Dunkle Materie ist selbst noch eine etwas mysteriöse Angelegenheit. Wir wissen, dass es sie geben muss, weil wir ihre gravitativen Auswirkungen messen können. Wir wissen allerdings noch nicht, um was es sich dabei genau handelt. Neue Messungen, die am Teilchenbeschleuniger LHC angestellt werden, könnten hier vielleicht endlich neue Erkenntnisse bringen.

Bis dahin könnte die geheimnisvolle dunkle Materie aber vielleicht ein anderes bisher ungelöstes Rätsel aufklären: die Fly-by-Anomalie.

Schickt man Raumsonden zu anderen Planeten, lässt man sie oft ein sogenanntes „Fly-by-Manöver“ durchführen. Dabei wird die Raumsonden nahe an die Erde (bzw. einen anderen Planeten) herangesteuert und bekommt von der Gravitationskraft der Erde quasi einen Schubs und wird schneller.

Die Raumsonden werden allerdings zu schnell. 1990 wurde der Effekt erstmals bei der Raumsonde Galileo gemessen und seitdem immer wieder: nach einem Fly-by sind die Sonden eine Kleinigkeit schneller, als sie es eigentlich sein dürften.

Wie immer, wenn es Diskrepanzen zwischen Theorie und Beobachtung gibt, hat man zwei Möglichkeiten: entweder braucht man eine neue Theorie – oder hat man bei der Beobachtung etwas vergessen.

Welcher Weg nötig ist, um die Fly-by-Anomalie zu erklären, ist noch unklar. Manche Physiker vermuten, dass gar keine echte Anonamlie vorliegt, sondern dass man nur die Theorie (in diesem Fall die spezielle Relativitätstheorie) nicht richtig angewandt hat.

Stephen Adler von der Princeton Universität hat nun eine neue Idee veröffentlicht, die nahelegt, dass wir bei der Beobachtung etwas übersehen haben: und zwar die dunkle Materie!

In seinem Artikel Spacecraft calorimetry as a test of the dark matter scattering model for flyby anomalies erklärt er, dass die dunkle Materie für die Anomalie verantwortlich sein könnte.

Wenn die dunkle Materie aus bisher noch unentdeckten Teilchen besteht und wenn diese Teilchen gravitativ an die Erde gebunden sind, dann könnten die Zusammenstöße der Raumsonde mit den Teilchen der dunklen Materie die Geschwindigkeitsänderung bei einem Fly-by erklären. Das ganze hätte aber noch einen Effekt: bei den Kollisionen würde Energie übertragen. Die Raumsonde müsste sich aufheizen!

Könnte man also einen Temperaturanstieg bei den Raumsonden feststellen, die ein Fly-by-Manöver durchführen, hätte man einen schönen experimentellen Nachweis für diese These. Jetzt muss man nur noch einen speziell zur Temperaturmessung ausgerüstete Raumsonde losschicken – oder die Daten der bisherigen Missionen nochmal ganz genau prüfen.

Wie auch immer – die Ergebnisse könnten spannend sein!

(via arXiv-Blog)

17 Gedanken zu „Macht dunkle Materie die Raumsonden heiß?“
  1. Hab ich nicht erst letztens gelesen, dass es möglicherweise doch keine schwarze Materie gibt und Newton nur unrechte hatte? (Wobei Newton hier wohl auch für die Relativitätstheorie stehen könnte.)

  2. Die mögliche Erwärmung leuchtet mir ein (obwohl ich nicht an einen messbaren glaube). Aber mir ist nicht klar, wie eine WW mit dunkler Materie zu einer Geschwindigkeitszunahme führen soll. Müsste bei einer — wie auch immer gearteten — Streuung der Sondenmaterie mit unbekannten Teilchen die Sonde abgebremst werden?

    Aus der Studie:

    …we explored, through order of magnitude estimates, the possibility that the flyby anomalies result from the scattering of spacecraft nucleons from dark matter particles in orbit around the earth, with […] the observed velocity increases arising from exothermic inelastic scattering, which can impart an energy impulse to a spacecraft nucleon

    Werd‘ ich nicht schlau draus. Wie soll diese „exotherme inelastische Streuung“ aussehen?

