Wissenschaft sieht sich oft dem Vorwurf gegenüber, zu teuer und zu nichts gut zu sein. Das trifft besonders auf Disziplinen wie Astronomie oder Physik zu, die einerseits große Geräte wie Teleskope, Satelliten oder Teilchenbeschleuniger verwenden und andererseits intensiv Grundlagenforschung betreiben. Im Gegensatz zur angewandten Forschung weiß man bei der Grundlagenforschung vorher noch nicht, was sich damit später einmal anfangen lässt. Aber es ist trotzdem enorm wichtig, diese Art von Forschung durchzuführen. Wie der Name schon sagt, stellt sie die Grundlage jeder weiteren Forschung dar. Jede Anwendung; jedes technische Gerät entspringt der Grundlagenforschung. Manchmal dauert es halt ein paar Jahrzehnte, bevor sich eine Anwendung ergibt (so war es zum Beispiel mit dem Laser und der Quantenmechanik). Aber eins ist sicher: Ohne Grundlagenforschung gibt es auf jeden Fall irgendwann keine neuen Anwendungen. Trotzdem ist das „Zu teuer und zu nichts gut“-Argument weit verbreitet und beliebt.
Die Entdeckung des Higgs-Teilchens ist ein gutes Beispiel. Dabei handelt es sich definitiv um Grundlagenforschung. Durch die Entdeckung des Higgs-Teilchens erwachsen uns unmittelbar keine neuen Anwendungen. Wir wisse nun „nur“ ein wenig mehr über das Universum als vorher (was irgendwann mit ziemlicher Sicherheit zu neuen Anwendungen führen wird). Um das Higgs zu finden, brauchte man eine große und teure Maschine. Und neben den vielen positiven Stimmen zur Entdeckung gab es hier natürlich auch die, die meinten, der Betrieb eines Teilchenbeschleunigers wie des LHC sei reine Geldverschwendung. Das Geld könnte anderswo doch viel „sinnvoller“ eingesetzt werden.
Dieses Argument ist aus mehreren Gründen falsch. Einmal ist Forschung gar nicht so teuer wie immer angenommen wird; auf jeden Fall nicht, wenn man sie mit anderen Ausgaben vergleicht. Und dann ist das Geld natürlich auch in der Grundlagenforschung sinnvoll eingesetzt. Nicht nur, weil es ohne Grundlagenforschung keinen wissenschaftlichen und technischen Fortschritt mehr gibt (und der ist die Grundlage zur Lösung der meisten großen Probleme die wir haben). Forschung ist auch ganz für sich alleine eine sinnvolle Tätigkeit. Zach Weiner hat das in einem seiner Comics gut zum Ausdruck gebracht:
Genau! Wer braucht schon den Eiffelturm? Was nützen uns die großen Pyramiden? Wozu ist die Mona Lisa im Louvre gut?
Wir sind Menschen. Und weil wir Menschen sind, besteht unser Leben aus mehr als nur der Befriedigung unserer grundlegender Triebe. Wirklich brauchen tun wir nur Nahrung und eine Möglichkeit uns fortzupflanzen. Aber um wirklich zu leben, brauchen wir mehr. Wir brauchen die Mona Lisa, die Pyramiden, den Eiffelturm und all das was sie in uns auslösen. Wenn wir die Mona Lisa betrachten, dann befriedigt uns ihre Schönheit. Wenn wir die Pyramiden ansehen, dann fasziniert uns ihr Alter und ihre Geschichte. Das gleiche gilt auch für die Forschung. Wir erforschen die Welt nicht nur, weil wir mit diesem Wissen irgendwelche neuen Maschinen bauen wollen. Wir erforschen sie, weil wir Menschen sind, und weil wir die Welt verstehen wollen. Wir können nicht anders und es gut so. Der Blick auf die Welt, die uns große Teleskope oder Teilchenbeschleuniger liefern, ist für viele Menschen genauso wichtig und befriedigend wie es der Blick auf ein Gemälde oder die Lektüre eines Buches ist.
