Das Weltall ist zwar immer noch hauptsächlich groß und leer. In der Nähe der Erde bekommen wir aber trotzdem ein Müllproblem. Dort schwirren nicht nur unsere Satelliten herum, sondern auch jede Menge Kram, der da eigentlich nicht hingehört. Verbrauchte Raketenstufen, ausrangierte und inaktive Satelliten, Aluminiumoxidpartike aus den Triebwerken der Raumfahrzeuge, Trümmer von explodierten Satelliten, Teile die einfach irgendwo abgefallen sind, Stücke von Solarpanelen, die sich im Laufe der Zeit zersetzt haben, Metallteile, die durch Mikrometeorite aus den Satelliten geschlagen wurden, usw. Dieser Müll ist problematisch. Im Gegensatz zum normalen Müll auf der Erde liegt er nicht nur einfach stinkend in der Gegend herum, sondern saust mit enormen Geschwindigkeiten um die Erde. Damit gefährdet er die noch aktiven Satelliten. Schätzungen zufolge ziehen schon mehr als 600000 Müllteile die größer als einen Zentimeter sind, ihre Bahn um unseren Planeten. Es wird Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

Nur was? Der Müll ist im All und ins All kommt man nicht so einfach. Das ist teuer, gefährlich und jeder Raumflug erzeugt nur noch mehr Müll. Bis jetzt beschränkt man sich darauf, die größeren Müllteile von der Erde aus per Radar im Auge zu behalten und rechtzeitig Bescheid zu sagen, wenn sie sich auf Kollisionskurs mit einem aktiven Satelliten befinden. Der muss dann ausweichen – wenn er kann. Man überlegt sich auch Strategien, wie man neuen Müll vermeiden kann. Ein Satellit am Ende seiner Lebensdauer müsste aktiv zum Absturz gebracht werden (manchmal kommt er auch von selbst runter) oder zumindest in eine sehr, sehr hohe „Parkbahn“ geschossen werden, wo er nicht mehr stört. Aber auch das kostet Geld, denn man muss für diese Aktionen extra Treibstoff einplanen. Da es keine verpflichtenden internationalen Gesetze für den Betrieb von Satelliten gibt, drücken sich viele Betreiber um die lästige Pflicht, sich um den Müll zu kümmern. Selbst wenn wir jetzt sofort aufhören würden, irgendwas ins All zu schießen, würde sich die Problematik noch verschlimmern. Denn die schon existierenden Trümmer kollidieren im Laufe der Zeit miteinander und erzeugen so immer mehr Bruchstücke.

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Müll im erdnahen Weltraum – der Müll ist nicht maßstabsgetreu dargestellt (Bild: ESA)

Langfristig werden wir nicht umhin kommen, uns irgendeine Strategie zu überlegen, wie sich der Weltraummüll beseitigen lässt. Das ist nicht einfach. Ich habe 2009 eine Konferenz über Weltraummüll besucht (einen Bericht gibt es hier: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) und die Forscher dort hatten zwar einige Ideen, waren aber etwas pessimistisch, was die Umsetzung angeht. Denn wie schon gesagt: Es ist teuer, ins All zu fliegen. Und wer finanziert schon eine Mission, deren einziger Zweck es ist, Müll zu entsorgen?

An der ETH Lausanne ist man gerade dabei sich so ein konkretes Projekt zu überlegen. Man möchte „Putzroboter“ ins All schicken (Nein, keine „riesige Weltraumputze“). „CleanSpace One“ ist ein kleiner Satellit, der sich ein Trümmerteil aussucht, es ansteuert, fest hält und dann Kurs auf die Erdatmosphäre nimmt, wo beide gemeinsam verglühen. So soll das aussehen (ab 3:45):

Ich finde es äußerst lobenswert, dass sich die Schweizer so intensiv Gedanken über dieses Problem machen. Aber ich bin skeptisch. Die Entwicklung von CleanSpace One kostet knapp 8 Millionen Euro. Und damit kann man genau ein Müllteil entsorgen. Ok, es geht erstmal nur darum, die Machbarkeit zu zeigen und zukünftige Putzroboter werden billiger sein. Trotzdem halte ich es für schwierig, wenn man jedes Trümmerteil mit einem speziellen Roboter entsorgen will. Wer soll das bezahlen? Bzw. besser: Wer will das bezahlen? Ich bin ja schon gespannt, ob die Schweizer ihr Teil überhaupt in den Orbit kriegen…

