Wenn man ein Teleskop auf einen beliebigen Teil des Himmels richtet und dann richtig lange belichtet: was wird man sehen? Klar, ein paar Sterne sind auf jeden Fall dabei. Aber der Großteil der Objekte die man sieht, werden Galaxien sein. Das sieht man auf einer heute veröffentlichten Aufnahme der europäischen Südsternwarte ESO sehr schön.

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Bild: ESO/J. Dietrich

Klickt das Bild an um eine große Version zu sehen oder ladet euch die hier die 100 MB große Originalversion runter.

So gut wie alles, was man auf diesem Bild sieht, sind Galaxien! Ein paar Vordergrundsterne sind auch dabei; man erkennt sie an den kreuzförmigen Strahlen – und sogar ein paar Asteroiden sind während der Belichtungszeit von über einer Stunde durchs Bild geflogen (das sind die blauen, roten oder grünen Striche (Quizfrage: warum sind die Asteroiden hier so bunt?).

Aber der Rest sind Galaxien. Sie gehören zum Galaxienhaufen Abell 315; man erkennt in in der Mitte des Bildes – dort wo sich die gelblichen Galaxien häufen. Solche Galaxienhaufen gehören zu den größten Strukturen des Universums und sind äußest interessant. Man kann hier nicht nur jede Menge Galaxien auf einmal studieren und untersuchen, wie sie miteinander wechselwirken. Sie eignen sich auch hervorragend für die Analyse der sonst unsichtbaren dunklen Materie. Dunkle Materie ist, wie der Name ja schon sagt, dunkle. Das bedeutet, dass es sich um Materie handelt, die die elektromagnetische Kraft nicht spürt. Licht ist aber nunmal Teil des elektromagnetischen Spektrums und wenn etwas nicht elektromagnetisch wechselwirkt, dann ist es unsichtbar. Unsichtbar heisst aber nicht, dass man es nicht detektieren kann. Denn die dunkle Materie unterliegt sehr wohl einer anderen Kraft: der Gravitation. Wenn wir also beobachten, dass irgendwo etwas gravitativ wechselwirkt obwohl es „unsichtbar“ ist, dann wissen wir, dass es sich um dunkle Materie handelt.

Eine Art der gravitativen Wechselwirkung sind Gravitationslinsen. Seit Albert Einstein wissen wir, dass Masse den Raum krümmt und sich Lichtstrahlen immer entlang des gekrümmten Raums bewegen. Und so wie man mit optischen Linsen Lichtstrahlen manipulieren kann um z.B. eine Linse zu erzeugen, geht das auch mit Masse. Massive Objekte können den Raum so verbiegen, dass die Lichtstrahlen abgelenkt werden und wir anstatt einem normalen Bild einer Galaxie ein verzerrtes, gestörtes Bild erhalten. Aus diesen Bildern kann dann berechnen, wieviel Masse vorhanden sein muss.

Genau das hat man auch bei Abell 315 gemacht. Dort wurden an die zehntausend Galaxien auf Gravitationslinseneffekte untersucht um dann daraus die tatsächlich Gesamtmasse (also die sichtbare und die dunkle Materie zusammen) zu berechnen – der ganze Haufen ist einige hundertausend Milliarden mal schwerer als unsere Sonne – und nur ein kleiner Teil (etwa 10 Prozent) davon ist sichtbar…

45 Gedanken zu „Mein Gott – es ist voller Galaxien!“
  1. was die quizfrage angeht: mein tipp: die farbkanäle werden einzeln und nacheinander belichtet und dann zu einem bild zusammengefügt
    gewinn ich jetzt ein broersbuch?

  2. Bunte Asteroiden-Spuren? Antwort auf die Quizfrage: Astronomische CCDs haben keine Farbfilter integriert, d.h. nehmen das volle Spektrum auf in dem sie empfindlich sind (ca. 400nm bis 900nm). Um farbige Bilder zu bekommen, macht man 3 mal hintereinander eine Aufnahme, aber jeweils mit einem roten, grünen und blauen Farbfilter vor dem Sensor. Und die Asteroiden die in der jeweiligen Belichtungsphase durchgezogen sind wurden entsprechend eingefärbt.

  3. „Quizfrage: warum sind die Asteroiden hier so bunt?“

    Ist das der Dopplereffekt, also die Rotverschiebung der Objekte, die sich wegbewegen?