Ein Wissenschaftler wurde einmal gefragt, ob er die Kosten des Hubble-Teleskops für gerechtfertigt gehalten hatte. Immerhin ist es eines der teuersten wissenschaftlichen Instrumente und hat bis jetzt insgesamt ungefähr 10 Milliarden Dollar gekostet. Die Antwort des Wissenschaftlers lautete: „Das Hubble-Teleskop mag zwar teuer gewesen sein. Aber es hat uns das Universum gebracht!“. Und dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen…
DANKE Florian sehr guter und richtiger artikell hoffentlich lese es viele!!!!
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Wir erforschen sie, weil wir Menschen sind, und weil wir die Welt verstehen wollen. Wir können nicht anders und es gut so. Der Blick auf die Welt, die uns große Teleskope oder Teilchenbeschleuniger liefern, ist für viele Menschen genauso wichtig und befriedigend wie es der Blick auf ein Gemälde oder die Lektüre eines Buches ist.
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Ein Wissenschaftler wurde einmal gefragt, ob er die Kosten des Hubble-Teleskops für gerechtfertigt gehalten hatte. Immerhin ist es eines der teuersten wissenschaftlichen Instrumente und hat bis jetzt insgesamt ungefähr 10 Milliarden Dollar gekostet. Die Antwort des Wissenschaftlers lautete: „Das Hubble-Teleskop mag zwar teuer gewesen sein. Aber es hat uns das Universum gebracht!“. Und dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen…
Ich denke, die Diskussion, ob Forschung zu teuer sei, ist oberflächlich. Wie du auch sehr schön begründet hast. Man muss eben nur einmal die Ausgaben mit anderen Feldern vergleichen. Sehr aufschlussreich ist dabei auch der Vergleich mit Rüstungsausgaben.
Nichtsdestotrotz ist die Frage nach dem Zweck von Grundlagenforschung überhaupt nicht einfach. Die angewandte Forschung beantwortet gestellte Fragen, währenddessen die Grundlagenforschung ungestellte bearbeitet, wobei dabei neue Fragen aufgeworfen werden. Die Anwendung zeigt sich dann meist erst Jahrzehnte später. Ob dann tatsächlich mit diesem neuen Wissen Krebs geheilt wird oder Waffen hergstellt werden entzieht sich leider dem Einfluss der Entdecker. Und da liegt das Problem. Das ist die alte Frage von der Verantwortung, die mit dem Wissen einhergeht. Insofern kann man sich als Wissenschaftler eben nicht als reiner Wissenserzeuger betrachten, sondern muss sich der gesellschaftlichen konsequenzen seiner Forschung bewusst sein. Und genau hier steht dann unser Eifelturm auf dem wir sitzen.
Genau.
Kultur ist unbezahlbar. Sie ist es, was das Leben ausmacht. Aber selbst knickerig-buchhalterische Erbsenzählerei muss richtig gemacht sein: Grundlagenforschung spielt mehr ein als sie kostet. Sieh‘ mal die Nobelpreise in Physik durch. Röntgenstrahlung, Elektromagnetische Wellen, Halbleiter… alles *MultiMultiMultiMilliardenmärkte*. Anwendungsforschung bringt Optimierung. Grundlagenforschung ist die Basis für Innovation. Vielleicht auch noch das dazu: https://www.smarts-club.com/2012/04/invention-innovation-and-carrier.html
Das Thema wird wohl unsterblich sein.
Wenn man bedenkt, für welchen Mumpitz weltweit Unmengen an Geld verplempert wird, dann könnte man auch woanders ansetzen.
Erich Überlacker (damals Planetarium im Hamburger Stadtpark – der hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_%C3%9Cbelacker )
hat nach einem herrlichen Vortrag so 1983/ 1984 mit dem damals neuen Projektor (Modell VI) auf meine Frage, was der Projektor gekostet habe, lächelnd geantwortet: „Deutlich weniger als eine einzelne Pershing-2.“ Eine feine Antwort.