Missionen wie CleanSpace One sind wichtig und richtig. Zumindest die größeren Trümmer werden sich so in den Griff kriegen lassen. Aber nicht das gesamte Problem des Weltraummülls. Hier braucht es ganz neue Strategien. Ich habe leider keine Ahnung, wie die aussehen können. Aber ich bin mir sicher, dass uns irgendetwas einfallen wird. Etwas anderes bleibt uns ja auch gar nicht übrig…

53 Gedanken zu „Der Weltraummüll muss weg“
  1. War einer der Punkte bei diesem schweizer Ansatz nicht, das der Putzroboter so klein ist, das er quasi im Balast von sowieso startenden Raketen mit ins All geschickt werden kann und damit die Transportkosten quasi nicht anfallen?

  2. Bewegen sich die Trümmer eigentlich komplett chaotisch oder gibt es bestimmte Bahnen, auf denen sie sich sammeln?
    Im ersten Fall: Gibt es nicht sehr viele Kollisionen der Teile untereinander? Führt das nicht selbst zu einer „Reinigung“?
    Im zweiten Fall: Könnte man nicht mit einem größeren Satelliten so einen Orbit entgegen der Trümmer durchfliegen und über Kollisionen freiräumen?

  3. Mit einem Weltraumlift könnte man eine ganze Armee von den Robotern aussetzen, zu relativ geringen Preisen. Vorher werden wir das Problem meiner Meinung nach nicht lösen können.

  4. @Micky: „Gibt es nicht sehr viele Kollisionen der Teile untereinander? Führt das nicht selbst zu einer „Reinigung“? „

    Nein, das erzeugt nur noch mehr Müll. Auch kleine Teilchen sind bei den enormen Geschwindigkeiten im All gefährlich.

  5. Ab welcher Menge Müll würde die Sonneneinwirkung so stark abnehmen, dass wir zusätzliche Probleme bekommen? Ist dieses Zusammenspiel Müll da oben und Reflektion der Sonnenstrahlung überhaupt ein Thema?

  6. @Martl: „Ist dieses Zusammenspiel Müll da oben und Reflektion der Sonnenstrahlung überhaupt ein Thema? „

    Nein, überhaupt nicht. Der Müll im Bild im Artikel ist NICHT maßstabsgetreu. Rechne mal aus, wieviel Müll du dafür bräuchtest. Du musst die Erde ja im wesentlichen komplett einhüllen. Soviel Metall gibts am ganzen Planeten nicht.

  7. @Martl

    Das Problem des Weltraumschrotts betrifft nur die Weltraumfahrt. Es sind da oben halt hunderttausende von Geschossen unterwegs, die wegen ihrer Geschwindigkeit von 8 km/s (was ca. 20-mal schneller als eine Gewehrkugel ist) Satelliten zerstören oder die ISS durchbohren könnten. Oder einen Astronauten, der außerhalb der ISS arbeitet, „erschießen“. Den größeren Objekten, die man von unten orten kann, kann man rechtzeitig ausweichen, aber auch kleine Teile können gefährlich sein (eine Gewehrkugel ist auch nicht sehr groß; „It’s not the bullet that kills you, it’s the hole…“)

    Für uns hier unten ist das kein Problem, außer, wenn mal wieder ein sehr großer Satellit unkontrolliert abstürzt. Mit dem Wetter hat das gar nichts zu tun.

  8. Die Frage ist doch aber auch: Welcher Art ist den der Müll? Metall? Wahrscheinlich. Also doch etwas was Recycled werden kann. Dann wäre es doch schön einen Weltall „Kobold“ zu haben und den Müll einer sinnvollen Wiederverwendung zuzuführen.
    Also eigentlich eine Art Weltraumputze. 😉

    Oder ne Art W.A.L.L.E. der den Müll auch gleich noch komprimiert.

  9. Und warum macht mich keiner auf meinen Rechtschreibfehler aufmerksam? Richtig wäre Reflexion. Auch wieder was gelernt.
    Aber was hält diese Miniteile so lange bzw. wie lange da oben? Die Verglühen doch irgendwann oder?

  10. @Martl

    Aber was hält diese Miniteile so lange bzw. wie lange da oben? Die Verglühen doch irgendwann oder?