    Wenn ich richtig liege, hat sich das jahrelange Harald Lesch Gucken zum Einschlafen gelohnt 🙂

  4. Ne – also mit dem Dopplereffekt hat das nichts zu tun. Es liegt tatsächlich an den Filter.
    Wenn ich da in 3 Filtern den gleichen Abschnitt des Himmels fotografiere krieg ein „rotes“, ein „grünes“ und ein „blaues“ Bild. Wenn man die dann rechnerisch kombiniert, werden die Sterne weiß – die haben sich ja nich bewegt. Der Asteroid war aber z.B. nur dann im Bild, als die grüne Aufnahme gemacht wurde und bei der blauen und roten schon wieder weg. Also sieht man auch nur ne grüne Lichtspur.

  5. @Jörg, ja müssten sie, vorausgesetzt dass die Aufnahmen zeitnah hintereinander gemacht wurden, müsste man den selben Asteroiden mehrfach in verschiedenen Farben finden.

    Allerdings ist es bei solch langen Belichtungszeiten (mehrere Stunden pro Kanal) nicht unüblich, das über 3 Nächte verteilt zu machen. Alleine schon weil die Erddrehung einem das Objekt der Begierde stetig aus dem für Beobachtungen am besten geeigneten Bereichs des Himmels, lies nahe dem Zenit, herausbewegt. Je mehr Luft dazwischen ist, desto mehr Staub, Streulicht, Airglow usw. bekommt man in’s Bild. Alles störend. Und die Galaxien laufen einem ja nicht in wenigen Tagen weg 🙂

  6. @miesepeter: „aber doch ein merkwürdiger Titel für einen Atheisten, oder?:-)“

    Ach du meine Güte? Hab ich etwa „Gott“ gesagt? Schnell Atheistenkollgen, steinigt mich – ich steh kurz davor, religiös zu werden! Dabei pass ich doch immer so gut auf. An Kirchen geh ich nur mit geschlossenen Augen vorbei damit ich ja nicht Gefahr laufe, dass mir irgendwas architektonisches gefällt. In klassische Museen geh ich gar nicht mehr – fast die ganze Kunst dort ist ja religiös motiviert und deswegen pfui und auch bei Literatur und Musik muss ich enorm aufpassen das ich ja nichts konsumiere was irgendwie religiös sein könnte und mir dann vielleicht sogar gefällt. Zum Glück gibts ja noch Arthur C. Clarke – da kann nichts schiefgehen.

  7. @Florian, @Wolfgang: Danke für die Erläuterungen.

    Doppler-Effekt könnte es nach einigem Nachdenken gar nicht sein … denn da dürften -wenn ich jetzt nicht völlig falsch liege- keine grünen Spuren dabei sein. (Oder mach ich mich jetzt hier völlig zum Deppen?)

    Ich hab mir mal das grosse Bild runtergeladen und es mir mal angeschaut.

    Ich bin -als absoluter Laie- sehr überrascht, was die Astronomen da alles herauslesen können. Viele der Punkte hätte ich im Zweifel nie als Galaxie erkannt. Sie scheinen auch bei entsprechender Vergösserung ziemlich rund zu sein. Ich hätte da auf Sterne getippt.

  8. Ich würde sagen die „Punkte“ werden deswegen als Galaxien erkannt weil ein Stern auf die Entfernung einfach nicht mehr sichtbar wäre?

  9. Guten Tag!

    Ah, eine Strunz-Gelegenheit!

    Der Titel dieses Strangs kommt von dem Ausruf, den der in den Monolithen im Jupiter- (oder Saturn-?)Orbit einfliegende Astronaut tut, ehe er die spektakuläre Reise durch das Sternentor (denn das ist der Monolith ja) antritt.
    (Wobei ich gerne noch erwähnen möchte: Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, ist just in dieser ziemlich abgefahrenen Sequenz (damals hatte noch kaum jemand was von Infrarot-Falschfarbaufnahmen etc. gehört) der Film durchgebrannt. Hat eine Weile gedauert, bis klar war, dass das nicht zum Film gehört …)

    Kurz und gut: Es handelt sich um ein Zitat aus „2001 – Odyssee im Weltraum“, und jedeR ist herzlich eingeladen, zu diesem Bild „Also sprach Zarathustra“ abzuspielen.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

    Harald Leinweber

  10. Ja, natürlich heißt es in „2001“ „… voller Sterne“ – aber darauf will Florian ja auch gerade hinaus …

  11. Danke an alle für die Beantwortung der Fragen – wieder viel gelernt.

    Noch eine paar Fragen zur Rotverschiebung:

    1. Da gibt’s ja drei verschiedene Ursachen, soweit ich weiß: den Dopplereffekt, die gravitative und die kosmologische Rotverschiebung, wobei die gravitative ein relativistischer Effekt ist. Die Rotverschiebung durch den Dopplereffekt ist aber z.B. bei weit entfernten Objekten (wie diesen Galaxien) sehr klein, oder?