Wenn man sich dazu dann vorstellt, daß in den vierziger Jahren (theoretisch) z. B. ein Albert Einstein auf einen Bertrand Russell hätte schießen müssen, dann wird es richtig grell.
Ach ja – es lohnt sich, das Planetarium zu besuchen – vielleicht nicht unbedingt für die „Cracks“, aber für „normale“ Interessenten (sorry, aber es ist wohl klar, wie das gemeint ist):
https://www.planetarium-hamburg.de/service/allgemeine-informationen/
Beste Grüße
Als bekennender Kunstbanause (zumindest hinsichtlich Skulpturen und Gemälden) frage ich mich auch manchmal, warum so ein Aufwand um ein 500 Jahre altes Bild von einer merkwürdig lächelnden Frau gemacht wird. Alleine die monatlichen Kosten für Sicherheitsvorkehrungen und Unterhalt des Louvre dürften exorbitant sein, von gelegentlichen Restaurierungen ganz zu schweigen. Wie viele Babies in der dritten Welt könnte man damit vor dem Verhungern retten? Das übliche Totschlagargument eben.
Insofern kann ich es gut verstehen, wenn viele nach dem Sinn des LHC und seinen Ergebnissen fragen, besonders, da nach Teilchen gesucht wird, die sich jeglicher Wahrnehmung entziehen und nur durch statische Untersuchungen in völlig verrauschten Daten nachweisbar sind. Für mich ist das wahnsinnig spannend, für andere schlicht Geldverschwendung.
Wir nennen uns Menschen, aber evolutionär betrachtet sind wir immer noch Tiere. Ich glaube, zum derzeitigen Stand der Evolution wird es schwer sein, einen Konsens über die Zweckmäßigkeit von Dingen zu finden, die über Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung hinausgehen.
Mich „befriedigt“ die „Schönheit“ der Mona Lisa überhaupt nicht. Ich finde das „Gemälde“ struntz-hässlich.
Das schöne ist, mir kann da niemand widersprechen, da dies eine (meine) subjektive Meinung ist und über subjektive Dinge zu streiten, ist quasi sinnlos und Zeitverschwendung.
10 Milliarden für das Hubble-Teleskop ist schon ein ungeheuer großer Preis. Eigentlich überhaupt nicht zu rechtfertigen, wenn man bedenkt, dass der Rüstungsetat der USA nur 549 Milliarden beträgt, der bundesdeutsche Rüstungsetat sogar nur läppische 32 Millarden. Für ein Jahr versteht sich – das Hubble-Teleskop hält niemals so lange!
Mensch und Tier sein ist kein Gegensatz. Mensch ist lediglich eine Gattungsbezeichnung für eine spezielle Tierart. Man kann ja auch gleichzeitig „Katze“ und „Tier“ sein.
Das was den Menschen von anderen Tieren unterscheidet ist die herausragende Rolle der Kultur. Ein einzelner Mensch ist nichts besonderes. Das sieht man ja an den Berichten von Menschen die von anderen Tieren großgezogen wurden.
Ohne dieses „Was kostet das“ wäre unsere Welt schon viel weiter entwickelt – das ist meine Überzeugung. Roboter könnten unsere Klos putzen, Autos mit Autopilot fahren – was auch immer. Wie viele Projekte werden nicht durchgeführt, weil sie Geld kosten, das keiner zahlen will oder kann (z. B. Warum müssen Menschenn noch immer hungern und an heilbaren Krankheiten sterben.). Ich bin froh über jedes Projekt, das durchgeführt wird – nur der Neugier und des Wissensdrangs der Menschen willen. Sei es die Raumfahrt (die ja auch schon totgespart wird), seien es Teilchenbeschleuniger oder Ausgrabungen nach uraltem Zeugs. In solchen Projekten ist Geld doch vernünftig gebunden. Da frag ich mich doch eher: Wozu braucht man Finanzobligationen und Spekulationen mit Lebensmitteln – dort ist so viel Geld im Umlauf, welches eigentlich ganz dringend und sinnvoll für fassbare und fortschrittliche Projekte genutzt werden kann, auf die die Menschheit irgendwann einmal stolz sein wird.