    Dasselbe, was den Mond oben hält: Drehimpuls- und Energieerhaltung. Verglühen kann nur, was durch die Atmosphäre abgebremst wird. Und die wird nach oben immer dünner, hört aber nicht abrupt auf. Was auf der Höhe der ISS (400 km) um die Erde kreist, bleibt ein paar Jahre oben. Was in 1000 km Höhe kreist, bleibt vielleicht tausende Jahre oben (hab‘ ich jetzt nicht nachgeprüft, es geht nur um die Idee an sich). Was auf der geostationären Bahn in 36000 km Höhe kreist, bleibt praktisch für immer da oben.

  11. Im Juli letzten Jahres besuchte ich einen Vortrag im Rahmen des „Wissenschaft after work“-Angebots der DLR Stuttgart, in dem ein Dr. Adolf Giesen ein System vorstellte, das die DLR derzeit auf seine Praxistauglichkeit hin untersucht: nämlich, den Schrott per Laser von der Erde aus und über Umlenkspiegel, bspw. an Ballons, so gepulst zu beschießen, dass lediglich die Oberfläche verdampft wird und der Impuls der „abdampfenden“ Teilchen gegen die Flugrichtung langfristig zu einer Geschwindigkeitsabnahme führt, die die Teile innerhalb eines Zeitraums von längstens 25 Jahren zum Atmosphäreneintritt veranlasst.
    Ich stehe dem schweizerischen Projekt auch etwas kritisch gegenüber, da das Hauptproblem – und es wird wirklich ein Problem! – die Hundertausenden bis Millionen Partikel der Größe zwischen 1 und 10 cm darstellen. Gegen diese hilft kein Putzroboter…

    Info bei der DLR unter Weltraummüll-Forschung

  12. Die großen Teile sind wohl weniger das Problem, man kann sie greifen und einsammeln, oder ihnen einen Impuls verpassen und auf eine höhere Umlaufbahn zwingen. Aber die ganzen Kleinteile. Wie dicht muss man sich den Müllgürtel vorstellen? In welchen Abständen (zeitlich und räumlich) fliegen einem die „Gewehrkugeln“ um die Ohren? Gibt es statistische Berechnungen, wie wahrscheinlich es z.B. ist, bei einem Weltraumspaziergang an der ISS „erschossen“ zu werden?

  13. Hallo zusammen! =)

    Ich habe vor nicht allzu langer Zeit was gelesen (ich glaub bei Astronews.com), da war von einem Netz die Rede, mit dem großflächig „gefischt“ werden soll. Die Idee dazu stammt aus Japan wenn ich mich recht erninnere!?!

  14. @Peter
    ich habe das mal bei uns im Seminar der Luft- und Raumfahrer gefragt – wenn ich micht recht entsinne, würde man mit einem Spaceshuttle, mit dem man in entsprechender bahn um die Erde kreist, etwa mit einem gefährlichen Zusammenstoß pro Jahr rechnen. Die ISS fliegt auch gelegentlich Ausweichmanöver – die größeren Teile werden ja alle per Teleskop/Radar beobachtet und verfolgt.

  15. könnte man nicht eine rakete als riesigen magnet in den orbit schießen und diesen später mit einer anderen abschießen oder kontrolliert zum verglühen bringen?

  16. Muss aber ein starkes Netz sein, wenn die Trümmer es bei den Geschwindigkeiten nicht mal eben zerreißen. Ansonsten halte ich kleine autarke Roboter, die den Müll ansteuern und packen für keine schlechte Idee. Wenn man sie klein genug bekommt, dass man einige davon bei normalen Starts mit nehmen kann.

  17. An einen Magneten habe ich auch gedacht, aber:
    Nicht Alles, was da oben herumschwirrt, wird von einem Magneten angezogen. Der groesste Teil duerften Leichtmetalle und Kunststoffteile sein, der Masse wegen.
    Und dann wuerde der Magnet auch mit dem Magnetfeld der Erde interagieren. Keine Ahnung, welche Probleme das schafft.

    Zum Thema Weltraummuell steht auch etwas in Lems „Sterntagebuechern“. Und in einer Folge von „Max Headroom“ gab es regelmaessige Termine, an denen ausgediente TV-Satelliten „heruntergeholt“ wurden; sie verdunkelten schon die Sonne. Die Truemmer regneten dann auf die Stadt herunter.
    So schnell wird aus SciFi Realitaet….