    2. Hat man bei den Asteroiden überhaupt Farbverschiebungen? Die sind doch eigentlich recht nahe – eine kosmologische RV muß da doch sehr klein, wenn überhaupt vorhanden sein, oder? Und für eine Rot- oder Blauverschiebung durch den Dopplereffekt, müßte sich der Asteroid doch von der Erde weg oder zu ihr hinbewegen.

  12. @ mi fhein:

    Ich hab mir folgendes zur Faustregel gemacht: wenn man die Distanz zweckmäßigerweise in Einheiten von z ausdrücken sollte, spielen Dopplereffekte in der Tat keine Rolle mehr. Abell 315 kommt, wenn ich das richtig überschlage, mit etwa 2 Mrd Lichtjahren auf rund 0,15 z. Da geht der Dopplereffekt im kosmologischen Rauschen unter.

    Im übrigen ja natürlich, allerdings nur als Dopplereffekt. Die Abweichungen sind zwar minimal, aber ebensogut messbar wie das gravitative Wackeln von Sternen bei der Suche nach Exoplaneten. Spektroskopisch nachweisbar sind radiale Geschwindigkeitskomponenten von wenigen Metern pro Sekunde. Ich spreche hier von einer Geschwindigkeitskomponenten, denn die Bewegung im Raum verläuft ja nicht geradelinig von der Erde weg. Stell dir die Asteroidenbewegung aus Sicht der Erde als Vektordiagramm vor; dopplerrelevant ist der Vektor, der von der Erde weg zeigt.

  13. @Klaus Zwingenberger:
    Das „im übrigen“ bezieht sich auf die zweite Frage zu den Asteroiden, oder?
    Na jedenfalls danke für die Antwort!

  14. Zusatzfrage: warum sind keine Satellitenspuren zu sehen?

    meine Vermutung: man macht die Klappe (also irgendsoeine Klappe) immer dann zu, wenn einer durchzieht. Kann das sein? Oder ist der Ausschnitt so klein, daß da mal tagelang keine kommen?

  15. @ rauskucker:

    Wird wohl an dem kleinen Bildfeld liegen. Das Hubble Deep-Field war auch nur so groß wie ein Stecknadelskopf am ausgestrecketen Arm.

  16. „Wenn man ein Teleskop auf einen beliebigen Teil des Himmels richtet und dann richtig lange belichtet: was wird man sehen? Klar, ein paar Sterne sind auf jeden Fall dabei. Aber der Großteil der Objekte die man sieht, werden Galaxien sein.“

    „beliebig“ aber nur, sofern man nicht in der milchstraßenebene beobachtet…in richtung milchstraßenzentrum dürfte es schwer sein, galaxien zu sehen, auch wenn man noch so lange belichtet 😉

  17. Hm… zu den Asteriodenspuren: Auf der ESO-Website steht, dass die Belichtungszeit insgesamt etwa 4 Stunden beträgt:

    „[…] for a total of almost one hour in the B filter and about one and a half hours in the V and R filters.“

    Das ist ja garnicht mal so extrem lang. Aber dann müssten die Spuren doch aneinanderhängen, mit Unterbrechungen für den Filterwechsel natürlich. Aber ich finde keine Spuren verschiedener Farben, die sich zu einem Bogen ergänzen lassen. Kann man daraus schließen, dass die Aufnahmen nicht in der selben Nacht entstanden sind?

  18. Simon·
    05.05.10 · 19:34 Uhr

    „beliebig“ aber nur, sofern man nicht in der milchstraßenebene beobachtet…in richtung milchstraßenzentrum dürfte es schwer sein, galaxien zu sehen, auch wenn man noch so lange belichtet 😉

    Eine sieht man in jedem Fall ^^

  19. @Schlappohr: „Kann man daraus schließen, dass die Aufnahmen nicht in der selben Nacht entstanden sind? „

    Das kann durchaus sein. Die Erde dreht sich ja auch und es ist gut möglich, dass Abell 315 gar nicht so lange am Stück zu sehen war. Wetter kann auch nicht mitspielen, usw.