  3. @Odysseus: „Müsste bei einer — wie auch immer gearteten — Streuung der Sondenmaterie mit unbekannten Teilchen die Sonde abgebremst werden?“

    Hmm – also so genau hab ich das im Artikel auch nicht verstanden. Aber ne Streuung/Stoß muss nicht immer bremsen. Schau dir ein Sonnensegel an – da prallen Photonen aufs Segel; Impuls wird übertragn und das Segel beschleunigt.

    @Julian: du meinst vielleicht die MOND-Theorie (modifizierte Newtonsche Dynamik)? Ja, die gibt es auch; sie kann allerdings lang nicht so viel und so gut erklären wie dunkle Materie. Die meisten Wissenschaftler halten MOND für den falschen Erklärungsansatz.

  4. Macht dunkle Materie die Raumsonden heiß?

    Ich muss mal das Paper schauen ob die Kollegen endlich das Paper veröffentlicht haben, wo die Flyby-Anomalie mit was weniger exotischerem und weitaus nahe liegenderem erklärt werden kann. Wenn ich das finde, dann poste ich das. Wenn ich da nach gehe, was ich über inoffizielle Kanäle erfahren habe, lautet die Antwort auf die Frage oben: Nein.

  5. @beka: ich weiß leider immer noch nicht genau, was du sagen willst.

    Es gibt ein Gravitationsgesetz nach Newton bzw. Einstein. Das sagt, wie sich Materie bewegt. Die Formel stimmt aber nicht immer. Man kann das korrigieren, in dem man von zusätzlicher Materie ausgeht (dunkle Materie) oder indem man die Formeln verändert (MOND). Dunkle Materie funktioniert besser als MOND.

    Wo genau passt nun deine Frage rein?

    @Ludmila: Na da bin ich ja mal gespannt 😉

  6. Julian schrieb:

    „Hab ich nicht erst letztens gelesen, dass es möglicherweise doch keine schwarze Materie gibt…“

    Kann es sein, dass Du folgenden Bericht meinst?:

    „Dunkle Materie in der Krise? – Neu Daten sprechen gegen unsichtbare Teilchen“

    https://www.wissenschaft-online.de/artikel/1009549&_z=798888

    Hab‘ mich sowieso gewundert, wieso noch keiner von den Physikern oder Astronomen hier auf den Nature-Artikel, der dem Bericht zugrunde liegt eingegangen ist?

  7. Ich denke (korrigiert mich bitte, wenn ich hier falsch liege), es gibt keine Methode, mit der man die Masse eines Planeten genauer bestimmen könnte, als mit einem FlyBy. Wäre die naheliegendste Erklärung da nicht einfach, dass die Planeten ein klein wenig schwerer sind, als bisher gedacht?

  8. @beka:
    Meinst du vielleicht, dass der Abstand der Körper nicht auf der Krümmung des Raumes gemessen werden soll, sondern auf der Geraden? Die wäre dann kürzer und bei starken Krümmungen (Gravitation der Galaxis) vielleicht nicht zu vernachlässigen. Dann müsste die Gravitation aber irgendwie ‚tunneln‘? Die Berechnung war doch aber, dass die 5-10 fache Menge der geschätzten vorhandenen Materie benötigt wird, um die flache Rotationskurve (die Umlaufgeschwindigkeit der Sterne bleibt bei größerem Abstand fast konstant) zu erklären und sie müsste demnach auch noch ganz komisch verteilt sein. Ich meine, dass die Lösung (r-p)**2 zu einfach aussieht, als dass sie von den Spezialisten hätte übersehen werden können.

  9. @Florian Freistetter

    Ich habe die verschiedenen Texte erstmal lesen müssen.

    Mir persönlich ist das Konzept eines Halos aus dunkler Materie etwas suspekt, da man dann auch eine Ablenkung aus der Bahnebene heraus finden müsste.

    Meine Frage war lediglich, ob in der Bahnebene nicht einfach nur eine relativistische Grösse fehlt.

  10. @Herbert: Kurze Antwort: Nein. Wir wissen, wie wir die Masse mit einem Fly-By bestimmen und wie da die Auswirkungen auf das Radiosignal sind. Die Fly-By Anomalie tritt auch nicht immer auf bzw. ist mal größer und mal kleiner. Bei ein und demselben Körper, an dem vorbeigeflogen wird. Das ist also definitiv nicht.