    Pete

  18. @Pete: „An einen Magneten habe ich auch gedacht, aber: Nicht Alles, was da oben herumschwirrt, wird von einem Magneten angezogen. „

    Ein Magnet funktioniert auch nicht wie in einem Comicfilm, wo man das Teil nur auspacken und muss und dann plötzlich alles Metall von nah und fern angezogen wird. Die Entfernungen im All sind GROSS und der Magnet müsste entsprechend gigantisch sein, um Weltraummüll auch nur aus einigen Kilometern Entfernung anziehen zu können. Und was, wenn er nen aktiven Satelliten anzieht? Außerdem sind die Dinger da oben schnell und man braucht eine entsprechend große Kraft, um sie abzulenken. Ne, mit Magneten geht da nichts…

  19. Wie waers mit einer grossen PU-Schaum Kugel? und mit gross meine ich GROSS.
    Da sammelt sich der ganze kleine Schrott oder wird soweit abgebremst, daß er verglueht.
    Material hochschiessen, Kugel aufblasen, eine Weile kreisen lassen, runter damit.
    Naechste Kugel, usw.

  20. Wie lange würde sich eine, in der entsprechenden Umlaufbahn, ausgebrachte Gaswolke halten, bevor sie sich soweit ausgedehnt hat bis wieder Vakuum herscht oder die Moleküle vom Sonnenwind verweht werden?
    Wenn diese eine gewisse Zeit eine wirksame Dichte hat, würde das das Abstürzen des kleinen Schrottes zumindest etwas beschleunigen.

  21. Gibt es nicht erste Ideen den Weltraumschrott mit Ionen zu beschießen, damit sie daann abgebremst werden und in der Atmossphäre verglühen. Bin der Meinung habe mal davon gehört. Außerdem wird viel Weltraumschrott durch Sonnenerruptionen entfernt.

  22. Die Japaner haben sich zumindest in ihren Mangas Gedanken dazu gemacht. Planetes hieß der glaube ich. Dort hat man Raumschiffe mit Besatzung gehabt die die großen Müllteile zerkleinert haben und zur Rückgewinnung der Rohstoffe zur Erde transportiert haben. Die frage ist nur ob sowas überhaupt praktikabel ist und welche Risiken mit so einer Lösung verbunden wären.

  23. Was ich mich immer gefragt habe: wie kommt der ganze Schrott zu einer so stabilen Umlaufbahn? Ich hab immer gedacht, dass es präzise Berechnungen, genau angepasste Geschwindigkeiten und Entfernungen braucht, um etwas auf einer Umlaufbahn um die Erde zu halten, aber da bin ich wohl einem Irrglauben aufgesessen. Wie funktioniert es, dass zufällig umherschwirrende Objekte nicht entweder zur Erde fallen oder in den Weltraum davonfliegen? Wäre nett, wenn jemand meinen Wissensdurst stillen könnte 🙂

  24. @Christian
    stark vereinfacht isses kein Problem, die Teilchen müssen halt nur schnell genug sein, um nicht auf die Erde fallen zu können, aber langsam genug um nicht der Erdanziehung zu entkommen, das pendelt sich dann irgendwann von alleine ein. Wichtig ist halt nur, dass die Teilchen nicht mit anderen kollidiern bzw von dem oberen Atmosphärenschichten abgebremst werden.

    Das beste Beispiel für „Weltraumschrott“ der keinen von Astronomen und anderen Wissenschaftlern „vorberechneten“ Orbit hat ist zweifelsfrei der Mond, der sich auch so im Weitesten Sinne um die Erde eingependelt hat (ich vereinfache das jetzt mal und lass unterm Tisch fallen, dass der Mond sich langsam von der Erde entfernt…).

  25. @Christian

    Das ist eigentlich immer dasselbe, was ich schon bei der Dunklen Materie erklärt habe: wenn irgendetwas einen Drehimpuls und eine gewisse Bahnenergie (Summe aus potenzieller Energie und kinetischer Energie) hat, dann wird es die nicht mehr los. Außer durch Austausch mit einem anderen Objekt.

    Nehmen wir mal an, wir hätten einen Satelliten in einer hohen Umlaufbahn auf einer Kreisbahn, die er nur bei einer ganz bestimmten Geschwindigkeit hat, der Kreisbahngeschwindigkeit. Diese ist umso geringer, je höher der Satellit kreist – und umso höher, je niedriger er kreist.

