finden und zu beschreiben. Damit das funktioniert und menschliche Fehler so weit wie möglich reduziert werden, ist ein umfassendes System gegenseitiger Kontrolle und die Offenlegung aller Methoden und Informationen notwendig. So werden Experimente und Erkenntnisse reproduzierbar und überprüfbar. Die direkte Umsetzung von Erkenntnissen in Verfahren oder Anwendungen soll nicht das oberste Ziel von Wissenschaft sein. Gerade in der Grundlagenforschung ist oft nicht erkennbar, wohin der Weg führt. Im Mittelpunkt steht die Erlangung neuen Wissens – auf der Basis bestehender Erkenntnisse.

Pseudowissenschaft:

Pseudowissenschaften versuchen gewöhnlich, von der Reputation echter Wissenschaften zu profitieren, indem sie deren Vokabular verwenden und versuchen, möglichst wissenschaftlich zu wirken, ohne dabei aber die Strukturen und Verfahren der Wissenschaftlichkeit einzuhalten. Offene Diskussionen und Kritik findet man hier kaum, ebensowenig wie echten Fortschritt und Erkenntnisgewinn. Pseudowissenschaftliche Erklärungen für behauptete Phänomene stehen meistens im krassen Gegensatz zu naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen. Auf sachliche Kritik wird oft mit persönlichen Angriffen reagiert, wenn sich die pseudowissenschaftlichen Behauptungen nicht belegen lassen und kritischen Fragen nicht standhalten. Stattdessen werden hochtrabende Versprechungen gemacht und Hoffnungen geweckt, für deren Erfüllung natürlich keinerlei Garantie gegeben wird.


CC BY-SA 3.0 Wikipedia (DE): Belsazar

Diese beiden kurzen Beschreibungen befassen sich hauptsächich mit Naturwissenschaften und deren pseudowissenschaftlichen Derivaten, lassen sich aber in ähnlicher Form z.B. auch auf die Psychologie oder auf Geistes- und Kulturwissenschaften anwenden. Daher mag es interessant sein, noch eine weitere Trennlinie zu betrachten, die von dem argentinischen Philosophen und Physiker Prof. Mario Bunge, definiert wurde. Im deutschsprachigen Raum dürfte hauptsächlich sein Werk „Über die Natur der Dinge“ bekannt sein, welches er gemeinsam mit Dr. Martin Mahner, Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP, verfasst hat.

Bunge hat sich sehr intensiv mit den Grenzen und Grenzbereichen zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft beschäftigt und nimmt eine Unterteilung in „Glaubensbereiche“ und „Forschungsbereiche“ vor. Zu den Glaubensbereichen zählt er Religionen, politische Ideologien, Pseudowissenschaften und Pseudotechnologien sowie die Mystik. Die Forschungsbereiche beinhalten demnach nicht nur Naturwissenschaft, Formalwissenschaft (Logik, Mathematik, Linguistik, Informatik usw.) und angewandte Wissenschaft, sondern auch Geistes- und Sozialwissenschaften, also alle Bereiche, in denen systematische Forschung betrieben wird. Als wichtiges Unterscheidungskriterium gilt hier die Art des Erkenntnisgewinns.

Im Glaubensbereich sind Erkenntnisse, so sie denn welche sind, individuell auf die Persönlichkeit und deren Gefühle bezogen. Emotionale Kriterien entscheiden, was richtig oder falsch ist. Hier findet sich z.B. auch der Konstruktivismus, eine Weltsicht, die eine allgemeingültige und verbindliche Realität ablehnt und die Wahrnehmung zur Wirklichkeit erklärt.

Im Gegensatz dazu ist im Forschungsbereich der Erkenntnisgewinn nicht vom Individuum abhängig sondern interpersonell – es findet also ein Abgleich zwischen Forschenden anhand von objektiven Kriterien statt. Forschungsergebnisse sind für alle Fachleute verfügbar und überprüfbar, somit auch reproduzierbar. Damit ist noch nichts über den Wahrheitsgehalt einer Hypothese gesagt, aber so lange sie objektiv überprüfbar ist, fällt sie in den Forschungsbereich.

Wir betrachen hier den Begriff Pseudowissenschaft als Teil des Glaubensbereiches, wobei sich dessen Umfang nicht nur auf die missbräuchliche Verwendung naturwissenschaftlicher Terminologie beschränken soll, sondern allgemein als Umschreibung von Produkten, Verfahren und Behauptungen, die sich wissenschaftlicher Überprüfung bewusst entziehen.

Kommen wir nun zu den typischen Merkmalen der Pseudowissenschaft, wie sie von Beyerstein erkannt werden:

Isolation:

Entgegen der oft gehörten Behauptung, unterschiedliche Bereiche der Wissenschaft würden nicht miteinander kooperieren oder kommunizieren, ist das Gegenteil der Fall. Es gibt viele interdisziplinäre Projekte und Kommunikationsstrukturen, die einen Austausch von Wissen zwischen den Disziplinen ermöglichen und fördern. Das ist sogar eine besondere Stärke der wissenschaftlichen Arbeit. In den Pseudowissenschaften ist das allerdings nicht üblich. Diese neigen eher dazu, sich zu isolieren, aufgestellte Behauptungen vor Kritik von außen zu schützen und geben nur Informationen preis, die dem Erhalt der eigenen Ansichten dienen. Auch eine allgemein verbindliche Terminologie findet sich dort nicht. Die Erfinder und Entdecker, die sich demonstativ gegen den „Mainstream“ wenden, arbeiten lieber alleine oder in kleinen Gruppen mit Gleichgesinnten. Ein Abgleich mit gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen findet kaum statt, und wenn doch, werden Zusammenhänge und Begriffe uminterpretiert oder nicht fachgerecht verwendet. Einwände werden ignoriert oder abgelehnt bzw. als persönlicher Angriff gewertet.

Fehlende Falsifizierbarkeit:

Nach Karl Popper ist eine Behauptung, die sich nicht widerlegen lässt, als Erklärung für eine Beobachtung unbrauchbar. Viele Bestätigungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Erkärung korrekt ist. Um sie zu widerlegen, genügt dagegen ein einziges negatives Ergebnis.Wie Mario Bunge festgestellt hat, finden sich in der Pseudowissenschaft fast ausschließlich nicht falsifizierbare Behauptungen, da bereits die Hypothese nicht eindeutig formuliert ist.

Missbräuchliche Verwendung von Daten und Ergebnissen:


CC BY-SA 3.0 Wikipedia (DE): Belsazar

Sofern es statistische Daten oder Messwerte gibt, werden diese oft nur teilweise offengelegt, kreativ interpretiert oder sind schlichtweg nicht reproduzierbar. Statistische Ausreißer werden als Beweis präsentiert, Ungenauigkeiten bei Messungen als Ergebnisse interpretiert und Daten, welche die Behauptung nicht stützen, werden verworfen. Lässt sich der behauptete Effekt bei einer unabhängigen Überprüfung nicht nachvollziehen, wird dies etwa mit fehlenden Fähigkeiten des Testers oder ungünstigen Umständen bei der Durchführung des Tests wegargumentiert. Der britische Physiker John G. Taylor verwendete für diesen Umstand den Begriff „shyness effect“, welcher besonders oft bei paranormalen Phänomenen in der Parapsychologie auftritt. Der Parapsychologe Walter von Lucadou hat für das plötzliche Verschwinden eines Phänomens unter Testbedingungen sogar einen eigenen Mechanismus ausgemacht und bezeichnet solche Anordnungen als „Pseudomaschinen“. Damit unterstellt er jedoch, dass ein solcher Effekt nicht von der Wahrnehmung des Beobachters abhängig ist, sondern real existiert. Wäre es so, ließe sich das allerdings überprüfen. Hier wird also eine Gesetzmäßigkeit definiert, die sich allen Gesetzen widersetzt.

Stagnation und fehlende Korrekturen:

Bei den meisten Pseudowissenschaften fällt auf, dass über lange Zeiträume keine Weiterentwicklung stattfindet. Angeblich neue Erkenntnisse bauen nicht auf vorhandenes Wissen auf, sondern widersprechen vorherigen Behauptungen und stehen so wieder für sich alleine. „Altes Wissen“ wird als Beweis herangezogen, dass eine These richtig sein muss, sonst würde sie ja nicht mehr verwendet. Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, dass viele dieser oft hunderte Jahre alten Behauptungen regelmäßig widerlegt wurden und aus einer Zeit stammen, in der magisches Denken prägender war als systematische Forschung und dadurch oft gewöhnliche Missverständnisse zu Fachwissen erklärt wurden.

Exotenstatus:

Besonders in der Pseudomedizin beruft man sich oft auf altbewährte Verfahren und weist gleichzeitig darauf hin, dass die Wissenschaft noch nicht so weit sei, diese neuen Methoden erklären zu können. Dem harten Urteil der wissenschaftlichen Überprüfung entzieht man sich mit der Argumentation, das Verfahren sei so individuell, dass sich darüber keine allgemeingültigen Aussagen machen ließen. Aber auch in der Pseudophysik begegnet uns dieses Verhalten. Seit Jahrhunderten nicht funktionierende Wundermaschinen werden immer wieder neu präsentiert, mit dem Hinweis, es seien nur noch ein paar kleine Verbesserungen notwendig, um endlich den Durchbruch zu erlangen. Physikalische Gesetzmäßigkeiten, die sich seit Entstehung des Universums niemals als fehlerhaft erwiesen haben, werden als unverbindliche Empfehlungen betrachtet.

Wunderbare Versprechungen:

Pseudowissenschaften sind angenehm für jene, die daran glauben. Magische Heilmethoden verheißen ein Leben ohne Schmerz und Leid und bieten Auswege aus der Verzweiflung. Auf wundersame Weise funktionierende Geräte zur Energieerzeugung versprechen das Ende der Rohstoffkrise und ein komfortables Leben für alle Menschen, ohne schlechtes Gewissen wegen der Umweltverschmutzung. Mit den richtigen Gedanken stellt sich der Erfolg im Leben ganz von alleine ein, ohne Anstrengung und unüberwindbare Hindernisse, ganz im Einklang mit der Natur. Die Realität aber ist unbarmherzig und nimmt keine Rücksicht auf den Einzelnen. Die Wissenschaften repräsentieren diese harte Realität, dokumentieren sie und machen sie sichtbar. Menschen mit einem pseudowissenschaftlich geprägten Weltbild neigen dazu, sich für die angenehmere Variante zu entscheiden. Wann immer jemand derart überzogene Versprechungen macht, ist größte Vorsicht geboten.

Unbelehrbarkeit:

Pseudowissenschaftler halten gewöhnlich unumstößlich an ihren Behauptungen fest, auch wenn sie noch so oft auf Fehler hingewiesen werden. M. Lamar Keene, der als spirituelles Medium arbeitete, sich aber später gegen diese Szene wendete, bezeichnete dieses Verhalten als „True Believer Syndrome“ – einen wahren Gläubigen kann nichts in seinem Glauben erschüttern. Eine gewisse Hartnäckigkeit ist selbstverständlich auch bei der wissenschaftlichen Arbeit notwendig, um Misserfolge zu verkraften und sein Ziel über lange Zeiträume zu verfolgen. Allerdings führt ein übersteigertes Selbstwertgefühl leicht dazu, dem Selbstbetrug zu verfallen. Ein Pseudowissenschaftler, der sich in eine Idee verrannt hat, kann nicht mehr umkehren und bei einem absehbaren Misserfolg auch nicht die Richtung wechseln. Alle Widerstände werden ausgeblendet und kein Gegenargument zählt. Der Glaube, letztendlich doch siegen zu können, auch gegen Naturgesetze, wird unerschütterlich.

Magischen Denken:

Der Geist beherrscht die Materie, was man wirklich will, kann man auch erreichen – derart magisches Denken ist in der Pseudowissenschaft weit verbreitet. Dazu kommen Vorstellungen von unbekannten Feldern, Schwingungen und Dimensionen, die im Zweifelsfall als Erklärung herhalten müssen. Da diese Phänomene nicht nachweisbar und damit auch nicht überprüfbar sind, eigenen sie sich bestens, um Plausibilitätslücken zu füllen. Der Mensch als Individuum spielt oft eine übergeordnete Rolle, auf dessen Existenz das Universum eine besondere Rücksicht nimmt. Umgekehrt wird ein Einfluss besonderer Denk- und Verhaltenssweisen auf die physikalische Welt postuliert. Wissen muss nicht hart durch ausdauerndes Lernen erarbeitet werden, sondern erschließt sich in Form von Erleuchtung. Oft geht damit eine strikte Ablehnung des wissenschaftlichen Weltbildes einher, dessen Erkenntnisse negiert oder für unwichtig befunden werden.

Finanzielle Motive:

Viele pseudowissenschaftliche Behauptungen dienen in erster Linie dazu, einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Der Aufwand ist relativ gering und besteht hautsächlich darin, eine Behauptung aufzustellen und ein daraus resultierendes Produkt oder eine Dienstleistung zu vermarkten. Langjährige Forschung fällt weg, wird aber trotzdem behauptet. Natürlich spielen auch im Wissenschaftsbetrieb finanzielle Motive eine Rolle, sei es um Förder- und Stiftungsgelder zu erlangen, den eigenen Arbeitsplatz zu erhalten oder, in der industriellen Forschung, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Das macht die Unterscheidung manchmal schwierig. Trotzdem bleibt echte Forschung nachprüfbar. Vermarkter von pseudowissenschaftlichen Angeboten entziehen sich üblicherweise dieser Überprüfung und setzen lieber auf angebliche Berichte zufriedener Kunden.

Mangelhafte Ausbildung:

Ein Blick auf den Bildungsweg eines Proponenten pseudowissenschaftlicher Methoden oder Produkte lohnt sich. Entweder ist überhaupt keine fachspezifische akademische Ausbildung vorhanden oder es handelt sich um eine Ausbildung in einem fremden Fachbereich. Als Rechtfertigung findet sich oft die Behauptung, man sei dadurch nicht durch die Scheuklappen der etablierten Wissenschaft belastet und könne so freier denken. Ein Außenseiter könne schließlich Zusammenhänge entdecken, welche jenen Leuten verborgen blieben, die nie über den Tellerrand geschaut haben. Die Chance einer solchen Entdeckung ist jedoch eher gering, gerade bei der oft extremen Komplexität heutiger Forschung und Technologie. Ohne eine solide akademische Ausbildung und viel Erfahrung im eigenen Forschungsgebiet ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Zusammenhänge falsch interpretiert und vermeintliche Entdeckungen maßlos überbewertet werden.

Bunkermentalität:

Es liegt in der Natur der Sache, dass unplausible Behauptungen nicht ernst genommen werden oder überhaupt nicht zu öffentlicher Wahrnehmung gelangen. Diese Tatsache wird von Vertretern der Pseudowissenschaften aber gerne als Beweis gewertet, dass ihre Ansichten vom „Establishment“ unterdrückt oder vorsätzlich ignoriert werden, weil sie für das bestehende wissenschaftliche System eine Bedrohung darstellen. Diese Sichtweise gipfelt oft in absurden Verschwörungstheorien bis hin zum Verfolgungswahn. Das ganze Bild wird dann gerne mit Galileo-Vergleichen oder Gandhi-Zitaten abgerundet.