@mfkns
Wie soll man Verantwortung übernehmen wenn, wie du ja selbst schreibst, dass Wissen der Anwendung (locker Jahrzehnte aufbauender Forschung) in der Zukunft liegen kann ?
@Arnd
Solche Menschen gibt es nicht.
Man denke auch nur an eine Forschungsarbeit zu sehr schwachen Klebstoffen, bei der sich jeder fragte wozu der Scheiß denn gut sein solle denn Klebstoffe müssen ja kleben. Bis ein pfiffiger Mensch einen Vortrag darüber hörte und auf eine glorreiche Idee kam, die wir heute als Post-It-Zettel kennen, lieben und die kaum noch aus dem Alltag (und der Kunst) wegzudenken sind.
Aber als Erwiderung zu Spekulationen ob man nun das Higgs Boson suchen sollte oder nicht und ob das Geld zum Fenster herausgeschmissen ist, empfehle ich folgenes:
„Wenn du dir im Alter den Einbau eines Treppenlifts sparen willst und lieber mit deiner Antigravitationsgehhilfe ins Bett schweben möchtest … halt die Fresse und spende für den LHC.“
@Arndt
„Das was den Menschen von anderen Tieren unterscheidet ist die herausragende Rolle der Kultur. “
Wenn Du mit Kultur die Dinge meinst, die nicht lebensnotwendig sind, dann gebe ich Dir recht. Wir haben uns bisher nur noch nicht darüber geeinigt, welche Dinge nicht lebensnotwendig aber trotzdem sinnvoll sind.
@para: So ein Unsinn. Hier eine Liste:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfskind#Bekannte_F.C3.A4lle
Ich finde es grauenhaft, wenn nur noch nach kurzfristigem Profit gefragt wird. Auch wenn dieser unsägliche Trend ja mittlerweile selbst die Medizin und zum Teil auch die Schulen erreicht hat. Eine Gesellschaft, die langfristige Planungen aus Gier und Profitstreben vermeidet und sich ganz der Kurzfrist hingibt, wird nicht lange existieren. Darwin lässt grüßen 😉
Ich finde aber, die Naturwissenschaften haben es hier sogar noch gut! Man frage mal bei den geisteswissenschaftlichen Kollegen nach, wie es da mit der Bereitschaft zur Finanzierung aussieht. Wer braucht schon Soziologen und so, gelle?
@Mela:
Einfach nur geil. 😀
@Arnd
Wenn jemand von Menschen verwahrlost oder ausgestoßen wird und dann jenseits der Gesellschaft zusammen mit anderen sozialen Tieren lebt, bedeutet das noch lange nicht „großgezogen“. Das gerade Kinder Verhalten immitieren ändert daran nichts. Das Ganze wurde damals von Singh groß in die Welt gesetzt und seither findet sich auch deutlich Widerspruch, aber Legenden halten sich eben. Kaum findet man ein verwahrlostes Kind wird darauf gern zurückgegriffen, wie in den letzten Fälle aus Russland. – naja, OT
Der Spruch: Grundlagenforschung bringt nichts ein außer ein paar Erkenntnisse, ärgert mich immer mal wieder und stimmt vor allem so einfach auch nicht. Auch ein Grundlagenforschungsprojekt wie der LHC kostet nicht nur Geld sondern bringt, neben allgemeinen Erkenntnissen zur Physik des Standardmodells, auch schon während der Bau- und Betriebsphase viele nützliche Dinge und Erkenntnisse.
So kann ich mir gut vorstellen, dass die Kunst, einen 27 Kilometer langen Tunnel in 400 bis 700 Meter Tiefe anzulegen, sowie die Entwicklung der hierfür nötigen Werkzeuge und Legierungen für Bohrer, schon heute im Straßenbau zum Einsatz kommen und den sowieso schon horrend hohen Beitrag pro Autobahnkilometer ein wenig senken konnten.
Oder einen solchen 27 Kilometer langen Tunnel mit supraleitenden Magneten zu versehen (was möglicherweise in der Kälte- und Klimatechnik neue Impulse gab).