    Was passiert, wenn wir ihn mit Raketen abbremsen? Dann wird er zu langsam für die Kreisbahn, die Fliehkraft auf seiner Bahn wird geringer, also fällt er herunter. Aber nicht senkrecht, sondern die Drehimpulserhaltung verlangt, dass er sich, wenn er sich der Erde nähert, schneller bewegt, was die Fliehkraft wieder erhöht, die ihn nach außen treibt. Es entsteht so eine Keplerellipse: am gegenüberliegenden Punkt der Abbremsung nähert er sich der Erde am meisten an und hat die höchste Geschwindigkeit, die so viel Überschuss gegenüber der Kreisbahngeschwindigkeit in dieser Höhe hat (der Satellit kam ja von oben und hat durch das Vermindern der Höhe potenzielle Energie in Bewegungsenergie umgewandelt), dass es ihn wieder hinauf zum ursprünglichen Punkt treibt. Wir haben also lediglich den niedrigsten Punkt der Bahn abgesenkt, als wir den Satelliten abbremsten.

    Erst wenn wir ihn so weit abbremsen, dass er sich der Erde so weit nähert, dass er in ihre Atmosphäre eintritt, kann er endgültig abstürzen und verglühen – und den Drehimpuls an die Erde abgeben, der geht nicht verloren! Und die Energie wandelt sich beim Verglühen in Wärme um.

    Umgekehrt betrachten wir den Fall, dass wir den Satelliten auf der Kreisbahn beschleunigen. Dadurch wird er zunächst schneller, die Fliehkraft nimmt zu und treibt ihn von der Kreisbahn nach außen. Da der Abstand zur Erde zunimmt und da er durch den Gewinn an Höhe Bewegungsenergie in potenzielle Energie umwandelt, wird er langsamer, die Fliehkraft nimmt ab, und er erreicht auf dem der Beschleunigung gegenüberliegenden Punkt auf einer Keplerellipse den größten Erdabstand. Von da aus fällt er wieder zum Ursprungspunkt zurück, verliert an Höhe, wird schneller, Fliehkraft nimmt zu, bis zum Ausgangspunkt. Wir haben also nur den höchsten Punkt der Bahn angehoben, als wir den Satelliten beschleunigten.

    Erst wenn wir ihn so weit beschleunigen, dass der höchste Punkt der Bahn sich ins Unendliche verschiebt, kommt er der Satellit nicht mehr zurück, er entschwindet in einer Parabelbahn oder Hyperbelbahn (wenn wir ihn noch darüber hinaus beschleunigen). Die Bahn hat eine Krümmung, die mit zunehmender Entfernung immer kleiner wird, weil die Drehimpulserhaltung mit zunehmendem Radius immer weniger Drehwinkel benötigt, um ihren Wert beizubehalten. Die Geschwindigkeit zum Entkommen aus dem Schwerefeld nennt sich Fluchtgeschwindigkeit und ist genau √2 mal die Kreisbahngeschwindigkeit.

    Wäre die Erde ein Punkt und würden wir einen Körper mit einer beliebigen Geschwindigkeit unterhalb der Fluchtgeschwindigkeit aber über 0 in einem Orbit entlassen, würde er unweigerlich die Erde umkreisen. Bei mehr als Fluchtgeschwindigkeit würde er entkommen, bei 0 würde er senkrecht hinunterfallen, bei allem dazwischen eine Keplerellipse beschreiben. Dadurch, dass die Erde ausgedehnt ist, liegt die geringstmögliche Geschwindigkeit jedoch knapp unter der Kreisbahngeschwindigkeit in niedriger Bahnhöhe, etwa 8 km/s, die einen Satelliten oder ein Stück Weltraumschrott in die Atmosphäre eintauchen und verglühen lässt. Da Schrott aber normalerweise nicht beschleunigt oder abgebremst wird, beschreibt er einfach weiter seine Bahn, die er dem Objekt verdankt dessen Teil er einst war. Durch allmähliche Abbremsung in der dünnen Luft der obersten Atmosphäre kann er abgebremst werden, durch Kollision mit anderem Schrott abgebremst oder beschleunigt werden; vielleicht wirkt bei ganz kleinen Teilen auch ein wenig der Sonnenwind, aber ansonsten kreist der Müll da oben genau so zuverlässig weiter, wie es der Mond um die Erde tut, der übrigens auch als Kollisionschrott entstand.

  26. Wow, vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Klingt eigentlich ziemlich logisch und ich fühl mich jetzt fast schon ein bisschen doof, dass ich mir das nicht selbst denken konnte 🙂 Naja, wieder was gelernt.

