Heute Nacht werden wieder mal die Uhren umgestellt. Am 28. März um 02:00 MEZ werden die Uhren auf 03:00 mitteleuropäische Sommerzeit vorgestellt. Vermutlich werden sich wieder jede Menge Leute darüber aufregen und schimpfen, wie dumm und mühsam und schädlich die Zeitumstellung nicht ist – und manche werden vielleicht auch wieder völligen Unsinn erzählen.

Das wird aber nichts an der Zeitumstellung ändern und ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein wenig mehr zu den astronomischen Aspekten der Zeitrechungen zu sagen.

Aus astronomischer Sicht gibt es eine wahre Ortszeit. Das ist die Zeit, bei der es genau 12 Uhr Mittags ist, wenn die Sonne exakt im Süden steht (im sogenannten Ortsmeridian). Diese Zeit ist für jeden Längengrad unterschiedlich.

Ich habe früher schon mal darüber geschrieben, wie sich diese von Ort zu Ort unterschiedlichen Zeiten als immer unpraktischer erwiesen haben – was dann schließlich 1884 zur Einführung der 24 Zeitzonen geführt hat. Seitdem zeigen unsere Uhren diese Zonenzeit an; die wahre Ortszeit kann man im Allgemeinen nur noch an Sonnenuhren ablesen.

Es ist aber trotzdem ganz interessant, sich die wahre Ortszeit mal genauer anzusehen. Nehmen wir an, wir wollen ausrechnen, wann morgen (also am 28. März) der wahre Mittag stattfindet.
Das ist also der Zeitpunkt, an dem die wahre Ortszeit genau 12:00 beträgt.

Um das in die „normale“ Zeit umzurechnen, müssen wir erstmal die Zeitgleichung berücksichtigen und von der wahren Ortszeit bzw. der wahren Sonnenzeit auf eine mittlere Sonnenzeit umrechnen. Diese mittlere Zeit würden wir genau dann mit einer Sonnenuhr messen können, wenn die Bahn der Erde um die Sonne exakt kreisförmig wäre und die Erdachse genau senkrecht auf die Bahn stehen würde. Das ist nicht der Fall – ich habe das kürzlich in meinem Artikel über das Analemma beschrieben.

Da die Bahn der Erde elliptisch ist und die Erdachse ein wenig schief steht, unterscheidet sich die mittlere Sonnenzeit von der wahren Sonnenzeit. Der Unterschied ändert sich von Tag zu Tag und wird durch die Zeitgleichung beschrieben:

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Die rote Kurve zeigt hier die Zeitgleichung an – also den Korrekturfaktor, den man zu einem bestimmten Tag anbringen muss. Die blaue und die violette Linie geben den jeweiligen Einfluss der elliptischen Bahn bzw. der schiefen Erdachse wieder. In entsprechenden Nachschlagewerken bzw. an vielen Stellen im Internet findet man die Werte aber auch tabelliert.

Die mittlere Sonnenzeit ist die wahre Sonnenzeit minus dem Wert der Zeitgleichung. Da dieser Wert am 28. März -5.21 Minuten beträgt, müssen wir also diese 5 Minuten und 12 Sekunden zu den 12:00 der wahren Sonnenzeit addieren. Der wahre Mittag findet am 28. März also um 12:05:12 Uhr mittlerer Sonnenzeit statt. Diese Uhrzeit ist noch von der geografischen Länge abhängig. Als nächstes müssen wir also auf die Weltzeit bzw. Universal Time (UT) umrechnen. Dazu müssen wir die geografische Länge des Ortes kennen, für den wir unsere Rechung ausführen.

Ich nehme meine Heimatstadt Jena; hier beträgt die geografische Länge 11.5 Grad. Wenn man das in Minuten umrechnet (also statt eines Kreises mit 360 Grad einen mit 24 Stunden benutzt), dann sind das 46 Minuten. Diesen Wert müssen wir bei der Umrechung zu UT von der mittleren Sonnenzeit abziehen. Das ergibt 11:09:12 Uhr UT für den wahren Mittag am 28. März in Jena. UT gilt aber nur in der Zeitzone von Greenwich – Jena liegt eine Zeitzone östlich davon – wir müssen also eine Stunde dazugeben und landen bei 12:09:12 Zonenzeit. Und dann erfolgt ja die Umstellung auf Sommerzeit heute Nacht – also vor dem errechneten Zeitpunkt. Wir müssen also noch eine Stunde addieren.

