Bettina ist eine Lehrerin aus Oberösterreich. Zur Zeit nimmt sie an einer dreiwöchigen Fortbildung am Kernforschungszentrum CERN teil. In einer Serie von Gastbeiträgen berichtet sie hier im Blog über ihre Erlebnisse.

Bettina hat sich eine gute Zeit ausgesucht, um das CERN zu besuchen. Gestern wurde dort die Entdeckung eines neuen Elementarteilchens bekannt gegeben, bei dem es sich vermutlich um das lang gesuchte Higgs-Boson handelt. Bettina war live dabei.



Heute geht ein langer und aufregender Tag zu Ende. Ich hatte das Glück bei der großen Präsentation der CMS und ATLAS Daten am CERN dabei zu sein. Einige Leute (ca. 500) hatten auch versucht direkt bei der Pressekonferenz dabei zu sein. Manche stellen sich bereits ab 23 Uhr an. Wer um 5 Uhr aufgestanden ist, kam schon zu spät.

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Einige Vortragssäle übertrugen auch live die Pressekonferenz. Es war sehr nett, sich das ganze mit 50 anderen Leuten gemeinsam anzuschauen. Was genau gesagt wurde, hat Florian ohnehin schon gebloggt; darauf gehe ich hier nicht ein. Wir hatten am Vortag die große Ehre Sir Peter Higgs persönlich kennen zu lernen und er hat auch noch 20 Minuten lang unsere Fragen beantwortet. Hier kann man sich das anschauen. Wirklich toll!

Am besten gefiel mir folgender Kommentar von ihm: „Ich hätte nie gedacht, dass die Existenz des Higgs Bosons noch zu meinen Lebzeiten entdeckt werden würde. Jetzt kann ich heimgehen und tot umfallen!“

An diesem Tag durften wir aber außerdem noch einem Vortrag von Jack Steinberger genießen. Er hat 1988 den Nobelpreis für seine Neutrinoforschung erhalten. In seinem Vortrag präsentierte der 91jährige die Geschichte der Neutrinoforschung. Es
war ein sehr launiger Vortrag indem er immer wieder darauf hingewiesen hat, dass er überhaupt nicht verstehe, warum ER den Nobelpreis erhalten habe, seine Kollegen hätten doch viel mehr dazu beigetragen. Als er einige wissenschaftliche Fakten
durcheinander brachte und korrigiert wurde, meinte er, „werdet ja nie so alt wie ich!“ Es war wirklich so etwas wie eine kleine Sensation, dass er überhaupt einen Vortrag gehalten hat.

Im ersten Bericht habe ich noch überhaupt nicht erwähnt, wie interessant es ist, sich u.a. über Schulsysteme und Unterricht mit den anderen LehrerInnen zu unterhalten. Da erfährt man dann auch, dass es zum Beispiel in Uganda normal ist, 100 Schüler in einer Klasse zu unterrichten. Oder, dass es in den USA ganz üblich ist, ein eigenes Schulfach „Astrophysik“ zu haben. Oder, dass viele Lehrer dasselbe Problem habe, dass ihr Job nicht genügend Anerkennung in der Gesellschaft findet. Man lernt auch, welche Methoden und Strategien im Unterricht in anderen Ländern verwendet werden. Solche Zusammentreffen sind so immens wichtig. Man muss einfach mal über den eigenen Tellerrand schauen und sich mit Kollegen aus anderen Ländern austauschen. Und dabei geht’s nicht nur um Unterricht und Bildung! Der Generaldirektor von CERN hat das heute bei der Pressekonferenz auch betont.

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Gestern Nachmittag hatten wir noch schnell eine vorgezogene Einführung in die Teilchenphysik von Rolf Landua erhalten, damit wir mehr von der sehr detailreichen Präsentation verstehen. Das war im Nachhinein wirklich wichtig. Viele Dinge konnten wir dadurch verstehen; alles bei weitem nicht. Heute Nachmittag durften wir ihn und zwei seiner Kollegen (Urs Wiedemann und Piotr Traczyk) über die Präsentation ausfragen. Sie haben alle unsere Fragen beantwortet. Wirklich toll.

Morgen dürfen wir eine Blasenkammer bauen. Mehr dazu ein anderes Mal!

11 Gedanken zu „Eine Lehrerin am CERN (2): Higgs-Aufregung“
  1. Wenn denn alles so kommt, wie es momentan aussieht, dann gibt es ein Hauen und Stechen bei den Nobelpreisen, denn es gibt praktisch 6 gleichwertige Beitraege zum Thema Symmetriebrechung (Peter Higgs, Robert Brout and Francois Englert and Gerald Guralnik, C. R. Hagen and Tom Kibble) und 5 leben noch und nur drei bekommen ihn.
    GUte Gelegenheit langjaehrige Freundschaften zu ueberdenken.

  2. Ich glaube nicht, dass Peter Higgs zum Ritter geschlagen wurde. Woher kommt das „Sir“? Wurde er so auf der Pressekonferenz angesprochen?

    Ich freu mich auf den Bericht ueber das Blasenkammer bauen. Waere sehr lustig, das mal selber auszuprobieren!

  3. Der Gedanke ist mir nicht fremd, roel, in der namenlosen Variante bzw der vornamenlosen (Sir Higgs i/o Mr Higgs) hätte ich es auch so erklärrt. Die Ganznamen- bzw Vornamen-Variante (siehe speziell angepasste Suchmaske) war mir bisher nur im kleinadeligen Zusammenhang bekannt. Benutzen werde ich es weiterhin nach dieser Regelung aus längst vergangenen Lerntagen.

  4. @rolak klar das kannst du auch anders benutzen. Ich hätte auch Prof. anstatt Sir genommen. In England werden Lehrer und Dozenten (beides männliche Versionen) oftmals als Sir angesprochen.

  5. @rolak klar das kannst du auch anders benutzen. Ich hätte auch Prof. anstatt Sir genommen. In England werden Lehrer und Dozenten (beides männliche Versionen) oftmals als Sir angesprochen.

  6. Du willst mir hier tatsächlich verklickern, daß die üblichen schulischen Frage-Antwort-Spielchen ablaufen á la ‚What is <item>?‘ — ‚<Solution>, Sir John Smith‘? Falls es Dir allerdings um die namenlose Variante ‚<Solution>, Sir‘ gehen sollte: Das habe ich doch genauso geschrieben. Was soll da der nach Korrekturversuch müffelnde Spruch? Mal wieder auf dem Kriegspfad?

  7. @rolak Das wollte ich nicht verklickern. Komm mal wieder runter. Die Frage kam auf, woher das Sir kommt, das habe ich erklärt. Wahrscheinlich als Höflichkeitsanrede, eine andere Möglichkeit habe ich dann auch angeschnitten.

  8. Hallo,

    vielen Dank. Das Video von Peter Higgs ist für die Geschichtsbücher. Der Herr (am Anfang des Videos) mit Brille und weissen Haaren links von Peter ist übrigens John Ellis.

    Es ist einfach erfrischend, dass hier immer die Nähe zu jungen Leuten gesucht wird.

    mfg.
    –eh.

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