Sicherlich lassen sich noch weitere Kriterien finden, die sich als deutliche Hinweise auf Pseudowissenschaften verwenden lassen. Zu beachten ist aber, dass jedes einzelne Kriterium für sich weit entfernt davon ist, einen klaren Beweis für pseudowissenschaftliches Handeln zu liefern. Die Grauzonen sind breit und oft schwer zu durchschauen. Das kritische Denken sollte auch nicht so weit führen, jede neue Idee von vornherein abzulehnen. Aber es gibt Methoden, mit denen sich Behauptungen zumindest grob prüfen und hinterfragen lassen. Die darauf folgenden Erklärungen oder Erklärungsversuche bieten dann den nächsten Ansatz zur Überprüfung. Eine endgültige Sicherheit gibt es nicht. Aber es lohnt sich, die richtigen Fragen zu stellen. Dem Skeptiker ist es auch nicht so wichtig, eine endgültige Antwort zu finden. Für Fragen, die sich nicht unmittelbar klären lassen, gibt es zwischen wahr und falsch immer noch die Schublade „abwarten“. Entweder eine Behauptung stellt sich irgendwann als gerechtfertigt heraus, dann wird sie zu Wissenschaft. Oder sie bleibt sämtliche Belege dauerhaft schuldig und verschwindet früher oder später in der Versenkung. Manchmal dauert es allerdings etwas länger.

In diesem Artikel wurden bewusst sehr wenige Beispiele aufgeführt. An einzelnen Beispielen scheiden sich schnell die Geister und die Diskussionen drehen sich nur noch darum, ob etwas wahr oder falsch ist. Stattdessen sollen diese allgemein gehaltenen Definitionen dazu anregen, im Einzelfall zu einer eigenen Einschätzung zu gelangen und gegebenenfalls auf ergänzende Literatur zurück zu greifen und weiterführende Fragestellungen zu finden.

Niemand hat behauptet, dass es einfach sei – wir sind ja keine Pseudowissenschaftler.


Literatur:

Beyerstein, B. L., (1995): Distinguishing Science form Pseudoscience (PDF). Victoria, B.C., Canada

Bunge, M.; Mahner, M. (2004): Über die Natur der Dinge. S. Hirzel, Stuttgart

Mahner, M. (2009) Was sind Parawissenschaften? Der Versuch einer Neubestimmung. In: Skeptiker 4/2009, S. 186-190.

Mahner, M. (2010) Parawissenschaft – Pseudowissenschaft

Wikipedia: Pseudowissenschaft

Popper, K. R. (1935) Logik der Forschung. Springer, Wien

Wikipedia: Karl Popper

Grüter, T. (2010) Magisches Denken: Wie es entsteht und wie es uns beeinflusst. Fischer, Frankfurt a. M.

Wikipedia: Konstruktivismus (Philosophie)

The Skeptic’s Dictionary: Shyness Effect

Lucadou, W. v. (2002) Die Magie der Pseudomaschine (PDF)

Hoffer, E. (1951) The True Believer. Harper and Row, New York

The Skeptic’s Dictionary: true-believer syndrome

RatioBlog: Fehlschluss #19: Das Galileo-Gambit

zitate.net: Zitate – Mahatma Gandhi

Randi, J. (1995), An Encyclopedia of Claims, Frauds, and Hoaxes of the Occult and Supernatural, Prometheus Books, New York

Keene, L. (as told to Allen Spraggett) (1976), The Psychic Mafia, St. Martin’s Press, New York

Taylor, J. G. (1975) Superminds: a Scientist Looks at the Paranormal, Viking Press, New York

108 Gedanken zu „Der Unterschied zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft“
  1. Danke für diesen Artikel! Schön strukturiert und mit interessanten Referenzen versetzt.
    Zur Definition von Wissenschaft mag ich den folgenden Satz sehr gerne: „Wissenschaft ist was Wissen schafft!“

  2. Schöner Artikel.
    Schöne Zusammenfassung.
    Besonder gefallen hat mir der Schlußsatz:

    Niemand hat behauptet, dass es einfach sei – wir sind ja keine Pseudowissenschaftler.

    Ja, so ist es.
    ^_^

  3. Sehr schöner und ausführlicher Artikel. Ein typisches Beispiel einer solch fruchtlosen Diskussion in Bezug auf Pseudoheilung, Unbelehrbarkeit und Standardsprüche findet sich derzeit drüben bei Martins „Hier wohnen Drachen“.

    Außerdem erinnere ich mich noch an einen Artikel im Tagesspiegel über die Testreihe der GWUP in Würzburg zum Thema Wünschelrute. Nachdem der Proband gescheitert war, kam unverzüglich eine hanebüchene Erklärung (Störfelder, Sicherungskasten), warum er diesmal scheitern musste, es aber ansonsten funktioniert. Es ist halt immer das gleiche Spiel…

  4. Sehr schön, vielen Dank für den klaren und übersichtlichen Stand der Pseudowissenschaft (obwohl der sich ja schon seit 100en von Jahren nicht weiterentwickelt hat ;-)).
    Interessant fand ich auch, daß es einzelne gibt die aus der Bunkermentalität ausbrechen können, die Hoffnung ist also da wenn man gegen die pseudowissenschaftlichen Windmühlen kämpft.

  5. Ja, sehr schöner Artikel. Den sollte sich JEDER Mensch an den Kühlschrank kleben und täglich dreimal lesen und darüber nachdenken.

    Vor allem für Esoteriker jedweder Couleur ist dieser Artikel eine absolute Lesepflicht.

    Aber auch für religiöse Menschen, denn man kann das Wort Pseudowissenschaft einfach durch Religion ersetzen und muss den Artikel nur ein wenig anpassen und hat immer noch eine schöne Beschreibung, warum (Natur)Wissenschaft und Religion nicht zusammenpasst und wie man sie unterscheiden kann.

  6. Vielleicht ein Satz eines für mich großen Wissenschafters (Heinz von Förster) am Beginn: Objektivität ist die Wahnvorstellung das Beobachtungen ohne Beobachter gemacht werden können.
    Leider ist der Artikel ein weiterer Beweis für mich, dass sich die Skeptiker-Bewegung selbst ad absurdum führt. In dem verzweifelten Versuch jeglichen unwissenschaftlichen Humbug als solchen zu kennzeichnen, ist man letztlich selbst zum Humbug geworden. Wenn Naturwissenschaft zur Religion hochstilisiert wird und nur der naive Realismus mit dem Glauben an eine erforschbare Wahrheit als Grundlage der Wissenschaft anerkannt wird, dann ist es Zeit skeptisch zu werden. Skepsis gegenüber der Angst vor Romantik in der Forschung und vor allem auch Zweifel gegenüber der Übernahme von populistischen Strategien, die bisher die Domäne der wahrheitsbesitzenden Esoteriker, Homöopathen, Osteopathen und was sie sonst noch für kranke Bezeichnungen für sich selbst gefunden haben, waren. Die Trennung in Geistes und Naturwissenschaft ist längst überholt und wenn wir schon die alten Begriffe verwenden dann auch konsequent: Natur = Erfahrungswissenschaft. Man kann also nur das erforschen was der Erfahrung zugänglich ist. Für diese Erfahrung gelten dann alle Probleme, die die Psychologie (Humanwissenschaft) für State of the Art hält (siehe dazu Satz 1).
    Wenn also jemand den Kostruktivismus als Grundlage eines beliebigen Weltbildes heranzieht, dann hat er als Wissenschafter versagt, er ist dann Journalist und hat eine unzulässige Reduktion vorgenommen. Viele Konstruktivisten sehen den Konstruktivismus als Grundlage der Wissensgenerierung (also epistemologisch) und nicht als die Idee einer Welt die verschwindet wenn wir zu denken aufhören (ontologisch). Es kann auch nicht im Sinne der Skeptikerbewegung sein wieder die alten Mauern zwischen Natur und Geisteswissenschaft hochzuziehen. Es gibt nur eine Wissenschaft und die hat sich alle Methoden anzueignen die derzeit State of the Art sind. Wenn also ein sogenannter Erfahrungswissenschaftler vergisst dass seine Wahrnehmung beschränkt und täuschbar ist, wenn er die Schlussfolgerungen aus der Hemeneutik (klassisch gesiteswissenschaftlich) nicht kennt, dann hat er keine Ahnung wie Wissen erzeugt wird und Fehlmeinungen verhindert werden.
    Die Psychiatrie des 20.Jhdts ist ein gutes Beispiel dafür was passiert wenn Wissenschafter naive Realisten sind. Patienten werden mittels Schocktherapie behandelt (Elektro-, Cardiazol, Insulin usw.) da sich bei den meisten der Zustand nachher bessert (kontrollierte Erfahrungsstudien) entwickelt man ein Modell dazu und geht davon aus dass es dei wahrheit beschreibt. Es erklärt gut die Zusammenhänge und führt dazu, dass die Behandlung mit Schock als State of the Art gehandelt wird. Was nicht beachtet wurde: Sämtliche Errungenschaften der Geisteswisseschaft: Probleme bei der Beschreibung der Fälle, subjektive Beurteilung der Verbesserung (durch vortrainierte und ähnlich ausgebildete Forscher) und vieles mehr. Also BItte: Skepsis gegenüber Wissenschaft ist genauso notwendig wie die Skepsis gegenüber Religion und Esoterik.

  7. Ein wunderbarer, sehr informativer Artikel, der einige sehr interessante Verweise aufweist. Besonders gefiel mir der Dunning-Kruger-Effekt. Ich hoffe ich kann mir den Namen merken 🙂

  8. @Michael M.
    Ähem, wo hat denn Celsus die Errungenschaften der Geisteswissenschaften angegriffen? Ich zitiere:

    Die Forschungsbereiche beinhalten demnach nicht nur Naturwissenschaft, Formalwissenschaft (Logik, Mathematik, Linguistik, Informatik usw.) und angewandte Wissenschaft, sondern auch Geistes- und Sozialwissenschaften, also alle Bereiche, in denen systematische Forschung betrieben wird. Als wichtiges Unterscheidungskriterium gilt hier die Art des Erkenntnisgewinns.

    Es geht ihnen offensichtlich um den Konstruktivismus und der ist ja nun zumindest diskutabel, demnach kann ihre Aussage :

    Wenn also ein sogenannter Erfahrungswissenschaftler vergisst dass seine Wahrnehmung beschränkt und täuschbar ist, wenn er die Schlussfolgerungen aus der Hemeneutik (klassisch gesiteswissenschaftlich) nicht kennt, dann hat er keine Ahnung wie Wissen erzeugt wird und Fehlmeinungen verhindert werden.

    so nicht stehenbleiben, da dies nicht die normale Vorgehensweise eines Wissenschaftlers ist, sie beschreibt hingegen sehr gut die Vorgehensweise eines Pseudowissenschaftlers (eigene Erfahrungen, keine Rückkopplung mit anderen Wissenschaftlern und daher leicht täuschbar).
    Ich weiß auch nicht was sie jetzt mit dem Erfahrungswissenschaftler hier einführen wollen, im Artikel kam dies nicht zur Sprache (siehe oben).
    Was genau war jetzt ihre Kritik an dem Artikel?

  9. @Michael M
    Zu früh abgeschickt, denn dies wäre noch zu erwähnen. Ihr Zitat:

    Also BItte: Skepsis gegenüber Wissenschaft ist genauso notwendig wie die Skepsis gegenüber Religion und Esoterik.

    Sehen sie es einfach so, Also bitte: Skepsis = Wissenschaft, mir wäre zumindest neu, daß es in der Wissenschaft Dogmen gibt, manche mögen das so sehen (sie auch?), in der Regel findet man solche Leute aber in der religiösen oder esoterischen Ecke und diese Leute haben keine Ahnung davon, daß nahezu jede neue Erkenntnis darauf beruht, daß man eine ältere verbessert oder ganz ad acta legt.

  10. Vielleicht ein Satz eines für mich großen Wissenschafters (Heinz von Förster) am Beginn: Objektivität ist die Wahnvorstellung das Beobachtungen ohne Beobachter gemacht werden können.

    Zweifellos gibt es wohl von jedem Menschen, ob Physiker oder nicht, Zitate, die derjenige besser nicht gemacht hätte, bzw. die der Zitierte nicht ganz so gemeint hat, wie derjenige denkt, der sie zitiert.

    Zum Rest: nun ja. Ich für meinen Teil würde schon eine etwas strengere Grenze zwischen den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften ziehen. Denn das Problem besteht darin, dass viele Esos der Meinung sind, dass die etwas ‚lascheren‘ ‚Beweisführungen‘ in den Geisteswissenschaften auch in den Kerngebieten der Naturwissenschaften Anwendung finden. Was so allerdings nicht der Fall ist. Was allerdings Esos nicht daran hindert, über Geisteswissenschaften zu quasseln und die Gedankenergüsse 1:1 direkt beispielsweise in der Physik oder Chemie anzuwenden. Denn gerade in den Naturwissenschaften kann man weitgehend objektive Messungen vornehmen. Heinz von Förster hin oder her.

  11. Hallo!

    Ja das kann ich auch erklären: Wissenschaft fabuliert zuviel, das meiste besteht ja nur auf Theorien z.b. „Es könnte so und so gewesen sein…“ aber keiner weiß es genau. Das sieht man an zahlreichen Beispielen wie z.b. irgendwelchen Exoplaneten die entdeckt werden und die es eigentlich gar nicht geben dürfte und halt ähnliche Dinge in den Wisseschaftsgebieten.

    Die sogenannte Pseudowissenschaft, und ich vermute mal ohne den Artikel gelesen zu haben und wie ich den Blog hier kenne: das es mal wieder um Grenzwissenschaften geht, beruft sich auf wirklich erlebtes, kann aber diese Dinge nur dokumentieren und nicht die Hintergründe erforschern da ihnen dafür wiederum das jeweilige Fachwissen fehlt. Und die konservative Wissenschaft lehnt es ab solche Dinge zu untersuchen da es eh für sie Quatsch ist.

    Auch hier habe ich ein Beispiel, die Nahtoderfahrungen:

    https://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2012/08/wissenschaftler-kritisieren-skeptiker.html

    Warum man sich weigert solchen Dingen auf den Grund zu gehen weiß ich nicht…vielleicht ist nicht genug Geld für solche Dinge da, vielleicht liegt es einfach für die Wissenschaft soweit vom ihrer Vorstellungskraft das man es trotz der Hinweise weiterhin ausschließt, vielleicht befürchtet die Wissenschaft auch einfach dumm da zu stehen wenn sie zwar Beweisen könnte das es solche Dinge gibt aber man keine Erklärung dafür liefern kann. Dabei müsste man doch eigentlich annehmen das die Wissenschaft sich auf solche Dinge stürzen müssten wegen des Forscherdrangs aber offensichtlich ersetzt der Forscherdrang noch lange nicht den „Blick über den Tellerrand“.