Oder die gigantischen Datenraten die völlig neue Kompressionsverfahren nötig machten, um noch vor Ort bereits wichtige und unwichtige Daten zu filtern (letztere Verfahren könnten vielleicht dazu beigetragen haben, dass youtube und co. solch einen Erfolg haben).
Das sind zwar alles nur Vermutungen von mir, aber ich denke schon, dass bereits um solch ein Mammutprojekt zu planen, zu errichten und in Betrieb zu nehmen ein großes Know-How aus vielen Bereichen von Wissenschaft und Technik benötigt wird. Und ich kann mir gut vorstellen, dass eine nicht geringe Menge dieser Erkenntnisse schon heute vielfältige Anwendungen in unser aller Leben verwirklicht hat.
Der Spruch aber, Grundlagenforschung bringe nichts, ist, wie es auch in dem Artikel sehr schön geschrieben ist, genauso dumm wie die Forderung, Kunst abzuschaffen.
@JanG: „Der Spruch aber, Grundlagenforschung bringe nichts, ist, wie es auch in dem Artikel sehr schön geschrieben ist, genauso dumm wie die Forderung, Kunst abzuschaffen. „
Ich hab nie gesagt, das Grundlagenforschung „nichts“ bringt. Sondern nur, dass man sie nicht deswegen macht, um daraus sofort Anwendungen zu gewinnen. Das es viele Spin-Offs gibt, ist natürlich richtig. Aber das hat nichts mit der Grundlagenforschung zu tun.
@ FF:
Äääh, ich glaube, Du hast da gerade etwas falsch verstanden…
@noch’nFlo: Was hab ich falsch verstanden? Man macht Grundlagenforschung, weil man mehr über die Welt herausfinden will. Man hat den LHC gebaut, weil man das Higgs finden wollte; die Supersymmetrie, etc. Das man im Zuge des Baus auch mehr über Fragen der Konstruktion von langen Tunneln gelernt hat, ist gut. Aber das ist keine Grundlagenforschung und nicht der Grund, warum man sie durchführt.
@ FF:
Das hat JanG auch gar nicht behauptet. Er hat lediglich geschrieben, dass er dies immer wieder von anderen Leuten zu hören bekommt. Und dass ihn das ärgert.
Entspannung…
Ich glaube auch, daß JanG die verbreiteten Kritken an Forschung und deren oft saftigen Kosten angeführt bzw. gemeint und kritisiert hat und nicht z. B. FFs Meinung wiedergeben oder kritisieren wollte. Und soweit seid Ihr ja auch gar nicht auseinander, da zum einen Grundlagenforschung sicher irgendwann etwas bringen wird (wenn auch nicht unbedingt im Rahmen einer quasi linearen Entwicklung) und JanG daneben auch die dafür erforderlichen und meist innovative Ingenieursleistungen (z. B. für den LHC Tunnelbau, Metallurgie, Datenverarbeitungsverfahren etc.) als positive „Nebeneffekte“ angeführt hat.
Naja. Ich bin ja sehr für Grundlagenforschung, aber ich bin mir nicht sicher, ob dieses Argument einen echten Kritiker solcher wissenschaftlichen Großprojekte wirklich überzeugen kann. Das Argument ist ja: „Kunst und historische Architektur (die mitunter ja auch Unsummen kosten) finden wir doch auch toll, obwohl es keinen praktischen Nutzen hat, also können wir doch wissenschaftliche Großprojekte genauso toll finden“. Ich finde, der Vergleich funktioniert nicht aus zwei Gründen.
Zum einen ist es eine empirische Frage, ob Dir die Mehrheit überhaupt zustimmen würde, dass wir Kunst und Architektur so toll finden. Eiffelturm und Mona Lisa sind jetzt vielleicht keine besonders kontroversen Beispiele. Aber nicht umsonst gibt es den Spruch „Ist das Kunst oder kann das weg?“. Es gibt viele Kunstwerke, die zu sehr hohen Preisen ge/verkauft werden, die viele Menschen nicht einmal von Nicht-Kunst unterscheiden können. Ein Kritiker könnte Dir also erwidern: nee, moderne Kunst finde ich doof, moderne Architektur finde ich genauso doof, und wissenschaftliche Großprojekte ebenso.