  11. Bei der Fly-by Anomalie handelt sich um ein bisher ungeklärtes Phänomen der Gravitation. Dabei haben mehrere Raumsonden bei einem Fly-by an der Erde vorbei eine kleine zusätzliche Geschwindigkeitszunahme erfahren.

    Diese zurzeit noch nicht erklärbare Anomalie beweist, dass die Gravitationsphysik nicht verstanden ist. Basierend auf dem Postulat von Existenz des gravitativen Hintergrunds möchte ich hier eine physikalische Erklärung der Anomalie vorschlagen und anschließend vereinfachte mathematische Berechnung des Wertes der Anomalie durchführen.

    Ich schlage eine andere Wirkungsweise der Gravitation vor.
    Mehr ist auf meiner Internetseite zu erfahren:
    http://www.cwirko.de

    Bei der Bewegung der Himmelskörper sind die Interferenzvorgänge der Raumoszillationen entscheidend. Auf dem Beispiel des Fly-by Manövers möchte ich darstellen welche Konsequenzen damit verbunden sind.

    Bei passieren der Erde befindet sich die Sonde zeitweise auf einem Kreisbahn. Die Bewegung der Satelliten auf einem Kreisbahn um einen Zentralkörper herum bewirkt eine Synchronisation der Oszillationen der beteiligten Massen. Ein Satellit der eine Kreisbahn annimmt erfährt eine zusätzliche Beschleunigung um sich mit der Oszillationen der Erde zu synchronisieren. Diese Beschleunigung ist mit dem Vorgang bei der Emission des Photons vergleichbar und findet in drei Dimensionen statt. Bei verlasen der Kreisbahn findet eine Abbremsung der Sonde die sich nur auf die gerade erfolgte Oszillationsrichtung auswirkt. Folgerichtig muss man in diese Richtung nur die Hälfte des Beschleunigungswertes erwarten.
    Der Wert der Anomalie lässt sich aus der folgenden Gleichung errechnen:

    Δv²xyz = 4Π / Δa m r² + 4Π / Δa m r² + 2Π / Δa m r²

    oder anders geschrieben

    Δv²xyz = 10Π / Δa m r²

    bei Verwendung der Gravitationskonstante nimmt diese Gleichung die Form

    Δv²xyz = 2,5 / G m r²

    Die Gleichung ermöglicht eine Vorhersage für die zukünftigen Werte der Fly-by Anomalie.

    Δa Beschleunigung des Gravitativen Hintergrunds (8,3871E-10 m / s² )
    Δv [m/s] – Fly-by unerklärte Geschwindigkeitserhöhung
    m [kg] – Masse der Sonde
    r [m] – Entfernung von der Erdoberfläche in dem Moment maximalen Annährung
    G Gravitationskonstante

    Die entsprechenden Angaben für die bekannten anomalen Fly-by und die Ergebnisse der Rechnungen sind unten aufgelistet:

    Near Galileo Rosetta

    r² [m²) 2,8354E+11…… 9,1404E+11……. 3,8193E+12

    m [kg] 730,4…… 2497,1……… 2895,2

    Δv² [m²/s²] 1,7638E-04…… 1,6004E-05……. 3,3034E-06

    Δv [m/s] 0,01328……. 0,00400……. 0,00182

    die gemessenen Werte betragen entsprechend Δv [mm/s]

    13,46±0,13……3,92±0,08……1.82±0,05

    und sind mit errechneten Werten fast identisch.

    Aus dem Verlauf der Abhängigkeit des Wertes Δv (bei den Fly-by Manövern registrierte unerklärte Geschwindigkeitserhöhung der Sonden) von dem Quadrat der Entfernung der Sonde von der Erdoberfläche in dem Moment der maximalen Annährung kann man schließen, dass ab einer Entfernung von ca. 3000 km zu der Erde in dem Moment maximalen Annährung die Anomalie unter Bestimmungsempfindlichkeit der Messmethoden liegt also nicht nachweisbar ist.

    Dieser Lösungsvorschlag zeigt, dass die aktuell geltenden Modelle zu Erklärung der physikalischen Prozesse nicht der Realität entsprechen.

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