  12. @ Michael M. :

    Wenn also jemand den Kostruktivismus als Grundlage eines beliebigen Weltbildes heranzieht…

    Die Konstruktivisten, mit denen ich mich bislang auseinander gesetzt habe, hängen samt und sonders einer „blank slate“ – Ideologie an (siehe dazu Steven Pinker) und vernachlässigen beispielsweise, dass Menschen mit genetisch bedingt unterschiedlicher Neurotransmitterausstattung geboren werden und Reize primär anders wahrnehmen, filtern und verarbeiten.

    Da kommt dann von konstruktivistischer Seite schnell und stereotyp das Stichwort „Epigenetik“ als Scheinargument ins Spiel – ohne dass ein tieferes Verständnis für epigenetische Zusammenhänge vorhanden wäre. Wie denn auch, denn das würde fundiertes naturwissenschaftliches Grundlagenwissen voraussetzen.
    Dann doch lieber eine argumentative blackbox bemühen – wenns ganz eng wird, am besten noch die Quantenverschränkung.

    Schön, dass Sie auch das antipsychiatrische Stereotyp des „Elektroschock“ ins Spiel gebracht haben!

    Um Ihnen noch etwas Futter zu gönnen: die Elektrokrampftherapie (so heißt das nämlich korrekt) wird auch heutzutage bei sorgfälltig gestellter Indikation und unter kontrollierten Bedingungen (Anästhesie) bei bestimmten Fällen schwerster therapieresistenter Depressionen angewendet, und das auf Wunsch der Patienten selbst, denen es anschließend deutlich besser geht.

    Was nicht beachtet wurde: Sämtliche Errungenschaften der Geisteswisseschaft: Probleme bei der Beschreibung der Fälle, subjektive Beurteilung der Verbesserung (durch vortrainierte und ähnlich ausgebildete Forscher) und vieles mehr.

    Soso…“und vieles mehr“… Sie schwafeln. Sonst nichts.

  13. @Telosianer: „Das sieht man an zahlreichen Beispielen wie z.b. irgendwelchen Exoplaneten die entdeckt werden und die es eigentlich gar nicht geben dürfte“

    Solche Geschichten liest man hauptsächlich in Medien wie dem von dir verlinkten Grenzwissenschafts-Blog… Die stehen dort auf dramatische Schlagzeilen dieser Art; das die Wissenschaftler das eigentlich ganz anders sehen, wird ignoriert. Ich hab hier z.B. über so eine Geschichte geschrieben: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/09/den-stern-den-es-nicht-geben-durfte-gibt-es-doch-zum-gluck.php

    Ansonsten würde ich dir noch empfehlen, mal nachzuschlagen, was das Wort „Theorie“ in der Wissenschaft bedeutet und wie es sich von der alltäglichen Bedeutung unterscheidet…

  14. @Telosianer

    und ich vermute mal ohne den Artikel gelesen zu haben

    Ohne deinen Kommentar gelesen zu haben vermute ich mal, dass er das Thema besser treffen würde, wenn du den Artikel gelesen hättest.

  15. @Michael M.

    Also mir geht es wie Barton Fink, celsus und Adent. Ich verstehe neben den vielen vielen Worten nicht so Recht, was jetzt da die Aussage und Kritik sein soll.

    Was Kallewirsch hingegen geschrieben hat, das verstehe ich und teile auch seine Meinung (aber das verwundert mich nicht, da das ziemlich oft der Fall ist).

  16. Ich bin zum Glück weder Wissenschafter noch Esoteriker und kann mich in beiden Welten frei bewegen und mich dort bedienen, wo es mir am besten gefällt. So darf man (heute, hier in Europa) glücklicherweise denken.

    Es geht um Glauben (Annahmen, Emotionen, Nicht-Reproduzierbarkeit…) vs. Wissen (Fakten, Objektivität, Reproduzierbarkeit…). Anhand meiner eigenen Erfahrung mit mir, der Welt, meinen Genen und meiner Veranlagung muss ich anerkennen, dass für mich auch die Glaubenskomponente lebenswichtig ist. Denn ich weiss zwar, dass für mich positive Wirkung (welcher Art auch immer, in welcher Situation auch immer) durch den reinen Placebo (der wissenschaftlich belegt ist) zustandekommt, aber ich weiss auch, dass ein Gedanke und ein entsprechender Gefühlszustand tatsächlich positiv wirkt und mich dadurch glücklicher macht. Glücklicher, als wenn ich mich in meinem Leben konsequent nur an die Fakten halten würde. Was macht man mit so einer „romantischen“ Ader in sich selbst? Sämtliche pseudowissenschaftlichen Heilsversprechen gründen auf dem Effekt des Placebos. Und verschiedene Menschen sprechen nun mal auf verschiedene Gedankenwelten an (nämlich auf jene mit dem „meistbietenden“ Placebo).

    Ein Wissenschafter kann während seinem beruflichen Wirken sämtliche weichen Faktoren (Glauben, Emotionen etc.) ausklammern und sich nur an die Fakten halten. Das ist ein guter Wissenschafter. Doch derselbe Mensch kann auch gläubig sein oder abends Bücher über Farb- oder Bachblütentherapie lesen. Ist er dadurch ein weniger guter Wissenschafter? Ist er dadurch weniger glaubwürdig als Wissenschafter?

    Der Mensch wäre heute ohne Wissenschaft nicht da, wo er ist. Man kann der Pseudowissenschaft mehr vorwerfen als der Wissenschaft (Judenverfolgung, Kreuzzüge, Fundamentalismus, Scheuklappendenken, leere Heilsversprechen etc. etc.). Aber der Mensch wäre auch ohne Glauben nicht da, wo er ist. Er hätte sehr viele Herausforderungen nicht gemeistert, wenn er nie geglaubt hätte.

    Glauben versetzt Berge. Glauben ist eine menschliche Energiequelle, aber diese Quelle ist privat und darf nicht mit Wissenschaft verwechselt oder vermischt werden. Trotzdem plädiere ich an dieser Stelle für eine höhere Akzeptanz von Placebo-Triggern. Denn sie sind wichtig für die meisten Menschen (oder nicht?). Wichtig erscheint mir nur, dass man anderen Menschen seinen Placebo-Trigger nicht aufdrängen darf. Der Trigger an sich ist nicht das Problem und war es in all den vergangenen Jahrhunderten und -tausenden auch nicht.

  17. @ Vipasso:

    Doch derselbe Mensch kann auch gläubig sein oder abends Bücher über Farb- oder Bachblütentherapie lesen. Ist er dadurch ein weniger guter Wissenschafter? Ist er dadurch weniger glaubwürdig als Wissenschafter?

    Dazu müsste erst mal definiert werden, was in diesem Zusammenhang das Wort „gläubig“ bedeuten soll.

    Die Wirksamkeit (präziser: Nichtwirksamkeit) der Bachblütentherapie zum Beispiel ließe sich nach streng wissenschaftlichen Kriterien überprüfen, ist also in diesem Sinne kein Glaubensgegenstand.
    Insofern würde im beschriebenen Fall der Wissenschaftler, der ein Buch über Bachblüten liest, seinen wissenschaftlichen Verstand vermutlich eingeschaltet lassen und zum Ergebnis kommen, dass es sich hierbei um schöngeistig verpackte Placebo-„Therapie“ handelt.
    Oder er schaltet leider seinen kritischen Verstand aus (was auch immer ihn dazu bewegen mag…) und wird zum „Gläubigen“ : im Gegensatz zu all seinen sonstigen wissenschaftlich geschulten Gepflogenheiten verzichtet er darauf, das therapeutische Angebot auf wissenschaftliche Plausibilität hin zu überprüfen.

    Damit würde er definitiv zum Esoterik- Gläubigen, denn der Gegenstand „Bachblütentherapie“ gäbe es her, ihn wissenschaftlich zu überprüfen, aber aus irrationalen Gründen verzichtet er darauf.

  18. @Vipasso

    Trotzdem plädiere ich an dieser Stelle für eine höhere Akzeptanz von Placebo-Triggern. Denn sie sind wichtig für die meisten Menschen (oder nicht?).

    Wichtig mögen sie für manchen Menschen sein, aber das ist kein Argument dafür, wenn sie tatsächlich unnötig sind, nur auf Glauben beruhen und die Unwissenheit der Menschen ausnutzen. Mir erscheint es nicht redlich, die Menschen hierbei bewusst zu belügen und in dem Irrglauben zu belassen.

    Wichtig erscheint mir nur, dass man anderen Menschen seinen Placebo-Trigger nicht aufdrängen darf.

    Das wäre in der Tat wünschenswert. Leider zeigt ein einziger Gang in die Apotheke, daß dem überhaupt nicht so ist. Von den massiven Werbemethoden der Quacksalberfirmen ganz zu schweigen.

    Der Trigger an sich ist nicht das Problem und war es in all den vergangenen Jahrhunderten und -tausenden auch nicht.

    Äh, doch, eigentlich ist der schon auch mit im Problem drin. Wir dürfen hier nicht vergessen, daß Quacksalberei wie z.B. die Homöopathie eben nicht eine harmlose, weil ja wirkungslose Spielerei ist. Der Nocebo-Effekt wird hier gerne vergessen und es kommt ja tatsächlich auch immer wieder zur Verschleppung von geeigneten Therapiemaßnahmen an Kranken, weil diese, oder ihre Familienangehörigen, oft sogar aus Angst vor der richtigen Medizin, diese ablehnen und lieber weiterhin Glaubuli schlucken wollen. Oftmals mit schlimmen Folgen für den Kranken, was sich vorher leichter hätte verhindern lassen können. Hier nur ein Beispiel unter vielen:
    Homöopathie kann die Leber kosten.
    Quacksalberei ist kein harmloses Kinderspiel nur weil die Wundermittelchen oftmals keine direkte spezifische Wirkung haben. Im gesamten Kontext betrachtet (also ganzheitlich) ergeben sich mehr als genug Probleme und reale Gefahren.

  19. @Michael M

    Lustig, dass Du ausgerechnet dem Kostruktivismus jegliche Wissenschaftlichkeit absprichst aber gleichzeitig den radikalen Konstruktivisten Heinz von Förster am Anfang zitierst. Wenn man schwafelt sollte man zumindest schlüssig schwafeln…

    @Vipasso

    „Aber der Mensch wäre auch ohne Glauben nicht da, wo er ist. Er hätte sehr viele Herausforderungen nicht gemeistert, wenn er nie geglaubt hätte.“

    Wer sagt das? Wenn sich der Mensch von Anfang an eine kritischere Denkweise zugelegt hätte und nicht den religiösen Spinnern gefolgt wäre, hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, dass der Mensch viel weiter in seiner Entwicklung wäre. Götterglauben ist keine zwingende evolutionäre Notwendigkeit.

  20. Der Artikel ist gut, allerdings in einem Punkte kann ich nicht zustimmen: „Eindeutige Kriterien zur Abgrenzung zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft kann es nicht geben, da es Grauzonen und Überschneidungen gibt, in denen die Unterschiede verschwimmen oder nicht klar erkennbar sind.“

    Im Gegensatz zu obigem denke ich schon, dass eine klare Abtrennung möglich ist. Wissenschaft muss doch mindestens folgende Kriterien erfüllen, sonst ist sie keine:

    – ausnahmslos exoterisch: es darf keinerlei „Geheimwissen“ enthalten sein

    – ergebnisoffen: nicht nur können Thesen z.B. in der Naturwissenschaft widerlegt werden, sondern ggf. gilt für jede These weder die These noch ihr Gegenteil, sondern etwas völlig anderes; alle wissenschaftliche Arbeit muss sich dieser Tatsache immer stellen

    – Ockhams Rasiermesser wird angewandt: solange es keinen guten Grund für starke Annahmen gibt, werden sie unterlassen

    – auf einer möglichst kleinen Basisnomenklatur stehend, ein kontrolliertes Vokabular ausbildend, und daraufhin ausschliesslich logisch konsistente Argumentation

    – das Primat der Empirie einhaltend: auch wenn man, wie beispielsweise im geistenswissenschaftlichen oder sozialwissenschaftlichen Bereich, hin und wieder nicht in der Lage ist, empirisch zu prüfen, so besteht jedoch das Empirieprimat; liegen empirische Erkenntnisse vor, die einer Theorie widersprechen, so muss sie in Frage gestellt werden; ist Empirie möglich, so muss sie gesucht und verwertet werden

    – nicht den Grundlagen der Erkenntnistheorie widersprechend; Modelle, die Kategorienfehler enthalten oder in denen gar transzendent geschlossen wird, sind unwissenschaftlich

    Mir fällt ehrlich gesagt keine Pseudowissenschaft ein, die alle o.g. Kriterien erfüllen könnte.

  21. @Volker Birk

    Völlig einverstanden. Pseudowissenschaften können diese Kriterien nicht erfüllen.
    Der Begriff „Abgrenzung“ betrifft hier eher die praktische Anwendung. Wie kann ich im Einzelfall unterscheiden, wo ziehe ich die Grenze?
    Die Unschärfe entsteht dadurch, dass sich einige Pseudowissenschaftler sehr viel Mühe geben, es so aussehen zu lassen, als seien alle Kriterien der Wissenschaftlichkeit erfüllt.
    Aber das betrifft tatsächlich eher den Anschein.

  22. DB hat den Dr. Titel verliehen bekommen

    Damit ist allerdings nicht das Recht verknüpft, den kleinen Zusatz „h.c“ für „honoris causa“ – „ehrenhalber“ einfach wegzulassen. Zwischen einem Dr. und einem Dr. h.c. gibt es dann doch einen klitzekleinen Unterschied.

  23. Hallo!

    Wir sind eine noch recht junge und sonnenanbetende Religionsgemeinschaft und suchen noch Mitglieder. Wir sind fest davon überzeugt das die heilige Mutter Sonne uns in diesem Jahre 2012 beim Aufstieg helfen wird. Wer möchte Mitglied werden bei uns werden?

    Herzlichen Gruss, Bruder Marlon!

  24. @Kallewirsch

    Ok…das wußte ich nicht mit dem Zusatz! Insofern müsste B.r.o.e.r.s. natürlich diesen Zusatz an seinen Doktortitel anfügen. Da er das nicht tut und ganz auf den Titel verzichtet läßt in mir die Vermutung aufkeimen das er noch nicht mal einen verliehenen Doktor hat. Oo

  25. @ Ponder, Basilius, Catio: Ich gebe euch in allen Punkten vollkommen Recht, obwohl ich – zugegebenermassen – im Alltag manchmal auch an ziemlich unwissenschaftliche Dinge glaube. Für mich (und viele andere) bringen Placebo-Trigger einfach mehr Nutzen als Nachteile.