Zum zweiten bezweifle ich folgendes:
Sicher, für die involvierten Wissenschaftler und interessierte Laien mag das so gelten. Aber mal ernsthaft: man muss schon ziemlich viel Imagination und Fachwissen haben, um die Ergebnisse am LHC wertschätzen zu können. Ich behaupte mal, bei den von Dir verwendeten Beispielen aus Kunst und Architektur (man könnte hier bestimmt auch den Sport hinzufügen) ist das schon anders. Es haben mit Sicherheit mehr Menschen einen Urlaub in Paris verbracht und dabei den Eiffelturm gesehen (die Freiheitsstatue oder die Pyramiden besucht/ein Fußballspiel gesehen) als den LHC. Dass Freiheitsstatue, Eiffelturm und oder der SV Werder Bremen mehr mit unserer Lebenswirklichkeit zu tun haben, liegt natürlich auch an der medialen Vermittlung. Wenige heute lebende Menschen sind per Schiff in die USA ausgewandert, und bei der Immigration an der Freiheitsstatue vorbeigekommen. Allerdings sind uns entsprechende Bilder aus Büchern oder Filmen präsent, und wir können uns entsprechende Geschichten vorstellen (unabhängig davon, wie zutreffend die sein mögen). Welche Geschichte soll jemand mit dem LHC verbinden?
Das mag sich alles ändern, und eines Tages werden die Leute vielleicht genauso stolz auf den LHC sein, wie sie den Eiffelturm bewundern (der ja auch nicht von Beginn an so beliebt war). Momentan finde ich aber andere Argumente für Grundlagenforschung wichtiger: es kostet vergleichsweise weniger als man denkt und der Nutzen ist langfristig größer als man erwarten mag.
Als bekennender Kunstbanause (zumindest hinsichtlich Skulpturen und Gemälden) frage ich mich auch manchmal, warum so ein Aufwand um ein 500 Jahre altes Bild von einer merkwürdig lächelnden Frau gemacht wird. Alleine die monatlichen Kosten für Sicherheitsvorkehrungen und Unterhalt des Louvre dürften exorbitant sein, von gelegentlichen Restaurierungen ganz zu schweigen. Wie viele Babies in der dritten Welt könnte man damit vor dem Verhungern retten? Das übliche Totschlagargument eben.
Doch, ich kann Dir widersprechen (der schwarze Ritter kann jedem widersprechen!). 🙂
Mir gefällt die Dame nämlich auch nicht, und das ist auch kein Wunder, denn wir haben heute ein anderes Schönheitsideal. Der wahre Kunstbanause bist damit auch nicht Du, denn Du hast Dir das Bild immerhin angeschaut, und ein ästhetisches Urteil dazu abgegeben.
Nur stimmt die Reflexion eben nicht – Dein Urteil ist nicht subjektiv, und darüber zu streiten wäre auch keine Zeitverschwendung.
„…ich kann diese Menschen nicht verstehen, die die steilen Berge erklimmen und sich unnötigerweise in Gefahr begeben…“, dann wendete er sich vom Fernseher wieder seinem Puzzle zu und setzte kopfschüttelnd das Teil ein, welches er die ganze Zeit in der Hand hielt.
Wie Du erwähntest: Aufnahme der Nahrung, Erhaltung der Art, schlafen und das Lulugehen sind Dinge, die notwendig sind, um zu „existieren“. Aber darüber hinaus gibt es das Phänomen der selektiven Wahrnehmung die die eigene Weltanschauung als wichtig, die andere vielleicht als weniger wichtig ansieht (bedenklicherweise also auch die Forschung).