  27. @ Alderamin: Danke wieder einmal für die profunde Erläuterung!
    @ Christian: Ich glaube, wir sind halt alle in bisschen geprägt von den Bildern aus Star Trek, Star Wars usw., wo auf einen Planeten zugeflogen wird und man dann halt so drüber rumschwebt, während die Planeten meistens still zu stehen scheinen, entweder aufgrund der kurzen Szene oder weil die Filmemacher sich nicht die Mühe gemacht haben, eine Orbitalgeschwindigkeit über der Planetenoberfläche zu visualisieren.
    Im Real Life bewegt sich aber alles um die Massezentren herum und die orbitale Flugdynamik ist auch nicht gleich intuitiv begreifbar. Daher ist selbst so etwas banal Erscheinendes wie der Anflug und die Ankopplung an die ISS für die Shuttle- oder Sojuspiloten ein längerwieriger, iterativer Prozess der Angleichung zweier Kreis- bzw. Ellipsenbahnen. Alles andere geht einfach nicht, solange man die Schwerkraft nicht ausschalten kann…
    Schade eigentlich, bei Star Trek ist alles viel einfacher…
    ;-))

  28. @Jochen O aus S

    Schade eigentlich, bei Star Trek ist alles viel einfacher…

    Nicht wirklich, ich hatte neulich mal eine der ersten Folgen der Originalserie gesehen, und da hieß es, die Enterprise könne sich nicht mehr lange im Orbit halten. Tja, war wohl vor der Zeit, als sie Lawrence Krauss und andere als Berater einsetzten…

  29. @Jochen
    Ja aber auch nur weil die bei Star Trek sich beamen können ^^

    Wenn ich an so ein Müllteil andocken will, müsste ich doch eigentlich nur die selbse Bahn und die selbe Geschwindigkeit wie das Objekt annehmen um das Gefühl zu haben es steht still, oder habe ich da jetzt zu naiv gedacht?

  30. @Verena Weiß

    Nö, ist genau richtig. Aber man muss sich ja erst einmal annähern. Und um schneller zu werden, muss man abbremsen, dann kommt man auf eine engere Umlaufbahn mit kürzerer Umlaufzeit, überholt innen, und muss dann zum Abbremsen Gas geben, damit die Bahn wieder angehoben wird. Im Nahbereich steuert man aber eher wie gewöhnlich, denn beim Gas geben wird man natürlich zunächst mal schneller, wenn auch die Umlaufzeit um die Erde dadurch langsamer wird. So schizophren ist orbitales Manövern.

  31. @Adleradmin Für mich klingt das Ganze eher wie ein Überholmanöver beim Autorennen. Abbremsen muss ich weil die Fliehkräfte mich dann wieder beschleunigen und ich näher an der Erde dran bin? Das kapiere ich jetzt nicht so ganz aber vom Prinzip ist es vermutlich wie diese Teile im Zoo wo man Münzen in einen Trichter rollen kann und die nach unten hin immer schneller werden weil der Radius kleiner wird. Oder?

  32. So ungefähr.

    Ja, es ist etwas unintuitiv. Aber so läuft das in der Orbitalmechanik.
    Du musst abbremsen, um jemanden einzuholen 🙂
    (Wie Alderamin schon gesagt hat: Der Trick ist, dass du durchs Abbremsen eine niedrigere Umlaufbahn bekommst, und daher auch weniger Weg rund um die Erde zurückzulegen hast. Dadurch holst du auf, obwohl du eigentlich langsamer bist)

  33. @Verena Weiß

    So ungefähr. Wenn ich abbremse, senke ich den erdnächsten Punkt, also auch die Große Bahnhalbachse, das ist die Hälfte des größten Durchmessers der Ellipse, und das ist gleichzeitig die Linie, die den erdfernsten mit dem erdnächsten Punkt verbindet. Da ich die Kreisbahn zu einer Ellipse mache, deren höchster Punkt auf der alten Kreisbahn liegt (da, wo ich gebremst habe), deren niedrigster aber näher an die Erde verschoben wurde, ist die Große Halbachse a dieser Ellipse kleiner als der Radius r der alten Bahn (2*a &lt 2*r). Und nach Kepler 3 verhalten sich die Kuben der Großen Halbachsen wie die Quadrate der Umlaufzeiten:

    r³ / a³ = T1² / T2² also T2² = T1² * a³ / r³

    D.h. wenn a kleiner als r wird, dann wird auch T2 kleiner als T1, die Umlaufzeit um die Erde nimmt ab. Deswegen bin ich mit meiner Kapsel nach einer Erdumkreisung einen Tick früher wieder am Ausgangspunkt als die ISS auf der Kreisbahn mit dem gleichen Radius, wie mein erdfernster Punkt.