    @ Ponder: „Wichtig mögen sie für manchen Menschen sein, aber das ist kein Argument dafür, wenn sie tatsächlich unnötig sind, nur auf Glauben beruhen…“

    Doch, doch: Sie sind nicht unnötig, wenn sie niemanden in die Irre führen oder ausnutzen. Der persönliche, psychologische Nutzen ist für viele Menschen da und somit auch das Argument dafür. Einzige Bedingung: Jeder, der an irgend etwas glaubt, darf seine „Lehre“ anderen nicht aufdrängen (Religionsfreiheit gekoppelt mit Dogmatismus-Verbot). Dass man Menschen den Glauben an Irrationales ausreden kann, bleibt eine Illusion, das wird sich auch dann nicht ändern, wenn wir meinen, alles zu wissen. Aber wenn es verboten würde (wie es z. B. verboten ist, rassistische Statements von sich zu geben), anderen Glaubensinhalte aufzudrängen (der Empfänger ist der Kläger, falls eine erste Warnung zu nichts führte), dann wären Placebo-Trigger nach wie vor für viele, die meisten von uns, sinnvoll und nützlich UND, jetzt kommt’s: ohne ideologische, wirtschaftliche, politische oder wie auch immer gewickelte Sprengkraft. Placebo-Freiheit für alle, aber ohne Dogmatismus. Jeder Placebo-Trigger muss einfach deklariert werden („Achtung: Placebo-Trigger, Inhalt beruht nicht auf wissenschaftlichen Fakten“).

    Diese lockere Betrachtungsweise würde nämlich dazu führen, dass gar keine Pseudowissenschaften entstehen könnten. Und das wäre ja im Sinne aller, auch im Sinne der „Esoteriker“. In etwa so: „An alle Gläubigen: Glaubt an das, was euch hilft, denn es hilft euch, aber nehmt euren Glauben nicht so ernst“.

  26. auf den Titel verzichtet läßt in mir die Vermutung aufkeimen das er noch nicht mal einen verliehenen Doktor hat.

    Och, das kann schon sein, dass er einen Dr.h.c. von einer windigen Institution verliehen bekommen hat. Nur ist der akademisch ungefähr so viel wert, wie ihn Österreich die ‚Frau vom Doktor‘ auch automatisch im Tabakladen die ‚Frau Doktor‘ ist.

  27. Könnt ihr den Broersfan bitte ignorieren? Das ist der gleiche Spinner, der hier seit Tagen rumtrollt und ständig fragt, warum ich denn keine Auszeit nehme und der gleiche Typ, der Links zu irgendwelchen seltsamen „Models“ postet…

  28. @Florian
    Ja, wenn das der ist, dann gerne.
    Sorry, aber man erkennt die schlimmen Spinner unter all den anderen normalen Spinnern eben leider nicht so leicht.
    Vielleicht hilft ein bisschen weniger SIWOTI von meiner Seite? Ich glaube, das ist eine gute Idee.
    Ich bin dann mal eher weg.

  29. Könnt ihr den Broersfan bitte ignorieren?

    Wird gemacht.
    Ich fand sein Thema eigentlich gar nicht so schlecht zum Thread-Thema passend: Auch Titel machen aus einem Pseudo keinen echten Wissenschafter. Und schon gar nicht, wenn die Titel h.c. oder gekauft sind.

  30. @Kallewirsch

    Das wäre tatsächlich noch eine Ergänzung für den Abschnitt „Mangelhafte Ausbildung“: Gekaufte Titel und erfundene Qualifikationen.
    Beides sehr starke Indizien für Pseudowissenschaft.

  31. Hallo, mal eine Frage. Gehört das Gebiet der kalten Fusion oder wie es auf neudeutsch heisst LENR (low energy nuclear reaction) ausschliesslich zur Pseudowissenschaft? Ich mein jetzt nicht die myonenkatalysierte Fusion was ich eindeutig zur Wissenschaft zählen würde.

  32. @Point

    Die Theorie der kalten Fusion gehört durchaus in den Bereich der Wissenschaft, denn dort wird geforscht, es gibt Ergebnisse und Erkenntnisse sowie einen theoretischen und mathematischen Unterbau.

    Bei der Praxis sieht es aktuell anders aus. Die vorhandenen „Anbieter“ zeigen das typische Verhalten von Pseudowissenschaftlern. Man kann also nur abwarten, ob sie irgendwann etwas liefern oder verschwinden. Die Geheimniskrämerei dominiert das Feld. Unabhängige Prüfungen mit offenen Ergebnissen existieren nicht, was aber immer wieder behauptet wird.

    Pons und Fleischmann, die ersten Wissenschaftler, die mit dem Thema einige Aufmerksamkeit erregt haben, waren ebenfalls nicht in der Lage, reproduzierbare Ergebnisse zu präsentieren. Der Ansatz mag da durchaus wissenschaftliche gewesen sein, der weitere Verlauf der Geschichte sah dann nicht mehr so gut aus.

    Die kalte Fusion ist genau eines jener Gebiete, bei denen die Unterscheidung nicht einfach ist, gerade weil das Thema nicht ganz trivial ist. Ein Fall für die „Abwarten-Schublade“ 😉

  33. Zum Thema „aggressiv reagieren bei Entlarvung“ fällt mir etwas ein, dass ich im Forum von Marc Döhler gelesen habe (dort geht es um alle möglichen Fernsehsendungen zum Anrufen, z.B. um 9Live, ESO.TV und AstroTV). Vor einiger Zeit hat sich eine Dame in die Diskussion eingeklinkt um zu fragen, wie denn die Leute im Forum allgemein zur Esoterik stehen würden. Als dann einige Zeit später jemand meinte, er hätte unter dem Suchbegriff „(Ihr Username) kartenlegen“ bei Google herausgefunden, dass jemand unter dem Namen „professionell“ bei einem Dienstleister Karten legt, kam folgende Reaktion von ihr: https://citv.nl/forum/viewtopic.php?p=185943#185943 .
    Was denkt ihr dazu?

  34. @WinzenFlyer

    Sie reagiert auf eine Unterstellung. Egal ob die jetzt stimmt oder nicht, die meisten Menschen dürften da emotional werden. Auch wenn das nicht hilfreich ist.

    Im Artikel ist etwas in der Art gemeint, dass man den Erfinder einer Wundermaschine bittet, mal den Deckel zu öffnen, damit man sehen kann, ob vielleicht ein versteckter Mechanismus vorhanden ist. Wenn er dann aggressiv reagiert, ist das ein Hinweis darauf, dass er etwas zu verbergen hat.

    Das Randi-Video mit Hydrick ist wirklich ein Klassiker. Auch die Reaktion von Hydrick ist exemplarisch für einen „Schummler“.

  35. Sehr guter, weil geschmeidig formulierter und gut gegliederter Artikel; vielen Dank Celsus!
    Dank auch für den Link zur Kolumne von Martin Sack! Geht ma guat nei!

  36. @WinzenFlyer
    Ich finde es schade dass heutzutage solche Entlarvungssendungen nicht mehr produziert werden. Aber wahrscheinlich traut sich einfach keiner aus der Esoszene mehr ihre „Kräfte“ live und unter Aufsicht unter Beweis zu stellen. Zu Zeiten der Randisendungen haben die wohl einfach Randi überschätzt und dachten dass der schon nicht hinter ihren Trick kommen würde.

  37. @Point

    Randi unterschätzt meinst du.

    Es gab da auch noch eine andere Sendung von ihm (Psychic Investigator), da hat er die Leute einfach ihre Tricks vormachen lassen, aber das Ergebnis nur dokumentiert, nicht bewertet. So haben alle ihr Gesicht wahren können, Randi hat sich brav bei den Hellsehern bedankt, die waren weiterhin überzeugt, dass sie etwas können und sind fröhlich nach Hause gegangen. Der Zuschauer hatte aber die Möglichkeit, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Meistens war es eindeutig.

  38. Meist ist es ziemlich einfach Humbug von Wissenschaft zu unterscheiden.
    Interessant wird es aber m.E. erst wenn Wissenschaftler selbst sich in Rechthaberei verzetteln. Gerade Wissenschaftler haben m.E. manchmal die unangenehme Eigenart sich nicht irren zu dürfen, vor allem wenn es sich um ein fremdes Fachgebiet handelt.

    Ganz besonders interessant wird es aber erst da, wo Wissenschaft und Ideologie aufeinander treffen. Das gilt z.B. für Umweltwissenschaften. Die Medizin hat aber auch zahlreiche Beispiele geliefert.

    Es ist für den Laien fast unmöglich den Humbug hier zu erkennen. Und oft auch nach Jahrzehnten werden immer noch alte Mythen gepflegt, bzw. wiederaufbereitet.

    In diesem Blog fällt mir z.B. oft auf, dass die einfachste Erklärung für ein mysteriöses Phänomen als die richtige Lösung angesehen wird. Das mag in 90% der Fälle zutreffen. Es ist aber allzu oft bloß der Versuch am Ende Recht zu behalten.

    Man darf zwar sagen „wahrscheinlich handelst es sich hier um xxx“, man darf aber nicht sagen „es handelt sich hier um xxx“.

    So manche Theorie wird plötzlich zum Selbstläufer. Je öfter man sie hört und liest, je wahrer sie wird. Und wehe jemand traut sich zu widersprechen. Schon ist er ein Aussenseiter, Netzbeschmutzer, Troll und Paria.

    Auch Blogs haben manchmal etwas sektenhaftes.

    Das Wort zum Donnerstag. Wohl bekomms 😉

    Michi

  39. Bei dem Thema sei einmal mehr empfohlen: Rupnow D et al. (Hrsg.) Pseudowissenschaft. Suhrkamp Verlag, Frankfurt, 2008. Eine anregende Aufsatzsammlung mit Beispielen aus unterschiedlichen Feldern (Spiritismus, Welteislehre, medizinische Themen, Intelligent Design usw.) – und interessanten Ausführungen zum Vorwurf der „Pseudowissenschaftlichkeit“ innerhalb von naturwissenschaftlichen Debatten, z.B. im Streit um die Stringtheorie oder um Bohms Quantenmechanik.

  40. @Mich
    „So manche Theorie wird plötzlich zum Selbstläufer. Je öfter man sie hört und liest, je wahrer sie wird. Und wehe jemand traut sich zu widersprechen. Schon ist er ein Aussenseiter, Netzbeschmutzer, Troll und Paria.“

    Eine Theorie wird doch nicht dadurch wahrer, wenn man sie öfters hört oder liest. Eine Theorie wird nur dadurch wahrer, wenn sich ihre Vorhersagen in Experimenten bestätigen lassen. Wobei man in der Wissenschaft sowieso nicht davon spricht, dass eine Theorie wahr ist. Die Wissenschaft kann genau gesagt nicht beweisen, dass eine Theorie stimmt, sondern nur das sie nicht stimmt.
    Und jeder kann eine Theorie in Frage stellen, das machen die Wissenschaftler selbst andauernd. Die Relativitätstheorie wird ja auch mit immer ausgeklügelteren Experimenten geprüft, ob sich bei x Stellen nach dem Komma nicht doch Widersprüche zeigen. Wenn man aber eine Theorie in Frage stellt, sollte man schon was konkretes vorweisen können. Die meisten Einsteinwiderleger haben ja noch nicht mal die Grundlagen der RT verstanden und meinen ihre Weisheit mit den Löffeln gefressen zu haben. Das sind dann meist auch diejenigen die zurecht die Bezeichung Troll etc.. verdient haben.

    Du verwechselst Wissenschaft mit Religion. Dort steht die ganze Wahrheit in einem Buch. Man muss da auch gar nichts überprüfen, sondern man muss nur daran glauben.

  41. Vipasso· 16.08.12 · 14:08

    „Glauben versetzt Berge.“

    Haben Sie oder jemand sonst jemals sowas beobachtet?

    Ich jedenfalls hab bisher nur (zweimal) gesehen, daß Glaube gewisse Türme „versetzt“.

    /sarkasmus

  42. Wirklich faszinierend was hier abläuft. Kaum postet man etwas wird verzweifelt versucht eine Zuordnung in feindlich (eso) und freundlich (wissenschaftlich) zu schaffen. Stereotypien werden abgefeuert. @Ponder: Danke für die Belehrung zur ECT, aber nur weil etwas heute in ganz ausgesuchten Indikationsfällen mangels Alternative verwendet wird, ist das keine Rechtfertigung für den damals hoch motivierten aber falschen Forschungszugang. Um ihr Wissen über Konstruktivismus zur erweitern empfehle ich Gerhard Roth, der sehr schön die Problematik der unterschiedlichen Ausstattung mit biologischen Substraten diskutiert. Das größte Problem der Psychiatrie sind nicht irgendwelche Stereotypien sondern ihre Anwender.
    Aber das ist ein anderes Thema. Mir wäre es eigentlich um die Toleranz gegenüber anderen Meinungen gegangen. Um die Fähigkeit zu sagen: Auch wenn etwas derzeit objektiv richtig ist kann es morgen schon falsch sein. Oder noch besser: Was bedeutet schon objektiv?
    Lässt sich die wisseschaftliche Forschung leichter vorantreiben wenn man von einem absoluten Wahrheitsbegriff, oder geht es leichter wenn man sich vor Augen hält, dass alle Ergebnisse vom Forscher beeinflusst werden und zwar unabhängig von den Methoden (vom Forscher ausgewählt) und dem Untersuchungsgegenstand.
    @Volker Birk: Glasersfeld hat mit seinem Viabilitätsbegriff genau diese Ideen vertreten.
    @Catio: Habe eigentlich eher im Gegenteil gesagt, dass ich den Konstruktivismus für die einzig mögliche Grundlage einer Theorie des Wissens halte, aber vielleicht schwafel ich zuviel.

  43. @Michael M.

    …oder geht es leichter wenn man sich vor Augen hält, dass alle Ergebnisse vom Forscher beeinflusst werden und zwar unabhängig von den Methoden (vom Forscher ausgewählt) und dem Untersuchungsgegenstand.

    Wenn X-Forscher mit der gleichen Methode einen Gegenstand untersuchen und zu demselben Ergebnis kommen, wie erklären sie das dann, als Massenhalluzination? Den absoluten Wahrheitsbegriff hat meines Wissens nach kaum ein Wissenschaftler, haben sie ihn?

  44. @ Michael:

    @Ponder: Danke für die Belehrung zur ECT, aber nur weil etwas heute in ganz ausgesuchten Indikationsfällen mangels Alternative verwendet wird, ist das keine Rechtfertigung für den damals hoch motivierten aber falschen Forschungszugang.

    Es wird nicht nur verwendet, es wird intensiv beforscht.
    Der Unterschied zu früher in diesem konkreten Fall: erst jetzt gibt es die Möglichkeit (interdisziplinäre neurowissenschaftliche Forschungsnetzwerke), hier überhaupt fundierte Grundlagenforschung zu betreiben.
    Früher war man – wie übrigens in allen Bereichen der Medizin – auf das Sammeln von klinischen Fallbeobachtungen angewiesen.