Eventuell reicht es in der Argumentation aber schon, dem „Bergsteiger“ oder dem“Puzzlespieler“ oder uns allen selektiv Wahrnehmenden zu vermitteln, wieviel (Grundlagen-)forschung notwendig war, die modernen, vorteilhaften Materialien, Geräte und Dinge zu entwickeln, die ihnen ihre Lebensanschauung erst ermöglichen (also in diesem Beispiel auch nicht den Fernseher vergessen, oder das Auto für die Anreise oder… 🙂
Ich sage dann gerne drastisch (und daher absichtlich ein bißchen an der Realität vorbei): Gäbe es keine Forschung, würden wir immer noch auf der Wiese sitzen und uns von Säbelzahnlöwen fressen lassen… oder?
Hmmm… ich finde den Comic zwar nett, aber als „Gegenargument“ taugt das Beispiel mit den Kulturgütern nicht so wirklich.
Punkt ist: Wir wissen nicht, ob das Wissen, das uns gigantische Teilchenbeschleuniger bringen, nicht _doch_ irgendwann Krebs heilen wird oder sonst irgendetwas Gutes für die Menschheit tun wird.
Ein anderer Punkt ist: Wir geben deutlich mehr Geld für Dinge aus, die _direkten_ Schaden an der Menschheit anrichten, wie zB. Militärapparate, die dann irgendwo Leute erschießen gehen und ganze Regionen destabilisieren.
Witzigerweise deckt sich die Menge der Leute, die an der Grundlagenforschung herumraunzen, sehr gut mit der Menge der Leute, die Militäreinsätze gut finden (zumindest in den USA).
Mein Meinung: Die bessere Antwort in dem Comic wäre gewesen: „Passt, dann kürzen wir einfach mal das Militärbudget um 50% und gehen damit Gutes für die Welt tun. Und solang keiner beweisen kann, dass Grundlagenforschung auch nur annähernd den Schaden anrichtet wie Militäreinsätze, machen wir einfach mal damit weiter.“
(Oh, ich weiß, dann tanzen gleich wieder Horden von Schwarzlochpropheten auf; vielleicht kann man denen mal erklären, was ein Beweis ist.)
Wie wäre es denn anzumerken, dass das CERN uns das WWW gebracht hat, also HTML, Browser, etc. Und das ist nur ein Beispiel von Beiträgen, die Grundlagenforschung „so nebenbei“ für die Welt geleistet hat.
Denn letztlich fällt es eben doch schwer die Invesititonen in die Suche nach dem Higgs Teilchen zu rechtfertigen, wenn man überlegt mit welch einfachen Maßnahmen (Hygieneaufklärung, Wasserfilter, etc) man Kindersterblichkeit auf der Welt senken könnte.
@FF: Erstmal danke, dass du mich an die SMBC-Comics erinnert hast. Vor einiger Zeit noch hab ich diese täglich gelesen… ist aber irgendwann eingeschlafen 🙁
Zu dem Thema brauch ich hier ja nichts mehr sagen, da eigentlich alles gesagt wurde im Artikel und den bisherigen Kommentaren. Zudem sind wir uns hier ja doch alle recht einig über die Notwendigkeit der Grundlagenforschung und den damit zusammenhängenden Begleiterscheinungen.
Das Problem dabei ist aber, wie erklärt man dies jetzt einer vollkommen desinteressierten Person, welche vehement auf ihrer Position beharrt? Und zwar so, dass sie es versteht?
abo
Ein gutes Argument wäre noch, dass das ausgegebene Geld für Grossprojekte wie CERN, Hubble oder Curiosity ja nicht einfach verbrannt wird sondern damit ja auch Wissenschaftler bezahlt werden,die damit ihre Familien durchbringen.
Oder die Firmen, die die benötigten Maschinen bauen oder die Materialien zum Bau der Projekte liefern. Diese Firmen beschäftigen ja auch ne Menge Leute – insofern ist das Geld ja nicht ‚weg‘ es ist nur zum Teil in der Tasche der Mitarbeiter dieser Firmen und wird wieder anderweitig ausgegeben. Von daher kann ich nicht sehen, dass dieses Geld ‚verschwendet‘ wird.