    Beim Beschleunigen bin ich mit dem entsprechenden Argument erst später zurück.

  34. @ Star Trek:
    Das mit dem stillstehen stimmt aber nicht. Habe zwar schon lange keine Episode von „The Next Generation“ mehr gesehen, aber ich erinnere mich dass in der Standardsequenz „Planet+Enterprise “ sich diese immer über den Planeten BEWEGT.
    Aber davon abgesehen hätte die Enterprise genug Antriebsenergie um mit dem Impulsantrieb dauerhaft über einem Punkt der Planetenoberfläche zu „schweben“ ;-).

  35. @stillerleser

    In der alten Anfangssequenz sah man immer den riesigen Schatten der Enterprise über den Planeten ziehen 🙂 In der Überarbeitung der Folgen für DVD wurde die Szene, wie auch die meisten anderen Weltraumaufnahmen, durch eine digital gerenderte ersetzt.

    Aber die vielen Schlagschatten durch die miserable Beleuchtung der Schauspieler im Studio ist geblieben. Das sah nie auch nur im mindesten nach Außenaufnahmen aus.

  36. @stillerleser

    Ja klar, Star Trek TOS. Da saß ich als Kind jeden Samstag abend mit der ganzen Familie samt Oma vor’m damals einzigen Fernseher im Haus. Der Vorspann fing immer an mit „Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre lang unterwegs ist, neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen … dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“ Chor „Huhuuuuhuhuhuhuhu…“ 🙂

    Bei TNG war ich schon zu alt, hat mich nur noch marginal interessiert.

  37. @Alderadmin weil du es bist will ich auf den Fehler künftig besser achten, ich gebe aber ehrlich zu dass ein schneller Blick auf deinen Namen recht trügerisch ist

    Was den Schatten angeht ich sehe was du meinst. Darauf hin stellt sich mir die Frage wenn ich zwischen Sonne und Raumschiff beim Dreh bin also (Sonne, Ich, Raumschiff, Planet) würde ich dann keinen Schatten aufs Raumschiff werden und das Raumschiff keinen auf den Planeten?

    Ach vergesst die Frage wenn ich es mir Recht überlege macht es keinen Sinn, dass ein Raumschiff einen Schatten auf den Planeten wirft. Sonst würde ich den Schatten der ISS auch auf der Erde sehen können.

  38. @Verena

    Ist immer noch ein „d“ zuviel. Der Name kommt =>daher.

    Sicher wirft auch ein Raumschiff einen Schatten in der Sonne, der aber nur so lang ist, wie die Entfernung, aus der das Raumschiff noch die ganze Sonne verdeckt, dahinter wird der Schatten immer diffuser und unsichtbarer. Bei der Enterprise oder der ISS vielleicht ein paar hundert Meter. Bei einer Orbithöhe von ein paar hundert Kilometern würde jedenfalls kein Schatten auf den Planeten geworfen.

    Warum die ISS keinen Schatten wirft, kann man auch auf den Videos sehen, wo sie vor der Sonne durchfliegt. So ein kleiner Krümel schattet halt nicht viel ab. Siehe z.B. =>hier. Da sieht man auch mal, wie schnell 8 km/s sind; das Ding ist immerhin rund 100 m lang.

  39. @Alderamin so jetzt aber richtig… 🙂 und sogar noch etwas gelernt 🙂 Danke dafür

    Das mit dem Schatten hatte ich mir fast gedacht aber irgendwie wollte ich es dann doch professionell erklärt bekommen

  40. @ Alderamin: So, dann bist Du also ein „Unterriese“… ;-)) Das passt zu meinen 174 cm auch ganz gut, wie ich finde…. werd‘ ich mir merken.
    Beeindruckend, der Vorbeiflug, das sieht wirklich schnell aus, umso erstaunlicher finde ich, die Bilder wie dieses hier gelingen: ISS und Shuttle vor Sonne
    Doch es wird tatsächlich auch die enorme Geschwindigkeit deutlich, mit der Teile dort oben zusammenscheppern, sollten sich ihre Bahnen kreuzen, eines z.B. von Norden Richtung Äquator kommend, das andere aus Süden. Dann liegt die Relativgeschwindigkeit ja noch ein Stück höher.