    Aber was wollen Sie? – Konsequenter Weise könnten Sie nun auch die Vivisektion oder die ersten Operationen ohne Anästhesie als Strohmann-Argument gegen die naturwissenschaftlichen Prinzipien des Erkenntnisgewinns ins Feld führen.
    Das ist doch albern.

    Lässt sich die wisseschaftliche Forschung leichter vorantreiben wenn man von einem absoluten Wahrheitsbegriff…

    Sie verwechseln da was. Wissenschaftliche Forschung hat gar keinen „absoluten Wahrheitsbegriff“, sondern der Erkenntnisgewinn funktioniert – ganz platt ausgedrückt – durch Neugier,Versuch und Irrtum, modifizierter Versuch.

    Durch die vorgeschriebenen Standards für Publikationen (und damit für alle Versuchsabläufe, Testbedingungen) wird gewährleistet, dass das beschriebene Setting jederzeit von anderen Wissenschaftlern reproduziert werden kann. Somit hat man also nicht „einen Beobachter“ und schon gar nicht einen Beobachter, der ein bestimmtes Resultat erwartet.
    Die Forschungsgruppen stehen mit einander oft in Konkurrenz: dh das System zielt darauf ab, dass Fehler gefunden werden, denn man möchte ja den anderen widerlegen, ihm etwas voraus haben.

    Um ihr Wissen über Konstruktivismus zur erweitern empfehle ich Gerhard Roth, der sehr schön die Problematik der unterschiedlichen Ausstattung mit biologischen Substraten diskutiert

    Danke, dass Sie mir nicht gleich noch Joachim Bauer (den ich in vielen Punkten schätze) oder Gerald Hüther (der die „Erkenntnisse“ anderer verwurschtet) empfohlen haben. Ich habe da keinen zusätzlichen Aufklärungsbedarf, da ich in die Materie ganz gut eingelesen bin.

    @Catio: Habe eigentlich eher im Gegenteil gesagt, dass ich den Konstruktivismus für die einzig mögliche Grundlage einer Theorie des Wissens halte, aber vielleicht schwafel ich zuviel.

    Ja.

  45. Koinzidenz, oh heilige Koinzidenz!

    Wie da drüben angemerkt, stand es aus gewissen Gründen um den Nachschub bzgl der SciFi-Neuerscheinungen sehr schlecht, wollte ja nicht zwischenzeitlich ‚fremdgehen‘. Dadurch legte seit Kurzem der Abbau des ToRead-Stapels(Sachbücher) an Tempo zu und am Dienstag (also date(post)-2) mußte jenes Werk¹ seinen gemütlichen Spitzenplatz räumen und ab sofort den Pausenfüller auf Aaabeit geben.
    Kleine Vorbemerkung: Wie bei allen Büchern krakel ich beim Lesen eine Bemerkungs­sammlung auf eine der anfangs zu findenden und anfänglich (fast) leeren Seiten, Schreib- Druck- und sonstige Fehler, schöne Formulierungen, Nachzuforschendes etc und insbe­son­dere (mögliche) Querverweise und tags. Das wird dann, wenn es um das Hobby (SciFi, Musik, Serien..) oder Sachbücher geht, in die entsprechende Datenbank übernommen bzw, richtiger, in einen kleinen strukturierten² Text, den ein auf der Suche nach Neuigkeiten durch den Verzeichnisbaum streunendes Programm mit allen anderen Textschnipseln in eine Datenbank umsetzt.
    Noch’n Gedi– nee, noch’ne Vorbemerkung: Trotz Physik+IT und einer umfassenden Bröselbildung³ kann ich nicht umhin, mich auf diversen Gebieten als blutigen Laien zu bezeichnen – mit Sicherheit gilt dies für diverse philosophische Denkrichtungen wie den oben im post erwähnten Konstruktivismus.

    Die ‚Einführung in den radikalen Konstruktivismus‘ von Ernst v.Glaserfeld las sich zwar etwas weitschweifig schwammig, doch noch akzeptabel, ‚fit‘- vs ‚match‘-Modell, das läßt immerhin bei letzterem keinen Zweifel auf die Existenz einer zu ‚match’enden inter­subjektiv objektivierbaren Realität zu.
    Dann Heinz v.Försters ‚Das Konstruieren einer Wirklichkeit‘ – und als bei Seite 55f aus der Kantenverstärkungs-Verschaltung der Netzhaut-Neuronen bretthart geschlossen wurde, daß damit eine räumliche Änderung im Blickfeld erkannt werden würde, die Bewegung eines teilabschattenden Gegenstandes, kam der erste¹¹ Eintrag mitten¹² auf die Bemerkungs­seite. Denn es ist ja nicht nur erst mal nur eine wodurch auch immer entstehende Hell-Dunkel-Grenze, nein, nach Försters Grundaussage ist dieser Gegenstand ja gar nicht vorhanden, da nur intern konstruiert. Tja, wie sagte Hildchen so treffend: ‚Von nun an gings bergab‚, und zwar autorenübergreifend – unpassende Analogien, falsche Gleichsetzungen, krasse Miß- bzw Falsch­ver­ständ­nisse bzgl NaWi und und, so daß aus Platzmangel ab p75 nur noch Seitennummern eingetragen wurden, während die Bemerkung sich am betreffenden Seitenrand herumdrückte. Bei 99¹³ war Feierabend, sowohl die Woche als auch mein Ehrgeiz weiterzulesen waren am Ende.
    Der verbleibende Gesamteindruck vom Konstruktivismus läßt sich unter Vermeidung allzu unfreundlicher Formulierungen kurz ausdrücken: Ohauerha^^

    Freitag abend wurde ich, wie ebenfalls da drüben schon angemerkt, indirekt daran erinnert, daß das Einsammeln gewisser Folgen dieses Jahr noch gar nicht stattgefunden hatte. Ist mittlerweile erledigt und hat auch mit dem hier zu Erzählenden eigentlich gar nichts zu tun.
    Doch was war in der ersten der neuen Folgen, der vom 9.Jänner mit dem Titel ‚Verschwörungstheorien auf dem Prüfstand‘ zu hören? 🙂

    Koinzidenz, oh heilige Koinzidenz!

    (So, jetzt geh ich erst mal Vaters Geburtstag feiern)

    _____
    ¹ vom Flohmarkt, also etwas älter und wohl deswegen mit einem anderen, an Stabil­bau­kasten gemahnenden und damit themengerechten Titelbild
    ² die Struktur entwickelte sich Ende der 70er (Bsp dort), eine einfache MarkUp-Variante, die erstaunlich einfach in modernere Varianten wie HTML, XML und wie sie alle heißen umgesetzt werden kann, die für die benötigten Zwecke viel zu komplex und insbesondere, faul wie ich bin, zu tipp-intensiv sind.
    ³ wie eine Freundin mal formulierte: ‚Ein unerschöpflicher Quell unnötigen Wissens‘ 😉
    ¹¹ eins muß Piper gelassen werden, Satz und Lektorat des Buches sind gut.
    ¹² Tradition, damit die positiven Einträge oben stehen.
    ¹³ ein bißchen wie dunnemals beim wunnebaren Goldenen Schuß

  46. Sehr gut geschriebener Artikel. Es wäre zu wünschen, das in den Schulen nicht nur die wissenschaftlichen Ergebnisse und Entdeckungen durchgenommen werden, sondern auch wissenschaftliche Methodik gelehrt wird. Die Grundlagen dessen, wie man seriöse Wissenschaft von Humbug unterscheidet, sollten nicht durch Zufall entdeckt, sondern fester Bestandteil des Curriculum werden. Dadurch könnte gewährleistet werden das mehr Menschen Objektiv beurteilen können und der Nährboden für Hokuspokus entzogen wird.

    Früher hat man Doc Miller und seine alles heilende Wundermedizin aus der Stadt gejagt – heute nennt man ihn Alternativmediziner.

  47. @Michael M.:

    Als Positivist stehe ich dem radikalen Konstruktivismus auch insofern nahe, dass ich nicht über die Realität spreche (wenn ich sie auch keinesfalls ablehne).

    Allerdings kann man Modelle und erst recht die (geistige) Welt eben nicht konstruieren. Eine wesentlich bessere (wenn auch wiederum metaphysische) Argumentation bietet hier die Mögliche-Welten-Theorie, vertreten z.B. durch Kripke (Vorsicht, liebe anwesenden Naturwissenschaftler: gemeint ist hier nicht die Viele-Welten-Theorie aus der Physik, es geht um das hier: https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%B6gliche_Welt).

    Radikale Konstruktivisten müssen nun ihre Position verlassen, zeigt doch die MWT eine wesentlich höhere Viabilität als der Konstruktivismus 😉

  48. Was spricht denn gegen den Konstruktivismus? Natürlich ist in allen Beobachtungen und Theorieentwicklungen der Mensch, insbesondere auch dessen Kopf, involviert; natürlich entstehen alle Gedanken, Theorien und Texte in den Köpfen der Wissenschaftler, werden also dort konstruiert (oder wie immer man das nennen will).

    Zumindest solange das noch nicht automatisiert abläuft – aber wenn doch, dann wäre die Konstruktion einfach nur ausgelagert worden.

    Die wissenschaftliche Methode gibt in diesem Kontext gewisse Konstruktionsregeln vor, welche die Qualität der Theorien sicherstellen sollen. Diese Regeln sind übrigens auch von Menschen konstruiert worden. Man kommt also am Konstruktivismus garnicht vorbei.

  49. @ Realistischer:

    (Kommentar-Direktlink Realistischer· 21.08.12 · 08:32 Uhr)

    Mein Einwand zu dieser Bemerkung kam schon weiter oben:

    Kommentar-Direktlink Ponder· 16.08.12 · 13:48 Uhr

    Die Konstruktivisten, mit denen ich mich bislang auseinander gesetzt habe, hängen samt und sonders einer „blank slate“ – Ideologie an (siehe dazu Steven Pinker) und vernachlässigen beispielsweise, dass Menschen mit genetisch bedingt unterschiedlicher Neurotransmitterausstattung geboren werden und Reize primär anders wahrnehmen, filtern und verarbeiten…

    Ca 3,5 bis 5 % der Bevölkerung haben eine ADHS-Disposition und „konstruieren“ bzw prozessieren aufgrund dieser Reizfilter-und Verarbeitungsvariante/ -Störung von vorn herein anders als „Normale“ – analog gilt dies auch für Autisten, Hypersensitive etc.

    Im schlimmsten Fall werden diese neurobiologischen Besonderheiten leider einfach konstruktivistisch „weg- erklärt“:

    https://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=adskritik

    So lange die genaue Kenntnis dieser weit verbreiteten neurobiologischen Besonderheiten nicht im Bewusstsein konstruktivistischen Theoretiker vorhanden ist (dies scheint leider häufig der Fall zu sein), ist jede Theoriebildung zum Scheitern verurteilt.

    Ohnehin wären gute Kenntnisse von Entwicklungspsychologie und Neurophysiologie notwendig, um konstruktivistische Zugänge nicht zum Reservat von Pädagogen, Philosophen verkommen zu lassen, sondern in eine Synopsis mit den Neurowissenschaften zu führen – im wissenschaftlichen Disput mit diesen Disziplinen müssten konstruktivistische Ansätze sich bewähren.

  50. @Ponder: Vom Ansatz her müsste der Konstruktivismus eigentlich sehr gut mit subjektiven Unterschieden umgehen können – es sei denn man verschliesst sich dieser Fähigkeit indem man von der Konstruktion aus geht dass alle menschlichen Gehirne exakt gleich sind. Ich kenne mich aber mit den aktuellen Theorien der Konstruktivisten nicht aus, kann daher auch nicht beurteilen wie es um die Umsetzung des konstruktivistischen Ansatzes bestellt ist.
    Jedenfalls bleibe ich dabei dass der Konstruktivismus nicht von vornherein als Pseudowissenschaft abzuwerten ist, wie das der obige Text leider tut.

  51. Nähere Infos zu Reinhard Voß, Uni Koblenz, und seiner „konstruktivistischen ADHS-Kritik“:

    https://psiram.com/ge/index.php/Reinhard_Vo%C3%9F

    Besonders solche Aussagen


    Die Fragwürdigkeit traditioneller, medizinischer Konstruktionen im Sinne einer krankhaften Eigenschaft des Kindes, wie die Legasthenie (Bühler-Niederberger), „Minimale Celebrale Dysfunktion“ (MCD), „Hyperkinetisches Syndrom“ (HKS) oder neuerdings „Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“ (ADS) bleibt bestehen.
    Dies gilt im besonderen dann, wenn immer mehr Kinder derart etikettiert werden.

    Die Aussage gilt trotz aller neurophysiologischen oder genetischen Erklärungsversuche. Diesem Mythos zu begegnen, wie ich ihn bereits in „Anpassung auf Rezept“ beschrieben habe, bleibt als Aufgabe bestehen…

    https://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/zappelphilipp.pdf

    machen deutlich, dass hier versucht wird, aus weltanschaulich motivierten Gründen eine Art „Gegenmodell“ zur Genese von Lernbehinderungen oder gar komplexen, oft behandlungsbedürftigen Störungsbildern zu entwickeln und multiplikatorisch (Lehrerausbildung) zu etablieren, entgegen allen auf evidenzbasierten, mittels einer überwältigenden Menge von Studien aus unterschiedlichen Disziplinen abgesicherten medizinisch-psychologischen „state of the art“ – Störungs(-und Behandlungs)konzeptionen.

  52. @Ponder: Ich kenne den Typ nicht, keine Ahnung ob der ernsthaft wissenschaftlich arbeitet oder ein Pseudo ist der halt zufällig den Konstruktivismus für seine Zwecke gebraucht. Aber grundsätzlich, würde man z.B. die Quantenphysik auch nur nach ihrer Verwendung für die Quantenheilung o.ä. beurteilen wäre sie auch als Pseudo zu klassifizieren. D.h., man muss sich die Sachen schon näher ansehen, so ein Link auf irgendwen der irgendwas mit „Konstruktion“ schreibt zeigt noch garnichts.

  53. @ Realistischer:

    Ich kenne den Typ nicht, keine Ahnung ob der ernsthaft wissenschaftlich arbeitet oder ein Pseudo ist der halt zufällig den Konstruktivismus für seine Zwecke gebraucht.

