Als ich im Herbst 1995 mit meinem Astronomiestudium begann, haben Computer keine große Rolle gespielt. Ich hätte nicht unbedingt einen gebraucht, wollte mir aber doch endlich einen „richtigen“ Computer (davor hatte ich ja nur einen Commodore-64) kaufen. Das Modell das ich dann endlich aufbauen konnte, war normal für diese Zeit; ein Pentium-I mit 100 Mhz, 8 MB RAM und einer 1 GB Festplatte. Tolles Ding!

Das Internet existierte zu dieser Zeit zwar schon – aber es spielte ebenfalls keine Rolle. Mein erstes Email habe ich irgendwann 1997 geschrieben, glaube ich. Damals habe ich noch im Computerraum der Uni mit Netscape 1.0 unter Novell Netware gesurft und auf der Sternwarte dann sogar noch mit Mosaic auf VMS (selbst Linux war damals noch wenig verbreitet). 

Ok – bevor ich mich jetzt wirklich alt fühle, komme ich lieber zum eigentlichen Thema. Damals fand natürlich auch die Literaturrecherche noch größtenteils offline statt. Artikel mussten in der Bibliothek gesucht und kopiert werden oder mühsam aus anderen Bibliotheken herangeschafft werden. Ich war froh, als die Sache mit dem Onlinezugang zu den meisten Fachzeitschriften dann endlich halbwegs funktionierte – das hat die Sache ziemlich erleichtert. Schade ist nur, dass man nun nicht mehr so in die Bibliotheken geht – denn da kann man immer noch viele interessante Sachen finden.

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Den auch wenn sich die meisten die Fachartikel, die sie für die Arbeit brauchen direkt aus dem Internet besorgen: die Papierversion der Zeitschriften liegt meistens immer noch in der Bibliothek aus:

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Und da kann man dann so richtig schön stöbern und findet Sachen, auf die man sonst vermutlich nie gestoßen wäre. Es macht zum Beispiel immer wieder Spaß im „Journal of Astronomical History and Heritage“ zu blättern. Für meine eigentliche Arbeit benötige ich diese Zeitschrift nicht – aber man findet immer wieder sehr interessante Artikel – zum Beispiel eine ausführliche Geschichte der „Zeitbälle“ in der Ausgabe von Juli 2009.

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Zeitschriften wie „Sonne“ (Mitteilungsblatt der Amateursonnenbeobachter) schaffen es mit ihren Artikeln selten in die Wissenschaftsnachrichten. Aber auch hier findet man immer wieder lesenswerte Artikel – zum Beispiel über die kürzlich stattgefundene Sonnenfinsternis.

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„Exotische“ Zeitschriften gibt es natürlich noch viele. Die meisten Länder haben eigene astronomische Gesellschaften mit eigenen Journalen und in einer gut sortierten Bibliothek findet man sie auch. Im „Bulletin of the Astronomical Society of India„, „Baltic Astronomy“ und „Acta Astronomica Sinica“ findet zwar im Allgemeinen keine Spitzenforschung statt – aber trotzdem findet man dort oft lesenswerte Beiträge (Das mit der fehlenden Spitzenforschung gilt natürlich nicht für „Revista Mexikana de Astronomia y Astrofisica“ – denn dort habe ich schonmal etwas veröffentlicht 😉 )

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Beim Stöbern habe ich heute zum Beispiel im „Journal of the Korean Astronomical Society“ einen interessanten Artikel entdeckt, in dem die fraktalen Dimensionen von Molkülwolken im interstellaren Medium bestimmt wurden. Ich hab ja selbst viel über fraktale Dimensionen gearbeitet – da interessiert mich das natürlich!

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Natürlich findet man in der Bibliothek nicht nur exotische Journale sondern auch die gängigen Veröffentlichungsmedien der Astronomen. Unter den bekanntesten ist sicherlich Astronomy & Astrophysics (dort habe auch ich die meisten meiner Artikel veröffentlicht):

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Und auch die anderen „großen“ Journale sind vorhanden: Astronomical Journal und Astrophysical Journal (dort hab ich noch nichts veröffentlicht denn man muss dort zwischen 100 und 150 Dollar pro Seite des Manuskripts bezahlen – und dieses Geld war in meinem Forschungsbudget bis jetzt noch nie vorhanden) und Nature bzw Science sind natürlich auch in jeder guten Bibliothek zu finden.

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Im Bild oben passen die „Astronomischen Nachrichten“ nicht ganz dazu. Diese Zeitschrift ist leider nicht mehr ganz so angesehen wie sie es früher einmal war. Aber immerhin ist es die älteste noch existierende astronomische Fachzeitschrift! (gegründet 1821). Auch wenn der Impact Factor nicht so toll ist wie bei anderen Zeitungen: ich bin froh, dass ich auch dort etwas veröffentlicht habe. 

Neben den allgemeinen Zeitschriften gibt es natürlich auch jede Menge Journale für spezielle Themen. Zum Beispiel Celestial Mechanics and Dynamical Astronomy für Himmelsmechanik, Icarus und Planetary & Space Science für Astronomie und Raumfahrt im Sonnensystem und Astroparticle Physics für astronomische Aspekte der Teilchenphysik.

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Und wer es nicht so extrem fachspezifisch mag, der liest die Zeitschriften die von bzw. für Amateurastronomen bzw. interessierte Laien gemacht werden: Sterne und Weltraum, Sky and Telescope, das Physikjournal oder – hierzulande etwas unbekannter – Orion (eine Zeitung für Amateurastronomen aus der Schweiz)

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Und dann gibt es natürlich auch noch die Mitteilungsblätter und Zeitschriften der verschiedensten wissenschaftlichen/astronomischen Organisationen. Zum Beispiel das Magazin der Max-Planck-Gesellschaft oder die Journale von ESO und ESA.

Nur die Jahresberichte der Astronomischen Gesellschaft sind etwas trocken. Aber hier kann man sich immerhin minutiös über die Aktivitäten der deutschsprachigen Astronomie-Institute informieren.

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Auch wenn man Artikel mittlerweile leicht online bekommen kann – ich werde weiter die Bibliotheken besuchen. Den in den Papierversionen stöbert es sich viel leichter und angenehmer als im Internet! Und beim nächsten Mal finde ich sicherlich wieder irgendetwas neues – denn die hier vorgestellten Zeitschriften machen nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtheit aus…

Ein Gedanke zu „Ein Besuch in der Bibliothek für Astronomie“
  1. wenn sie nicht so schweineteuer wären !!

    da musst du wahrscheinlich schon ein paar monatsgehälter hinblättern um dir alle hier vorgestellten zeitschriften kaufen zu können.

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