Der wahre Mittag in Jena wird als morgen, am 28. März um 13:09 mitteleuropäischer Sommerzeit stattfinden! Dann wird die Sonne genau im Süden stehen (zumindest wenn ich mich nirgends verrechnet habe 😉 )

15 Gedanken zu „Sommerzeit und der wahre Mittag“
  1. Die Erwartung einer Energieeinsparung, die sich einst mit der Einführung der Sommerzeit durch das „Deutsche Zeitgesetz“ verbunden hat, konnte leider nicht erfüllt werden. Das liegt wohl auch daran, dass ein solcher Effekt — so er überhaupt existiert — durch immer besser energiesparende Geräte endgültig in den Bereich des Glaubens und der außersinnlichen Wahrnehmung verschoben wurde. Sehr sinnlich ist jedoch die Ermüdung der Menschen in der kommenden Woche.

    Der Gesetzgeber hat eben nicht weit genug gedacht. Es ist keineswegs hinreichend, die Zeitmessung zum Spielball der politischen Willkür zu machen. Von daher sollten wir ein „Deutsches Wettergesetz“ fordern, dass mit sofortiger Wirkung einfach das Winterwetter abschafft. Der hohe Energieverbrauch durch das Erfordernis der Wohnraumbeheizung würde wegfallen, und überdem hätten wir in Deutschland endlich einen warmen A.sch unter Palmen, was wohl von den Bürgern sehr viel eher begrüßt würde als das leidige Umstellen ihrer biologischen Uhren. Das wäre einmal entschlossene, mutige und bürgernahe Politik, die sogar meine Zustimmung fände… 😉

  2. Hui, das Blogsystem hier hat ein paar Probleme. Ich sollte vielleicht doch lieber wie gewohnt in meinem Editor vorschreiben…

    Ich kritisiere hier doch gar nichts. Ich zeige nur (natürlich völlig satirefrei *prust!*) auf, wie im Geiste der jetzigen Regelung mutig vorangeschritten werden kann. Festlegen, dass an irgendeinem Tag einfach die Uhren vorgestellt und an einem anderen Tag wieder zurückgestellt werden, halte ich für ungefähr so sinnvoll, wie eine gesetzliche Regelung, mit der der Wert der Kreiskonstante Pi auf 3,2 festgelegt wird.

    Ob dieser Unfug ungewünschte Auswirkungen wie etwas eine Erhöhung der Unfallgefahr zur Folge hat, ist im Moment leider etwas zu spekulativ. Fakt ist jedoch (wenn ich schon auf den fröhlich spekulierenden Fokus verlinke, denn spreche ich auch von „Fakten“), dass die größere Müdigkeit vieler und die sichtbare Übermüdung einiger Menschen kaum zu übersehen ist. Diesem Eingriff in das Leben der Menschen stehen keine Vorteile gegenüber. (Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, wenn das mal jemand gründlich untersucht hat. Dass sich die Menschen im Sommer grundsätzlich besser als in der Winterkälte fühlen, ist wohl auch ohne Dreherei an den Uhren gegeben.) Es ist einfach nur in Gesetzesform gegossene Willkür.

    Tja, und gegen solche Willkür habe ich eine sehr starke, kaum zu unterdrückende Abneigung…

  3. Das war wohl ein Scherz.
    Ansonsten: Die Vernetzung würde es ermöglichen, immer die wahre Zeit anzuzeigen und so immer die optimale Tageslichtausbeute zu erhalten. Zeitzonen sind dann ebenfalls fließend. Kurbelt auch die Uhrenindustrie an. Termine, die über die ehemaligen Zeitzonen hinweg durch einfache Addition im Kopf synchronisiert werden konnten ein Fall für Geschichtsbücher..

