Astronomen haben ein spannendes Leben. Sie beobachten den Kosmos mit gewaltigen Teleskopen und reisen dazu an exotische Orte wie Hawaii oder die chilenische Wüste. Sie erforschen den Anfang des Universums und führen Diskussionen über schwarze Löcher, dunkle Materie und jede Menge andere faszinierende Dinge.

Und das stimmt auch alles! Aber so wie bei jedem anderen Job ist auch die Astronomie ab und zu mal ein bisschen langweilig 😉 Auch hier gibt es Routinejobs, die aber trotzdem erledigt werden müssen. Forschung ist eben auch Arbeit.

Aber wenn man anderen davon erzählen kann, dann ist es gleich nicht mehr so langweilig – und darum dürft ihr euch jetzt ein wenig von den langweiligen Seiten meines Arbeitsalltags anhören 😉

Ich habe ja schon früher mal beschrieben, woran ich Moment arbeite: am Aufbau eines europäischen virtuellen Observatoriums. Diese große Datenbank muss natürlich auch mit Daten gefüllt werden und das sind in den meisten Fällen astronomische Aufnahmen.

Die Bilder, die ich hier in meinem Blog sonst so veröffentliche, sind meistens für Medien und Öffentlichkeit gedacht. Damit Astronomen aber mit einer Aufnahme auch arbeiten können, muss sie mehr sein als nur hübsch 😉

Man muss vor allem wissen, was sich auf dem Bild befindet! Und gerade wenn es sich um den Aufbau einer Datenbank handelt, reicht es nicht, wenn man weiß das auf einem Bild zum Beispiel Saturn zu sehen ist.

Man will ja oft nicht nach einem konkreten Objekt suchen sondern nach einem bestimmten Bereich am Himmel. Vielleicht möchte man wissen, ob das Objekt, das man gerade neu entdeckt hat auch schon auf früheren Aufnahmen zu finden war ohne das es jemand gemerkt hat (sowas kommt öfter vor als man denkt). Dann will man eine Datenbank haben, in die man einfach ein paar Koordinaten eingibt und dann alle Bilder bekommt, auf denen dieses Stück des Himmels zu sehen ist.

Am deutschen virtuellen Observatorium (GAVO) haben wir so eine Datenbank für Aufnahmen, die an der Landessternwarte Heidelberg-Königsstuhl bzw. am deutsch-spanischen astronomischen Zentrum in Calar-Alto in Spanien gemacht wurden. Im HDAP (Heidelberg Digitized Astronomical Plates) Archiv findet man Aufnahmen, die über 100 Jahre alt sind!

Damals hat man natürlich noch keine digitalen Bilder gemacht sondern Photoplatten belichtet. Photoplatten wurden aber noch bis fast zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verwendet. Diese Photoplatten wurden eingescannt und sind nun im Archiv. Es fehlen bei diesen Aufnahmen aber natürlich noch die Koordinaten – sie sind nicht kalibriert.

Meistens lässt sich diese astrometrische Kalibration automatisch erledigen. Es gibt Programme, die die Aufnahmen nach bestimmten Sterngruppen durchsuchen um so dem Bild dann automatisch Koordinaten zuzuweisen. Aber das funktioniert nicht immer. Oft ist die Qualität der Bilder nicht gut genug. Oft haben die Beobachter damals auch auf den Platten selbst herumgemalt und bestimmte Dinge markiert – und das Programm kann natürlich nicht zwischen Himmelsobjekten und dem Gekritzel von Astronomen unterscheiden.

Ab und zu muss man also selbst ran und die Platten von Hand kalibrieren. Wenn man Glück hat, dann existieren noch ein paar Informationen über die Bilder. Wenn man zum Beispiel weiß, dass sich eine bestimmte Galaxie irgendwo im Bild befindet, kann man im Allgemeinen leicht rausfinden, um welche Koordinaten es sich handelt.

Hier ist ein Beispiel:

i-85108d284fd3365a51d147ab206f57af-jupiterphotoplatte-thumb-500x516.jpg

Diese Aufnahme wurde am 26. Mai 1992 gemacht (um 21:14 UT). Das fette Ding links unten soll Jupiter sein. Eigentlich sollte es nicht schwer sein, mit diesen Informationen das Bild zu kalibrieren. Mit Programmen wie Stellarium kann man sich leicht den Himmel zu der angegebenen Zeit anzeigen lassen. Aber es ist dann doch ein wenig komplizierter. Man weiß zum Beispiel den Abbildungsmaßstab nicht – d.h. man weiß nicht, wie groß der Ausschnitt des Himmels ist, der auf dem Bild abgebildet ist. Mann kennt die Orientierung des Bildes nicht (und es kann auch sein, dass die Platte von der „falschen“ Seite eingescannt wurde).