    Immerhin hat er eine Professur für Schulpädagogik an der Uni Koblenz/Landau und hat dort ein Netzwerk konstruktivistischer Lehrer eingerichtet:

    https://www.uni-koblenz.de/~didaktik/voss/index.php?page=netzwerk

    Näheres hier:

    Reinhard Voß (geb. 1949) ist Professor für Schulpädagogik am Institut für Pädagogik, Allgemeine Didaktik/Schulpädagogik der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Koblenz. Als medizinischer Laie ist er neben Gerald Hüther einer der führenden ADHS/Ritalin-Kritiker in Deutschland. Schon sehr früh in seiner Karriere beschäftigte er sich mit dem Thema ADHS. Der Titel seiner seiner Habilitationsschrift 1985 lautete: „Die fortschreitende Medizinisierung auffälliger Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen als pädagogische und gesellschaftspolitische Herausforderung“.[1]

    Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist auch „Auffälliges Verhalten im Kontext von Schule, Familie und Gemeinde (unter besonderer Berücksichtigung der Medizinisierung auffälligen Verhaltens)“.[2] Dabei bezeichnet Voß ADHS mit dem Term „auffälliges Verhalten“, da es ADHS als valide neurobiologische Störung basierend auf seiner ausschließlich konstruktivistischen Sichtweise nicht gibt. Voß bietet als Hochschullehrer entsprechende ADHS/Ritalin-kritische Lehrveranstaltungen an – z.B. „No more Ritalin – Das ADS als schulpädagogische Herausforderung“.[3]

    Als Hochschullehrer im Bereich Didaktik installiert er damit auch die ADHS/Ritalin-Kritik in der Lehreraus- und -fortbildung.[4] Die Argumentationsweise ist dabei wie folgt: „Das ADS als theoretisches Konstrukt – Medizinisierung auffälligen Verhaltens – Medizinisches versus systemisches Paradigma“ Entsprechend selektiv und veraltet ist die Literaturliste[5] für seine Lehramtsstudenten, die in diesem Sinne Seminararbeiten schreiben bzw. Portfolios anfertigen müssen

    Read more: https://psiram.com/ge/index.php/Reinhard_Vo%C3%9F#ixzz24BW0UlzB

    Ob er ein „Pseudowissenschaftler“ ist, mag ich nicht beurteilen.
    Dazu müsste man seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen insgesamt mal genauer unter die Lupe nehmen.
    Was er zur Ritalinkritik bzw zur konstruktivistischen Sicht auf ADHS zusammengetragen hat, ist jedenfalls höchst „selektiv“ und unwissenschaftlich – siehe die Quellen bei Psiram.

  54. @Ponder: Wenn eine Art von Lebewesen unter Fettleibigkeit, Zappeligkeit u.a. leidet, kann das auch an nicht-artgerechter Haltung liegen, in solchen Fällen greift die medizinische Krankheitsbehandlung allein zu kurz und müsste tatsächlich kritisiert werden. Aber das nur nebenbei.

    Zum eigentlichen Thema Wissenschaft vs. Pseudo möchte ich anmerken dass so eine anonyme Webseite wie Esowatch selbst auch kein wissenschaftliches Qualitätssiegel hat. Könnte sein dass es stimmt was dort steht, könnte aber auch selektiv-irreführend sein.

  55. @Ponder: Wenn eine Art von Lebewesen unter Fettleibigkeit, Zappeligkeit u.a. leidet, kann das auch an nicht-artgerechter Haltung liegen, in solchen Fällen greift die medizinische Krankheitsbehandlung allein zu kurz und müsste tatsächlich kritisiert werden.

    Thema verfehlt!
    Hier geht es nicht um „Zappeligkeit als unspezifische Verhaltensstörung“ (das mag es auch geben) sondern um eine neurobiologische Konstitution mit Reizfilter- und Reizverarbeitungsschwäche, was sich in Störungen der Exekutivfunktionen, der Impulskontrolle, der Emotionsregelung, der Fähigkeit zur Daueraufmerksamkeit bzw zum Wechsel der Aufmerksamkeit, der Aufnahme von Gelerntem in den Langzeitspeicher, der angemessenen Strukturierung von komplexen Aufgaben und vieles mehr bemerkbar macht.

    Referenz ist hier nicht Psiram (ehemals Esowatch), sondern das Expertennetzwerk https://www.zentrales-adhs-netz.de
    https://https://www.zentrales-adhs-netz.de/fuer-paedagogen.html

    Konstruktivisten, Systemiker etc können ja gern über „artgerechtere Haltung“ von Schülern, auch ADHSlern etc, nachdenken, aber wenn sie dies (im Fall ADHS) unter bewusster Missachtung neurobiologischer und psychiatrischer Expertise tun („State of the Art“) und sich anmaßen, mit ihren Theorien die Evidenz der Neurowissenschaften ersetzen zu wollen, dann muss man von Ideologie, Pseudowissenschaft und „Sektierertum“ sprechen – zumal wenn billigend in Kauf genommen wird, dass Menschen im bildungsfähigen Alter eine oft notwendige Therapie (die auch Medikamente einschließen kann) vorenthalten wird.

  56. @Ponder: Ich darf daran erinnern dass die brüske Zurückweisung von Kritik als eines der Kennzeichen von Pseusowissenschaft genannt wird.

    Zum anderen Thema: Nachdem ich weder Pädagoge noch Neurobiologe bin, kann ich mich dem Thema nur abstrakt nähern. Aber sagen wir, wir haben da eine Pflanze die sehr schwach wächst, aber mit diesem besonderen (teuren) Dünger kann man das ausgleichen. Und dass das kein Humbug ist zeigen biochemische Messungen welche einen stark abweichenden XY-Spiegel und schwach ausgeprägte Z-Strutkuren nachgewiesen haben, welche per Düngereinsatz besser werden. Oder man stellt die Pflanze an ein sonnigeres Plätzchen und dort beginnt sie ganz von selbst prächtig zu wachsten…

    Ob man in so einem Fall die Pflanze krank nennt oder nicht (weil sie ja nach dem Umstellen eh tadellos wächst) ist vllt. davon abhängig ob man weiß dass es nur an der Umgebung lag oder nicht. Das muss man also erforschen, erst danach kann man diese Frage beantworten. D.h. insbesondere dass irgendwelche neurochemischen Untersuchungen alleine zu kurz greifen, wie ich vorhin schon sagte.

    Das Thema hab‘ ich übrigens sehr wohl getroffen, nur halt nicht so wie Sie das gewollt hatten.

  57. @ Realistischer:

    Das Thema hab‘ ich übrigens sehr wohl getroffen, nur halt nicht so wie Sie das gewollt hatten.

    Ach wirklich?

    Mein Argument war, dass sich Konstruktivisten nicht anmaßen dürfen, an aller naturwissenschaftlichen (in diesem Fall neurowissenschaftlicher) Evidenz vorbei (oder gar diesen zum Trotz) eigene Erklärungsmodelle für neurobiologische Störungen und psychische Erkrankungen zu entwerfen – sie begeben sich damit nämlich in ein Paralleluniversum.

    Meine Bermerkung: „Thema verfehlt“ bezog sich auf diesen Satz:

    Wenn eine Art von Lebewesen unter Fettleibigkeit, Zappeligkeit u.a. leidet, kann das auch an nicht-artgerechter Haltung liegen, in solchen Fällen greift die medizinische Krankheitsbehandlung allein zu kurz und müsste tatsächlich kritisiert werden.

    in dem „Zappeligkeit“ mit ADHS gleichgesetzt und noch dazu wie Fettleibigkeit als eine Art Zivilisationskrankheit wird.
    Sie haben also offenbar die Informationen der von mir verlinkten ADHS-Infoportale gar nicht studiert – sonst würden Sie nicht an Ihrer unwissenschaftlichen Argumentation festhalten.

    Im übrigen beinhaltet bei ADHS die „medizinische“ Behandlung auch Elterntraining, störungsbildgerechte Interventionen in enger Absprache mit den Lehrern und – wenn nötig – Psychotherapie:
    es handelt sich um eine „multimodale Therapie“, bei der die medikamentöse Behandlung ein Baustein ist.

  58. Edit:

    >>…in dem „Zappeligkeit“ mit ADHS gleichgesetzt und noch dazu wie Fettleibigkeit als eine Art Zivilisationskrankheit betrachtet wird…>>

    muss es natürlich heißen.

    Im übrigen bin ich Ihnen sehr dankbar, Realistischer, denn Sie führen geradezu exemplarisch die Fallstricke einer rein konstruktivistischen Herangehensweise vor, die sich über genetisch bedingte neurobiologische Besonderheiten einfach hinwegsetzt.
    Genau das kritisiere ich am Konstruktivismus:

    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/08/der-unterschied-zwischen-wissenschaft-und-pseudowissenschaft.php#comment352286

    Kommentar-Direktlink Ponder· 16.08.12 · 13:48 Uhr

  59. @Ponder: die Informationen die Sie verlinkt haben sind aber keine Wissenschaftlichen sondern dort wird belehrt und Propaganda betrieben. Das Mythos&Fakten-Video ist besonders auffällig – das muss man glauben, oder eben nicht, sonst lässt sich damit nichts anfangen.

    Beim Schauen dieses Videos ist mir die alte Geschichte mit der Hysterie eingefallen, eine „Krankheit“ welche dann durch den Vibrator bzw. eine lockerere Sexualmoral „geheilt“ worden ist. Ich wette dass die Äzrte damals mit derselben Selbstherrlichkeit Fakten über die Hysterie dekliniert haben wie der Sprecher im genannten Video über ADHS.

    Zum Schluss möchte ich noch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen echter und Pseudo-Wissenschaft anführen: die echte Wissenschaft behauptet nicht dass sie niemals irrt, sich niemals in eine Sackgasse begeben hätte, o.ä. Deshalb ist es auch garkein Problem, wenn sich jemand in so ein „Paralleluniversum“ begibt indem er einen von irgendeiner lokal vorherrschenden Lehrmeinung abweichenden Ansatz verfolgt. Das Ergebnis zählt.

  60. die Informationen die Sie verlinkt haben sind aber keine Wissenschaftlichen sondern dort wird belehrt und Propaganda betrieben(…)

    Da fehlt noch etwas … ah, genau, dass „weil…“ kommt das noch ?

  61. @ Realistischer:

    @Ponder: die Informationen die Sie verlinkt haben sind aber keine Wissenschaftlichen sondern dort wird belehrt und Propaganda betrieben.

    Wie kommen Sie auf das schmale Brett?

    Das Portal https://www.zentrales-adhs-netz.de ist ein Infoportal, welches offiziell vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird, und das Portal ADHS-Info ist ein Tochterportal, auf das man vom Zentralen-ADHS-Netz weiter verwiesen wird.

    Ich wette dass die Äzrte damals mit derselben Selbstherrlichkeit Fakten über die Hysterie dekliniert haben wie der Sprecher im genannten Video über ADHS.

    Weiter oben hat schon mal ein Michael M. solch ein „historisches“ Argument gebraucht, indem er auf die Elektrokrampftherapie verwies – unter Verwendung des plakativen Begriffs „Elekroschock“.

    Wenn Sie sich mit der Medizingeschichte – insbesondere der Psychiatriegeschichte – wirklich befasst hätten, dann wüssten Sie, dass das, was Sie als Merkmal echter Wissenschaft gegenüber Pseudo-Wissenschaft anführen: – die Fähigkeit zur Selbstkorrektur – gerade in den sich stetig an den neuesten Stand der Wissenschaft anpassenden Störungsbildbeschreibungen und den daraus resultierenden therapeutischen Implikationen seine konkrete Umsetzung findet.

    Dies gilt im übrigen gerade bei ADHS (vom Morbus Still angefangen über das „Minimal Brain Damage“ bis hin zu den wechselnden und mehr und mehr präzisierten Charakterisierungen in ICD und DSM): das neue DSM V wird noch dimensionaler die Auswirkungen der Störung auf mehreren Achsen beschreiben.

    Aber auch z.B. für die Entwicklung der pathophysiologischen Modelle der Störungen des depressiven Formenkreises trifft dies zu – von der alten „Melancholie“ angefangen über „Manisch-depressives Irresein“ bis zum heutigen Verständnis – wobei heutzutage immer gilt, dass keine Disziplin allein die „Deutungshoheit“ besitzt, sondern die Evidenz aus Forschungsprojekten der unterschiedlichen Disziplinen ergänzt sich und konvergiert hin zu einem mehr und mehr gemeinsam getragenen Konzept.

    Aus diesem Grund wird heutzutage in den Neurowissenschaften in Forschungsverbünden geforscht – hier ein Beispiel:

    https://www.med.uni-magdeburg.de/neuromd/neuronetzwerk.html

    Deshalb ist es auch garkein Problem, wenn sich jemand in so ein „Paralleluniversum“ begibt indem er einen von irgendeiner lokal vorherrschenden Lehrmeinung abweichenden Ansatz verfolgt. Das Ergebnis zählt.

    Und wie wird das Ergebnis validiert, wenn es in einem Paralleluniversum, abgekoppelt von jeder anderen Disziplin stattfindet?

    Und in wiefern „zählt“ das „Ergebnis“ – wenn wie im Fall der konstruktivistischen ADHS-Kritik von Voss definitiv Fehlinformationen an Lehrer weitergegeben werden und Kindern eine benötigte sachgerechte Therapie vorenthalten wird – mit der möglichen Folge einer schweren lebenslangen Beeinträchtigung?

    Genau das ist doch der Punkt:

    Wer sich heutzutage einen wissenschaftlichen Alleingang leistet, landet ruckzuck in der pseudowissenschaftlichen Nische und schneidet sich von jeder konstruktiven Korrekturmöglichkleit ab.

  62. @Basilius: Das, was man bei Anwendung der gewählten Methode heraus bekommt.

    Und wer jetzt meint, na, wenn die noch kein verwertbares Ergebnis haben dann ist es sicher Pseudowissenschaft, der soll doch bitte dasselbe Entscheidungskriterium auf die Dunkle Materie anwenden. Danke.

  63. @Realistischer
    Also gibt es dort derzeit kein Ergebnis?
    Bei der dunklen Materie weiß man wenigstens sicher (ebenso wie bei der dunklen Energie), daß es irgendetwas geben muss, nach dem zu forschen sich lohnt. Insofern passt für mich der Vergleich nicht so richtig.

  64. @ Realistischer:

    Seien Sie doch so gut und verirren Sie sich nicht in rhetorischer Schaumschlägerei!
    Die Frage von Basilius ist inhaltlich identisch mit meiner eigenen:

    Und wie wird das Ergebnis validiert, wenn es in einem Paralleluniversum, abgekoppelt von jeder anderen Disziplin stattfindet?

    Und in wiefern „zählt“ das „Ergebnis“ – wenn wie im Fall der konstruktivistischen ADHS-Kritik von Voss definitiv Fehlinformationen an Lehrer weitergegeben werden und Kindern eine benötigte sachgerechte Therapie vorenthalten wird – mit der möglichen Folge einer schweren lebenslangen Beeinträchtigung?

    Auf diese konkrete Fragestellung kann eine konkrete Antwort erfolgen – es sei denn, Sie wollten sich einer weiteren Diskussion durch Ausweichen auf Floskeln entziehen.