  4. ich mag die Umstellung.. da wird man zweimal im Jahr gezwungen, über genau solche Dinge nachzudenken..
    Wie kommt Uhrzeit zustande, wie dreht sich die Erde, wo ist die Sonne? Wo sind wir eigentlich?
    Und zweimal im Jahr zu einer kleine astronomischen Gedankenspielerei gezwungen zu werden (und ich merk mir partout nicht, wann de Uhr vor- und wann zurückgestellt wird) finde ich großartig.

  5. Moin moin,

    Sommerzeit ist Scheiße.(Punkt)!
    Leute, die irgendwie naturverbunden(1) arbeiten, arbeiten eine Stunde später, na ja sie fangen auch eine Stunde später an.
    Leute, die ein vom Sonnenstand abhängiges Hobby(2) haben sind genauso arm dran.
    (1): Bauern(egal ob Feld-, Wiesen- oder Viehbauern) geht die Zeitumstellung am Arsch vorbei, weder das Vieh noch der Tau auf den Feldern/Wiesen weiß etwas davon!
    (2): Mein Hobby im Sommer(Beobachtung von NLC) wird massiv behindert, es macht schon einen Unterschied, ob man um 2 oder um 3Uhr aufhören muss zu beobachten, um 3Uhr ist für Berufstätige wirklich zu spät! NLC wissen von DST auch nix, Schade! m(

    NLC sind sowas: https://wha.mburg.org/wh/NLC/20090713/pano2104UT.JPG

  6. @Engywuck: Also bei „ohne Ekliptik“ ist nur der Einfluss der Bahnexzentrizität aufgetragen. Da kommts drauf an, ob die Erde der Sonne nahe oder fern ist; deswegen die beiden Extrema. Im anderen Fall sieht man nur den Einfluss der geneigten Erdachse. Da ists dann wie bei den Jahreszeiten: von denen gibts ja auch 4 Stück; deswegen auch 4 Extrema.

  7. Bin seit 30 Jahren beobachtender Amateurastronom und hab‘ noch nie Probleme durch die Zeitumstellung gehabt. Liegt auch daran, dass bereits hier in Mittelhessen die Nächte im Sommer eh zu kurz und zu hell sind. Ob’s dann um 23:30 oder 00:30 nicht richtig dunkel wird, ist relativ wurscht. Nördlich gelegenere Standorte werden noch viel größere Probleme haben.
    Allerdings finde ich es im Herbst schön, abends noch Tageslicht zu haben. Jaaaaa, natürlich kann man früher aufstehen, um auf die Arbeit zu gehen. Bin aber nun mal in einem Beruf, in dem die Endzeiten recht fest auf dem frühen Abend liegen, egal wie früh man anfängt.
    Viele Grüße, Frank

  8. Also – ich weiß garnicht, was sich Alle so aufregen! Ich stelle seit Jahrzehnten keine Uhren mehr nach Mittel-Europäischer-Schummel-Zeit (auch MESZ abgekürzt) – und das klappt prima! Ich freue mich jedes Jahr schon kurz nach dem stinkenden, rauch-, lärm- und feinstaubverseuchten Jahreswechsel, dass im Sommer Geschäfte und Behörden schon eine Stunde früher für die Bürger da sind … Und auch Termine sind gar kein Problem: Im Sommer geh ich einfach eine Stunde eher hin !!! Die Termine für’s Umdenken werden doch früh genug in den Medien zerfleischt …
    In diesem Sinne: Weiter so mit der naturfremden Willkür! Aber vielleicht kommt ja bald ein Politiker auf die Idee, die Erde wirklich sommers im eine Stunde zu verdrehen! Das kann dann nur so Einer sein, der wirklich Kohle (oder andere organische Stoffe auf Kohlenstoffbasis) verbrennen kann, ohne Kohlendioxyd dabei zu erzeugen !!!
    Vielleicht läßt sich ja aber auch die kalte Winterzeit einfach unterirdisch verpressen …

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