Am Nachthimmel geht es im Allgemeinen recht klassisch zu: die Sternbilder und die ihnen zugrunde liegenden Geschichten entstammen meist der griechisch-römischen Mythologie. Wir sehen den Göttersohn und Jäger Orion, die Königin Kassiopeia und ihre Tochter Andromeda. Da sind die Zwillinge Castor und Pollux und die Helden Perseus und Herkules.
Aber natürlich haben nicht nur die Griechen sich Namen und Geschichten für die Sterne am Himmel ausgedacht. Der Nachthimmel war den Menschen überall präsent (früher zumindest, als es noch keine Lichtverschmutzung gab) und alle Völker haben ihn in ihre Mythen und Märchen eingebaut.
Auch Deutschland ist da keine Ausnahme – trotzdem sind deutsche Sternbildsagen eher unbekannt. Das ändert das Buch, das ich hier besprechen will. Michael Köhler hat in „Himmlische Späne“ Sternbildsagen aus Thüringen und den angrenzenden Bundesländern gesammelt.
Die Sternbilder und ihre Geschichten spielen in der wissenschaftlichen Astronomie heute keine Rolle. Aber natürlich wissen die meisten Astronomen trotzdem darüber Bescheid.
Und wenn es darum geht, das Interesse von Menschen – vor allem Kindern – am Nachthimmel zu wecken, dann gibt es nichts besseres als die spannenden Geschichten aus der griechischen Mythologie. Aber warum eigentlich immer nur die klassischen Stories erzählen?
Gut, die internationale astronomische Union (IAU) hat diese klassischen Sternbilder offiziell anerkannt – aber es spricht doch nichts dagegen, auch mal die Sternbilder anderer Völker und deren Geschichten zu erzählen. Oder eben die, die sich im deutschen Sprachraum im Laufe der Zeit entwickelt haben.
Nur kennt die kaum jemand – bis jetzt zumindest. Denn nun kann man sie in „Himmlische Späne“ nachlesen. Schön geordnet nach den entsprechenden Jahreszeiten findet sich hier eine große Sammlung an interessanten und spannenden Geschichten.
Der große Wagen bzw. der große Bär (Bild oben) ist eines der bekanntesten Sternbilder und in Europa immer zu sehen. In der klassischen Geschichte handelt es sich dabei um die Nymphe Kallisto, die von der Göttin Hera in eine Bärin verwandelt wurde – aus Eifersucht, weil Zeus mit ihr einen Sohn, Arkas gezeugt hatte. Damit Arkas bei der Jagd nicht aus Versehen seine Mutter tötet, wurden sie beide von Zeus an den Himmel versetzt – Arkas ist das Sternbild kleiner Bär.
Eine schöne und spannende Geschichte. Aber ebenso spannend ist die des Jägers Hackelberg, die man sich in Niedersachsen erzählt. Der wurde bei der Jagd von einem Keiler tödlich verletzt und wollte von seinem Lieblingspferd zu seinem letzten Ruheplatz gebracht werden. Das Pferd allerdings ging mit dem Wagen und dem toten Hackelberg darauf durch und verschwand. Hackelberg fand nun keine Ruhe und irrt deswegen weiter durch die Welt. In der Gegend von Goslar sieht man im Sternbild des großen Wagen genau diesen Wagen des Hackelberg, der nun ruhelos um den Himmel jagt.
Ebenfalls ein markantes Sternbild ist der Orion. Über den griechischen Jäger gibt es viele Legenden, die alle faszinierend sind. So wie es auch die Geschichte des Feuermanns aus dem thüringischen Breitungen ist. Diese riesige, feurige Gestalt erscheint an den Winterabenden und winkt den Leuten, ihm zu folgen. Niemand traut sich aber – nur eine fromme Frau folgt ihm schließlich. Sie bekommt eine bestimmte Stelle gezeigt, stirbt aber vor Aufregung – ihr Mann allerdings findet dort einen Schatz.
Das Buch enthält natürlich noch viel mehr Geschichten. Bei manchen ist der Zusammenhang mit den Sternbildern nicht ganz so offensichtlich – interessant sind sie allemal.
Ich kann das Buch allen, die an den Geschichten hinter den Sternbildern interessiert sind, nur empfehlen! Und wer – egal ob als Profi- oder Amateurastronom – in der Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat, der kann von diesem Buch auch nur profitieren und den Leuten bei der nächsten Veranstaltung zur Abwechslung mal nicht nur die griechischen Geschichten erzählen sondern vielleicht sogar eine, die aus der unmittelbaren Umgebung der Menschen stammt.
Toller Tipp.
Neben den griechischen Sternsagen erzähle ich Kindern und Erwachsenen auch gerne Sternsagen anderer Völker.
Toller Tipp – nun weiß ich, was ich meinen Nichten das nächste Mal für ein Buch mitbring (bzw. was ich erzähle – denn das ist ja manchmal ganz schön schwer, wenn man schon wieder eine spannende Geschichte erzählen soll, sich was ausdenken muss…. uffff)
Sie wohnen in einem sehr kleinem Dorf, wo man den Sternenhimmel wunderbar sehen kann – und ich, die aus der Großstadt kommt, jedesmal bei Besuch davon wieder fasziniert bin, wie deutlich man dort den Sternenhimmel erkennen kann.
Gerne Abends mit den Hunden sogar nochmal rausgeh (wo die andern lieber kneifen) – und dann etwas Genickstarre bekomm, wenn der Himmel klar ist… Die Dörfler lachen mich dann immer aus, was ich immer hochguck und so begeistert bin, denn für sie ist das ja ganz normal. Sie gucken dennoch aber auch sehr gern bei einer klaren Nacht und freuen sich daran – und meine Nichten werden von den Sternbildsagen bestimmt sehr begeistert sein 🙂
Oha. Lokalkolorit. 🙂 Ich kenne, wenn überhaupt, von den „abweichlerischen“ Geschichten nur die so richtig exotischen. Na ja, … „kenne“ … „schon irgendwie mal gehört“ ist richtiger. Aber Hawai’i oder China oder Australien ist dann doch etwas weiter weg als der Harz. *g* Bestimmt interessant, das Buch. Wie bist du auf dieses Werk aufmerksam geworden?
@Bullet: „Wie bist du auf dieses Werk aufmerksam geworden?“
Das ist aus einem kleinen Jenaer Verlag und liegt hier in Jena überall in den Buchhandlungen rum 😉
Und die Exotik ist ja Ansichtssache. Für die Hawaiianer, Chinesen oder Australier ist der Harz sicher höchst exotisch 😉
Ähm, ja, natürlich. *grrr* 😉
Im Abschnitt über den Jäger Hackelberg gibt es den Satz „Hackelberg nun keine Reihe und jagt weiter durch die Welt.“ Ich denke ich weiß was gemeint ist, aber eine Korrektur wäre sicher trotzdem nicht schlecht 😉