  65. Und noch etwas haben Sie nicht beantwortet:

    Kommentar-Direktlink Ponder· 21.08.12 · 21:03 Uhr

    @Ponder: die Informationen die Sie verlinkt haben sind aber keine Wissenschaftlichen sondern dort wird belehrt und Propaganda betrieben.

    Wie kommen Sie auf das schmale Brett?

    Das Portal https://www.zentrales-adhs-netz.de ist ein Infoportal, welches offiziell vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird, und das Portal ADHS-Info ist ein Tochterportal, auf das man vom Zentralen-ADHS-Netz weiter verwiesen wird.

    Sie bezeichneten also tatsächlich das von der Bundesregierung (Gesundheitsministerium) mit initiierte und finanziell geförderte Zentrale-ADHS-Netz als „Propaganda“- Plattform:

    https://www.zentrales-adhs-netz.de/ueber-das-netz.html

    Auf diesem Portal kann man – außer den Informationen für Therapeuten, Pädagogen und Betroffene – vor allem den aktuellen Stand der evidenzbasierten ADHS-Forschung incl. Referenzen auf derzeit laufende Studien einsehen und einen Eindruck von den Themenschwerpunkten der universitären Arbeitsgruppen gewinnen:

    https://www.zentrales-adhs-netz.de/fuer-therapeuten.html

    Was Sie also als „Propaganda“ und „nicht wissenschaftlich“ bezeichnet haben, bildet tatsächlich den derzeitigen Stand der Forschung ab.
    Was sagt Ihnen das im Blick auf Ihr konstruktivistisches Paralleluniversum?

    Sind Sie gar schon in einer verschwörungstheoretischen Sackgasse gelandet?

  66. @Ponder: „Und wie wird das Ergebnis validiert, wenn es in einem Paralleluniversum, …“

    Jede naturwissenschaftliche Theorie muss sich primär an der Natur messen. Ich gehe davon aus dass das ausser Streit gestellt werden kann. Das Verhältnis der Theorien zueinander – ob aufeinander aufbauend, sich ergänzend, oder im Wettbewerb stehend – ist eine weitere Ebene.

    Also, nur weil eine Theorie sich nicht in eine andere einfügen lässt, ist das noch lange kein Paralleluniversum, sondern es sind nur zwei verschiedene Arten von Theorien. Sonst müssten Quantentheorien auch ein Paralleluniversum bilden – sie beschreiben aber Phänomene derselben Welt wie die klassischen Theorien auch.

    Zweitens, wie schon gesagt, ist die primäre Messlatte für eine Theorie nicht, dass sie zu einer anderen passt, sondern, dass sie zur Natur – zu den relevanten Phänomenen – passt. Naturwissenschaft eben. Ich fürchte obiger Artikel ist nicht nur höchst notwendig, er ist auch unzureichend, bei dem Wissensstand hier. Wissenschaftstheorie, wo bist du?

  67. @Realistischer,

    jemanden Ansichten an zu dichten um dann dagegen anzureden ist so eine klassische Methode der Pseudos. Kommentare wie :

    Und wer jetzt meint, na, wenn die noch kein verwertbares Ergebnis haben dann ist es sicher Pseudowissenschaft(…)

    aber auch vorher schon wie

    anonyme Webseite wie Esowatch selbst auch kein wissenschaftliches Qualitätssiegel hat.

    sollte man daher besser sparen- denn derartiges wurde nicht gesagt. Und nebenbei, es gibt keine nichtverwertbaren Ergebnisse- auch die Nullhypothese ist ein Ergebnis das man diskutieren kann und muss.
    Im Übrigen, ein Satz wie

    Könnte sein dass es stimmt was dort steht, könnte aber auch selektiv-irreführend sein.

    verrät mir das die Person garnicht mit einer Wiki umgehen kann. Eine Wiki liefert eine Zusammenfassung der weiterführenden Quellen, die man selbst nachschlagen kann um sie zu prüfen, wer sich nur auf die Zusammenfasssung beschränkt, macht es falsch, was den Nachsatz „kann sein…“ unsinnig macht.

  68. @ Realistischer:

    Sie weichen aus.

    Also, nur weil eine Theorie sich nicht in eine andere einfügen lässt, ist das noch lange kein Paralleluniversum, sondern es sind nur zwei verschiedene Arten von Theorien. Sonst müssten Quantentheorien auch ein Paralleluniversum bilden – sie beschreiben aber Phänomene derselben Welt wie die klassischen Theorien auch.

    Im von Ihnen verwendeten Beispiel sind die Geltungsbereiche definiert, und Quantenphänomene sind ein Spezialfall für einen definierten Bereich innerhalb einer gültigen Theorie.

    In unserem Beispiel (ADHS) soll eine konstruktivistische Theorie auf einen neurowissenschaftlich beschreibbaren Sachverhalt angewendet werden – also soll ein und dasselbe definierte Phänomen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden.

    Jede naturwissenschaftliche Theorie muss sich primär an der Natur messen.

    Was soll das konkret bedeuten? – Das ist eine nebulöse Nullaussage.

    Zweitens, wie schon gesagt, ist die primäre Messlatte für eine Theorie nicht, dass sie zu einer anderen passt, sondern, dass sie zur Natur – zu den relevanten Phänomenen – passt.

    In diesem Fall bedeutet das konkret, dass die konstruktivistische Auffassung von ADHS zu den beobachtbaren, messbaren Resultaten der Neurowissenschaften passen muss.
    Weiter oben schrieben Sie

    Kommentar-Direktlink Realistischer· 21.08.12 · 20:05 Uhr

    …Deshalb ist es auch garkein Problem, wenn sich jemand in so ein „Paralleluniversum“ begibt indem er einen von irgendeiner lokal vorherrschenden Lehrmeinung abweichenden Ansatz verfolgt. Das Ergebnis zählt.

    Es dürfte inzwischen deutlich geworden sein, dass es sich in unserem Beispiel (ADHS) nicht um eine „lokal vorherrschende Lehrmeinung“ handelt, sondern um den derzeitigen weltweit anerkannten „State of the Art“ – zu dem natürlich immer weiter geforscht wird, dem man sich aber nicht einfach grundsätzlich verweigern kann, wie etwa Reinhard Voss das tut, indem er gegen ein „medizinisches Paradigma“ eine konstruktivistische Theorie setzt, die völlig bezuglos im luftleeren Raum schwebt.

  69. @Ponder: Sie jammern ständig darüber dass da jemand einen anderen Ansatz verfolgt als den, den Sie offensichtlich vertreten. Ja, und? Es gibt eben Wettbewerb, es gibt unterschiedliche Ansätze. Genau deshalb schrieb ich diese „nebulösen Nullaussage“, dass sich jede naturwissenschaftliche Theorie an der Natur messen muss — weil nun mal die Natur die Messlatte ist, und nicht Ihre Meinung.

    Und was die relevanten Phänomene betrifft, ist das genau die Frage: was alles ist für welche Problemstellung relevant? Die Neurologie hat da ihren Bereich – aber wie ich schon mehrfach angedeutet habe, wenn man die EInflüsse des Lebensstils berücksichtigen will, muss man auf viel mehr bzw. ganz was anderes achten — und umgekehrt, wenn man sich nur auf neurobiologische Kennzahlen fokussiert, kann man darüber hinaus keine Aussagen machen. Am allerwengsten solche der Art „das gibt es nicht“.

  70. @ Realistischer:

    Die Neurologie an sich ist ein recht eng umrissener Bereich – was Du meinst, ist die Neuropsychologie. Und natürlich kann man da, wenn man will, unendlich viele Faktoren miteinbeziehen. Nur: macht das Sinn? Und da hat die Forschung gezeigt: nein.

  71. @Ponder: Sie jammern ständig darüber dass da jemand einen anderen Ansatz verfolgt als den, den Sie offensichtlich vertreten. Ja, und? Es gibt eben Wettbewerb, es gibt unterschiedliche Ansätze…

    Sie enttäuschen mich. Solls jetzt ad personam gehen, weil die Argumente ausgehen?

    Was ich persönlich hier denke und vertrete, spielt keine Rolle, denn ich referenziere ausschließlich auf den neurowissenschaftlichen Expertenkonsens – in unserem Beispiel konkret in Gestalt des Zentralen ADHS-Netzes.

    Auf den Punkt gebracht:

    Wenn Konstruktivisten wie Herr Voss eine „theory of mind“ für ADHSler entwickeln, dann können sie dies nicht abgelöst von den relevanten naturwissenschaftlichen Disziplinen tun, unter denen die Neurobiologie oder meinetwegen auch die Neurologie nur eine ist.
    So weit haben Sie mir ja ohnehin schon zugestimmt, indem Sie sagten:

    Zweitens, wie schon gesagt, ist die primäre Messlatte für eine Theorie nicht, dass sie zu einer anderen passt, sondern, dass sie zur Natur – zu den relevanten Phänomenen – passt.

    Die „Natur“ bzw die Wissenschaften, welche diesen zu untersuchenden Bereich der Natur beschreiben, das ist – neben z.B. Genetik, Neurobiologie und Entwicklungspsychologie – in diesem speziellen Fall ganz besonders die Neurophysiologie, die Sinnesphysiologie und damit die Testpsychologie sowie die bildgebenden Verfahren.
    Letztere nehmen hier eine Art Beobachterrolle ein, weil sie zunehmend parallel eingesetzt werden, um die neurophysiologische Vorgänge „beim Arbeiten“ dokumentieren, während der Proband einen Test absolviert.

    Die Prozesse, die hier abgebildet werden, sind entscheidende Größen im Zustandekommen einer „theory of mind“ – in diesem Fall unter Berücksichtigung der besonders gearteten zentralnervösen Software von Angehörigen des ADHS-Spektrums.

    Konstruktivisten können sich schon deswegen nicht vom naturwissenschaftlichen Konsens abkoppeln, weil sie – wenn sie wenigstens einen minimalen Anspruch auf Validisierung und Vergleichbarkeit ihrer „Ergebnisse“ vertreten – zumindest definierte Kohorten bilden müssen, anhand derer sie ihre Theorien irgendwie „klinisch-praktisch“ überprüfen.
    Das setzt voraus, dass sie die gängigen Diagnosekriterien kennen und akzeptieren, dass diese tatsächlich einen Sinn machen.
    Ist dieser Minimalkonsens zugunsten einer Vergleichbarkeit aber akzeptiert, dann sollten sich die damit erzielten Resultate eben auch mit den Befunden vergleichen lassen, welche auf der Grundlage des weltweit akzeptierten naturwissenschaftlichen Konsenses in den neurowissenschaftlichen Disziplinen erarbeitet wurden bzw sie müssen dazu in Relation gesetzt werden können.

    Dieses „In Beziehung setzen“ der Forschungsergebnisse unterschiedlicher Disziplinen ist das, was gute Wissenschaft ausmacht – und nicht das Denken in isolierten Zuständigkeitsbereichen, welches Sie zu bevorzugen scheinen:

    Die Neurologie hat da ihren Bereich – aber wie ich schon mehrfach angedeutet habe, wenn man die EInflüsse des Lebensstils berücksichtigen will, muss man auf viel mehr bzw. ganz was anderes achten

  72. @Ponder: Es gibt halt unterschiedliche Beziehungen. Aus Ihren Ausführungen habe ich geschlossen, dass Sie das so sehen dass das eine das andere ausschliesst bzw. dass das andere das eine nicht in Frage stellen dürfe weil es ja State of the Art und Konsens sei.

    Die Frage ist dabei: Konsens zwischen wem? Und: was ist wenn jemand anderer Ansicht ist? Werden die dann bekämpft, ausgegrenzt, ausgelacht, als Pseudowissenschaftler diffamiert, weil sie die ach so schöne Harmonie stören?

    Wissenschaft ist aber kein kommunistischer Verein. Es müssen sich nicht alle einem Konsens von irgendeiner lokalen Mehrheit (und etwas anderes ist es nie) anschliessen. Es müssen nicht alle Theorien eng verbunden sein, das würde deren individuelle Entwicklung behindern. Ausserdem ist letzlich sowieso die Natur das Bindeglied zwischen allen naturwissenschaftlichen Theorien, um wieder auf dieses für Sie so verwirrende Argument zurück zu kommen.

  73. @ Realistischer:

    Lesen Sie doch einfach noch mal den Blogartikel – angefangen bei den Definitionen:

    Wissenschaft ist also systematisiertes Wissen, welches durch Beobachtung, Experiment und Überprüfung gewonnen wird, wobei die beobachteten Phänomene empirisch untersuchbar sein müssen.

    Wissenschaft stellt Fragen und prüft die möglichen Antworten auf ihre Richtigkeit. Das Ziel ist, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu finden und zu beschreiben.

    Damit das funktioniert und menschliche Fehler so weit wie möglich reduziert werden, ist ein umfassendes System gegenseitiger Kontrolle und die Offenlegung aller Methoden und Informationen notwendig. So werden Experimente und Erkenntnisse reproduzierbar und überprüfbar.

    Pseudowissenschaft:

    Pseudowissenschaften versuchen gewöhnlich, von der Reputation echter Wissenschaften zu profitieren, indem sie deren Vokabular verwenden und versuchen, möglichst wissenschaftlich zu wirken, ohne dabei aber die Strukturen und Verfahren der Wissenschaftlichkeit einzuhalten.

    Offene Diskussionen und Kritik findet man hier kaum, ebensowenig wie echten Fortschritt und Erkenntnisgewinn. Pseudowissenschaftliche Erklärungen für behauptete Phänomene stehen meistens im krassen Gegensatz zu naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen.

    Auf sachliche Kritik wird oft mit persönlichen Angriffen reagiert, wenn sich die pseudowissenschaftlichen Behauptungen nicht belegen lassen und kritischen Fragen nicht standhalten…

    Das sollte Ihre Bedenken hinsichtlich erzwungenem Konsens und Ausgrenzung zerstreuen.

    Ausserdem ist letzlich sowieso die Natur das Bindeglied zwischen allen naturwissenschaftlichen Theorien, um wieder auf dieses für Sie so verwirrende Argument zurück zu kommen

    In dem sehr allgemeinen Sinn, dass wir alle in dieser einen Welt leben und diese irgendwie beschreiben wollen, schon.
    Aber diese Verallgemeinerung hilft leider in der Frage nicht weiter, welche Theorien zur Beschreibung dieser „Natur“ geeigneter sind und welche weniger gut geeignet und ob wir tatsächlich alle dasselbe meinen, wenn wir über eine Sache sprechen.

    „Alles ist irgendwie mit allem verbunden“ ist Ausdrucksweise von pseudowissenschaftlicher Quanten-Beschränktheit…

  74. @Realistischer
    Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß Sie Sich im Kreise drehen.

    Aus Ihren Ausführungen habe ich geschlossen, dass Sie das so sehen dass das eine das andere ausschliesst bzw. dass das andere das eine nicht in Frage stellen dürfe weil es ja State of the Art und Konsens sei.