    @Simon: Ja, du hast natürlich recht (obwohl die Galaxien natürlich auch dort zu sehen wäre, wäre die Milchstrasse nicht so hell)

  20. Also es ist ja nicht so, dass die Asteroiden das wichtigste an dem Bild wären, aber da jetzt ja schon geklärt ist warum die Striche bunt sind hab‘ ich noch eine Quizfrage (und leider selbst keine Antwort): Warum sind die Striche „gestrichelt“?

  21. Mal ’ne astronomische Laienfrage:
    Gibt es im Universum eine Stelle, an der wir so einen fantastischen Sternenhimmel mit bloßem Auge sehen könnten? Oder ist das immer nur durch die extremen Brennweiten möglich? Angesichts solcher Bilder gerate ich immer wieder ins Schwärmen und wünschte, E.T. möge mich zu einem kleinen Ausflug abholen.

  22. @JSM: Mit bloßem Auge kannst Du wenig bis gar nix sehen, ein paar tausend Sterne und den einen oder anderen „Nebel“ eben als Nebel. Aber wenn Du Dir geeignete Brillen anschaffst, sieht die Sache schärfer aus *g*

    @Florian: Ist die Aufnahme Richtung „Große Mauer“?

  23. wow, die originalversion ist kanpp 3×3 meter groß… beindrucken. jetzt brauch man nur noch eine druckerei die einem das als poster druckt…

  24. Warum ist die100MB Datei eigendlich so „schlecht“, dafür das es 100 MB sind? Wenn man das Bild jetzt auf 20 MB schrumpfen lässt.. würde es nicht genau so aussehen?

  25. @chuckobi
    Mal ein paar Basics zur Bildspeichertechnik: die angezeigte reale Bildgröße ist relativ zur eingetragenen bzw. verwendeten Auflösung, in diesem Fall 72dpi in beide Richtungen. Das ist ziemlich schwach. Ändert man dies auf 150dpi je Richtung, hätte man eine Kantenlänge von ca. 140cm, und bei 300dpi entsprechend nochmal die Hälfte je Dimension. Das wäre dann schon eine ordentliche Fotoauflösung. Mein Firmendrucker würde aber auch mit 600dpi drucken, und knapp 35cm im Quadrat sind eine fast ganz normale Größe, bei hoher Auflösung.

    @Menel
    Wieso „schlecht“? Das Teleskop arbeitete hier sicherlich an seiner Leistungsgrenze, und wenn du dir einen Ausschnitt in Originalgröße (Pixel auf Pixel) anschaust, ist es eben etwas unscharf. Trotzdem können die Wissenschaftler offenbar einen Nutzen daraus ziehen. Lässt man sich auf dem Bildschirm allerdings das gesamte Bild anzeigen, wird nur ungefähr 10% der Auflösung je Dimension verwirklicht. Beim Herunterrechnen gehen Informationen verloren, etwa 10×10 Bildpunkte werden zu einem zusammengefasst. Das Bild mag dann schärfer wirken, obwohl beim Kleinerrechnen auch Unschärfefehler entstehen können. Man ist jedoch auch optisch „weiter entfernt“, und, ob gespeichert oder nicht, man hat definitiv weniger Informationen.

  26. @alle
    Eine dumme Frage.
    Man schaut ja bei den extremen Entfernungen eigentlich in die Vergangenheit.
    Kann man davon ausgehen, das diese Galaxien noch existieren, oder ist da jetzt alles leerer wegen dem expandierenden Universum?
    Gibt es irgendwelche Berechnungsmöglichkeiten und wissenschaftliche Vorhersagen ein Bild mit dem heutigen Zustand zu erstellen?
    Wäre doch interessant zu sehen, wie es heute da aussieht.

  27. @ Ruppig:

    Die frühesten beobachteten Galaxien existieren zumindest so, wie sie etwa auf dem Hubble-Deepfield zu sehen sind, ziemlich sicher nicht mehr. Aber nicht weil sie sich ins Nichts aufgelöst hätten!

    Diese frühe Galaxienpopulation sah ganz anders aus als das in unserer näheren räumlichen und zeitliche Umgebung der Fall ist; es gab da eine Unmenge kleiner und sehr irregulär geformter Galaxien. Die existieren sehr wahrscheinlich nur noch als Bestandteile größerer Galaxien, in denen sie aufgegangen sind.

    Wenn man das Aussehen der Galaxien durch die verschiedenen Weltalter hindurch verfolgt, kann man so eine Entwicklung verfolgen. Es gibt z.B. auch eine Phase, in der es viel mehr Quasare gab als vorher oder nachher. Und auch die räumliche Verteilung ändert sich allmählich.

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