    Nebenbei: der Orion-Trailer! Wahnsinn! Und schon bin ich wieder im einstelligen Alter und freue mich auf einen vernünftige Menschheit!…

  41. @Jochen O aus S

    1,74 m geht wohl noch als Hauptreihe durch, bei mir sind’s 1,84, kommt schon hin. Das mit der 1,9-fachen Masse der Sonne (sprich: des Durchschnitts) und dem 2,5-fachen Durchmesser ist zwar ein bisschen zu viel, aber manchmal fühle ich mich so 🙂

    Meinst Du wirklich den Orion-Trailer (die deutsche Serie mit D. Schönherr) oder war das ein Bezug auf den von mir verlinkten Trailer von Raumschiff Enterprise?

    Bei Raumpatrouille Orion war ich noch ein wenig zu jung, da hatte ich mich nachts vor den außerirdischen „Frogs“ gegruselt, die hatten mir echt Angst gemacht. Aber die Titlmusik war gut. Und das Bügeleisen auf dem Instrumentenpult. 🙂

  42. @ Alpha-Cephei: Naja, so richtig mitbekommen hab ich’s auch noch nicht, wahrscheinlich waren es sogar Wiederholungen, die ich gesehen habe, aber die Titelmusik geht irgendwie immer noch ins Blut und eben dieses Intro von wegen keine Nationalstaaten mehr und [Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem].
    Das ist der Blick auf die jetzt stattfindende reale Zukunft – aus meiner Sicht als Kind – doch relativ ernüchternd…
    Aber toll, was damals noch als Fernsehtricks durchging, Uhrenpendel als Schalthebel und eben Bügeleisen…

    Aber um noch einmal optimistischer zu klingen: Die Erkenntnisse im wissenschaftlichen und auch speziell im astronomischen Bereich sind seit den 70er Jahren dafür unglaublich viel größer geworden. Das ganze Weltbild hat sich seit damals ja dramatisch verändert, die Horizonte haben sich gewaltig ausgedehnt, Wissen ist in einem Umfang gewachsen wie noch nie in der Menschheitsgeschichte – das muss man auch mal sehen, im Prinzip halt doch reale Science Fiction!

  43. Das Problem mit dem Müll lässt sich doch ganz einfach lösen: noch mehr Müll!
    Soviel Müll, bis sich daraus ein zweiter Mond bildet, der dann alles in der Nähe seiner Umlaufbahn an sich klumpt. Und vielleicht könnten dann eines Tages Menschen auf diesem Klumpen Müll einen Aussenposten errichten – das Material wäre ja schon vor Ort ;).

  44. Kann man den Schrott nicht beseitigen, ohne da hoch zu fliegen? Vom Boden aus mit Lasern beschießen und dadurch beschleunigen, so dass er ins All fliegt? Sollte doch bei Kleinstteilen sogar besser gehen als bei grossen. Teurer als die Robotersammler wird das auch nicht.

  45. Vom Boden aus mit Lasern beschießen und dadurch beschleunigen

    Erstens musst du das Teil treffen, was bei 10 Zentimeter auf mindestens 150km Distanz nicht so einfach ist. Und zweitens ist die Kraft, die man mittels Licht aufbringen kann, nicht wirklich groß. Ansonsten würden sich die Dinger nicht lange halten, immerhin werden sie ja laaaange von der Sonne beschienen.

  46. @donnerfisch

    Na, steht doch oben im Text, Trümmerteile können mit Satelliten oder bemannten Raumfahrzeugen zusammenstoßen und diese durchlöchern, evtl. auch Astronauten bei Außenbordeinsätzen „erschießen“. Bei den Geschwindigkeiten in der Umlaufbahn sind auch kleine Trümmer gefährlich, die sind 20mal schneller als Gewehrkugeln, mit entsprechender Durchschlagskraft. Und man kann nur die größeren Teile mit Radar verfolgen, um ihnen rechtzeitig auszuweichen.

  47. Die Menschen haben schon das Problem mit dem Thema Müll auf der Erde und wie im Weltraum, es gibt so viele Ideen was manche Menschen haben, aber es ist sehr Simbel.

    Gibt mal eure Kometare dazu

    Wird mich freuen

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