    Das haben Sie wohl falsch verstanden. Das eine wird nicht ausgeschlossen, weil es einer Mehrheit nicht gefällt, sondern dann, wenn es zum aktuellen Kenntnisstand im Widerspruch steht und nicht erklären kann, wieso es dennoch zutreffen sollte.

    was ist wenn jemand anderer Ansicht ist? Werden die dann bekämpft, ausgegrenzt, ausgelacht, als Pseudowissenschaftler diffamiert, weil sie die ach so schöne Harmonie stören?

    Dann ist er eben erst mal anderer Ansicht. Das ist ja jedermanns gutes Recht. Aber es geht hier nicht um eine von Ihnen postulierte Harmonie. Auch der Vergleich mit kommunistischen Vereinen ist mehr als daneben und zeigt nur, daß Sie keine Argumente mehr bringen. Die andere Ansicht muss sich schon den (möglicherweise unangenehmen) Fragen stellen, wie diese Ansicht denn in das Gesamtbild der Natur passen könnte. Ansonsten haben wir hier doch tatsächlich nichts weiter als eine einsame Insel. Eines der Kennzeichen für Pseudowissenschaft.

    Es müssen nicht alle Theorien eng verbunden sein, das würde deren individuelle Entwicklung behindern.

    Das ist Unsinn. Entweder die Theorien funktionieren auch im Gesamtbild der Natur, oder nicht. Wenn nicht, dann ist die Theorie nur eine Hypothese und mindestens unvollständig, was sich aber ausschließlich am aktuellen Kenntnisstand messen lassen kann. Wenn Sie hier wiederum eine Insel für ihre innere Harmonie fordern, dann sind Sie auf bestem Wege zur Pseudowissenschaft.
    Wie sollte diese Behinderung funktionieren?
    Mir ist keine wissenschaftliche Theorie bekannt, die dadurch behindert worden wäre, daß sie sich am aktuellen Kenntnisstand hat messen lassen müssen.
    Aber vielleicht können Sie uns das näher erläutern?

  75. @Basilius: Welches „Gesamtbild der Natur“ meinen Sie? Eine allumfassende Theorie, der alle anderen untergeordnet wären, gibt’s seit dem Tod Gottes schlicht und einfach nicht mehr.

    Ich drehe mich nicht im Kreis, ich sehe mich immer nur mit seltsam verkorksten Auffassungen von Wissenschaftlichkeit konfrontiert, denen ich dann begegne. Aber ich werde das hiermit wegen Aussichtslosigkeit beenden.

  76. Welches „Gesamtbild der Natur“ meinen Sie?

    Meinem Verständnis nach, ist damit gemeint: Unter Einbeziehung ALLER für diese Theorie relevanten Parameter aus der Natur.

    Das hört sich jetzt wie eine Binsenweisheit an, ist aber in der Realität gar nicht so einfach.
    Untersucht man die Fallzeiten von Körpern, dann stellt man fest: Das was die Nachwuchs-Physiker so ausrechnen, stimmt hinten und vorne nicht. Warum? Weil der Luftwiderstand nicht bverücksichtigt wurde. Berücksichtigt man den als Konstante stellt man fest: Schon besser, aber stimmt immer noch nicht. Man benötigt bessere Modelle um den Luftwiderstand zu berücksichtigen (Windböen, Oberflächenrauhigkeit des Testkörpers, Form des Körpers etc.) Das was vorher scheinbar eine ganz leichte Übung war, wird immer komplexer und komplizierter, je mehr ‚Umgebung‘ im Messaufbau zu berücksichtigen ist. Anstelle von Gravitation beschäftigen wir uns plötzlich mit Strömungslehre.

    Genauso kann es auch umgekehrt passieren, dass eine Theorie, losgelöst von allen Nebenbedingungen, wunderbar funktioniert. Nur wenn man das Labor verlässt und in die reale Welt hinausgeht, funktioniert nichts mehr.

    Warum ist das so?
    Weil die Physik, die du und ich in der Schule gelernt haben, sich immer nur auf einen Ausschnitt der Realität konzentriert hat, wenn es um die Modellbildung des letztlich interessierenden Effekts geht.

    Eine allumfassende Theorie, der alle anderen untergeordnet wären, gibt’s seit dem Tod Gottes schlicht und einfach nicht mehr.

    Darum gehts auch gar nicht.

  77. Weil die Physik, die du und ich in der Schule gelernt haben, sich immer nur auf einen Ausschnitt der Realität konzentriert hat, wenn es um die Modellbildung des letztlich interessierenden Effekts geht.

    Ach ja. Was ich noch sagen wollte.

    Und genau das ist auch der Grund, warum Theorien, die sich bewährt haben, nicht einfach so fallen gelassen werden, wenn die ersten Widersprüche auftauchen. Erst mal sieht man nach: Haben wir nicht etwas übersehen? Und nur dann, wenn glasklar ist, dass tatsächlich nichts übersehen wurde, man also mit einer Erweiterung oder Modifizierung nicht weiter kommt, erst dann wird ins Auge gefasst, dass man die Theorie so wie sie war wohl fallen lassen werden muss.

  78. @Ponder: Ich wette dasss sich so einige dieser „quantenmystischen“ Phänomene als genau das heraus stellen werden: mystisch, und einer eingehenden wissenschaftlicher Analyse nicht stand haltend. Aber es dauert wohl noch eine Weile bis die Faszination an diesen oberflächlichen Beobachtungseffekten abgeklungen ist und man merkt dass die eigentlich nur die weitere Erkenntnis behindern.

    Ich wette, innerhalb 5 Jahren kommt da ein Durchbruch. Wenn nicht, hab ich die Wette verloren. Bis dort hin halte ich aber jedenfalls meine Flinte im Anschlag und nehme mir weiterhin pseudowissenschaftliche Mystizismen auf’s Korn. Vor allem jene die von der Wissenschaft selbst kommen und die daher mit einer Überzeugung von Wissenschaftlichkeit präsentiert werden.

  79. Ich wette dasss sich so einige dieser „quantenmystischen“ Phänomene als genau das heraus stellen werden: mystisch, und einer eingehenden wissenschaftlicher Analyse nicht stand haltend.

    Da hast du (fast) recht. Aber anders als du denkst. Lass das ‚mystisch‘ weg und du hast genau die Situation, in der wir heute sind. Von den ‚quantenmystischen‘ Phänomenen bleibt nichts übrig. Ganz einfach deshalb, weil sie nicht existieren.

  80. @ Realistischer:

    Ich wette, innerhalb 5 Jahren kommt da ein Durchbruch.

    Wieviel bist Du bereit zu setzen? So ab 1’000 Euro steige ich ein.

  81. Ein Beispiel für Pseudowissenschaft ist die Urknall-Religion. Ein typisches Beispiel was Mathematiker anrichten, wenn sie abstrakte Konzepte verdinglichen, also menschengemachten, künstlichen, mathematischen Konzepten Eigenschaften von Objekten unterstellen. Damit wurde die klassische Physik verlassen und zwangsläufig der Bereich der Religion betreten. Die spärliche Begründung, Rotverschiebung – daraus folgend Ausdehnung des Raums – Umkehrschluss Urknall, wurde selbst vom Entdecker, Hubble, in mehreren Büchern ausdrücklich abgelehnt. Das Urknall-Konzept scheitert bereits an der 1. logischen Hürde – abstrakte Konzepte können keine physischen Eigenschaften haben. Mit Wissenschaft hat Urknall nichts zu tun. Es ist irrational, Raum/Nichts – dem Fehlen von Objekten also, Eigenschaften von Objekten anzudichten, Ausdehnung, Form etc… Weder gab es einen Urknall, noch dehnt sich das abstrakte Konzept Universum aus, noch wird es kollabieren. Das ist so, als ob man Dunkelheit, dem Fehlen von Licht, physische Eigenschaften unterstellen würde.
    Auch wenn es mathematisch korrekt ist, ist es trotzdem irrational anzunehmen, es könne einen Zustand ohne Raum und ohne Objekte (Materie) geben. Solange nicht zwischen Konzepten und Objekten unterschieden wird, kann den Leuten alles erzählt werden. Mathematisch korrekt bedeutet mitnichten, das auch die physische Anwendung sinnvoll ist. Das hat die „moderne“ Physik völlig vergessen.

  82. Auch wenn es mathematisch korrekt ist, ist es trotzdem irrational anzunehmen

    Ganz so ist es ja nicht.
    Mit der Annahme eines Urknalls kann man rechnen und Vorhersagen machen (berechnen). Und siehe da: Lässt man diese Annahme zu, dann ergeben sich einige Dinge aus den Rechnungen, die man tatsächlich beobachtet. So gesehen, ist diese Annahme diejenige, die uns am besten erklärt, warum wir viele Dinge im Universum genau so wahrnehmen und nicht anders.

    es könne einen Zustand ohne Raum und ohne Objekte (Materie) geben.

    Es ist ein beliebter Fehler anzunehmen, dass die Physik sich zum Thema „Zeitpunkt 0“ bzw. „was war davor“ konkret äussert. Denn genau das tut sie nicht. Die Physik akzeptiert, dass hier ihre Grenzen liegen.

  83. wurde selbst vom Entdecker, Hubble, in mehreren Büchern ausdrücklich abgelehnt.

    Mich würde allerdings auch mal interessieren, woher eigentlich die Bereitschaft kommt, (verdiente) Wissenschaftler aus der Geschichte als Experten für heutiges Wissen zu verkaufen.

    Hubble wusste vieles noch nicht. Als er mit seinen Untersuchungen begann, war noch nicht mal klar, ob die seltsamen verwaschenen Flecken irgendwelche Phänomäne unserer eigenen Michstrasse sind oder nicht. Von einem Mikrowellenhintergrund wusste er nichts und hat es auch nie erfahren. Wer weiß, ob er seine Meinung nicht angesichts weiterer Erkentnisse im Laufe der Zeit geändert hätte?

  84. @Kallewirsch

    Hubble wusste vieles noch nicht. Als er mit seinen Untersuchungen begann, war noch nicht mal klar, ob die seltsamen verwaschenen Flecken irgendwelche Phänomäne unserer eigenen Michstrasse sind oder nicht.

    Hubble hatte Cepheiden in anderen Galaxien entdeckt und konnte damit eindeutig feststellen, dass sie nicht zur Milchstraße gehörten. Hubble und Lemaitre wussten außerdem genau, dass die Spiralnebelflucht einen Urknall implizierte. Hubble hatte ja sogar ein Weltalter ausgerechnet, dass wegen seiner recht ungenauen Messungen allerdings jünger als das damals schon ungefähr bekannte Erdalter heraus kam. Und Einstein hatte dank dieser Entdeckung seine kosmologische Konstante eingemottet und sie als seine „größte Eselei“ bezeichnet.

    Es gibt zig Hinweise auf den Urknall, für die es keinerlei andere Erklärung gibt. Man kann höchstens einzelne Aspekte wie die Rotverschiebung durch eine in keinster Weise verifizierte neue Physik („müdes Licht“ und dergleichen, hat im Labor noch keiner gesehen) erklären, aber nicht alle Aspekte gemeinsam. Unklarheit besteht auch nur noch bzgl. der ersten 10^-30 Sekunden und was bei diesen Energien passiert ist.

    Die Urknalltheorie erklärt wunderbar
    – die Rotverschiebung der Spiralnebel bei diversen Entfernungen
    – das Verhältnis von Wasserstoff zu Helium und Lithium im ursprünglichen Gas
    – die Abnahme der Sternentstehungsrate, die bei hohen Rotverschiebungen zehnmal höher war als heute
    – die Reionisation des Universums
    – dass es keine nahen Quasare gibt
    – die Entstehung der Sternpopulationen I, II und III
    – das Alter der Kugelsternhaufen und der ältesten Sterne
    – das Wachstum der Galaxien, die bei hohen Rotverschiebungen noch alle kleiner waren
    – die fadenartige Struktur der Galaxienhaufen
    – die kosmische Hintergrundstrahlung
    – die Flachheit und Isotropie des Universums (wenn man die kosmische Inflation mit hinzu nimmt)
    – die Feinstruktur in der kosmischen Hintergrundstrahlung

    Das alles muss eine alternative Theorie erklären. Es gibt aber keine, die das tut. Und Alternativen zur Dunklen Materie und Dunklen Energie stellen den Urknall gar nicht in Frage, sondern nur genau diese Aspekte. Ohne Dunkle Energie bekommt allerdings Probleme mit dem Alter der ältesten Sterne.

  85. An sich ein guter Text, aber es erweckt den Eindruck, dass es unmöglich ist ohne Studium überhaupt die Fähigkeiten erworben zu haben. Meine Kollegen haben Jahre an Studium hinter sich und arbeiten länger im Bereich und ich bin wohl kein Schummler, wenn mir deren Wissen als simpel erscheint, da es sich aus purer Logik ergibt. Dann auch noch einfach gar keine Ausbildung haben und mehr zu sagen haben ist vielen ein Dorn im Auge.
    Natürlich ist Informatik nicht mit elementarer Physik zu vergleichen, dennoch füllt mein Wissen in dem Bereich auch 100te Bücher und es gibt Menschen, die in der Lage sind ohne Bücher oder Lehrer Wissen zu generieren. Künstliche Intelligenz ist in meinen Augen für mich nicht unerreichbar, nur weil ich nicht alle Wissenschaften studieren konnte. Aber man braucht auch keine Hilfe um lesen und schreiben zu können, wenn man nicht dumm ist.

    Wie gesagt absolut nicht analog zur Naturwissenschaft, aber viele Ansätze meiner (produktiv laufenden Lösungen) basieren aus Beobachtungen aus der Physik. Die Natur ist „faul“ und Informatiker auch. Ich kenne da leider auch die Diskussionen, dass ich keine „Belege“ für meine Überlegungen habe. Nur habe ich den Vorteil, dass Steigerungen um 1000% bei der Verarbeitungsmenge dann einfach nicht weiter besprochen werden müssen. Aber man hält lieber seine klappe, wenn man die Optimierungen auf Rückschlüsse von fraktalen Antennen in Handys gezogen hat und man der Meinung ist, dass man sehr viel mehr als nur Funkwellen interpolieren/verschachteln kann. (Chaos-Theorie/Seltsame Attraktoren + Binärbäume).

    Noch mal um niemanden zu provozieren: Ich will nicht behaupten, dass dies mit Naturwissenschaften wirklich vergleichbar ist, aber es gibt überall Talente und diese sind nicht gleich „Pseudo“, nur weil der Dr.-Titel fehlt 😉

  86. Der letzte Satz stimmt. Der ist trivial. Der Dorn im Auge, von dem du sprichst, könnte aber auch eine Reaktion auf dieses exotisch völlig übergeypte Konzept der sog. „Arroganz“ sein, von dem du wahrscheinlich noch nie gehört hast.

  87. @TheTux

    An sich ein guter Text, aber es erweckt den Eindruck, dass es unmöglich ist ohne Studium überhaupt die Fähigkeiten erworben zu haben.

    Also ich finde nicht, daß „es“ das tut.

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