Man muss also lange suchen und wenn man Glück hat, findet man irgendwann mal ein paar Sterne, die so angeordnet sind wie die auf dem Bild das man kalibrieren will. Ich war ja leider nie ein großer Rätsel- und Suchbild-Fan – solchen Leuten würde sowas wahrscheinlich sogar Spaß machen 😉

Hier ist noch ein schönes Beispiel:

i-5f70a855aebad4727e689df4fba460e6-kometplatte-thumb-500x505.jpg

Man sieht hier jede Menge Bildfehler und Gekritzel von Astronomen. Irgendwo auf diesem Bild soll auch der Komet Halley zu sehen sein; aufgenommen am 7. August 1985 um 03:52 UT. Leider gibt es auf diesem Bild fast gar keine markanten Sternkonstellationen – das erschwert die Kalibrierung noch zusätzlich.

Beide Bilder habe ich übrigens noch nicht kalibriert. Wer also selbst mal ausprobieren will, wie der astronomische Alltag so aussieht, kann sich gerne daran versuchen 😉 Und wenn ich zwei Aufnahmen weniger kalibrieren muss, dann hab ich auch nichts dagegen…

Das HDAP-Archiv wurde an der Landessternwarte
Heidelberg-Königstuhl mit der Förderung No. 00.071.2005 der Klaus-
Tschira-Stiftung erstellt.

14 Gedanken zu „Arbeitsalltag: Welcher Stern soll das denn sein?“
  1. Ach du grüne Neune. Sind die denn wahnsinnig? Ich kann mir gut vorstellen, daß man auf eine fotografische Platte eine Acrylscheibe drauflegt und auf DER dann rummalt. Aber destructive original data alteration is ja wohl das allerletzte. Bildbearbeitung is ja dank Photoshop nu auch dem letzten Honk zugänglich geworden, aber auch vor 100 Jahren gab es schlaue Leute, die wissen sollten, daß man, wenn man mit dem Stift wo rumkritzelt, Informationen zerstört.
    Ich gugg mal, was ich aus dem zweiten Bild rausholen kann.

  2. Hallo Florian.

    Grr.

    979 MB FITS – und denkst du, ich bekomm EINEN FITS-Viewer an den Start, der das blöde Ding darstellt? Welches Programm verwendet ihr in eurer Guggbude? *g*

  3. Insbesondere die „Kometenplatte“ enthält im Hintergrund viele kleine, recht homogen verteilte schwarze Punkte. Sind das wirklich alles Sterne?
    Es kommt mir deshalb ein wenig seltsam vor, weil die eben so gleichmäßig verteilt sind und sich zumindest in meinen laienhaften Augen (und im Vergleich zur ersten Fotoplatte) kaum voneinander unterscheiden.

    Danke schonmal!

  4. Hm, komisch. ImageJ konnte sogar Test-FITSs öffnen. Nicht aber das große Bild. Auweia. Hoffentlich blamier ich mich hier nicht wegen meiner harten Ware.
    Ich bleib dran. Und ASTROMETRICA probier ich auch.

  5. @Bullet: Ja – ich hatte bei diesen Bilder auch Probleme 😉 Normalerweise nehm ich immer DS9 – aber der geht hier auch nicht.

    Ansonsten empfehle ich Aladin (https://aladin.u-strasbg.fr/). Ist gratis, kann die Bilder laden – und du kannst dir auch gleich alle möglichen anderen Bilder mit dem Program anzeigen lassen; dazu Katalogdaten, etc. Aladin hat sogar eine komplette Kalibrationsfunktion (https://aladin.u-strasbg.fr/tutorials/photometric/photometric.ppt) – ich verwende das Programm eigntlich immer, wenn ich was kalibrieren muss.

    @KMic: Was auf dem Kometenbild drauf ist, ist auch für mich noch ein Rätsel 😉 Ich hab ja noch nicht mal den Kometen gefunden 😉 Die Sterne müssten eigentlich alle etwas oval sein weil das Teleskop ja mit dem Kometen nachgeführt wurde.

  6. @ruth: Na ich kann dir ja die nächsten Bilder schicken die ich kalibriren muss 😉 Und deinen Galaxien-Kram krieg ich sicher auch noch hin 😛

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